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Brauchen wir Grundlagenforschung?November 2005
Was ist eigentlich Grundlagenforschung? Grundlagenforschung ist eine Bezeichnung für erkenntnisorientierte und zweckfreie Forschung, d.h. zunächst steht der reine Erkenntnisgewinn im Vordergrund. Dabei ist Grundlagenforschung in allen Wissenschaften vertreten. Besonders vertraut ist das Bild von der Grundlagenforschung in den Naturwissenschaften und der Medizin. Zweckfrei forschen heißt hier Wege zu finden, um neue Stoßrichtungen einer Disziplin zu etablieren. Ein Beispiel ist die Laserphysik. Albert Einstein beschäftigte sich bereits mit den Grundlagen dieses Gebiets der Optik. Nach den grundsätzlichen Studien und Experimenten in der Laserphysik wurden und werden vielfältige Anwendungsgebiete der Laserphysik entdeckt: Von der Materialuntersuchung und -bearbeitung zur Messtechnik über medizinische Diagnostik und Therapeutik bis zum CD-Spieler, Laser-Pointer oder der 2005 Nobelpreis-prämierten Laserspektroskopie ist die Laserphysik längst der Grundlagenforschung entwachsen und eine unverzichtbare Technologie einer modernen, hoch entwickelten Gesellschaft geworden. Diese rasante Entwicklung hat nur etwa hundert Jahre gedauert. Was uns die Laserphysik in der Zukunft bringen wird, ist kaum absehbar.
Die Geschichte zeigt eine Vielzahl von weiteren Belegen, wo die Erkenntnisse der Grundlagenforschung
in die angewandte und alltagstaugliche Forschung einfließen. Beschränkt man die Beispiele
auf die Weltraumforschung, so ist z.B. das Ceran-Kochfeld erwähnenswert, das heute in jeder modernen
Küche zu finden ist. Ursprünglich wurde diese Glaskeramik von der Firma Schott in Mainz für
Spiegelträger von astronomischen Teleskopen entwickelt. Die mit Ceran verwandte Glaskeramik Zerodur
mit ähnlichen Eigenschaften - vor allem einem geringen Wärmeausdehnungskoeffizienten - wird heute
vielfältig für Teleskope (optisch, Nahinfrarot) eingesetzt. Erwärmung verändert kaum
Gestalt und Volumen des Materials - eine sicherlich wichtige Eigenschaft für ein Kochfeld - aber auch
für einen Teleskopspiegel aus Zerodur, um die optische Abbildungsqualität bei extremen
Temperaturschwankungen zu wahren.
Doch nicht nur Produkte, die auf Grundlagenforschung basieren, finden Einzug in den Alltag, sondern
auch Methoden. Dort, wo die Grundlagenforschung die angewandte Forschung berührt, gibt es einen
regen Wissenstransfer. Aus theoretischer Erkenntnis wird Praxiswissen, aus Hypothesen wird Bildung. Diese Vermischung der Disziplinen führt uns automatisch auf den Begriff der Interdisziplinarität. Dieses Schlagwort kann in diesem Zusammenhang nicht genug betont werden. Denn ein Methodentransfer hat sich in mannigfacher Form bewährt. Interdisziplinarität hat ein ungeheueres Potenzial, das noch zu wenig genutzt wird. Denn sie erfordert, dass die Protagonisten der einzelnen Disziplinen den Dialog suchen. Eine Verständigung in dieser Form ist leider noch die Ausnahme. Es verhält sich sogar so, dass die zunehmende Spezialisierung einer jeden Disziplin einen Dialog erschwert. Es bleibt zu hoffen, dass der Wissensaustausch diese Barrieren überbrücken kann, um die Mächtigkeit wissenschaftlichen Bemühens und insbesondere der Grundlagenforschung voll zu entfalten. So befruchten sich z.B. Mathematik und Physik in dieser Hinsicht gegenseitig. Mathematische Methoden und Gesetzmäßigkeiten haben in der Vergangenheit oft nach kurzer Zeit ihre Verwendung in der Physik oder anderen naturwissenschaftlichen Disziplinen gefunden. "Die Natur ist mathematisch", könnte man salopp formulieren. Die Riemannsche Differentialgeometrie war beispielsweise bereits im 19. Jahrhundert bekannt; Albert Einstein musste sie "nur" für seine Allgemeine Relativitätstheorie anwenden. Das entlarvte die Schwerkraft als geometrische Eigenschaft einer gekrümmten Raumzeit. Die Anwendung dieses Wissens ist zum selbstverständlichen Teil unseres Alltags geworden: Navigations- und Telekommunikationssysteme sind ohne Einsteins Theorie undenkbar. Hochpräzise Technologien erfordern eben auch exakte Theorien, die genaue Berechnungen auch auf die zehnte Stelle hinter dem Komma gestatten. Wissenschaft ist Kulturgut "Wo stehen wir im Universum?"
