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Astrophysiker/-in:

Ausbildung und Beruf


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Motivation

Warum sollte man Astrophysiker/-in werden wollen? Es ist wohl die Begeisterung für den Sternenhimmel und den vielen interessanten kosmischen Objekten und für die Natur selbst, die einen zu diesem Wunsch verleiten könnten.
Haben Sie schon einmal in einer mondlosen, richtig dunklen, klaren Nacht abseits des Lichtermeers der Zivilisation an den Himmel geschaut? Es ist ein beeindruckendes Erlebnis! Das Foto rechts vermittelt einen vagen Eindruck von der Schönheit des Sternenhimmels: es zeigt eine Region in der Nähe des Zentrums unserer Heimatgalaxie und die Tierkreiszeichen Schütze und Skorpion (Credit: Akira Fujii, NASA/STScI 2003; große Version). Das leuchtende Band der Milchstraße (links) ist von Dunkelwolken aus Staub durchsetzt. Der auffallende, rote Stern heißt Antares und ist der Hauptstern im Skorpion. Er verdankt den Namen seiner roten Farbe, der Ähnlichkeit zum roten Planeten Mars. Denn Ares ist der griechische Kriegsgott, der durch die Römer in den lateinischen Kriegsgott Mars umbenannt wurde. "Ant-Ares" ist der "Gegenspieler zum Mars".
Natürlich könnte man sich an diesem Anblick einfach erfreuen und ansonsten einer anderen Tätigkeit nachgehen. Mancher wird jedoch so gefesselt von diesem Eindruck sein, dass er mehr erfahren will über die Vorgänge am Himmel - viel mehr!

Es ist genauso gut möglich, einen Zugang zur Astronomie über ein Buch zu erhalten. Vielleicht hatte man das Glück, in früher Kindheit ein Buch eines besonders fesselnd schreibenden Autors zu lesen oder man hatte einen Bildband über Astronomie in den Händen mit atemberaubenden, echten Fotos der Natur über uns oder ein Lexikon mit geradezu phantastischen Erklärungen über das, was da fernab des irdischen Geschehens vor sich geht.

Beide Zugänge, ob über die Beobachtung oder die Lektüre, sprechen offensichtlich etwas in uns an: Neugierde. Lust am Wissen auf mehr - Lust auf Verstehen - letztendlich auch Lust auf ein Verständnis von uns selbst oder gar dem Sinn des Lebens. All das können Motive sein, um Astronomie betreiben zu wollen, als Hobby oder als Beruf. Und die besonders leidenschaftlichen Wissbegierigen wollen Astrophysiker werden.

Beobachter und Theoretiker

Generell unterscheidet man in den Naturwissenschaften Experimentatoren von Theoretikern. Natürlich sollte man in beiden Teilbereichen ein großes Wissen haben, doch hat in den letzten Jahrzehnten eine tiefe Spezialisierung stattgefunden. Die Folge ist, dass man sich entscheiden muss, ob man eher theoretisch oder eher experimentell arbeiten möchte.

Die Experimentatoren in der Astronomie und Astrophysik heißen Beobachter. Im engeren Sinn meint der Begriff Astronom nur den Beobachter. Sie sind Profis in Beobachtungstechniken, kennen also sehr genau die Funktion von astronomischen Detektoren. In der Astronomie verwendet man Teleskope in allen Spektralbereichen der elektromagnetischen Strahlung: Radiowellen, Infrarot, optische Strahlung (Licht im engeren Sinne), Ultraviolett, Röntgen- und Gammastrahlung. Die Teleskope sind entweder erdgebunden und stehen auf hohen Bergen, wie z.B. in Spanien, Chile oder Hawaii oder sie fliegen auf Satelliten um die Erde, wie es bei den Weltraumteleskopen Hubble, Chandra, Spitzer, XMM-Newton, WMAP und vielen anderen der Fall ist. Die Beobachter wissen, mit welchen Methoden sie die Strahlung weit entfernter Objekte messen können. Am Ende einer Beobachtungskampagne stehen Spektren und Bilder astronomischer Objekte, so beispielsweise Sternspektren, Galaxienspektren, Spektren von interstellaren Molekülen, die Temperaturverteilung der kosmischen Hintergrundstrahlung oder Lichtkurven von Supernovae und Gammastrahlenausbrüchen.
Aufstrebende Bereiche in der beobachtenden Astronomie sind Neutrinoastronomie, Gravitationswellenastronomie und Hochenergieastrophysik. Die Zukunft dieser sehr aktiven Forschungsfelder ist sehr spannend - und hat schon behonnen. Neutrinos aus dem All werden tief in alten Minen, den Tiefen des Meeres oder sogar im Eisschild der Antarktis gemessen. Gravitationswellen wurden bisher nur indirekt nachgewiesen, aber nicht direkt in einem Detektor gemessen. Aber sie werden von der Relativitätstheorie vorausgesagt: Es muss sie geben! Die Hochenergieastrophysik untersucht die energiereichsten Teilchen, die aus dem Kosmos zu uns gelangen: die kosmische Strahlung.

Die so gewonnenen Beobachtungsdaten müssen interpretiert werden. Hier kommen dann die Theoretiker ins Spiel. Theoretische Astrophysiker sind Experten für physikalische Gesetze, die mit den Mitteln der Mathematik beschrieben werden. Sie kennen viele physikalische Theorien und Gesetzmäßigkeiten in der Natur und wenden sie auf astrophysikalische Objekte an. Ihr Ziel ist es, die Beobachtungsdaten rechnerisch rekonstruieren zu können: Sie wollen präzise nachrechnen, was in den kosmischen Objekten passiert. Das kann man bei wenigen Ausnahmen noch "per Hand", also mit Bleistift und Papier nachrechnen; die übliche Methode ist jedoch mithilfe eines Computers die Modelle nachzurechnen. Das liegt daran, weil der Rechenaufwand so hoch oder/und die Gleichungen so kompliziert sind, dass man mit Papier und Bleistift nicht weit kommt.
Sowohl Theoretiker als auch Beobachter sind in der heutigen Zeit gut vertraut mit Computern und Numerik. Im Alltag werden astronomische Daten mit entsprechender - oft selbst geschriebener - Software bearbeitet z.B. als Falschfarbenbild oder Diagramm visualisiert.
Im engeren Sinn bezeichnet der Begriff Astrophysiker reine Theoretiker, aber an sich kann man die Bezeichnungen Astronom und Astrophysiker nicht so genau trennen - das ist auch gar nicht sinnvoll. Im Gegenteil: Es ist erstrebenswert soviel wie möglich über Beobachtungstechniken und (astro-)physikalische Theorien zu wissen. Nur ist das alles kaum für eine Person zu bewältigen, so dass sich zwangsläufig das Expertentum ausgebildet hat.

