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Kommentare - - Seite 125

Ihre Beiträge sind uns willkommen! Schreiben Sie uns Ihre Fragen und Anregungen, Ihre Kritik oder Zustimmung. Wir veröffentlichen hier laufend Ihre aktuellen Zuschriften.
  • NE-Techniken und evolutionäres Schicksal

    09.10.2010, Christian Hornstein, Bonn
    Wenn das Konkurrenzprinzip herrscht, beeinflussen effiziente NE-Techniken unsere Gesellschaft zwangsläufig, und letztlich auch unsere Evolution. Auf Grund der entstehenden Symbiose werden sie uns - werden wir uns - irgendwann zu etwas machen, das nicht mehr menschlich im heutigen Sinne des Wortes ist. Da momentan eine biologische Welt ohne Selektionsdruck schwer vorstellbar ist, erscheint diese Entwicklung unausweichlich, unabhängig von allen ethischen Erwägungen, die deshalb nicht unnütz sind, reflektieren sie doch was uns Menschen - oder den Kreaturen, zu denen wir werden - noch lebenswert erscheint. Ob die ethischen Maßstäbe, die man dann angelegen wird, stets unseren heutigen Werten entsprechen werden, ist jedoch fraglich.
  • Wettstreit von binokularem Wettstreit und binokularer Fusion?

    05.10.2010, Stephan Schleim, Groningen (Niederlande)
    In dem spannenden Beitrag über Neuro-Psychoanalyse (G&G 10/2010, S. 72-75) verweisen Christof Koch und Heather Berlin auf das Phänomen des "binokularen Wettstreits": Präsentiere man beiden Augen unterschiedliche Bilder, würde weit gehend unabhängig von willentlicher Kontrolle abwechselnd eines von beiden gesehen, keine Vermischung.

    Davon abgesehen, dass ich bei einem Wechsel vom einen zum anderen Bild noch eine Art undeutlichen Zwischenzustand wahrnehme, möchte ich auf das Phänomen der "binokularen Fusion" hinweisen. Schon das klassische Experiment von Stirling (J. Physiology 27, S. 23-24, 1901) hat gezeigt, dass bei der Präsentation von zwei Briefmarken unterschiedlicher Farbe die Wahrnehmung verschmilzt: Aus Gelblich-Braun und Violett wurde beispielsweise Rötlich-Braun; aus Grün und Braun Dunkelgrau oder Schwarz. Andere Experimente haben eine Fusion auch bei Eigenschaften von Textur und Helligkeit festgestellt.

    Mich würde interessieren, ob die Autoren aus der Sicht der heutigen Neurowissenschaft den scheinbaren Wettstreit von binokularem Wettstreit und Fusion erklären können.
  • Unsystematische Zusammenstellung

    02.10.2010, Ingo-Wolf Kittel
    Die "vier charakteristischen Merkmale, die zusammen unsere menschliche Einzigartigkeit ausmachen", wie der Autor meint: rekursive oder kombinatorische "schöpferische Verarbeitung", so dass wir "Ideen immer wieder neu kombinieren" können (der Unterschied zwischen beidem ist mir schon nach der Beschreibung nicht einsichtig), des Weiteren unser "Gebrauch mentaler Symbole" und unser "abstraktes Denken" ergeben für mich aus psychologischer Sicht kein besonders stimmiges Bild. Ich habe den Eindruck, dass Leistungen gemeint sind, zu denen wir auf Grund unserer Vorstellungsfähigkeit imstande sind. Nur ermöglicht die uns noch manch anderes und zuallererst, dass wir zu dem imstande sind, was wir "erinnern" nennen: sich vorzustellen, was man erlebt hat!

    Der Philosoph Colin McGinn hat unser Vorstellungsvermögen in einer beeindruckenden, weil psychologisch ebenso überraschend wie verblüffend stimmigen Studien analysiert und dabei beschrieben, was wir wegen ihr alles machen können. Sie wurde 2004 unter dem Titel "Mindsight" veröffentlicht und 2007 auf Deutsch mit dem Titel herausgebracht "Das geistige Auge - Von der Macht der Vorstellungskraft".
  • Fragt sich nur ...

    01.10.2010, Ingo-Wolf Kittel
    ... ob durch noch so genaue und verlässliche Verhaltensbeobachtungen bzw. -beschreibungen "geistige Fähigkeiten von Tieren" überhaupt erfasst werden können?!

