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Der Sternenhimmel
April 2004
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Vorwort
Die Astronomie - sagt man - sei die älteste aller Naturwissenschaften. Der Anblick des
bestirnten Nachthimmels muss den ersten vernunftbegabten Menschen wahrlich verblüfft
haben. Eine Fülle von hellen, meist punktförmigen Objekten, die in unregelmäßiger
Anordnung in tiefes Schwarz gebettet sind, so könnte es nüchtern ein unvoreingenommener
Beobachter formulieren. Der Naturwissenschaftler würde aufgrund seines Wissens die
unvorstellbaren Dimensionen betonen, die faszinierenden Gesetze, die dafür sorgen,
dass diese kosmischen Lichtquellen leuchten und überhaupt existieren. Der Poet würde
in dem Lichtermeer neue Welten, die verloren durch Zeit und Raum schwimmen sehen. Der
Ästhet würde die Pracht der Farben, das Spiel von Licht und Dunkel bewundern und die
wundersamen Strukturen am Himmel zu schätzen wissen.
Sterne können sehr viel in einem Menschen auslösen - selten lassen sie das menschliche
Gemüt ungerührt.
Die lokale, galaktische Distanzleiter
Der uns nächste Stern, die Sonne, bestimmt unser Leben durch den urgeologischen
Rhythmus von Tag und Nacht. Astronomisch handelt es sich um ein triviales Beschattungs-
und Belichtungsphänomen, das jedoch durch seinen Einfluss die Evolution des Lebens
nachhaltig beeinflusst. Die Tageslänge nimmt in großen Zeiträumen zu, wie geologische
Daten belegen. Dieser Umstand ist Folge der Gezeitenreibung: die gravitative
Wechselwirkung zwischen der Sonne, den Planeten und den Monden bewirkt durch die
Umwälzung von Wasser- und Gesteinsmassen eine Abnahme des Drehimpulses (der Rotation)
der Erde: die Tage werden immer länger.
Der neuzeitliche Mensch hat zwar durch die Erfindung elektrischen Lichts die Nachtseite
beherrschbar und belebt gemacht, doch das archaische Relikt, der tägliche Biorhythmus,
bleibt und lenkt unser Gefühl von Wachheit, Konzentrationsfähigkeit und Wohlgefühl.
Die Sonne beeinflusst uns viel mehr, als nur durch Licht und Wärme, die wir von ihr erhalten.
Die Strahlung der Sonne hat das Leben auf der Erde
erst ermöglicht, sie bestimmt das Klima, die Jahreszeiten und unseren Tagesablauf. Nicht
zuletzt deshalb basieren unsere Kalender und Chronometer auf Zyklen, die hauptsächlich
durch die Sonne bestimmt werden.
Doch ebenfalls unser Trabant, der Mond, hat seinen Anteil am irdischen Geschehen:
sein Zyklus formte den Monat als Zeitmaß, wie die Etymologie lehrt, und er beeinflusst
maßgeblich die irdischen Wassermassen durch Ebbe und Flut. Schließlich dominiert er hell
strahlend die Nacht, wenn seine Phase es zulässt. Dieser Umstand machte ihn früh
gleichermaßen zum Partner und Antagonisten der Sonne in der astronomischen Kultur.
Neben diesen beiden bestimmenden Himmelskörpern gibt es die Planeten (grch.
planos, "umherschweifen"). Die hellsten unter ihnen, Jupiter, Saturn, Venus und Mars,
sind auch tatsächlich die nächsten und größten Planeten im Sonnensystem und erscheinen
unter genauer Beobachtung flächenhaft. Das ist einer der Hauptunterschiede zu den Sternen,
die aufgrund ihrer hohen Distanz immer punktförmig erscheinen (außer man beobachtet mit
lichtstarken Teleskopen oder Satelliten). Ein weiterer Unterschied ist, dass die Planeten auffallend
ihre Position am Himmel verändern, was ihnen den Namen gab. Der Grund liegt darin, dass
sie der Erde besonders nahe sind und ihre Eigenbewegung, der alle Himmelskörper unterliegen,
daher in wenigen Nächten Beobachtung nachvollzogen werden kann. Im Sonnensystem kennt man
insgesamt neun Planeten: Merkur, Venus, Erde, Mars, Jupiter, Saturn, Uranus, Neptun und
Pluto und deren Monde.