Beobachtung und Theorie zusammen führen dann zu einem Verständnis des Kosmos als Ganzes (Kosmologie) und seiner Objekte im Einzelnen (Galaxienphysik, Sternenphysik, Planetenphysik, Physik Schwarzer Löcher etc.).

Disziplinen der Astronomie

Die Unterteilung der modernen Astronomie in charakteristische Forschungsrichtungen sei an dieser Stelle nur aufgelistet. Im Astro-Lexikon im Eintrag Astronomie befindet sich eine genauere Beschreibung der einzelnen Disziplinen.

Detektorphysik

Teleskopbau

Astrometrie

Spektroskopie

Photometrie

Polarimetrie

Himmelsmechanik

Kosmologie und Kosmogonie

Galaxienphysik

Stellarphysik

Planetologie

Exobiologie

Relativistische Astrophysik

Strahlungsphysik

Quantengravitation

Astroteilchenphysik

Nebelphysik

Jetphysik

Astrochemie

Molekülastronomie

Staubastronomie

Arbeit eines Astronomen/Astrophysikers

Die Arbeitsmethoden eines Astronomen bzw. Astrophysikers wurden im Absatz Beobachter und Theoretiker bereits im Ansatz dargestellt. Übrigens: Die Berufsbezeichnung Astronom/Astrophysiker kann im Prinzip erst getragen werden, wenn im Fach Astronomie eine Doktorarbeit erfolgreich abgeschlossen wurde. Zur Promotion wiederum ist man erst zugelassen, wenn man das Studium der Physik (Regelfall) oder das der Mathematik (seltener) mit der Diplomprüfung absolviert hat. In der Regel beträgt die gesamte Ausbildungszeit dieser beiden Phasen, Diplomstudium plus Promotion, schon acht Jahre! Bis zum eigentlichen Einstieg in den Beruf ist es also ein langer Weg. Als Doktorand, also während der Promotion, verdient man allerdings schon ein bisschen Geld ("eine halbe Stelle"). Doch zur Ausbildung kommen wir später.
Konkret gestaltet es sich so, dass die Arbeit eines Astronomen/Astrophysikers (im Weiteren nur noch als Astrophysiker bezeichnet) sehr abwechslungsreich ist:

  • Die nahe liegende Arbeit eines Astronomen ist die astronomische Beobachtung. In den Anfängen der Astronomie waren das rein visuelle Beobachtungen mit bloßem Auge und später mit dem Fernrohr. Die Aufgabe des Beobachters bestand darin, das Gesehene möglichst objektiv zu dokumentieren, als Beschreibungen und Skizzen anzufertigen. Diese klassische Arbeitsweise machen heutzutage nur noch Hobbyastronomen. Die modernen Profi-Astronomen nutzen Großteleskope, die auf hohen Bergen oder Satelliten installiert sind. Die Beobachtungsdaten müssen in eine wissenschaftlich verwertbare Form (Foto, Falschfarbenbild, Spektrum, Lichtkurve, Diagramm) gebracht werden. Zur Bearbeitung, Auswertung und Visualisierung verwendet der Beobachter Computer, wie das heutzutage in vielen Berufen ist.
  • Auch der theoretische Astrophysiker verbringt sehr viel Zeit am Computer. Der Forscher macht sich mit physikalischen Modellen vertraut, um die Beobachtung zu erklären. Dabei werden physikalische Theorien angewendet z.B. die Newtonsche Mechanik, die Relativitätstheorie, die Strahlungsphysik oder die Teilchenphysik.
    Im Prinzip stellt der Wissenschaftler der Natur eine präzise Frage, beispielsweise welche Energie hat die Strahlung, die Sonne zur Erde schickt. Die Antwort ist in diesem Fall ein Sonnenspektrum, also die Verteilung der Strahlungsintensitäten zu verschiedenen Strahlungsenergien. Forschen heißt Hypothesen zu testen. Dabei wird es besonders interessant, wenn ein unerwartetes Ergebnis entdeckt wird, für das es zunächst keine Erklärung gibt. Dann muss der Theoretiker aktiv werden, um in einem kreativen, schöpferischen Akt die Beobachtung qualitativ und quantitativ auf der Basis von physikalischen Naturprinzipien zu erklären.
  • Die Forschungsergebnisse müssen dokumentiert werden. Der Astrophysiker schreibt deshalb eine Veröffentlichung (ein "Papier", im Jargon meist nur paper genannt), wobei ebenfalls der Computer zum Einsatz kommt. Diese Thematik wird gesondert im nächsten Abschnitt Wissenschaftliche Publikationen behandelt.
  • Die Astronomie ist wie jede Naturwissenschaft sehr stark international ausgerichtet. Der weltweite Austausch mit Fachkollegen ist wichtig, weil dieser Dialog die eigene Forschung befruchtet und beschleunigt. Natürlich gibt es auch Konkurrenz zwischen verschiedenen Forschergruppen, die auf dem gleichen Gebiet arbeiten. Es ist ein Wettlauf darum, wer eine wichtige Entdeckung zuerst macht oder wer eine bestimmte Methode, ein bestimmtes Ergebnis zuerst entwickelt hat. Aus objektiver Sicht ist die Konkurrenz gut und der Wissenschaft förderlich, weil sie den Erkenntnisgewinn und die Entwicklung daraus resultierender praktischer Anwendungen beschleunigt.
  • Der Austausch unter Fachkollegen wird besonders auf wissenschaftlichen Konferenzen (Symposien, Kongresse, Tagungen, Workshops) gepflegt. Dort haben die Forscher Gelegenheit ihre Forschungsarbeit vor Fachkollegen in einem wissenschaftlichen Vortrag vorzustellen. Auch im gesellschaftlichen Umfeld der Konferenz kommt es zu Diskussionen und der Herstellung von Kontakten.
  • Während vor etwa hundert Jahren der direkte Kontakt unter Wissenschaftler das persönliche Gespräch und ein Briefwechsel waren, sind in heutiger Zeit Telefon, E-Mails und Internetkonferenzen hinzugetreten. Diese technischen Neuerungen haben den weltweiten Kontakt sehr erleichtert, z.T. sogar überhaupt erst ermöglicht. Die Nutzung von Kommunikationsmitteln ist somit eine weitere Facette der täglichen, wissenschaftlichen Arbeit.
  • Neben wissenschaftlichen Vorträgen geben die Astrophysiker auch öffentliche Vorträge vor einem nichtwissenschaftlichen, laienhaften Publikum, also "Leuten wie Du und ich". Viele Sternwarten, Planetarien, Schulen und Museen bieten ein vielfältiges Vortragsprogramm an. Hier kommt es besonders darauf an, einen verständlichen, nachvollziehbaren und didaktisch ausgefeilten Vortrag zu präsentieren. Es kommen also kommunikative, rhetorische, psychologische und pädagogische Mittel zum Einsatz. Das liegt nicht allen Forschern. Es kann aber erlernt werden. Mittlerweile gibt es speziell für Wissenschaftler viele Fortbildungsmöglichkeiten in dieser Richtung. Diese Form der Öffentlichkeitsarbeit ist enorm wichtig, um eine gesellschaftliche Akzeptanz der Forschung zu fördern und das gesellschaftliche Interesse an der Forschung zu befriedigen. Denn: Wissenschaft und Grundlagenforschung gehören zur menschlichen Kultur und zur Bildung.
  • Eine weitere Möglichkeit zur Öffentlichkeitsarbeit bieten Interviews mit Forschern oder Reportagen über die Forschungsarbeiten, die in Printmedien, Radio und Fernsehen veröffentlicht werden. Diese Form ist eine besondere Auszeichnung für den Forscher und ist in der Regel nur besonders erfolgreichen Wissenschaftlern oder Wissenschaftskommunikatoren vorbehalten.
  • Herausragend forschende und pädagogisch geeignete Astrophysiker werden von einer Hochschule als Professor berufen. Professoren haben einen Forschungs- und einen Lehrauftrag: einerseits leiten sie eine Forschergruppe, die in der Regel aus Postdocs, Doktoranden, Diplom-Physikern, ggf. Diplom-Mathematikern, Ingenieuren und Diplomanden besteht; andererseits lehren sie an einer Universität, d.h. sie halten Vorlesungen für Studentinnen und Studenten. Die Arbeit ist mit erheblichem Organisations- und Verwaltungsaufwand verbunden, so dass neben der Wissenschaft viele andere Dinge erledigt werden müssen. Eine wichtige Aufgabe eines Professors ist die Beschaffung von finanziellen Mittel für seine Forschung. Bei dieser "Beschaffung von Drittmitteln" stehen viele Möglichkeiten offen, erfordern jedoch auch einiges an Zeitaufwand.