    Denn "objektiv" und damit von außen "beobachtbar" ist auch mit den heutigen neurophysiologischen Registriermethoden immer nur neuronales Geschehen.

    Es fragt sich also, was in der tierischen Verhaltensforschung als "geistig" überhaupt definiert ist.
  • Zum Leserbrief "Fragwürdige Spiegelneurone"

    27.09.2010, Roland Giersig, Wien
    Das ist kein Widerspruch. Um Vorhersagen über das zukünftige Verhalten von Personen treffen zu können, benötigt man ein recht detailliertes Modell dieser Person, und diese Modelle, die jeder von uns im Kopf herumträgt, jede virtuellen Personen, die nennt man eben "Spiegelneurone".

    Sicherlich könnte und sollte man langsam einen besseren Begriff etablieren, da der Begriff "Spiegelneurone" zu sehr an der Gehirn-Physiologie festgemacht ist. Und offenbar zu Problemen führt.

    Letztlich bleibt, von allen Begriffsverwirrungen abgesehen: In unseren Gehirnen befinden sich faszinierende Vorhersagemaschinen, die es neben physikalischen Vorgängen auch schaffen, die komplizierte Psyche anderer Menschen genau genug zu modellieren, um gute Vorhersagen für das Verhalten anderer Menschen treffen zu können.
  • Fragwürdige Spiegelneurone

    27.09.2010, Richard Kinseher, Kelheim
    Wenn eine Versuchsperson Vorhersagen erstellt, die einer aktuell erlebten Erzählung vorauseilen (Gedankenverschmelzung), dann ist dies keine Widerspiegelung, sondern ein aktiver Denkprozess unter Verwendung eigenen vorhandenen Wissens - ebenso, wenn man sich gedanklich durch eine gelesene Örtlichkeit bewegt (Lob des Lesens). D.h., es wird nicht gespiegelt, sondern auf Basis vorhandener Erfahrungen aktiv mit-erlebt und vorausgedacht. Dies würde auch erklären, wieso fremdsprachliche Äußerungen weniger glaubhaft sind (Misstrauen per Akzent); - wir haben dafür keine eigenen Erlebnisse vorrätig.

    Solche Beispiele zeigen, dass die Idee der "Spiegelneurone" immer fragwürdiger wird.
  • Lässt sich Bewusstsein auf eine Zahl reduzieren?

    24.09.2010, Detlef Schroedter, Hamburg
    In dem Artikel berichtet Christof Koch von der Formel, die Anhand von verknüpften Informationen einen Wert für das Bewusstsein ausgibt. Obwohl Herr Koch dabei durchaus zurückhaltend ist, kam bei mir beim Lesen doch unterschwellig die Behauptung auf, alles mit einem Wert > 0 hat ein Bewusstsein, sei es noch so klein - womit fast alles ein Bewusstsein hätte.

    Nun ja, solche Aussagen sind letztlich natürlich willkürlich - das einfache Anfügen einer Konstante an die Formel rückt die Grenze nach Belieben hoch oder runter. Somit wäre die Empfindungsfähigkeit doch in den elitären Kreis der "sentient beings" gerettet (wobei ich für meinen Teil nicht ausschließen möchte, dass auch so genannte niedere Wesen zumindest so etwas wie ein rudimentäres Bewusstsein haben).

    Aber wie steht es mit dem Internet? Es ist abzusehen, dass die Informationen im Internet früher oder später es mit den 1014 Verknüpfungen im Hirn aufnehmen können. Wird das Web dadurch bewusstseinsfähig?

    Reicht das Verknüpfen von Informationen aus, Bewusstsein zu schaffen? Oder existiert nicht doch ein Unterschied in der Qualität der Informationen und wie das Informationsnetzwerk darauf zugreift? Die Zugriffe im Web mögen sich in Kategorien einordnen lassen (z.B. Datensuche in Wissenspages, Einkaufswünsche in Onlneshops ...), aber jeder Zugriff bleibt doch mehr oder weniger isoliert. Nicht so im neuronalen Netzwerk, wo Millionen von Verknüpfungen in gemeinsamen Aktionspotenzialen zu feuern beginnen. Vielleicht macht ja sogar die "Default-Aktivität", von der in demselben Heft berichtet wurde, den Unterschied aus.