Wie die Beispiele des vorangehenden Absatzes andeuten, hat die Grundlagenforschung mittel- und langfristig
eine wichtige, praktische Bedeutung. Doch Grundlagenforschung zeichnet den Menschen abseits dieser Anwendbarkeit
auch in einer anderen, besonderen Weise aus: Sie macht den Menschen zu einem denkenden Geschöpf, das seine Rolle
in der Welt begreift. In diesem Sinne gehört Grundlagenforschung, oder allgemeiner gesprochen Wissenschaft,
zum Kulturgut der Menschen. Neugier und Streben nach Erkenntnis sind Kulturleistungen der Menschheit und gehören
untrennbar zu ihr, so wie Sprache, Tradition und Musik. Das ist der menschliche Aspekt der Grundlagenforschung.
Es ist keine nüchterne, weltfremde oder gar menschferne Angelegenheit, sondern eine spannende Aufgabe, die mit
uns sehr viel zu tun hat. Es ist deshalb nicht verwunderlich, dass gerade die Astronomie ein besonderer Attraktionspunkt für junge Leute ist. Darin besteht eine Chance für die Naturwissenschaften und die Mathematik. Denn astronomische Erkenntnisse sind ein idealer Ausgangspunkt, um Schüler und Studenten für die Naturwissenschaften zu begeistern. Wenn diese Begeisterung in ein Interesse für die Wissenschaft im Allgemeinen mündet, so ist das ein Erfolg. Auch wenn aus dem ausgebildeten, jungen Wissenschaftler kein Berufswissenschaftler wird, so ist das keine Fehlinvestition, weil wissenschaftliches Arbeiten eine gute Grundlage für sehr viele Berufe ist. Grundlagenforschung ist Voraussetzung für wirtschaftlichen Erfolg Der Zusammenhang zwischen Grundlagenforschung und einer gesunden Ökonomie hat sich offensichtlich noch nicht genug herumgesprochen. Oft ist das vorschnelle Urteil zu hören, dass Grundlagenforschung ein Luxus sei, auf den man verzichten könne, wenn die wirtschaftliche Lage es erfordere. Grundlagenforschung verschlinge nur Steuergelder und sei im Prinzip zu nichts Nutze. Das ist ein Trugschluss! Eine Schmälerung der Stellung der Grundlagenforschung, die sich in Form von mangelnder finanzieller Unterstützung (vor allem mit öffentlichen Mitteln) und weniger gesellschaftlicher Anerkennung für die Wissenschaft niederschlägt, ist sehr kurzsichtig. Ein solches Handeln zeugt davon, dass die Bedeutung der Grundlagenforschung noch nicht erfasst wurde. Denn eine moderne Zivilisation braucht Grundlagenforschung. Sie ist eine der Säulen der Gesellschaft: Einerseits schafft sie unmittelbar Arbeitsplätze, nämlich für Wissenschaftler sowie für den zugehörigen Verwaltungsapparat und das technische Personal. Andererseits - und das ist der wichtigere Aspekt - sichert Grundlagenforschung langfristige Entwicklung, weil sie ein "Zugpferd" für andere Wissenschaften und Technologien ist. Mit anderen Worten: eine Entbehrung der Grundlagenforschung führt in wirtschaftliche Stagnation und Rezession. In einem Text des Bundesministeriums für Bildung und Forschung heißt es deshalb: "Nur eine exzellente Grundlagenforschung sichere die Innovationen der Zukunft." Die erwähnte Laserphysik ist nur ein Beispiel dafür. Ein anderes, sehr positives, weil sogar interdisziplinäres Beispiel ist ein Austausch zwischen Weltraumforschung und Medizin. Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) ist in einigen Bereichen der Luft- und Raumfahrttechnik weltweit führend, z.B. in Robotik, Flugsimulation, hitzebeständigen Faserkeramiken. Am DLR wurde in den letzten Jahren ein vollkommen neues Kunstherz entwickelt, das mittlerweile in vivo, am lebenden Patienten, erprobt wird. Es handelt sich um ein besonders kleines Kunstherz, das im Körper des Patienten (inkorporal) getragen werden kann und so für eine kaum eingeschränkte Mobilität sorgt. Ein Novum war auch die Form des Herzens, die strömungsoptimiert ist. Das Know-How der Ingenieure vom DLR z.B. in der Strömungsmechanik, aber auch in den Materialwissenschaften, war bei dieser Entwicklungsarbeit von unschätzbarem Wert. So abwegig es klingen mag: Die Medizin wurde Nutznießer der Weltraumforschung. Das Kunstherz des DLR zeigt sehr eindrucksvoll die Chancen der Interdisziplinarität! Mit Recht wurde das "DLR-Herz" 2003 mit dem Europäischen Innovationspreis prämiert. Das Institut für Robotik und Mechatronik entwickelt auch andere Instrumente für die Medizintechnik. Grenzen der Grundlagenforschung
Ein weiteres Beispiel, das angeführt werden kann, ist die Bio-Technologie und Humangenetik. Es ist sicherlich
ein schwieriges Thema, weil in dieser Disziplin auch ethische und religiöse Bewertungskriterien einfließen.