Wissenschaftliche Publikationen

Forschungsergebnisse müssen dokumentiert werden. Der Astrophysiker schreibt deshalb eine Veröffentlichung (paper, Konferenzbeitrag, Bericht, Buch), wobei ebenfalls der Computer zum Einsatz kommt. Das professionelle Textsatzsystem zum Schreiben wissenschaftlicher Arbeiten und Bücher ist LaTeX. Die entsprechende Software ist optimiert, um in Fließtext sämtliche mathematischen Gleichungen und Symbole sowie Graphiken einzubinden. Die Publikation muss nachvollziehbar darlegen, welche wissenschaftliche Fragestellung der Wissenschaftler untersucht hat, welche Methoden er zur Lösung des Problems verwendet hat und - am wichtigsten - zu welchen Ergebnissen er gekommen ist. Am Ende stehen eine Interpretation des Forschungsgegenstands und eine Einordnung des Resultats in den gesamten Forschungszweig.

Die Publikation erscheint in speziellen wissenschaftlichen Zeitschriften (journals), von denen in der Astronomie und Astrophysik die bekanntesten Nature, Science, Astrophysical Journal (ApJ), Astronomy & Astrophysics (A&A), Monthly Notices of the Royal Astronomical Society (MNRAS), Astronomical Journal (AJ), New Astronomy (NA) sind. Es gibt allerdings viele weitere Journale, die eine stärkere Gewichtung hin zur Physik, Mathematik oder Gravitationsphysik haben. Das Besondere an diesen Publikationen ist, dass sie begutachtet werden. Deshalb heißen die Zeitschriften auch referierte Journale (refereed journals). Die Gutachter sind Fachkollegen, so genannte peers, weil niemand anders sonst die Arbeit verstehen und beurteilen könnte. Sie bleiben in der Regel anonym und müssen in einer vertretbaren Zeit dem Autor ein Gutachten zukommen lassen, in dem Schwächen, Änderungs- und Verbesserungsvorschläge, Stärken des Artikels genannt werden. Im besten Fall stimmt der Gutachter der Veröffentlichung des eingesandten Papiers zu. Der gesamte Vorgang des Begutachtens wird als peer-review bezeichnet.

Daneben gibt es auch nicht referierte Publikationen, die in non-refereed journals erscheinen. Diese Artikel werden veröffentlicht, ohne dass sie begutachtet wurden. Das birgt eine gewisse Gefahr, weil auch unseriöse oder sogar unrichtige Inhalte erscheinen können. Nicht referierte Publikationen werden als weniger relevant bewertet. Es gibt jedoch einen entscheidenden Vorteil, dass es solche Veröffentlichungsformen gibt: eine besondere Form der nicht referierten Publikationen sind die Preprints. Es handelt sich dabei um eine Vorabveröffentlichung. Diese Möglichkeit sichert dem Wissenschaftler zu, dass er eventuell eine Entdeckung als erster gefunden hat und diesen Fund auch schnell und unkonventionell ohne langen peer-review-Prozess bekannt geben kann. Dazu dient ein international bekannter und extrem häufig genutzter Server namens arXiv. Die Autoren können hier einen e-print-Service der Cornell-Universität (USA) nutzen und ihren Artikel auf elektronischem Wege an den Server übermitteln (upload). Wenige Tage später erscheint dieses Papier mit entsprechendem Datum auf der arXiv-Website und kann weltweit eingesehen und diskutiert werden. arXiv ist nach verschiedenen Wissenschaftsdisziplinen in Archiven organisiert. Astrophysiker verwenden üblicherweise das Archiv astro-ph/ (Astrophysik) und (falls es den Bezug gibt) gr-qc/ (General Relativity and Quantum Cosmology, Allgemeine Relativitätstheorie und Quantenkosmologie).

Ein wichtiges Maß für die Güte der Forschungsarbeiten eines Wissenschaftlers sind Qualität und Quantität seiner Publikationen. Die so genannte Publikationsliste enthält alle bisher veröffentlichten Werke eines Wissenschaftlers und ist ein quantitatives Maß: Je mehr der Wissenschaftler geschrieben hat, desto besser. Ein qualitatives Maß ist der so genannte citation index, also die Anzahl der Zitierungen einer Publikation in einem anderen Papier oder Buch. Dabei gilt vereinfachend: Je häufiger der Wissenschaftler zitiert wird, umso hochwertiger muss seine Arbeit sein. Es gibt dabei sicherlich den Fall, dass ein Wissenschaftler aufgrund eines Fehlers besonders oft zitiert wird - in solchen Fällen spricht sich das aber schnell unter den Wissenschaftlern, der scientific community, um.

