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Kommentare - - Seite 129

Ihre Beiträge sind uns willkommen! Schreiben Sie uns Ihre Fragen und Anregungen, Ihre Kritik oder Zustimmung. Wir veröffentlichen hier laufend Ihre aktuellen Zuschriften.
  • Cartoons in G&G

    07.12.2009, Irina Gimpeliovskaja
    Wie immer bin ich mit dem Lesen von G&G eine bis zwei Ausgaben hinterher, aber in der 11. Ausgabe ist mir besonders aufgefallen, wie außerordentlich scharfsinnig und lustig die Comics waren! Bitte machen Sie weiter so!
  • Verschwendung von Lebenszeit - im besten Falle

    04.12.2009, Sophie Amrain, München
    Es stimmt sicher, dass gerade, wenn eine Religion lästige Vorschriften macht, man sie nicht so leicht vergessen und verdrängen kann. Dem Überleben der Religion helfen die Rituale also. Für die Menschen wäre es natürlich besser, wenn sie ihre Rituale gleich für sich entwickelten, anstatt noch die Pazifizierung eines unerforschlichen Gottes miteinbeziehen zu müssen. Irgendwie erinnern mich diese Argumente für die Religion an die Argumente für den Lateinunterricht: Latein lernen erleichtert das Lernen anderer Sprachen. Ich habe nie verstanden, warum das besser sein soll als gleich Französisch zu lernen:-)
  • Der Glaube war schon vorher in die Ecke gedrängt

    03.12.2009, Sophie Amrain
    Der Glaube ist mittlerweile auf allen Ebenen recht gut verstanden. Seine Inhalte haben sich oft verändert, umfassen aber immer 1. Aussagen zur Natur der Welt (z.B. der Mensch hat eine Seele), 2. Aussagen zur Geschichte (Offenbarung etc.) und 3. Begründungen und Definitionen von Moral (du sollst das und das machen, weil Gott es so sagt).

    1. Die Physik und die Biologie haben gezeigt, dass alle Aussagen des Glaubens über Natur und Mensch falsch sind, jedenfalls insoweit sie falsifizierbar waren. Bekannt sind die Aussagen der Bibel zu Entstehung der Welt, der Lebewesen und des Menschen. Ein weniger bekanntes Beispiel: Im AT kann man nachlesen, dass der Wert von Pi 3 beträgt. Nicht 3 und ein bisschen was, sondern exakt 3. Das ist falsch.

    2. Bei den geschichtlichen Aussagen ist sehr, sehr viel Erfindung mit einem kleinen möglicherweise historisch richtigen Kern verbunden. Für das Christentum hat das dankenswerterweise die historisch-kritische Bibelforschung gezeigt, für den Islam sind solche Forschungen erst in Ansätzen vorhanden, es zeigt sich bisher aber genau dasselbe Bild.

    3. Die Moral ist vermutlich älter als die Religionen. Ein moralisches Empfinden ist unabdingbar für eine Art, die nicht nur ihren Instinkten folgt, als Entscheidungshilfe in allen komplexeren Fragen. Es gibt Hinweise auf moralisches Verhalten bei manchen hoch entwickelten Tierarten. Die menschliche Moral ist in Grundzügen universell, bei gleichzeitig sehr verschiedenen Religionen. D.h. die Fähigkeit zu ethischem (und daher zwangsläufig auch zu unethischem) Verhalten ist ein Bestandteil der Biologie des Menschen.

    Alle diese Erkenntnisse waren übrigens schon ohne jede Hirnforschung zu haben. Die Hirnforschung zeigt uns das neuronale Korrelat höherer geistiger Tätigkeiten, zu denen der Glaube gehört. Der Nichtgläubige ist nicht überrascht, der Gläubige rettet sich in die nicht falsifizierbare Transzendenz, jene berühmte Einbahnstraße, auf der die höheren Mächte das Schicksal jeden Sperlings bestimmen können, während es gleichzeitig unmöglich ist, in umgekehrter Richtung irgendeine falsifizierbare Aussage über die Natur der höheren Mächte zu erhalten.
  • Der Sinn des Lebens ist keine religiöse Frage