Aber es existieren ebenso noch zahlreiche viel kleinere Objekte: Die Planetoiden (oder weniger
treffend auch Asteroiden genannt), sind planetenartige Objekte, die sich vor allem
zwischen der Mars- und Jupiterbahn befinden, doch auch der Sonne besonders nahe kommen
können. So nähert sich der Planetoid Icarus bis auf etwa 28 Millionen Kilometer im Perihel
(sonnennächsten Punkt) an die Sonne an und kommt ihr damit näher als der innerste Planet Merkur.
Eine den Planetoiden morphologisch ähnliche Ansammlung von Himmelsobjekten befindet sich jenseits
der Bahn des sonnenfernsten Planeten Pluto, die man Kuiper-Ring-Objekte nennt (Kuiper Belt
Objects, KBOs). Sie bilden in einer Entfernung von etwa 40 Astronomischen Einheiten von der Sonne
(6 Mrd. Kilometer) auch ein Reservoir für kurzperiodische Kometen, die durch gravitative
Störungen der anderen Objekte des Sonnensystems aus dem Ring herausgeschleudert werden und so
in neue Umlaufbahnen bringen können, die sie auch ins Innere des Sonnensystems bringen könnten.
Kometen oder auch Schweifsterne genannt, sind Vagabunden des Sonnensystems, die in der Regel
auf stark exzentrischen Bahnen um die Sonne laufen. Sie bestehen zum größten Teil aus
Wasser-, Kohlendioxid- und Methaneis sowie Staub ("schmutzige Schneebälle", F. Whipple, 1950).
An sich sind es recht unauffällige Objekte, die aufgrund ihrer Kleinheit meist übersehen werden,
nähern sie sich allerdings signifikant der Sonne, so geht das Eis direkt in den gasförmigen Zustand
über (Sublimation) und formt den charakteristischen Schweif der Kometen. Tatsächlich gibt es mindestens
drei Schweifarten: den diffusen Staubschweif, den Ionenschweif geladener Teilchen und den Schweif
neutralen Natriums.
Ein zweites Reservoir für Kometen neben dem Kuiper-Ring ist die Oortsche Wolke in etwa
7.5 Billionen Kilometern (50 000 AU, 0.8 Lj) Entfernung. Diese kugelsymmetrische Wolke
berandet unser Sonnensystem (zirkumsolar) und besteht vermutlich aus vielen Milliarden Kometenkernen.
Erst auf noch größeren Raumskalen existieren weitere Sterne neben der Sonne. Der nächste Stern
nach der Sonne heißt Proxima Centauri oder Alpha Centauri C. Er ist die dritte
Komponente (daher C) eines Mehrfachsternsystems um den Hauptstern Alpha Centauri und nur
4.3 Lj (1.3 pc) entfernt. Das Sternbild Centaurus findet man am Südhimmel, daher ist Proxima
Centauri nicht von Mitteleuropa aus beobachtbar. Seine absolute Helligkeit beträgt nur
15.49mag und die scheinbare Helligkeit 11.05mag, deshalb ist er mit
bloßem Auge nicht zu sehen.
Der drittnächste Stern ist Barnards Pfeilstern in etwa 6 Lj (1.8 pc) Entfernung. Er steht
im Sternbild Ophiuchus (dt. Schlangenträger) und wurde 1916 von E.E. Barnard entdeckt.
Es handelt sich um einen roten Zwergstern, der mit bloßem Auge unsichtbar ist und nahe Beta Ophiuchi steht.