Nach dem Titel der Publikation findet man eine Autorenliste. Falls es sich um die Forschungsarbeit eines Einzelnen handelt, steht an dieser Stelle klarerweise nur ein Autor. Aufgrund der Teamarbeit in Instituten und zwischen Instituten weltweit (Kollaborationen) stehen hier häufig mehrere Autoren. Wichtig ist die Reihenfolge der Autoren in der Liste: Eine wichtige Position ist die erste Stelle. Der so genannte Erstautor hat am meisten zur Publikation beigetragen, weil er z.B. den größten Anteil an der Forschungsarbeit hat, zum größten Teil die Veröffentlichung geschrieben hat und/oder weil er die Idee zur Forschungsarbeit hat. Danach folgen je nach Engagement zum Beitrag und Absprache unter den Autoren die anderen Autorennamen. Die letzte Stelle in der Autorenliste ist in den Naturwissenschaften auch sehr wichtig: Hier steht oft der Leiter der Forschergruppe oder derjenige, der zur wissenschaftlichen Arbeit veranlasst hat. Ein häufiges Beispiel ist, dass hier der leitende Professor einer Forschergruppe steht. Weitere vorne sind die das Projekt ausführenden Gruppenmitglieder in der Bedeutungsreihenfolge genannt.

Ausbildung: Physikstudium

Die Ausbildung zum Astrophysiker/Astronom startet in den meisten Fällen nach dem Abitur mit dem Studium der Physik. Das liegt daran, weil die wissenschaftliche Beschreibung der Astronomie auf den Gesetzen der Physik beruht. Es gibt keinen separaten Studiengang Astronomie.
Das Physikstudium teilt sich in Grundstudium (vor dem Vordiplom) und Hauptstudium (nach dem Vordiplom, etwa ab dem 3./4. Semester). Im Grundstudium bleibt nicht viel Auswahl und ein Physikstudent besucht als Pflichtvorlesungen die Einführungsvorlesungen in der Theoretischen Physik, Experimentalphysik und Mathematik. Zu den Vorlesungen werden begleitend Übungen angeboten, die Studenten aus höheren Semestern anleiten. In den Übungen des Physikstudiums wird ausschließlich gerechnet, um Sicherheit und Routine im Umgang mit Formeln zu bekommen.
Das Hauptthema des Grundstudiums ist die klassische Physik, also klassische Mechanik (Newton, Kepler), Thermodynamik (Boltzmann & Co) und Elektrodynamik (Maxwell). Einzige Wahlmöglichkeit besteht beim nicht-physikalischen Nebenfach, das aus dem Bereich Chemie (Anorganische Chemie, Organische Chemie oder Physikalische Chemie), Informatik oder je nach Hochschule einem anderen Fach stammen kann. Der Physikstudent übt bereits praktische Fertigkeiten im Grundpraktikum, indem kleine physikalische Experimente (etwa alle ein bis zwei Wochen eines an einem Nachmittag) durchgeführt und schriftlich ausgewertet werden.
Die mathematische Ausbildung erfährt der Physikstudent in Kursen zur Analysis (Infinitesimalrechnung einer und mehrerer Veränderlicher, Theorie der Differentialgleichungen, Funktionentheorie) und zur Linearen Algebra (Vektoren, Matrizen, Vektorräume, Algebren, Gruppen etc.). Die Physiker hören diese Vorlesungen in der Regel bei den Mathematikern der entsprechenden Universität. Selten gibt es zusätzliche Vorlesungen mit dem Titel "Mathematik für Physiker".

Physikstudenten schließen das Grundstudium mit dem Vordiplom ab. Hier muss er/sie eine der wenigen Prüfungen im Physikstudium ablegen. Es sind schriftliche Prüfungen in der Experimentalphysik, Theoretischen Physik und Mathematik. Außerdem muss der Student eine bestimmte Anzahl von erfolgreich ausgewerteten Praktikumsversuchen vorweisen. Eine erfolgreiche Bewältigung der Prüfung wird schriftlich bestätigt: Der Student bekommt "einen Schein", wie es im Uni-Jargon heißt. Sind alle erforderlichen Scheine beisammen, ist das die Eintrittskarte in die nächste Studienphase: Das Hauptstudium.

Im Hauptstudium verfügen die erfolgreichen Absolventen des Vordiploms über ein breites Basiswissen in Physik und Mathematik und können dieses in ihre Wunschrichtung spezialisieren. In der Physik gibt es dann Spezialvorlesungen und Seminare zur Kernphysik, Teilchenphysik, Optik und Laserphysik, Festkörperphysik etc. Die Theoretische Physik dringt nun in die Quantenmechanik, Statistische Physik und Quantenfeldtheorien (Quantenelektrodynamik, Quantenchromodynamik) vor. Die Allgemeine Relativitätstheorie wird häufig als Wahlfach angeboten. An sich sollte jedoch jeder Physiker Vorlesungen in Quantenphysik und Relativitätstheorie gehört haben, weil dies die fundamentalen und wichtigsten Theorien der Physik sind!
Das Praktikum geht ebenfalls weiter und wird anspruchsvoller: Es heißt dann Fortgeschrittenen-Praktikum. Im Hauptstudium besteht erstmals die Möglichkeit Vorlesungen zu hören (und zu verstehen), die mit der Astrophysik zu tun haben. Es hängt dann vom ganz speziellen Angebot der Hochschule ab, wie viele Möglichkeiten es da gibt. Ein besonders gutes Angebot astrophysikalischer Vorlesungen gibt es beispielsweise in:

Diese Städte sind Forschungsschwerpunkte der Astrophysik in Deutschland, denn dort bietet sich ein Umfeld mit vielen Instituten (Uni-Institute, Max-Planck-Institute, Sternwarten, andere Forschungsinstitute), die im Bereich der Astrophysik Forschung betreiben. Die Experten dieser Institute halten häufig Spezialvorlesungen der Astrophysik an der jeweiligen Uni und vermitteln so Wissen aus erster Hand. Wenn die Entscheidung für eine Stadt bzw. Universität ansteht, empfiehlt es sich die die lokalen Forschungsschwerpunkte mit einzubeziehen und mit dem Wunschfach zu vergleichen: Wer als Student schon weiß, dass er gerne eine Diplomarbeit in der Radioastronomie anfertigen möchte, kann frühzeitig die Weichen stellen und beispielsweise nach Bonn gehen, wo besonders intensiv an Uni und MPI für Radioastronomie geforscht wird. Ebenso ist es sinnvoll, auf aktuelle Bewertungen der Hochschulen (Rankings) zu achten und auch das soziale und kulturelle Umfeld der Stadt zu berücksichtigen.