    Das Bewusstsein ausschließlich auf die Zahl der Verknüpfungen zu reduzieren, scheint mir nicht ausreichend. Denn dann landen wir unweigerlich beim größten Bewusstsein überhaupt: dem Universum, in dem jedes Atom mit jedem anderen über die Gravitation miteinander verknüpft ist.
  • "Wissenschaftskritik ... keinesfalls verwerflich"

    20.09.2010, Ingo-Wolf Kittel
    "Forschungsresultate erklären sich nicht von allein. Wir müssen sie interpretieren und kritisch hinterfragen", schreibt der Rezensent. Danach scheint er "Wissenschaftskritik", wie sie Hirnforscher seit Jahren von allen Seiten erfahren, nicht nur für legitim, sondern sogar für nötig zu halten.

    Die Kritik des Autors des rezensierten Werkes mag anders ansetzen als die konstruktiv weiterentwickelte begriffsanalytische Kritik, die Max Bennett und Peter Hacker in ihrem (inzw. auch auf Deutsch vorliegenden) Buch Philosophical Foundations of Neuroscience vor Jahren vorgelegt haben (Disk. dazu hier), oder die darüber hinaus gehende Sprachkritik von Peter Janich in seinem Beitrag zur "edition unseld" Kein neues Menschenbild.

    Leider wird aus der Besprechung des Werkes von Thomas Fuchs nicht deutlich, ob er darin eine ähnliche oder eher methodologische Kritik an der Hirnforschung übt. Für einen praktisch tätigen Arzt und als solchem auch neuro- und neurophysiologisch kundigen Wissenschaftler läge dies nahe; das erwähnte Klagen von ihm über die "Elimination des Subjektiven" (wegen der methodologischen Beschränkungen der "Dritte-Person-" oder Beobachter-Perspektive, des Fehlens oder ungenügender Berücksichtigung der wissenschaftstheoretisch unhintergehbaren Teilnehmer- oder Erste-Person-Perspektive oder beidem?) könnte in diese Richtung weisen.

    Stattdessen dominiert die Kritik des Rezensenten an der Fuchs'schen Kritik seine Rezension von der ersten Zeile an in Wortwahl, Metaphernwahl, Tonfall und Ausmaß, als wollte er seinerseits an ihr "kein gutes Haar" lassen. Von Vorteil ist, dass dabei sein eigener Kenntnis- und Sachverstand deutlich wird.

    So scheint er beispielsweise nicht zu wissen, dass von kompetenter Seite, nämlich dem Professor für Biologische Psychologie Manfred Velden der Biologismus in der Psychologie schon längst als irrig, weil als Folge einer Illusion erwiesen worden ist.

    Es wird auch nicht erkennbar, ob und ggf. wie weit der Rezensent als Biologe das für Naturwissenschaften typische Kausaldenken genau genug kennt. Als sog. Ursache-Wirkungs-Denken besteht es bekanntlich darin, nach dem logischen Schema des deduktiv-nomologischen Erklärungsmodells (DN-Modell oder HO-Schema nach den Beschreibern Carl Hempel und Paul Oppenheim) Sachverhalte, die als "Wirkungen" betrachtet werden, auf zeitlich vorausgehende andere Sachverhalte, die dann als "Ursache(n)" angesehen werden, "zurückzuführen". Als mal mechanistisch, mal materialistisch, physikalistisch, biologistisch oder allgemein szientistisch, heute dagegen meist als "reduktionistisch" bezeichnetes Denken hat es historisch dazu verleitet, Lebewesen bis hin zum Menschen zu mechanischen Maschinen zu erklären (L'homme machine), unser Innenleben zu einem "psychischen Apparat" und das Gehirn zu einem wenn auch hochkomplexen Computer ...

    Da fragt sich doch, was gespenstischer ist: Kritiker simplifizierenden Denkens zu Spökenkiekern zu erklären oder als Naturwissenschaftler für die Produkte reduktionistischen Denkens entweder blind zu sein oder sich ihnen gegenüber blind zu stellen, sie vielleicht für harmlos oder gar für nützlich zu halten oder sogar für "natürlich" - weil sie von Naturwissenschaftlern stammen ...
  • Harmonie des Westens