Das eigentlich Besondere an ihm ist nicht seine Nähe, sondern seine hohe Eigenbewegung, das ihm den zweiten
Teil des Namens "Pfeilstern" einbrachte. Hohe Eigenbewegung und Nähe hängen natürlich miteinander zusammen. Diese
Pekuliarbewegung beträgt 10.3 Bogensekunden pro Jahr! (zum Vergleich: der Durchmesser des Vollmonds im
Perigäum ist gerade 2000 Bogensekunden, etwas mehr als ein halbes Grad)
Der drittnächste Stern heißt Wolf 359. Er befindet sich im Tierkreiszeichen Löwe in
einer Entfernung von 7.8 Lj (2.4 pc). Es ist auch ein schwach leuchtender, roter Zwergstern.
Der hellste Stern am Nachthimmel ist Sirius im Sternbild Canis Major (dt. Großer
Hund). Sirius ist ein Mehrfachsternsystem und dessen zweite Komponente, Sirius B ist der
fünftnächste Stern in einer Entfernung von 8.6 Lj (2.6 pc). Dieses Objekt ist ein Weißer Zwerg,
also ein kompaktes Objekt, das sich am Ende der Entwicklung eines sonnenartigen Sterns ausbildet. Weiße
Zwerge haben nur eine Größe, die mit der Erde vergleichbar ist, aber darin vereinigen sie etwa eine
ganze Sonnenmasse (maximal Chandrasekhar-Masse von 1.44 Sonnenmassen)!
Nach diesen nächsten Sternen folgen weitere Sterne in "unmittelbarer" Nähe. Man könnte die Liste lange
fortsetzen. Sie formen zusammen mit anderen Sternen der Milchstraße Ansammlungen an der Himmelssphäre,
die manchmal nur scheinbar und manchmal tatsächlich physisch nahe sind. Ihr Verbund formt Assoziationen, Sternhaufen
und die Sternbilder. Die Kugelsternhaufen, eine kugelförmige Ansammlung von etwa 100 000 Sternen
mit einem Durchmesser zwischen 15 und 150 pc. Sie bilden die ältesten Gebilde einer Spiralgalaxie, wie der
Milchstraße. Sie sind vom Zentrum der Milchstraße etwa 50 000 Lichtjahre entfernt und bilden den galaktischen
Halo. Dieses Halo ist eine kugelige Sphäre um die galaktische Scheibe. In den Kugelsternhaufen befinden sich
aufgrund ihres hohen Alters von etwa 10 Milliarden Jahren bereits sehr alte Sterne: viele sonnenartige Sterne haben
sich bereits zu Weißen Zwergen entwickelt, in denen keine thermonuklearen Fusionsprozesse mehr ablaufen:
sie kühlen langsam aus. Daneben bieten die Kugelsternhaufen einen Typus veränderlicher Sterne, die RR Lyrae
Sterne ("Haufenveränderliche"), die verwandt sind mit den bekannten Cepheiden (benannt nach dem Prototypen
im Sternbild Cepheus). Sie sind gute "Standardkerzen" und dienen der Entfernungsbestimmung des Haufens.
Diese kleine Synopsis zeigt bereits, dass die unmittelbare Umgebung der Erde von einer
Vielzahl astronomischer Objekte bevölkert ist. Das Wechselspiel der Himmelskörper, wie es an
Tag- und Nachthimmel beobachtbar ist, bewirkt eine besondere Faszination. Dies ist der
Motor, der die Astronomie bis heute antreibt.
Die Wahrnehmung des Himmels
Die moderne Astronomie belegt, dass es viel mehr zu beobachten gibt, als das schmale,
optische Band der elektromagnetischen Wellen. Heute sind im Prinzip alle Bereiche des
elektromagnetischen Spektrums der Astronomie zugänglich. Darüber hinaus können Teilchen
aus verschiedenen Bereichen des Himmels registriert werden, dazu zählen Elektronen,
Protonen, aber auch Neutrinos und andere exotische Elementarteilchen. Man erhofft sogar,
Gravitationswellen zu beobachten, also Verzerrungen in der Raumzeit, die sich mit
Lichtgeschwindigkeit fortpflanzen. Die "Fenster" der Astronomie sind also sehr vielfältig.