Das Physik-Diplom erhält, wer mündlich in den Fächern Theoretische Physik, Experimentalphysik, einem physikalischen Wahlfach (z.B. Astrophysik) und einem nicht-physikalischen Wahlfach (z.B. ein Spezialgebiet der Mathematik) geprüft wurde, eine bestimmte Anzahl von Versuchen im Fortgeschrittenen-Praktikum durchgeführt und vor allem eigenhändig eine Diplomarbeit angefertigt und erfolgreich beendet hat. Die Diplomarbeit krönt das Physikstudium und soll ein Beitrag zur Forschung sein. Der Student behandelt darin innerhalb eines Jahres (Verlängerung ist möglich) ein Spezialthema und legt es auf etwa 60 bis 100 Seiten schriftlich dar. "Nebenbei" erlernt man den Umgang mit LaTeX, dem bereits erwähnten sehr mächtigen Textsatzsystem zum Schreiben wissenschaftlicher Arbeiten, die Formeln, Tabellen und Diagramme enthalten.
Die projektierte Studienzeit beträgt 10 Semester. Die Regelstudienzeit - die Zeit, die die meisten Studenten brauchen - ist allerdings länger und beläuft sich auf etwa 13 Semester, also 6.5 Jahre.

Alternativ zu oben genannten Städten kann der angehende Astrophysiker auch an jeder anderen Universität in Deutschland Physik bis zum Diplom studieren und sich erst dann spezialisieren. Es ist jedoch ratsam, so früh wie möglich den Akzent auf die Astrophysik zu setzen, wenn man das ohnehin beabsichtigt. Zum Finanziellen: Im Physikstudium selbst muss der Student sich durch Jobs selbst, BAföG oder durch reiche Eltern finanzieren. Viele Universitäten erheben mittlerweile Studiengebühren, die in jedem Semester gezahlt werden müssen.

Im Zuge der internationalen Angleichung der Studienabschlüsse sind in den letzten Jahren der Bachelor und der Master of Science eingeführt worden. Nach dem Vordiplom kann sich der Student nach Erbringung geforderter Leistungen als Bachelor bezeichnen (etwa nach dem 3.-5. Semester). Das ist der erste berufsqualifizierende Abschluss. Nach Hauptstudium, den Diplomprüfungen vergleichbaren Abschlussprüfungen und einer schriftlichen Abschlussarbeit (etwa weiteren zwei Jahren) ist man Master of Science.
Der Hintergrund ist, dass man im In- und Ausland gleiche Ausbildungsstandards haben möchte, damit Studenten ohne weiteres einige Semester im Ausland studieren können und diese Zeit auch an anderen internationalen Unis anerkannt bekommen. Außerdem ist es wünschenswert einen Studenten aus Frankreich mit einem aus Deutschland nach Abschluss des Physikstudiums vergleichen zu können. Ein internationaler Standard erleichtert dies - allerdings gibt es noch kontroverse Diskussionen zu diesem Thema.

Alle verwaltungstechnischen Details zum Physikstudium, Zugangsbeschränkungen durch Numerus Clausus, angebotene Vorlesungen, Höhe und Zahlungsarten der Studiengebühren etc. erfährt der angehende Student auf der Website der Universität seiner Wahl. In der Regel findet man einen Link auf die Fakultäten: Hier ist dann nach der "Naturwissenschaftlichen Fakultät" oder der "Fakultät für Physik und Astronomie" zu suchen. Häufig gibt es auch einen Link "Studium", wo alles Wissenswerte für Studentinnen und Studenten steht (so ist es bei den Links zu den Unis oben genannter Städte).

Ausbildung: Promotion

Um wirklich von Beruf Astrophysiker werden zu können, muss nach dem Physik-Diplom die wissenschaftliche Ausbildung mit der Promotion fortgesetzt werden. In dieser Phase ist man Doktorand und erstrebt den Abschluss als Doktor der Naturwissenschaften (Dr. rer. nat. - Dr. rerum naturalis). In der Promotionszeit wird intensiv ein wissenschaftliches Spezialthema bearbeitet. Diese Forschungsaktivität findet in der Gruppe eines Professors statt. Ziel ist es wissenschaftlich relevante Ergebnisse zu produzieren und zu dokumentieren. Am Ende der Promotion steht daher das Schreiben einer Doktorarbeit, der Dissertation. Dieses etwa hundert- bis zweihundertseitige Werk beschreibt als wissenschaftliche Abschlussarbeit, was der Doktorand in seiner Promotionszeit gemacht hat. Sie wird von Gutachtern (meist Professoren) gelesen und mit einer Note bewertet. Diese Note ist Grundlage für die letzte Prüfung: das Rigorosum, auch die Disputation genannt. Es handelt sich um die "Verteidigung der Doktorarbeit", d.h. der Prüfling zeigt, dass er die Inhalte seiner Arbeit verstanden hat und darlegen kann. Das Thema der Doktorarbeit macht den ersten Teil des Rigorosums aus. Darüber hinaus muss der Kandidat in einem wissenschaftlichen Gespräch im zweiten Teil belegen, dass er mit einem großen Wissen über Konzepte, Methoden und Fakten der Physik und Astrophysik ausgestattet ist. In der Regel ist der Themenbereich dadurch etwas abgesteckt, dass jeder der prüfenden Professoren für ein bestimmtes Prüfungsfach zuständig ist.

Zur Beruhigung derer, die promovieren wollen, muss man sagen, dass - zumindest in der Physik und nach meinen Erfahrungen in Akademikerkreisen - die meisten Bewerber diese Prüfungen bestehen. Es gibt eine geringe Durchfallquote. Die Abschlussnote ergibt sich aus der Note für die Dissertation und den Einzelnoten der Mitglieder in der Prüfungskommission (vier Professoren). Die Gesamtnoten erhalten lateinische Bezeichnungen:

  • 1.0: summa cum laude (mit Auszeichnung); bei überragenden Leistungen und einstimmigem Beschluss der Prüfungskommission,
  • bis 1.5: magna cum laude (sehr gut),
  • 1.5 bis 2.5: cum laude (gut),
  • 2.5 bis 4.0: rite (genügend).

(nach der Promotionsordnung der Universität Heidelberg für die
Naturwissenschaftlich-Mathematische Gesamtfakultät, 2003; es kann
Bezeichnungs- und Einordnungsunterschiede im Vergleich zu anderen Unis geben)

Promovieren dauert je nach Thema, Doktorvater/Doktormutter, Institut, äußeren Faktoren und eigenen Fähigkeiten normalerweise etwa 3 bis 5 Jahre - je kürzer, desto besser. Der Abschluss der Promotion wird mit einer feierlichen Verleihung der Promotionsurkunde gekrönt. Mit dieser Erlangung der Doktorwürde darf der Titel Dr. rer. nat. getragen werden. International wird dieser Doktortitel mit Ph.D. (Philosophiae Doctor) bezeichnet.
Der Doktortitel ist der erste Abschluss in der Astrophysik und berechtigt an sich erst zum Tragen der Bezeichnung "Astrophysiker".