    03.12.2009, Sophie Amrain, München
    Die Frage nach dem Sinn seines Lebens stellt sich jedem mit Bewusstsein ausgestatteten Wesen. Eine Ameise weiß, was sie zu tun hat, ihr stellt sich die Frage nicht. Unsereins weiß es nicht von vornherein und muss sich entscheiden, was er für gut und böse hält, also, was zu tun und zu lassen ist. Mit unseren Entscheidungen und Taten bestimmen wir den Sinn unseres Lebens. Es funktioniert für die Gemeinschaft, da jeder Einzelne in einem Umfeld von Leuten aufwächst, die diese Sinnfrage schon für sich beantwortet haben. Aber es ist per definitionem eine individuelle Entscheidung.

    Über den Sinn DES Lebens zu reden, ist eine Anmaßung. Jeder muss diesen Sinn für sich finden, ihn für jemand anders zu setzen ist im höchstem Maße arrogant. Das gilt auch dann, wenn ein Gott das tut.
  • Reduktionistisch

    02.12.2009, Rolf Meyer
    "Natürlich sind die Empfindungen, die unsere Probanden unter Laborbedingungen erlebten, nicht mit der Intensität von voll ausgeprägten außerkörperlichen Erfahrungen zu vergartileichen." Genau diese Erfahrungen, die Patienten beschreiben, sind doch die wirklich interessanten, wenn beispielsweise trotz Narkose und Herzstillstand Patienten jeden Handgriff des Arztes im Nachhinein wiedergegeben können. Eine Out-of-Body Experience, so wie Sie sie beschreiben, erklärt dieses Phänomen nicht, leider klingt in Ihrem Text vielmehr aber ein gewisser reduktionistischer Unterton mit, wenn Sie das Phänomen der außerkörperlichen Erfahrung sogleich als Produkt von Gehirnaktivitäten erklärt haben wollen.
  • Anatomie mal anders

    10.11.2009, Isabel Gräf
    Sehr geehrter Herr Wicht,

    ich habe Ihren Artikel nicht nur mit einem Schmunzeln, sondern teilweise mit Tränen in den Augen lachend gelesen. Ich bin zwar weit davon entfernt, viel von Medizin zu verstehen oder Latein zu sprechen, was mich allerdings nicht daran hindert, Artikel wie diese mit großem Interesse zu lesen.

    Mit Blumenkohl kenne ich mich ein wenig aus, aber das wir den auch im Kopf haben ... das war mir fremd ;)!
    Vielen Dank für diesen informativen Vortrag! Eine Vorlesung von Ihnen würde ich mir gern mal anhören.

    Mit freundlichen Grüßen aus Bremen

    I. Gräf
  • XMRV in CFS

    10.11.2009, Ihr Name, Wohnort
    Sehr geehrte Damen und Herren,

    mit großem Interesse habe ich Ihren Artikel vom 04.11.09 über XMRV in CFS gelesen.
    Leider hat die Neuigkeit über diese Entdeckung in den USA und anderen Ländern wesentlich mehr Aufmerksamkeit generiert, obwohl schätzungsweise bis zu 300 000 Menschen hierzulande an CFS erkrankt sind.

    CFS kann genauso behindernd sein wie beispielsweise Multiple Sklerose oder Chronisch obstruktives Lungenleiden (COPD). Umso schlimmer ist es, dass CFS in Deutschland immer noch als psychosomatische oder psychische Erkrankung bezeichnet wird, obwohl auch vor XMRV bereits 4000 Studien belegten, dass CFS eine reale, organische Krankheit ist.
    Die Situation für Menschen mit CFS ist damit mehr als fatal, da sie weder Hilfe von ärztlicher Seite, noch von Sozial- oder Rententrägern bekommen für eine Krankheit, die "nicht existiert".
    Das musste auch ich erfahren, als ich vor einem Jahr an CFS erkrankte, mein Studium aufgeben musste und nun arbeitsunfähig bin. Ich bin 23 Jahre alt.