Der Sternenhimmel ist wunderschön anzusehen: helle Lichtpunkte, die bei genauem Hinsehen
ein besonders Farbenspiel zeigen; Verdichtung und Verdünnung der Anzahl von Sternen; das
Funkeln der Sterne in klaren Winternächten, verursacht durch Turbulenzen in der Atmosphäre -
all das macht den besonderen, optischen Reiz des Nachthimmels aus. Das Wissen um die
Geschehnisse am Nachthimmel steigert die Faszination noch: das Gefühl, den Nachthimmel zu
betrachten und im gleichen Moment zu wissen, dass die Objekte mindestens einige
Lichtjahre entfernt ist, entlockt ein fast ungläubiges Staunen. In diesem Augenblick nimmt
sich der Betrachter als Teil des Ganzen wahr, das wir Universum nennen. Wir sind verloren
in Raum und Zeit, weil wir erkennen, dass jeder Blick an den Himmel ein Blick in die
Vergangenheit ist: so wie wir die Objekte sehen, waren sie: der Mond war so vor
einer knappen Sekunde, die Sonne war so vor acht Minuten, die Planeten waren so vor
einigen Stunden, die Sterne der Milchstraße waren so vor einigen Jahren, benachbarte
Galaxien waren so vor Tausenden und Millionen von Jahren, die Quasare waren so vor
Milliarden von Jahren. Unser schweifender Blick in die Tiefen des Alls wird zur
Zeitmaschine.
Mein Eindruck ist, dass man sich für diesen Blick kaum noch Zeit nimmt. Eine bewusste
Wahrnehmung des Sternenhimmels und eine Auseinandersetzung mit kosmischen Geschehnissen
sind in einem modernen irdischen Zentralismus Ausnahmeerscheinungen. An sich
verwundert das nicht, denn die irdischen Probleme und Fragestellungen sind dringlicher,
die Beschäftigung mit der Astronomie wird häufig als Luxus abgetan, den sich nur eine
moderne, aufgeklärte Zivilisation leisten kann.
Oft wird die Ästhetik des Himmels heruntergespielt oder schlicht nicht wahrgenommen.
Als Beispiel möge die Darstellung des Sternenhimmels in Hollywoodfilmen dienen: das
entlockt dem Kenner ein Grinsen, dem Liebhaber eine Träne, werden sie dort doch oftmals
als gleich helle Lichtpunkte dargestellt, die homogen verteilt den Himmel bedecken.
Keine Spur eines bekannten Sternbildes! Auch fällt auf, dass trotz gleißend heller
Vordergrundbeleuchtung, in der sich die Akteure bewegen, erstaunlicherweise Sterne
sichtbar sind. Offenbar hat der Regisseur nie bewusst einen Nachthimmel betrachtet!
Das ist sehr bedauerlich, weil der reale Sternenhimmel eine ganz besondere Schönheit
besitzt.
Leider gerät der bestirnte Himmel durch schwerwiegende irdische Probleme zunehmend
ins Abseits. Für Gedanken über den Sternenhimmel - sei es privat, als Hobby oder
beruflich, als Astronom - bleibt wenig Zeit oder finanzielle Mittel. Die Astronomie
und Astrophysik sind sicherlich eher Disziplinen der Grundlagenforschung, und man findet
selten eine industrielle Anwendung astronomischen Wissens. Das gilt allerdings nicht für
die mathematischen und numerischen Methoden, denen sich ein Astrophysiker bedient!
Ganz allgemein gesprochen ist die Information nicht nur im dritten Jahrtausend
die bestimmende Größe - wir leben im Informationszeitalter - sie ist auch das
wertvolle Gut, das jede Grundlagenforschung akquiriert: komplexe Zusammenhänge verstehen,
belebte und unbelebte Vorgänge in der Natur nachvollziehen, Mechanismen und Selbstähnlichkeiten
erkennen sowie essentielle Gesetze und Algorithmen entschlüsseln - das ist es, was die
Grundlagenforschung ausmacht. Interdisziplinarität ist daher ein probates Mittel,
um das methodische Wissen in verschiedenen Bereichen zu etablieren.