Die grundsätzliche Frage ist, wie weit der Mensch in die Natur und sein eigenes Menschsein eingreifen darf.
Beides macht er bereits seit Jahrtausenden, doch die wissenschaftlichen und moralischen Grenzen verschieben sich
ständig. Eine öffentliche Diskussion darüber ist dringend erforderlich - auch um den rechtlichen
Rahmen abzustecken und juristische Klarheit zu haben. Die deutschsprachige Literatur hat diese Grenzen und die Verantwortung wissenschaftlichen Handelns bereits sehr eindrucksvoll beleuchtet. "Die Physiker" von Friedrich Dürrenmatt ist ein Werk, das nicht nur eine spannende Geschichte, sondern auch wichtige Argumente liefert. Im Zentrum der Verantwortungsfrage steht jedoch nicht die Genforschung, sondern die Atomkraft, besser gesagt die Kernenergie. Wozu darf man diese Technologie nutzen? Kann man gefährliches Wissen verbieten? Die letzte Frage beantwortet der Protagonist Möbius in "Die Physiker" lapidar so: "Nein, denn alles, was einmal gedacht wurde, wird wieder gedacht werden." Mit anderen Worten: Wenn die Zeit für eine wissenschaftliche Entdeckung reif ist, wird sie auch gemacht werden. Und: Jede wissenschaftliche Entdeckung kann zu einem moralisch bedenklichen Zweck, z.B. als Waffe, verwendet werden. Es liegt also in der Verantwortung der Wissenschaftler und der anderen Menschen, dass es nicht zu einer negativen Entwicklung und einem Missbrauch der Wissenschaft kommt. Offensichtlich ist dieser verantwortliche Umgang bei der Atombombe gerade noch einmal gelungen, auch wenn er leider Opfer gekostet hat. Dem Optimisten bleibt so die Hoffnung, nicht nur auf die Klugheit, sondern auch auf die Vernunft der Menschheit. Astronomische Grundlagenforschung
Astronomische Grundlagenforschung oder Weltraumforschung ist ein vielfältiger Bereich wissenschaftlichen
Handelns. Man könnte sogar soweit gehen zu sagen, dass die Astronomie Grundlagenforschung par excellence
sei. Die vordergründige Frage ist, was denn die Erkenntnisse über den Himmel einem Menschen bringen könnten?