Der Doktorand erhält im Gegensatz zum Diplomand ein Gehalt: Doktoranden sind "wissenschaftliche Angestellte" und erhalten nach der klassischen Beamtenbesoldungstabelle die Hälfte der Besoldungsgruppe von BAT IIa (eine "halbe Stelle"). Anmerkung: Ende 2005 wurden die Bezeichnungen und Gehaltsstufen im öffentlichen Dienst geändert und folgen nun dem Tarifvertrag öffentlicher Dienst (TVöD).
Bei einer "halben Stelle" bekommt man nicht besonders viel, gerade wenn man dieses Gehalt mit demjenigen von Gleichaltrigen vergleicht, die nicht studieren. Zwar hat man als Doktorand mit halber Stelle auch nur die halbe Arbeitszeit, aber muss klar gesagt werden, dass genug Arbeit da ist, um die ganze Woche beschäftigt zu sein. Generell kann man als Wissenschaftler in aller Regel nicht materiell reich werden. Es sei denn, man meldet nebenbei ein erfolgreiches Patent an oder schreibt ein kommerziell erfolgreiches Buch, wie etwa Stephen Hawking.

Astrophysiker beschäftigen sich eben aus der Liebe zur Astrophysik mit der Astrophysik. Wie hier nachzulesen ist, gibt es eine lange "Durststrecke" aus Studium und Promotion - die aber neben den frustrierenden Erlebnissen, die jedes Studium naturgemäß mit sich bringt, auch viel Spaß macht! Diese langen akademischen Ausbildungen bis zum Doktortitel können durchaus abschrecken; allerdings bleibt keine Alternative, wenn man eine wissenschaftliche Karriere machen möchte und im hier behandelten Fall Astronomie professionell betreiben will.

IMPRS

Die Max-Planck-Gesellschaft (MPG) als außeruniversitäre Institution bietet zusammen mit universitären Partnern im In- und Ausland seit dem Jahr 2000 eine interessante Alternative zur herkömmlichen Promotion in der Astronomie an einer Universität an: die International Max-Planck Research School on Astrophysics, kurz IMPRS Astro. Es handelt sich dabei um ein internationales Doktorandenprogramm, an dem Studenten weltweit teilnehmen können. Die erfolgreichen Bewerber führen ihre Promotionsarbeit an einem der beteiligten Max-Planck-Institute (MPIs)

  • MPI für extraterrestrische Physik in Garching (MPE)
  • MPI für Astrophysik in Garching (MPA)
  • MPI für Astronomie in Heidelberg (MPIA)
  • MPI für Physik (Werner-Heisenberg-Institut) in München (MPP)

oder den ebenfalls beteiligten Institutionen

  • der Sternwarte der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU)
  • der Europäischen Südsternwarte (ESO)
  • der Astroteilchenphysikgruppe der Technischen Universität München (TUM)

durch. In Bonn gibt es außerdem eine IMPRS für Radio- und Infrarotastronomie, die von der Universität Bonn und dem MPI für Radioastronomie betreut wird.
Neben Research Schools zur Fachrichtung Astronomie und Kosmologie gibt es auch eine zur Forschungsrichtung Gravitation und Stringtheorie sowie Gravitationswellenastronomie am MPI für Gravitationsphysik in Golm.

In den Research Schools finden die Nachwuchswissenschaftler ideale Forschungsbedingungen vor: Es gibt wissenschaftliche Schwerpunkte, aber auch ein Ausbildungsangebot mit interdisziplinärem Charakter und außerdem eine sehr gute Ausstattung (Büro, Computernetzwerk), die Möglichkeit an internationalen Konferenzen teilnehmen und unzählige Gelegenheiten zum Austausch mit Experten der Astrophysik. Weitere Informationen gibt es auf den oben verlinkten IMPRS-Websites.

Forscherkarriere: Postdoc

Nach bestandener Promotion gibt es an sich genug Gründe stolz und glücklich zu sein, doch jetzt beginnt die Suche nach einem Job. Im Prinzip hat der frisch gebackene Doktor sehr viele Möglichkeiten: die Industrie lockt mit gut bezahlten Jobs, vielleicht mag man vollkommen umschwenken und es mit einer Karriere z.B. in der Politik versuchen. Doch eine wissenschaftliche Karriere mündet in den meisten Fällen in einer Anstellung als Postdoktorand (postdoctoral researcher), kurz Postdoc. Diese Stellen haben die Eigenschaft, dass sie zeitlich befristet sind (üblicherweise ein bis maximal drei Jahre). Das ist gewollt, damit der Postdoc viel Erfahrung bei verschiedenen Instituten der Welt sammeln kann. Die zeitliche Befristung mag natürlich als Nachteil empfunden werden. Es gehört also schon ein bisschen Mut dazu, den Weg als Postdoc einzuschlagen - erst recht, wenn man mit einem typischen Alter um die 30, eine Familie gründen möchte oder sogar schon eine Familie hat. Für den Postdoc spricht, dass heutzutage die meisten anderen Jobs ebenso wenig langfristige Berufssicherheit gewähren können. Und: Bei der professionellen Forscherkarriere kommt man nicht um die Postdoc-Zeit herum.

Astrophysik - das klingt für die meisten Ohren recht exotisch, und das ist es im Grunde auch. Es ist eine Wissenschaft, bei der es leider eine sehr überschaubare Anzahl an Postdoc-Stellen in Deutschland gibt. Natürlich unterliegt die Zahl der Stellenangebote auch saisonalen Schwankungen und langzeitigen, schwer einschätzbaren Trends.
Ideal ist es, wenn man "dem Ruf der Ferne folgt", und auch bereit ist, im Ausland eine Postdoc-Stelle anzunehmen. Damit kann man die Berufschancen extrem erhöhen. Letztendlich ist genau das gewünscht, um einen großen Erfahrungsschatz anzureichern, wie international geforscht wird. Die Postdoc-Zeit sind die "Wanderjahre der Akademiker": Typischerweise verbringt man einige Jahre hier, einige Jahre dort in der Welt. Ein paar dieser Forscher kommen zurück nach Deutschland, um ihr Wissen den Studenten in Deutschland oder einem deutschen Arbeitgeber zuteil werden zu lassen; viele Forscher bleiben auch im Ausland, weil sie dort bessere Bedingungen für ihre Forschungen sehen.
Es ist natürlich auch möglich, direkt nach der Promotion eine zeitlich befristete Stelle als "Postdoc" in einem deutschen Institut anzunehmen. Das hat den Vorteil, dass der Nachwuchsforscher im deutschen Kulturkreis bleiben kann und - falls vorhanden - auch die Familie sich nicht mit einer neuen Kultur und Sprache anfreunden muss. Letztendlich ist das eine ganz persönliche Entscheidung und der Bewerber muss schauen, was aktuell an Wahlmöglichkeiten vorhanden ist.