    Umso wichtiger ist es, dass endlich ein eindeutiger Marker für CFS gefunden wird, denn momentan ist man für die Diagnose noch auf eine komplexe und teure Ausschlussdiagnostik angewiesen.
    Sollte sich XMRV als dieser Marker bzw. (Mit-)Auslöser für CFS herausstellen, stellen sich viele neue Probleme. Übertragung des Virus in vitro konnte nachgewiesen werden. In diesem Zusammenhang diskutiert man in den USA bereits, inwiefern eine Übertragung via Bluttransfusionen, Organspende oder CFS-kranker Mütter bei der Geburt auf ihre Kinder stattfinden kann.
    Weiterhin gehen die Entdecker von XMRV in CFS davon aus, dass XMRV auch in Zusammenhang steht mit zahlreichen anderen Neuro-Immunerkrankungen, wie beispielsweise atypische Multiple Sklerose oder Fibromyalgie. Sollte sich dies bewahrheiten, haben wir es auf einmal nicht mehr nur mit einer "kleinen Randgruppe" von weltweit etwa 17 Mio. CFS-Betroffenen zu tun, sondern vielmehr auch mit einer ungleich größeren Gruppe von XMRV-Positiven, die ihrerseits mögliche Überträger sein könnten. In diesem Zusammenhang wird in den USA auch eine Namensänderung von CFS und verwandten Krankheiten zu XAND (XMRV-associated neuro-immune disease) diskutiert. Namenhafte Experten in den USA warnen davor, dieses Thema zu trivialisieren und den gleichen Fehler zu begehen, wie bei der Entdeckung von HIV. Hierzulande beschränkt sich die Aufmerksamkeit von Seiten der Forscher leider lediglich auf die Charité Berlin.

    Dieses Thema ist von großer Bedeutung, auch für die breite Öffentlichkeit.
    Ich und viele andere Menschen in Deutschland würden sich sehr freuen, wenn Sie weiterhin und verstärkt über die Entwicklungen in Sachen XMRV und CFS berichten.

    Mit freundlichen Grüßen

    Jasmin A.
  • "Abhängigkeit und Sucht nicht dasselbe"

    07.11.2009, Christian Wenig, Regensburg
    "Umgangssprachlich werden die Begriffe Abhängigkeit und Sucht oft synonym verwendet. Aus neurobiologischer Sicht müssen sie jedoch unterschieden werden", schreibt Herr Professor Lüscher.

    Nach heutigem Sprachgebrauch ist der Begriff "Sucht" obsolet, wird aber ob seiner Kürze weiterhin gerne gebraucht.

    Laut ICD 10 Kapitel V (F) spricht man heute von "psychischen und Verhaltensstörungen durch psychotrope Substanzen" (F1) bzw. "schädlichen Gebrauch von nicht abhängigkeitserzeugenden Substanzen" (F55) und "abnormen Gewohnheiten und Störungen der Impulskontrolle" (F63). In keinem dieser Bereiche wird der Begriff Sucht verwendet.

    Dagegen ist die Abhängigkeit der Oberbegriff, der sowohl die akute körperliche Abhängigkeit als auch die überdauernde - nach heutiger Kenntnis lebenslange Erkrankung - beschreibt, wobei es dabei unerheblich ist, ob der Betroffene (Abhängige) aktuell konsumiert oder nicht.

    Das heißt auch nach einer (körperlichen) Entgiftung bleibt der Betroffene wohl sein Leben lang abhängig, er verliert diese nicht durch eine Entgiftung, wie Professor Lüscher nahelegt.

    Diese Differenzierung von Sucht und Abhängigkeit stiftet somit eher Verwirrung, als dass sie einen heuristischen Wert besäße.

    Christian Wenig
    Arzt
    Klinische Suchtmedizin
    Bezirksklinikum Regensburg
    Stellungnahme der Redaktion

    Antwort von Prof. Christian Luscher:



    Die beiden Begriffe haben ihre Wurzeln im Englischen: "Addiction" respektive "Dependence" lassen sich m.E. am besten mit Sucht und Abhängigkeit übersetzten.