Die Raumfahrt ist im Wesentlichen auf die unmittelbare Umgebung der Erde beschränkt,
und technischen Nutzen bieten hier Telekommunikationssatelliten und Erdvermessungs- und
Überwachungssysteme. In solchen Diskussionen, die Anwendungsorientierung und Pragmatismus
als Ziel menschlichen Handelns sehen - demnach auf materielle Werte fixiert sind - wird
jedoch ein wichtiger Aspekt vergessen: die ideellen Werte. Die Beobachtung des
Himmels ist mehr als nüchterne Rezeption, es ist Perzeption und in diesem Sinne
eine Vorstufe der Erkenntnis, eine Wahrnehmung, die uns uns selbst näher bringt.
Astronomisches Wissen birgt neben dem offensichtlichen naturwissenschaftlichen Aspekt
eine Chance, die menschliche Existenz selbst zu hinterfragen. In der Astronomie berühren
sich Naturwissenschaft, Philosophie und Religion.
Die Urfragen
Macht man sich also diese Gedanken beim Betrachten des klaren Nachthimmels, so ereilt den
vorgebildeten Beobachter schnell das Gefühl von Winzigkeit und Bedeutungslosigkeit, so dass
manch irdisches Problem relativiert werden kann. Eine globale, distanzierte Sicht auf
astronomischen Skalen kann die kleinen und großen Probleme auf der Erde schmälern und
die Bedeutungswertigkeit verkehren. Manchmal spenden diese Momente sogar Trost, weil der
Beobachter erkennt, dass die Dinge ihren kosmischen Lauf auch ohne Einfluss des Menschen
nehmen. Es ist ein sehr emotionales Erlebnis zwischen Faszination und Melancholie. Der
Betrachter der Sterne gerät schnell ins Träumen, ins Phantasieren, ins Philosophieren.
Plötzlich findet man sich in einem philosophischen Diskurs, wo gleichsam die Urfragen
der Menschheit gestellt werden:
Woher kommen wir? Wohin gehen wir? Sind wir allein im Universum?
Der romantische Blick auf die Sterne weicht einer ernsten, existentiellen Frage, in der sich
naturwissenschaftliches und philosophisches Wissen vermischen, voneinander profitieren und
sich gegenseitig beflügeln. Die moderne Astrophysik mit ihren Teilgebieten Kosmogonie,
Kosmologie, Exobiologie und Planetologie kann die drei obigen Urfragen nach wie vor nicht
präzise beantworten, doch sind wir dank dieser Grundlagenforschung ihrer Beantwortung
ein gutes Stück näher gekommen: Die Kosmogonie und Kosmologie liefern eine
Vorstellung, wie das Universum (oder gleich mehrere davon, ein Multiversum) entstanden
sein könnte und wie es sich in Abhängigkeit einiger physikalischer Parameter entwickelt haben
könnte. Aktuelle Infrarot-Beobachtungen (WMAP) legen ein Weltalter von 13.7 Milliarden Jahre
nahe und prognostizieren ein flaches Universum, das ewig expandieren wird und langsam auskühlt.
Darüber hinaus wird in diesen Disziplinen die Entstehung und Dynamik von Galaxien untersucht.
Damit lässt sich u.a. die Vergangenheit und Zukunft der Milchstraße skizzieren. Die menschliche
Leistung, dieses kosmologische Wissen zu erbringen, obwohl wir doch auf der kleinen Welteninsel
Erde im gigantischen Universum treiben, ist in der Tat erstaunlich.
Die Exobiologie beschäftigt sich mit der Frage unter welchen Voraussetzungen sich (im
Speziellen intelligentes) Leben entwickeln kann und wie sich Leben eigentlich definiert.