Forscherkarriere: Professur

Wenn der forschende Astrophysiker in seiner Postdoc-Zeit einen guten Job macht, d.h. erfolgreiche, wichtige Forschungsprojekte durchführt und entsprechend viele (qualitativ hervorstechende, oft zitierte) Veröffentlichungen schreibt sowie eine Reihe guter nationaler und internationaler Kontakte zu Fachkollegen hat, dann kann er eine Professur anstreben. Ein Professor hat sowohl einen Forschungs- als auch einen Lehrauftrag. Er forscht also an seinem Institut, indem er Forschungsprojekte entwirft und seine Forschergruppe anleitet. Insbesondere lehrt der Professor an einer Hochschule, indem er Vorlesungen und Vorträge hält, Seminare und Übungen anleitet sowie andere Tätigkeiten im Hochschulbetrieb wahrnimmt.
Die Entscheidung zur Professur ist eine persönliche Entscheidung. Die jungen, extrem erfolgreichen Wissenschaftler werden recht schnell weltbekannt und erhalten über kurz oder lang eine Professur angeboten. Dabei konkurrieren die internationalen Institute um den Top-Kandidaten. Andere erfolgreiche Wissenschaftler erstreben gar nicht eine Professur und wollen lieber "ein Leben lang forschen". Schaut man sich ein astrophysikalisches Institut von innen an, so stellt man fest, dass die wissenschaftlichen Mitarbeiter eine bunte, internationale Mischung aus Diplomanden, Diplom-Physikern, Diplom-Mathematikern, Ingenieuren, Doktoranden, Postdocs, fest angestellten Wissenschaftlern, Professoren und Direktoren sind. Die wissenschaftliche Laufbahn kann also durchaus auf einer dieser Sprossen der Karriereleiter enden und muss dabei nicht unangenehm sein - der Akademiker muss sich selbst fragen, in welchem Bereich er arbeiten möchte.

Entscheidet sich der Postdoc für eine Professur, so kann er zwei Wege anstreben: entweder den klassischen Weg, die Habilitation, oder eine neue Alternative, die Juniorprofessur. In beiden Fällen gilt, dass der Kandidat eine sehr gute Qualifikation mitbringen muss - besonders hoch sind die Ansprüche an einen Juniorprofessor. Beide Wege für den in der Lehre ambitionierten Astrophysiker sollen nun skizziert werden:

Habilitation

Die Habilitation stellt den "klassischen Weg" dar, um eine Berufbarkeit für eine Professur auf Lebenszeit an einer deutschen Universität zu erhalten. Habilitieren kann sich, wer erfolgreich studiert und promoviert hat und wer besonders wissenschaftlich und pädagogisch qualifiziert ist - Details regeln die Habilitationsordnungen der jeweiligen Hochschule.
Die wissenschaftliche Leistung beweist der Habilitand durch das Vorlegen einer Habilitationsschrift, die in Charakter und Umfang durchaus vergleichbar ist mit einer Dissertation. Auch hier regelt die jeweilige Hochschule inhaltliche Konzeption und Form. Mindestens drei Gutachter (sowohl von Hochschule selbst, als auch externe) bewerten die Habilitationsschrift.
Die pädagogische Eignung beweist der Habilitand durch einen öffentlichen Vortrag, dem so genannten Habilitationsvortrag. In diesem Vortrag vor einem Publikum aus Studenten, Professoren und einer Prüfungskommission untermauert der Habilitand, dass er die Lehrbefähigung hat. Innerhalb einer knappen Frist (etwa vier Wochen) muss er verschiedene, aktuelle Wissenschaftsthemen, die aus einem breit gefächerten Sachgebiet und nicht dem direkten Arbeitsgebiet entstammen, vorbereiten. Nach dem Habilitationsvortrag folgt zunächst eine allgemeine, öffentliche Diskussion, dann eine anspruchsvolle Fachdiskussion, in der sich der Kandidat vor den Fachkollegen bewähren muss.

Nach der erfolgreichen Habilitation durch die Fakultät erhält der Habilitand die Venia legendi, also die Erlaubnis Vorlesungen zu halten. Der Kandidat darf sich Dr. habil. nennen und ist Privatdozent (PD) - aber er ist noch kein Professor. Professoren werden berufen und zwar auf den Vorschlag von anderen Forschern hin. Dabei gibt es in der Regel an deutschen Unis ein so genanntes "Hausberufungsverbot": der Privatdozent kann nicht an der Hochschule auf ein dauerhaftes Beschäftigungsverhältnis hoffen, wo er habilitiert wurde (Ausnahme ist die außerplanmäßige Professur).
Als Professor kann man auch ohne Habilitation berufen werden, wenn habilitationsgleiche Leistungen erbracht wurden. Diese Leistungen gehen aus der wissenschaftlichen Laufbahn und Biographie des Kandidaten hervor. So werden häufig Nachwuchswissenschaftler der Max-Planck-, Leibniz- und Helmholtz-Gesellschaft aufgrund habilitationsgleicher Leistungen zu Universitätsprofessoren.

Wenn dem Bewerber das Angebot attraktiv erscheint bzw. er sich auf eine Professorenstelle bewirbt und genommen wird, so "folgt er dem Ruf" einer Universität und nimmt einen Lehrstuhl an. Die Fakultät stattet den Professor mit Sach- und Geldmitteln aus und ermöglicht ihm den Aufbau einer Forschergruppe. Der Professor verpflichtet sich zu lehren.

Die Lehrstühle zur astrophysikalischen Forschung sind rar in Deutschland. Das liegt zum einen daran, weil die Astrophysik nur eines von vielen naturwissenschaftlichen Gebieten ist, das für sich genommen nicht unbedingt groß ist. Das kann man daran ablesen, wenn man sich recherchiert, wie viele Universitäten es insgesamt in Deutschland gibt und wie viele davon Lehrstühle mit einer astrophysikalischen Forschungsrichtung haben. Es gibt sogar ganze Bundesländer in Deutschland - Rheinland-Pfalz, Mecklenburg-Vorpommern und Hessen - in denen nicht einmal ein Astrophysikstudium angeboten wird!
Zum anderen ist es so, dass die Professoren und fest angestellten Astrophysiker auf den wenigen Posten, die es gibt, "alt werden können", bis sie emeritieren, d.h. in den Ruhestand gehen.

Juniorprofessur

Seit 2002 gibt es in Deutschland eine zur Habilitation alternative Laufbahn als Hochschullehrer: die Juniorprofessur. Sie bietet den Vorteil, dass der Nachwuchsforscher sehr schnell - ohne Habilitationsverfahren - Hochschulprofessor werden kann, aber Juniorprofessuren sind auf maximal sechs Jahre befristet!
Laut Hochschulrahmengesetz muss der Bewerber auf die Juniorprofessur ein abgeschlossenes Hochschulstudium, die pädagogische Eignung und die wissenschaftliche Qualifikation (meist eine herausragende Promotion) mitbringen.
Kandidaten für Juniorprofessuren unterliegen sehr hohen Standards, d.h. nur der exzellente Nachwuchs, der bereits in Studium, Promotion und Postdoc-Zeit hervorragende Leistungen gezeigt hat, hat eine Chance auf die Karriere als Juniorprofessor. Dazu kommt, dass der Bewerber recht jung sein muss: die Promotion darf nicht länger als fünf bis sechs Jahre zurückliegen.