    Ich bin mir bewusst, dass sich Sucht und Abhängigkeit in den klinischen Definitionen wie der ICD 10 oder dem DSM IV nur teilweise wiederfinden. Das rührt daher, dass diese Klassifizierungen, die beide schon etwas in die Jahre gekommen sind, die neueren Resultate der neueren biologischen Grundlagenforschung erst ansatzweise einbeziehen.



    Die neurowissenschaften Ergebnisse hingegen zeigen klar, dass unterschiedliche Systeme des Gehirns für "dependence" (Abhängigkeit) und "addiction" (Sucht) verantwortlich sind. Bei Abhängigkeit ist die Funktion verschiedener Hirnstammkerne verändert (z.B. erhöhte Aktivität im sog. blauen Kern, dem locus coeruleus). Für die Ausbildung der Sucht hingegen sind Mittelhirn (z.B. VTA) und die Basalganglien (nucleus accumbens) zentral (s. auch Artikel).



    Im diesem Sinne hat die Unterscheidung durchaus einen heuristischen Wert, und ich bin überzeugt, dass weitere Revisionen der klinischen Klassifizierungen in naher Zukunft dies auch berücksichtigen werden.



    Mit freundlichen Grüßen



    Christian Luscher

  • Danke für diesen Beitrag!

    06.11.2009, Sabrina Röhner
    In Deutschland wird CFS nach wie vor von Ärzten nur selten diagnostiziert, obwohl man von einer Prävalenz von ca. 300.000 Erkrankten ausgeht.

    Etwa ein Viertel der Betroffenen sind so schwer eingeschränkt, dass sie für alltägliche Verrichtungen auf fremde Hilfe angewiesen sind.

    Dennoch gibt es derzeit keine Klinik, die sich mit schwererkrankten CFS-Patienten auskennt, Behandlungsversuche z.B. mit anti-viralen Medikamenten, wie sie z.B. in den USA praktiziert werden, sind in Deutschland die absolute Ausnahme.

    Es gibt mittlerweile tausende von Studien, die Abnormalitäten in CFS-Patienten gegenüber gesunden Kontrollgruppen gefunden haben.

    Sollte sich dieses Retrovirus weltweit in einer nennenswerten Zahl der Erkrankten finden, eröffnet dies hoffentlich auch in Deutschland endlich Möglichkeiten, diesem Leiden in aller Stille und abseits sozialer Netze zu lindern oder gar zu beenden!

    Bitte mehr zu diesem Thema.

    Mit freundlichen Grüßen

    Sabrina N.
  • Alle Psychopharmaka zerstören Leben

    28.10.2009, Jörg Malcher, Karlsruhe
    Wer meint, sein Leben mit der Hilfe von Psychopharmaka zu verbessern oder sich aus einer unangenehmen Situation im Leben heraus zu helfen, liegt vollständig daneben.
    Das Gegenteil wird eintreten, denn alle Psychopharmaka zerstören Leben und dies jeden Tag, jede Stunde und jede Minute auf der ganzen Welt! Ich halte nichts von Psychopharmaka, habe selbst schon gesehen, was es bewirkt.
  • Ans Licht gewöhnt

    26.10.2009,
    Ich kann mir vorstellen, dass dem so ist. Nur darf man nicht vergessen, dass wir Menschen uns an zu viel Licht schon gewöhnt haben.

    Mäuse, die regelmäßig dem Licht ausgesetzt sind, werden sich irgendwann daran gewöhnen, selbst wenn einige an einer Depression erkranken sollten.

    Gruß

    Carola

  • Kaffee und Co auf einer Ebene mit Dopingmitteln?

    23.10.2009, France Skov
    Ich finde es nicht richtig, diese NEPs mit Kaffee und Co. zu vergleichen, es ist eine gefährlich Verharmlosung. Diese NEPs, von denen man die genauen Wirkungen und Nebenwirkungen auf das Gehirn noch nicht kennt, aber die bewiesenermaßen einen Einfluss auf unsere grauen Zellen ausüben, verändern unser Wesen massiv. Und nicht zu sprechen von dem Preisunterschied und damit die Verfügbarkeit für nur wenige! Vielleicht steigern diese NEPs nicht nur Konzentration und Leistung (Im Übrigen: Ist das überhaupt erstrebenswert, noch mehr Konkurrenzdruck zwischen den Menschen zu schaffen?), sondern auch Impulsivität, Aggressivität etc., also "negative Qualitäten".