    14.09.2010, Detlef Schroedter, Hamburg
    Auf Seite 20 verweist die Autorin auf die Wichtigkeit des harmonischen Wohlklangs.
    Hierbei möchte ich einwenden, dass bis auf eine Studie alle aus typisch westlichen Kulturkreisen stammen. Jeder "Wessi", der einmal die Klänge einer Peking-Oper oder bestimmte traditionelle Musiken aus Indien und dem Vorderen Orient gehört hat, fühlt sich jedoch alles andere als harmonisch berührt.
    Interessant ist daher die Frage, wie sehr Harmonie dabei ein Kulturgut ist und wie sehr genetisch bedingt.
    Ich kann mich an einen Artikel erinnern, in der bisweilen erhebliche Unterschiede in dem Harmonieempfinden unterschiedlicher Kulturprägungen vorhanden sind.
    Gibt es in den anderen Musikkulturen Äquivalente, die ähnliche Charaktermerkmale aufzeigen wie ihre westlichen Pendants, ohne jedoch (für das Ohr des Konsumenten) musikalische Ähnlichkeiten aufzuweisen?
    Wenn es solche Parallelen gäbe, würde das sicher interessante Rückschlüsse auf die unterschiedlichen Kulturen ermöglichen.
  • Hirntod als messbares Kriterium

    13.09.2010, Josef Saal 59609 Anröchte-Effeln
    Der Hirntod bedeutet für mich das Erlöschen meines "Ichs". Wenn mein Gehirn nicht mehr funktioniert, "ICH" also ausgeschaltet bin, dann bin "Ich" tot. Sicher ist damit u.U. nicht jede meiner Zellen und nicht jedes meiner Organe tot, sondern stirbt nach und nach, weil "ICH" nicht mehr da bin, Aber was unterscheidet uns Menschen denn nach dem Gehirntod noch von einem unbeseelten Zellhaufen.

    Ich halte daher das Maß "Hirntod" durchaus für ein Kriterium, das herangezogen wird, um Organspenden zu ermöglichen. Totes Zellgewebe kann in einem lebenden Körper nicht mehr genutzt werden. Also müssen nach dem Hirntod Maschinen die Erhaltung der Zellen aufrechterhalten, bis diese von einem funktionierenden "Ich" wieder angetrieben werden können.
  • Hinschauen aber nicht urteilen

    13.09.2010, Martin Pflugradt
    Herr Prof. Hoerster hat sicherlich Recht, wenn er schreibt, dass Straffreiheit nicht mit Zwang zur "Tat" gleichzusetzen ist. Allerdings unterstellt er in seiner weiteren Argumentation Herrn Bauer einen Hintergrund von dessen Haltung, der so nie anklang und mich eigenartig anmutet:

    "Was selbst in solchen Fällen hinter der Verurteilung jeder Sterbehilfe steht, ist in Wahrheit die Einstellung der Kirchen, wonach jedes menschliche Leben, wie es heißt, 'Eigentum und Geschenk Gottes' ist und die Menschen sich deshalb nie 'zu Herren über Leben und Tod machen' dürfen."

    Nicht, dass es diese Haltung mit diesem Hintergrund nicht gäbe, aber sie öffentlich jemandem zu unterstellen - ohne Hinweise dafür im Originaltext -, ist nicht akzeptabel. Ich kenne aber aus ähnlichen Diskussionen viele solche Äußerungen, gerade zu diesem Thema.

    Greifen wir doch die Vermutung auf und schauen wir doch mal wirklich hin - dann sehen wir, dass wir uns eben gerade nicht selbst gehören. Wir haben uns das Leben nicht selbst gegeben, es waren unsere Eltern, die uns zeugten. Wir haben uns nicht selbst erzogen, es waren unsere Eltern, Lehrer, Freunde und Feinde, die das taten. Wir können uns noch nicht mal selbst ernähren, wir brauchen dazu all die Gaben der Natur um uns herum. Sicher haben wir unsere eigenen Anteile an den ganzen Prozessen, aber von "alleine für sich selbst verantwortlich" kann keine Rede sein. Wir sind alle in den vielfältigen sozialen und "biotischen" Netzen verbunden, gefangen, aber auch ernährt und gefördert.

    Die Vorstellung von unserer Menschenwürde, die vor allem in der "Selbstbestimmung" und freien Entscheidung gündet, können wir uns getrost abschminken, sie ist allenfalls ein schöner Selbstbetrug. Vielmehr geht es darum, eine wahrhaftigere Begründung für unsere Würde zu finden, deren Evidenz keiner Frage bedarf - gerade und um so mehr nach Auschwitz und Hiroshima.