"Sehr viel!", lautet die Antwort, wenn man sich bemüht, eine angemessene Antwort zu finden. Wir haben bereits eingangs
ein paar Beispiele kennen gelernt, wo astronomische Forschung Einzug in den Alltag gefunden hat. Auch haben wir
astronomische Grundlagenforschung als Kulturleistung begriffen. Nun soll es zunächst um weitere, konkrete Beispiele
aus der astronomischen Grundlagenforschung gehen. Die Abbildung rechts zeigt nicht etwa ein Geflecht aus Nervenzellen, sondern das Ergebnis einer aufwendigen Computersimulation: Jeder winzige Lichtpunkt entspricht einer Galaxie. Das Lichtermeer im Zentrum des Bildes ist ein gigantischer Galaxienhaufen, der sich im Laufe der Simulation ausgebildet hat. Die Breite des Bildes beträgt etwa 570 Millionen Lichtjahre. In der Tiefe schaut man knapp 70 Millionen Lichtjahre ins Universum. Diese Millennium Simulation des Virgo-Konsortiums wurde federführend vom Max-Planck-Institut für Astrophysik in Garching durchgeführt (Springel et al., Nature 2005). Dieses Bild ist nicht nur schön, es hat auch zusammen mit einer Vielzahl simulierter Bilder einen enormen wissenschaftlichen Gehalt. Die Kosmologen verstehen mit diesen Simulationen, wie vor allem durch die Gravitation die großräumigen Strukturen im Universum zustande gekommen sind. Die Computer sind das virtuelle Labor, um das Geschehen in der Natur in Zeitraffer oder in größerem Detail ablaufen zu lassen. Ein Vergleich von theoretischen, simulierten Daten mit der astronomischen Beobachtung führt letztlich auf ein Verständnis der Natur. Das Bild bezeugt außerdem in wunderbarer Weise die Selbstähnlichkeit der Natur im Mikro- wie im Makrokosmos. "Myriaden von Sternen, einer Nervenzelle gleich, durchleuchten den Geist des Universums." Auf dem Beobachtungssektor der Astronomie laufen vergleichbar aufwendige Anstrengungen: Die Teleskope, die zur Beobachtung von Himmelsobjekten zum Einsatz kommen, teilt man in bodengestützte und satellitengestützte Teleskope ein. Das liegt daran, weil Astronomen mittlerweile das gesamte elektromagnetische Spektrum von Radiowellen bis harte Gamma- und TeV-Strahlung heranziehen. Die energiereiche Strahlung kann nicht durch die irdische Atmosphäre beobachtet werden, so dass die Röntgen- und Gammateleskope auf Satelliten installiert werden, die die Erde umkreisen. Moderne bodengestützte Teleskope sind technologische Meisterleistungen. Zu der neusten Generation optischer Teleskope gehört das Large Binocular Telescope (LBT), das im Oktober 2005 das "erste Licht" empfangen hat und auf dem Foto links zu sehen ist. Die Astronomen haben in dieses Teleskop der 8-Meter-Klasse ihr ganzes Know-How und die neusten Errungenschaften der Technik gesteckt. Es ist zu erwarten, dass das LBT die bodengebundene Astronomie in neue Dimensionen wissenschaftlichen Forschens bringen wird. Die genaue Betrachtung des LBTs zeigt, dass es sich eigentlich um einen "Riesenfeldstecher" handelt, einem Teleskop mit zwei Spiegeln mit je 8.5 m Durchmesser. Ähnlich wie beim Very Large Telescope (VLT) in Chile werden die beiden Spiegel "zusammenarbeiten". Mittels dieser Interferometrie genannten Technik gelingt die Synthese eines noch leistungsfähigeren Teleskops mit noch besseren Abbildungseigenschaften und noch höherem Auflösungsvermögen. Mit Spannung werden weitere Bilder des LBTs erwartet, das in Arizona, USA, aufgebaut wurde. Die modernen Großteleskope des 21. Jahrhunderts haben mit dem holländischen Linsenfernrohr des 17. Jahrhunderts kaum noch etwas gemein.
Weltraumteleskope erfordern zusätzlichen Aufwand: Raketen kommen zum Einsatz, die die Teleskope erst in eine Erdumlaufbahn
befördern müssen. Dies ist der tief liegende Grund, der ein nationales Raumfahrtprogramm motiviert. Die Notwendigkeit
eines solchen Unternehmens zeigt allerdings auch die moderne Telekommunikationstechnik (Telefone, Fernsehen, Navigation, GPS etc.)