    Und wieso gibt es "einen gehörigen Unterschied zum Sport-Doping"? Wenn ich mich dope, ist es doch, weil ich etwas erreichen will, was ich ohne diese Mittel nicht erreichen könnte, z.B. mehr Publikationen, besseren Ruf/Ergebnisse im Beruf. Wo bleibt da der faire Wettbewerb?
  • Größte Witz des Jahres

    22.10.2009,
    Clever und noch dazu der größte Witz des Jahres, da auch noch vom Bundesforschungsministerum finanziert, dass Sie nun versuchen, gesunde Menschen zu dopen. Fällt Ihnen nichts Kreativeres ein? Sehr bewundernswert die PR der pharmazeutisch-psychiatrischen Industrie. Auf dem Gebiet sind sie bislang unschlagbar.
    Mit freundlichen Grüßen
    Edeltraut Groz
  • Schöne "heile" Welt

    21.10.2009, Sandra Pohlmann, Bauschlott
    Perfektionismus in allen Lebenslagen ...
    Höhen und Tiefen gibt es in jedem Leben einer Person. Nur daran kann man wachsen und sich weiterentwickeln. Schwebt man nun aber ständig auf einer künstlichen "Glücklich-Welle" durchs Leben, ist man nichts weiter als ein Zombie.

    Psychopharmaka sind und bleiben Drogen. Viele davon haben schlimme Nebenwirkungen, die nicht gerade groß auf dem Beipackzettel stehen. "Rauchen gefährdet Ihre Gesundheit", steht auf den Zigarettenschachteln - was für ein Witz! Das und vieles mehr müsste auch auf den Packungen für Psychopharmaka stehen. Dann könnte man nicht mehr so einfach mit der "heilen Welt" die Leute anlocken.
  • Grundsätzliches

    20.10.2009, Ingo-Wolf Kittel, Augsburg - FA für pt. Medizin
    Psycho-Pharmaka sind wie alle psycho-aktiven Substanzen in Realität neuro-chemisch wirkende Stoffe, die neuro-physiologische Funktionsveränderungen zur Folge haben. Erst wenn diese so stark ausgeprägt sind, dass sie auch zu Veränderungen im Selbstgefühl und in der Selbststeuerung eines Menschen führen, werden sie bewusstseinsfähig, was heißt, dass sie von der Person selbst wahrgenommen werden.

    Schon um allein dieses Wirkstärke zu erreichen, bedarf es der Zuführung oder Einnahme einer bereits derart großen Menge einer neurochemisch wirkenden Substanz, dass dadurch eine erhebliche Veränderung des neurochemischen Gleichgewichts eintritt, das normaler Weise durch natürliche Regelungsvorgänge im Gehirn zustande kommt. Dabei beeinflussen oder "stören" psychotrope Stoffe bis zu ihrem chemischen Abbau diese Prozesse dabei, sich ausreichend zur Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung dieses Gleichgewicht auswirken zu können.

    Psychoaktive Substanzen erreichen ihre Wirkung damit durch eine mehr oder weniger gezielt herbeigeführte "Störung der Hirnchemie".

    Ob und wie sich diese im bewussten Selbsterleben eines Menschen bemerkbar macht, ist von vielen Einzelheiten, auch persönlichen Eigenheiten von Konsumenten abhängig, erst recht die Akzeptanz der wahrnehmbaren "psychischen" Auswirkungen, die rein subjektiven Kriterien unterliegt. Spätestens dann jedoch, wenn diese zu einer Einschränkung der "normalen" und stark gewohnheitsabhängigen, also gewöhnlichen oder üblichen Selbststeuerungsfähigkeit führen, wird man auch hier von einer objektiven "Störung" zu sprechen haben.