    Ich sehe eine einigermaßen standfeste Begründung in unserer Fähigkeit, wahrhaft zu lieben - und aus dieser Liebe heraus auch wahrhaft zu verzeihen. Das ist jedoch nur den Menschen möglich, die ihre Ängste kennen und - überwinden oder doch zumindest ernsthafte Anstrengungen dazu unternehmen.

    Man kann diese Begründung und die daraus folgende Haltung als religiös bezeichnen, aber ich würde nicht unbedingt "kirchlich" dazu sagen. Allerdings lässt sie einige Aspekte des "Suizids im Finalstadium" (in vielen, aber nicht allen Fällen) in einem ganz anderen Licht erscheinen.

    Etwa 60 bis 80 Prozent der suizidalen Wünsche in finalen Lebenssituationen werden tatsächlich nicht im Schmerzanfall geäußert, sondern deutlich vorher oder hinterher. Das lässt die begründete Vermutung zu, dass Ängste eine sehr gewichtige Rolle bei dieser Forderung nach Straffreiheit und Vollzugsmöglichkeit von "Tötung auf Verlangen" u.ä. spielen.

    Ich finde, dass wir den restlichen 20 Prozent den Zugang zu einem schnell wirkenden Gift gestatten sollten - wenn sie ihre Schmerzen nicht nur einmal, sondern wiederholt und bei klarem Verstand als unerträglich schildern. Davon wiederum werden sicher nur wenige wirklich zu diesem letzten Mittel greifen. Aber die 80 Prozent, die erfahrungsgemäß am lautesten nach dieser Möglichkeit schreien, denen sollten wir sehr energisch helfen, ihre Ängste anzuschauen, zu bearbeiten und zu lösen. Das würde zweierlei Effekt haben: Sie könnten den Rest ihres Lebens mit deutlich höherer Lebensqualität genießen, und sie würden viel deutlicher ihre eigene Würde spüren, was stets ein tief greifendes Erlebnis ist. -> Überwundene Ängste führen i.d.R. zu einer deutlich verbesserten Selbstakzeptanz (Selbstliebe).

    Darüberhinaus hat Angst fast immer einen schmerzverstärkenden Effekt. Ich habe nicht nur einmal beobachtet, dass Menschen, die ihre Schmerz- und Todesängste überwunden haben, leichter und wesentlich schmerzärmer sterben können.

    Und noch eine Bemerkung zu "... da kann auch die beste Schmerztherapie nicht mehr helfen!"
    Man sollte bei terminalen Schmerzpatienten stets einen Arzt mit Spezialausbildung "Palliativmedizin" zu Rate ziehen. Es ist mitunter erstaunlich, welch positive Änderung der Lebensqualität eine trickreiche und gut abgestimmte, unorthodox hohe Dosierung von Schmerzmitteln zustande bringt.
  • Keine Zivilcourage in unserem Land

    13.09.2010, Erwin Chudaska, Rödermark
    Mit der Zivilcourage in unserem Land sieht es katastrophal aus. Und dies ist erschütternd für ein Land, welches sich des Fortschritts und der Aufgeklärtheit rühmt. Aber wo sollen denn die Vorbilder herkommen, wenn der Werteverlust in Politik und Wirtschaft weiter voranschreitet? Selbst in "kleinen Beispielen" macht sich Deutschland in die Hose! Als vor kurzem in einer Frankfurter S-Bahn ein jugendlicher Türke seine orientalische Musik dermaßen laut hörte, machte ihn keiner der Fahrgäste darauf aufmerksam. Ich bat ihn dann, die Musik leiser zu machen. Wenn schon nicht im Kleinen, ja wie soll es denn im Großen funktionieren?
  • Pawlow und Eccles

    30.08.2010, Ulf Wegener, Berlin
    Würde sich der stolze Gehirnforscher einmal herab begeben und sich mit den Religionen beschäftigen (außer den Monotheismen), könnte er vielleicht die beglückende Erfahrung außerkörperlichen Seins machen. Danach hängte er, so viel ist sicher, seinen Beruf an den Nagel. Er würde sein Leben umkrempeln.
    Zurückkrempeln jedenfalls ließe er sich nimmer mehr. Deshalb ist die Sinnsuche nicht totzukriegen.

    Das Drama der Wissenschaft, der Wunsch ist ihr Vater des Gedankens. Sie ließ sich anstecken von politischen Ideologien und fiel daher zurück auf den Urahn der Reflextheorie, auf Pawlow.