auf. Auch sie benötigt eine hoch entwickelte Satelliten- und Raketentechnologie. Ein Verzicht auf ein nationales
Raumfahrtprogramm bringt den Nachteil mit sich, dass deutsche Satellitenbetreiber abhängig werden von ausländischen
Unternehmen, die über Raketen verfügen. Außerdem geht damit ein Verlust von Know-How einher. Die Früchte der astronomischen Grundlagenforschung sind süß und saftig, denn wir befinden uns (wie bereits in den 1960er Jahren) in einer Goldenen Phase astronomischer Entdeckungen:
Diese Bahn brechenden Erkenntnisse verdanken die Astronomen Hightech, die sie erdgebunden auf Bergen errichten, z.B. in Form von optischen Großteleskopen wie dem LBT; oder Hightech, die sie im Erdorbit positionieren, wie die Weltraumteleskope Hubble, Spitzer, Chandra, ROSAT, Integral und XMM. Sie verdanken dieses Wissen auch einer angemessenen Modellierung der Himmelsobjekte auf der Grundlage der Physik. Dabei spielt ein Netzwerk leistungsfähiger Großrechner eine wesentliche Rolle, denn aufwendige Computersimulationen sind nur mit "Supercomputern" zu bewerkstelligen. "Die großen Herausforderungen an die fundamentale Physik kommen aus der Astronomie." (Denkschrift Astronomie 2003) Das Zitat oben belegt die Schlüsselrolle, die die Astronomie für die Naturwissenschaften hat. Der Himmel ist ein Labor mit ausgezeichneten Eigenschaften, wo kein irdisches Labor mithalten kann. Ein aufmerksames Studium des Himmels mit modernsten Beobachtungsmethoden hilft, die großen Fragen der Physik zu klären:
Status astronomischer Forschung Doch die Fortsetzung dieser wissenschaftlichen Arbeit am Rande der Erkenntnis und des technisch Machbaren ist in Gefahr. Die so genannte "Denkschrift Astronomie 2003" zeichnet ein recht düsteres Bild der astronomischen Grundlagenforschung. Dies soll nachfolgend an einigen Fakten skizziert werden, die in der Denkschrift niedergelegt sind:
"Die Personelle Situation der deutschen Astronomie ist ungenügend" heißt es im Text. So machen die
Astronomie-Professuren innerhalb der Physik anteilig nur 3.5% an deutschen Universitäten aus. Zum Vergleich:
In Groß-Britannien sind es etwa 30%, also fast das Neunfache! Die Astronomie-Promotionen innerhalb der Physik
machen anteilig nur 6% in der BRD aus, während der EU-Durchschnitt dagegen bei 18% liegt (ebenso in den USA).
Das Astrophysikstudium gibt es nur an einem Drittel der deutschen Unis, die das Physikstudium anbieten. Ganze
Bundesländer (Rheinland-Pfalz, Mecklenburg-Vorpommern und Hessen) sind sogar völlig "astronomiefrei"!
Die Astrophysik spielt bei der universitären Ausbildung von Physiklehrern im Prinzip keine Rolle! Und das,
obwohl die Astronomie viel zur Begeisterungsfähigkeit von Schülern für die Naturwissenschaften und
Mathematik beitragen kann.
Die Initiative "Wissenschaft im Dialog" macht folgende Angaben, die in dieser Diskussion relevant sind: Die
Ausgaben für Forschung und Entwicklung (FuE) betrugen im Jahr 2000 fast 50 Milliarden Euro. Diese finanziellen
Mittel fließen unter anderem in die Medizin, Biotechnologie, Informationstechnologie, Umwelttechnologie,
Nanotechnologie, Verkehrsforschung und Weltraumforschung. Von den 50 Milliarden Euro trugen Bund und Länder
anteilig ein Drittel und die Wirtschaft zwei Drittel.
Die öffentlich finanzierte Forschung wird in Hochschulen und Universitäten sowie an
außeruniversitären Forschungseinrichtungen betrieben. Zu letztgenannten Institutionen gehören
die Max-Planck-Gesellschaft (MPG), die Helmholtz-Gemeinschaft und die Leibniz-Gemeinschaft.
Ein SFB dauert maximal 12 Jahre. Antragsberechtigt sind nur wissenschaftliche Hochschulen. Die
Entscheidung über die Einrichtung oder Weiterförderung eines SFB trifft der Bewilligungsausschuss
der DFG. Notwendigkeit von Öffentlichkeitsarbeit "Wir haben verlernt uns zu wundern."
Wissenschaft ist keine Sache, die "hinter verschlossenen Türen des Elfenbeinturms" praktiziert werden sollte.
Wissenschaft ist faszinierend und eine "horizonterweiternde Droge" - wie es Wissenschaftler enthusiastisch
formulieren würden. Wir brauchen Grundlagenforschung in unserer modernen Gesellschaft, weil sie unser
Wirtschaftsleben stützt, unser Alltagsleben bereichert, unser kulturelles Leben beflügelt und unser
wissenschaftliches Leben ausfüllt.
Öffentlichkeitsarbeit ist somit ein probates Mittel, um die Erkenntnisse der Grundlagenforschung im Speziellen
und der Wissenschaften im Allgemeinen vor der Öffentlichkeit in verständlicher Weise auszubreiten. Dabei
kommen die Wissenschaftler nicht nur ihrer Informationspflicht nach, sondern stellen ihr Wissen und ihre Methoden
auch auf den (z.B. ethischen) Prüfstand. Wie soll es weitergehen?
Dieser Essay zeigt, dass jeder die Initiative ergreifen und aktiv werden kann: Weitere Literatur und Quellenangaben
© Andreas Müller, August 2007
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