    Die Wirkung psychoaktiver Substanzen beruht deshalb ähnlich wie die des Alkohols immer auf grundlegenden Störungen von solchen Hirnprozessen, die von Natur aus autonom ablaufen und geregelt sind, selbst wenn diese physiologischen Störungen noch nicht das Ausmaß erreicht haben, dass auch "Veränderungen" im wahrnehmbaren "Innenleben" oder gar Einschränkungen der eigenen Selbststeuerungsfähigkeit deutlich werden. Treten solche auf – sie werden psychopathologisch pauschal als "Bewusstseinsstörungen" bezeichnet -, weist dies lediglich auf einen noch höheren Grad der Störung derjenigen physiologischen Funktionen hin, die ihnen zugrunde liegen.

    Objektiv gesehen bestehen damit alle, insb. die subjektiv wahrnehmbaren "psychischen" Auswirkungen von Psychopharmaka, die mit Einnahme der Substanzen eigentlich bezweckt werden, zu welchem übergeordneten Zweck oder Ziel auch immer, wie die Wirkungen aller Drogen bis hin zu Halluzinogenen künstlicher oder pflanzlicher Art in z.T. massiven Veränderungen oder Störungen normaler Hirnfunktionen. Erst recht stellen in ihrem Gefolge auftretende Bewusstseinsveränderungen genau genommen immer Bewusstseinsstörungen dar, und sollten deswegen auch genauso bezeichnet werden. (s.S. 13f der verlinkten Datei)

    In diesem Licht erhält der Begriff "Enhancement" - Steigerung, Vergrößerung, Erhöhung - eine sehr klare und sehr spezifische Bedeutung!

    Man kann nur froh sein, dass dadurch erreichte "Bewusstseinsveränderungen", wie beschönigend und damit eigentlich irreführender Weise meist zu Bewusstseinsstörungen gesagt wird, im Normalfall reversibel sind, also nur zeitweise auftreten. Viel zu wenig ist bekannt, wie häufig sie in psychotischen Entgleisungen ausarten und wie verheerend sich wiederholter Gebrauch psychoaktiver Substanzen auf die normale Konzentrations- und vor allem Merkfähigkeit auswirken kann - so wie kaum jemand die hohle Innenwelt von Menschen mit Korsakow-Syndrom kennt, das psychische Endstadium langjährigen Alkoholmissbrauchs und sein Vorläuferstadium, das des Spiegeltrinkers, der wie andere "Drogenabhängige" irgendwann sein Suchtmittel allein zur Aufrecherhaltung "normalen Funktionierens" benötigt: weil er in Realität unablässig das Auftreten von prädeliranten Symptomen kupieren, also unterdrücken muss!

    Wegen all dieser Zusammenhänge kann ich als Psychiater und Psychotherapeut in der Propagierung von "Neuro-Enhancement" weiter nichts als eine verkappte Propaganda für Drogen- und Medikamentenmissbrauch sehen und eine Initiative zum Abbau von natürlichen Einstellungen dagegen. Der Gipfel dieser desaströsen Wortpolitik wäre, dieses "natürliche Empfinden" auch noch als - selbstredend verdammenswertes oder zumindest verachtenswertes - "Vorurteil" hinzustellen und zu stigmatisieren!

    Leider ist es derselben Ideologie schon gelungen, Drogengebrauch als Mittel zur angeblichen "Bewusstseinserweiterung" nachgerade zu verherrlichen und Drogenwirkungen hochzielend, um nicht zu sagen hochtrabend als "spirituelle", wörtlich bloß "geistige" Erfahrungen zu bezeichnen, ja sogar zu behaupten, dass mit Drogen ein intensiverer "Zugang zum Unbewussten" oder gar zu "einer anderen Welt" gewonnen würde - als wenn dies nicht auch mit anderen, ziemlich einfachen und psychologisch einwandfreien Mitteln möglich wäre, und es sich bei dieser angeblich "anderen" Welt nicht um die eigene Innenwelt handeln würde. Dass Teilnehmer an euphemistisch "psycholytisch" genannten Therapien mit Drogen sich sogar Todesgefahr aussetzen, ist vor kurzem in Berlin auf entsetzliche Weise deutlich worden.
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