    Der weltbekannte Gehirnforscher John C. Eccles jedenfalls bekam für seine Arbeit "Wie das selbst sein Gehirn regiert" den Nobelpreis für Medizin. Was will ich mehr?

    Nicht alle Wege führen nach Rom, aber einige.
  • Sechs Jahre ohne Alkohol

    30.08.2010, Andreas Winter, Lichtenstein
    Durch den Tod meines Vaters bin ich 2004 endlich zur
    "Besinnung" gekommen.
    Danach ging es mir relativ gut, außer dass ich nicht mehr
    schlafen konnte. Seit der Zeit bin ich Stammkunde beim
    Neurologen, weil mir meine Festplatte keine Ruhe mehr lies.
    Dann kam der Nierendoktor dazu, weil die Leber auf Sparflamme arbeitete.
    Der HNO-Arzt, weil der Tinnitus mich bald umbringt.
    Und so weiter ...
    Ich rate jedem, seinen Alkoholkonsum zu minimieren!
  • Delphi und die Intelligenz der Vielen

    30.08.2010, Prof. Dr. Karsten Löhr, Heidenheim
    Zum spannenden Thema "Weisheit der Vielen" noch drei Ergänzungen aus eigener Erfahrungen:

    1. Die Mittelung der Schätzwerte wird "normalisiert" bei einer erneuten Befragung, wobei der Mittelwert aus der ersten Befragung vorgegeben wird. Bei dieser so genannten "Delphi-Methode" erreicht man eine "Normalverteilung" dadurch, dass der Einzelne seine Einschätzung meist relativiert, je größer seine jeweilige Abweichung vom "Mainstream" ist. Die Verteilung wird dadurch symmetrischer, und der Median fällt dann mit dem Durchschnitt zusammen.

    2. Diese "Weisheit der Masse" ist somit auch geeignet zur Vorhersage und Meinungsbildung - als so genannte "Delphi-Studie". Zwar lässt sich dieser Prozess dann nicht wirklich überprüfen, weil ja die Vorhersage gerade das Eintreten von denjenigen Ereignissen beeinflussen soll, die sie selbst zuvor einschätzt. Dennoch ist bereits die Ermittlung einer "objektivierten" Gesamtmeinung ein wertvoller Schritt zur effizienten Realisierung, welchen auch Schopenhauer in seinem Hauptwerk "Die Welt als Wille und Vorstellung" klar erkannt und beschrieben hat.

    3. Anders als in Japan hat man in Deutschland leider im letzten Jahrzehnt die objektivierende Delphi-Methodik durch einen "partizipativen Forschungsdialog" ersetzt (BMBF: Technologievorausschau und Technologiebeobachtung). Denn offenbar berührt die "demokratische Vielfalt" ein zentrales Problem unserer hiesigen Wirtschaftskultur, welche eher auf einem "durchsetzungsfähigen Management" beruht.

    Karsten Löhr

    Nachtrag:

    Von 2003 bis 2006 habe ich - als Leiter des Forschungsprogramms für Fahrzeug-Produktion und -Aufbau bei einem großen Automobilkonzern - versucht, die aufwändigen und teilweise undurchsichtigen Abstimmungsprozesse bei der Projektdefinition durch eine firmeninterne Delphi-Befragung zu vereinfachen und zu objektivieren. Gerade bei modernen Fahrzeugprojekten eröffnet dies Vorteile, denn außer der Nutzung "weiser Vielfalt" erreicht man dadurch bereits eine "Objektivation" der vielen beteiligten Mitarbeiter, d.h. Willensbildung, Einstimmung, Fokussierung etc. auf das gemeinsame Projektziel. Mein Konzept für ein "Automotive Delphi" wurde allerdings von allen Topmanagern abgelehnt, meist mit dem Verweis darauf, dass man Verantwortung und Autorität nur für "selbst gesetzte" Ziele übernehmen kann und will ... zumindest als Manager. Hier herrscht offenbar ein Konflikt zwischen dem Unternehmenszweck - d.h. Maximierung des Erfolgs - und dem Prinzip der Arbeitsteilung in Ausführende und verantwortliches Management.

    Als ich jedenfalls eine allgemeine Anfrage des Vorstands für Forschung und Entwicklung nutzte, um dieses Modell vorzuschlagen, wurde ich von meinen Vorgesetzten ermahnt, solche Vorschläge künftig zu unterlassen. Daraufhin verließ ich das Unternehmen.
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