Juniorprofessoren sind Beamten auf Zeit, zunächst drei Jahre, führen nicht den Titel "Professor", sondern "Juniorprofessor" und werden beim Gehalt in die Besoldungsgruppe W1 eingruppiert. Der Lehrumfang beträgt vier Pflichtsemesterwochenstunden in den ersten drei Jahren der Juniorprofessur.
Nach drei Jahren steht eine Evaluation an, wo die Lehr- und Forschungsleistungen des Juniorprofessors bewertet werden. Bei positiver Begutachtung kann er drei weitere Jahre seinen Job machen, nun allerdings mit sechs Pflichtsemesterwochenstunden im Lehrangebot.

Laut einer Studie der DPG (April 2004, in der Literaturliste) muss das Modell der Juniorprofessur noch entscheidend verbessert werden, denn:

  • die Investitions- und Betriebsmittel der Juniorprofessoren sind noch zu gering, als dass sie wissenschaftliche Selbstständigkeit und Unabhängigkeit ermöglich;
  • Juniorprofessoren haben eine hohe zeitliche Belastung;
  • es fehlt eine so genannte Tenure-Track-Option! Aber Juniorprofessoren sollten eine Chance auf Berufbarkeit und Stellenverfügbarkeit am Ende ihrer befristeten Professur (nach hervorragender Evaluierung) haben.

Alternative: Arbeit in der Industrie

Es gibt jedoch noch alternative Berufsfelder zur Forschung: Viele Unternehmen der Industrie schätzen die wissenschaftliche Ausbildung und das "analytische, strukturierte Denken" von Physikern. Deshalb können die Akademiker auch Einstiege in neue, vollkommen andersartige Jobs wagen, wenn sie das wollen. Meist hat das dann wenig mit der Astrophysik zu tun. An sich ist das schade, weil dann eine jahrelange Spezialausbildung mehr oder weniger umsonst gewesen wäre. Aber wie die vielfältigen Berufe von ausgebildeten Physikern belegen, entwickelt man sich ständig weiter und kann ohne weiteres vollkommen neue Berufswege einschlagen. Zu gegebener Zeit oder bei gegebenem Anlass muss man eben das nehmen, was der Arbeitsmarkt hergibt. Einige der promovierten Astrophysiker gehen in die Industrie, häufig in der IT-Branche aufgrund ihrer Qualifizierung im Umgang mit Computern. Eine naturwissenschaftliche Ausbildung ist mit Sicherheit ein guter Ausgangspunkt für alle möglichen Berufe, wie prominente Beispiele zeigen: Als Dr. rer. nat. kann man sogar Bundeskanzlerin werden!

"Ein naturwissenschaftlich-technisches und insbesondere ein Physik-Studium bietet - auch langfristig gesehen - beste Voraussetzung für den Start ins Arbeitsleben."

(Broschüre "Physik ist Zukunft" der Deutschen Physikalischen Gesellschaft, Juni 2003)

Eine weitere Alternative ist der Wissenschaftsjournalismus. Durch die erworbenen naturwissenschaftlichen Kenntnisse fällt es leicht, den aktuellen wissenschaftlichen Entwicklungen zu folgen, natürlich besonders im eigenen Fachgebiet. Wer nun keine Lust an technischer Arbeit, am Forschen oder Lehren hat, aber ein gewisses Geschick im und Spaß am Umgang mit Sprache kann auf eine journalistische Karriere umsatteln.

Eine Möglichkeit ist es, ein Praktikum oder ein Volontariat in einem Verlag oder bei einer Zeitung anzuschließen, um in die journalistische Arbeit hineinzuschnuppern. Die guten Kommunikatoren erhalten eine Chance, ihr wissenschaftliches Wissen der breiten Öffentlichkeit in Form von Presseartikeln, Hörfunkbeiträgen, Fernsehreportagen oder Fernsehinterviews zugänglich zu machen. Der ausgebildete Astrophysiker könnte so als Redakteur, (freier) Wissenschaftsjournalist, Buchautor, Moderator oder Lektor arbeiten.
Neben dem Print- und TV-Medium kann auch eine journalistische Tätigkeit im Online-Bereich wahrgenommen werden. Das Internet bietet tagesaktuelle News-Channels, bei denen ständig Ticker-Meldungen oder Kurzartikel eingepflegt und redaktionell bearbeitet werden müssen. Moderne Schlagworte sind Edutainment und Infotainment. Der naturwissenschaftliche Experte kann bei einem Produkt, z.B. einer Wissens-CD-ROM, einem Web-Portal oder andern Konzepten in einem Team von Publizisten und Didaktikern mitwirken.

Der Wissenschaftsjournalist ist die Schnittstelle zwischen Forschern und der Öffentlichkeit: Als Akademiker beherrscht er die Fachsprache der Forscher und kann sie aufgrund seiner journalistischen und kommunikativen Kompetenz in die verständliche Alltagssprache übersetzen. In diesem Bereich hat der Wissenschaftler noch mit der Astrophysik zu tun, wenn auch nicht in so anspruchsvoller Form, wie im Forschungsbereich. Anspruchsvoll wird es dann jedoch beim verständlichen Formulieren, beim Finden geeigneter Analogien aus dem Alltag. Das kann natürlich - je nach Persönlichkeit und persönlicher Entwicklung während der Ausbildung - der Traumberuf sein.

Ab ins Ausland!

Dieses Credo sollte man zum Motto eines Wissenschaftlers in der Ausbildung erheben. Ein Auslandsaufenthalt ist in vielerlei Hinsicht wertvoll, nicht nur als akademische Referenz, sondern auch als Lebenserfahrung. Neue Leute, neue Kultur, neue Sprache, neue Forschungsmethoden - alle diese "Neuheiten" bieten große Chancen sich wissenschaftlich und persönlich weiterzuentwickeln. Aus diesem Grund ist der Auslandsaufenthalt auch eine Habilitationsleistung, denn internationales Renommee erhöht den "Marktwert" eines Forschers ungemein.
Wenn der angehende Naturwissenschaftler der Typ dazu ist, kann er schon die studentische Ausbildung in Physik-/Astrophysik auch in Frankreich, den USA oder wo auch immer genießen - Stichwort: Auslandssemester. Im Zuge der Internationalisierung und Globalisierung nutzen viele Studenten schon seit langem diese Chancen und gehen nach dem Vordiplom/dem Bachelor in Deutschland ins Ausland (oder umgekehrt). Es gibt hier sehr vielfältige Möglichkeiten und jede Studienberatung kann bei der Organisation dieses Vorhabens weiterhelfen.

Weitere Informationen im Internet

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Andreas Müller © Andreas Müller, August 2007