Die Planetologie beschäftigt sich mit der Entstehung und Entwicklung von
Planetensystemen, die um Sonnen kreisen und besonders welche Planeten Leben hervorbringen
können. 1995 wurde der erste extrasolare Planet, also ein Planet außerhalb unseres
Sonnensystems, von den beiden Schweizer Astronomen M. Mayor und D. Queloz
entdeckt. Der 42 Lichtjahre entfernte Hauptreihenstern 51 Pegasi ist der Sonne mit einem Spektraltyp
G2 recht ähnlich. Aber auf dem Planeten 51 Pegasi b ist es mit 1000 Grad Oberflächentemperatur
leider zu heiß, als das dort Leben existieren könnte, das dem irdischen vergleichbar wäre.
Seit 1995 wurden beständig mehr extrasolare Planeten gefunden, so dass es nur noch eine Frage der
Zeit ist, bis wir einen Planeten entdecken, der der Erde sehr ähnlich ist. Damit wächst
auch die Wahrscheinlichkeit, extraterrestrisches Leben zu entdecken. Wenn es dann
noch intelligent wäre, hätte die Menschheit kosmische Brüder gefunden.
Die Bestrebungen in diesen Wissenschaftsdisziplinen (und natürlich vielen anderen)
haben die Natur in den letzten Jahrhunderten sukzessiv entmystifiziert, jedoch tauchen mit
jeder Lösung von Fragestellungen erfahrungsgemäß neue Probleme auf. Trotzdem nimmt das
menschliche Wissen vor allem seit der Epoche der Aufklärung rapide zu, und die
Wissensfragmente bilden nach und nach ein einheitliches Ganzes, das wir
naturwissenschaftliches Weltbild oder belebtes Universum nennen. Mit dieser
Wissensakkumulation kommen wir einer adäquaten Beantwortung der menschlichen Urfragen immer
näher.
Systematisierung des Himmels
Die ersten Schritte den bestirnten Nachthimmel zu verstehen, stellt eine ganz einfache Form
der Katalogisierung dar: die hellen Lichtpunkte wurden zu Figuren verbunden und mit
Sagengestalten und bekannten Geschichten in Verbindung gebracht. So entstanden die
Sternbilder. Der historische Mensch, der diesen Schritt unternahm war Babylonier.
In der Zeit zwischen 2000 und 1000 v.Chr., in der Blütezeit Babylons, bildeten astronomisches,
astrologisches und religiöses Wissen eine Einheit. Priesterastronomen nutzten ihre astronomischen
Kenntnisse für Rituale. So galten beispielsweise Mondfinsternisse als göttliches Zeichen im
polytheistischen Weltbild Babylons, und bestimmte rituelle Handlungen sollten den bösen
Pestgott Erra besänftigen, der den Mond verhüllte. Die Herrscher Babylons waren abhängig
von ihren Priesterastronomen. In groß angelegten Prozessionsmärschen feierten und bestätigten
die babylonischen Könige ihre Macht. Das babylonische Alltagsleben hatte demnach die Himmelskunde
als wesentlichen Bestandteil, so dass eine Kenntnis und Katalogisierung des Himmels vitale
Voraussetzung war.
In der Folgezeit nahmen die Griechen babylonisches Wissen an und bauten es aus. So kam es,
dass wir an der nördlichen Hemisphäre des Himmels Sternbilder der griechischen
Mythologie finden. Historisch erklärt sich die Sonderrolle des Griechentums durch
seine Weltherrschaftsstellung, dem Zeitalter des Hellenismus, in dem Alexander
der Große in seinen Eroberungszügen (seit 334 v. Chr.) dem griechischen Kulturgut
Weltruhm bescherte.
Diese geniale, figurative Umsetzung vereinfachte es, sich die Positionen und
Konstellationen einiger heller (auch farbiger oder variabler) Objekte zu merken. Denn
die Figuren bildeten ein Sternbild, während viele Sternbilder durch Geschichten verknüpft
wurden. Der Himmel wurde zur Bühne antiker Schauspiele! Die Nomenklatur hat in vielen
Fällen bis heute überdauert. Manche griechische Namen wurden im Laufe der Geschichte von
neuen Herrschergeschlechtern wie den Römern übernommen, assimiliert und transkribiert.
Als Folge davon haben wir Doppelbezeichnungen verschiedener Objekte, nämlich in
griechischer und lateinischer Sprache: der höchste Gott im Polytheismus der Griechen,
Zeus, wurde zum Jupiter der Römer; die Schaumgeborene, Aphrodite, wurde zur Venus
(natürlich existieren daneben eine Vielzahl von Namen anderer Kulturkreise).
Einen wesentlichen Beitrag zur Überlieferung dieses Wissens leistete Ovid bzw.
Publius Ovidius Naso (43 v.Chr.- 18 n.Chr.), ein römischer Dichter. Er ist Verfasser
von Ovid's Metamorphosen: 250 Verwandlungssagen von der Weltschöpfung bis hin zu
Caesars Verwandlung in einen Stern. In den Metamorphosen stehen Dichtungen in vielfältiger
und vieldeutiger Weise, die uns erklären, wie die Sternbilder an den Himmel gelangt sein
sollen. Häufiger Protagonist der Geschichten ist der höchste Gott, Zeus, der sich in vielerlei
Gestalten verwandelt und sein Unwesen treibt. Der Inhalt der Metamorphosen zeugt nicht nur vom
polytheistischen Weltbild der Griechen und Römer, sondern gibt auch mit den dargestellten
Verwicklungen und Intrigen einen tiefen Blick in die menschliche Psyche preis.
Das Liniengerüst der Sternbilder wird tatsächlich ausschließlich aus Sternen gebildet, es
handelt sich um keine "exotischen", kosmischen Objekte, wie Kugelsternhaufen oder Quasare.
All das befindet sich "in den Sternbildern". Nun muss man sich vergegenwärtigen, wie die
dreidimensionale Anordnung von Erde, Sonne und Sterne, deren Relativbewegungen (in Betrag der
Geschwindigkeit und Richtung) zueinander aussehen: Wenn wir an den klaren, mondlosen
Nachthimmel schauen, sehen wir auf einen Blick etwa 6000 Sterne. Das Besondere ist nun,
dass es sich dabei ausnahmslos um Sterne der Milchstraße, also unserer Heimatgalaxie
handelt. Das Objekt, das am weitesten entfernt ist und das wir gerade noch mit
bloßem Auge als diffus, verwaschenes Objekt erkennen können, ist die Andromedagalaxie,
ein Sternsystem aus einigen hundert Milliarden Sternen. Diese Galaxie im nördlichen
Sternbild Andromeda befindet sich in der lokalen Gruppe (dem Galaxienhaufen, in dem
sich die Milchstraße befindet) in einer Entfernung von 2.2 Millionen Lichtjahren (667 kpc)
und ist unserer Milchstraße morphologisch sehr ähnlich.
Es ist bei einer genaueren Überlegung erstaunlich, dass die Sternbilder über Jahrtausende
ihre Form nicht zu ändern scheinen. Wir wissen, dass alle kosmischen Objekte sich bewegen.
Messen kann man dies beispielsweise spektroskopisch über den Dopplereffekt. Die
Relativbewegungen zwischen verschiedenen kosmischen Objekten, z.B. Erde und ein Stern der
Milchstraße, sind außerordentlich komplex: die Erde rotiert in etwa 24 Stunden um ihre
eigene Achse; innerhalb eines Jahres umrundet sie die Sonne auf einer fast kreisförmigen
Bahn; die Sonne hat jedoch auch eine Eigenbewegung und bewegt sich mit rund 20 km/s in
Richtung des Sternbildes Herkules (Apex); alle Sterne der Milchstraße
führen eine Art Gruppenbewegung aus, weil sie in einer Scheibe um das Galaktische
Zentrum, was im Sternbild des Schützen (Sagittarius) liegt, kreisen, denn
die Milchstraße ist eine Spiralgalaxie. Diese Rotation ist differenziell, d.h. nach
innen rotieren die Körper mit größerer Bahngeschwindigkeit. Um dieses kosmische Karussell
bis zu seinem Ende zu treiben: die Milchstraße ist eine Galaxie der lokalen Gruppe, eines
kleinen Galaxienhaufens, der sich auf den viel größeren Galaxienhaufen im Sternbild
Virgo (Jungfrau), kurz den Virgo-Haufen genannt, zu bewegt. Die Galaxienhaufen, von
denen einige hundert Milliarden existieren sollen, sind im Universum nicht homogen verteilt,
wie Luft in einem Behälter, sondern bilden filamentartige Gebilde, die in Knoten, den
Supergalaxienhaufen zusammenlaufen. Auch hier treibt die gravitative Wechselwirkung
die Galaxien und Galaxienhaufen zusammen (gravitative Instabilität). Insgesamt
erscheint das von außen betrachtet wie eine wabenartige Struktur, deren Inneres leer ist.
Diese Leerräume (engl. Voids) sind riesig und haben eine Ausdehnung von etwa
50 Mpc, also rund 150 Millionen Lichtjahren! Im Vergleich zur aktuell erachteten Gesamtgröße
des Universums von 13.7 Milliarden Lichtjahren sind das riesige leere Blasen. Die Bewegung
der Galaxien und Anhäufungen ist zudem vor dem Hintergrund eines expandierenden
Universums mit kosmologischer Konstante zu sehen: die Galaxien "schwimmen" mit einer expandierenden
Raumzeit (der Robertson-Walker Metrik) mit und entfernen sich voneinander, wie die
Punkte auf einem Luftballon, der beständig aufgeblasen wird. Eine Hauptrolle in der Kosmologie kommt
der wohl rätselhaftesten Form von Materie zu, der Dunklen Energie. Aktuelle Messungen bestätigen,
dass sie zu 73% im gegenwärtigen Universum existiert und dessen Dynamik nachhaltig beeinflusst. Die
Dunkle Energie ist identisch mit der kosmologischen Konstante, die Einstein in seinen Feldgleichungen
der Allgemeinen Relativitätstheorie einführte, um ein statisches Universum theoretisch erklären zu
können. Mit Edwin Hubbles Entdeckung eines dynamischen Universums, das eine Expansionsbewegung
ausführt, verwarf Einstein den kosmologischen Term. Moderne Modelle der Kosmologie ziehen ihn
jedoch wieder in Betracht, und aktuelle Messungen zeigen sogar, dass man nicht ohne ihn auskommt. Die
Dunkle Energie macht sich in ihrer Wirkung als eine Antigravitation bemerkbar, weil sie der
gravitativen Attraktion entgegenwirkt: sie treibt also das Universum auseinander und unterstützt die
Expansionsbewegung. Eine moderne quantentheoretische Interpretation erfährt die Dunkle Energie dadurch,
dass man das Quantenvakuum heranzieht. Das Quantenvakuum ist nicht leer, sondern erfüllt von virtuellen
Paaren aus Teilchen und Antiteilchen. Diese Paare könnten gerade die Dunkle Energie speisen. Die
bestehenden Quantenfeldtheorien vermögen dies jedoch leider noch nicht quantitativ zu erklären.
Gehen wir wieder einen Schritt zurück auf die galaktische Längenskala: die resultierende
Bewegung der Erde zu einem Stern der Milchstraße ist zwar nicht chaotisch, weil sie
wohldefiniert ist, jedoch sehr komplex. Wie gesagt, vollführen jedoch die Sterne der
Milchstraße eine geordnete Bewegung: alle kreisen um das supermassereiche Schwarze
Loch mit etwa 3.7 Millionen Sonnenmassen, das das gravitative Zentrum unserer
Heimatgalaxie ist. Es stimmt radioastronomisch mit der Quelle Sagittarius A* überein
und "hungert". Die Ansammlung von Materie, die man Akkretion nennt, ist in Ermangelung von
viel Material in der direkten Umgebung des Schwarzen Loches schwach ausgeprägt.
Die Sterne, die also die uns bekannten Sternbilder konstituieren sind alle derselben
Gruppenbewegung unterworfen. Die kleine Abweichung davon nennt man geringe
Eigenbewegung (Pekuliarbewegung) der Sterne. Sie ist Voraussetzung dafür,
dass sich der visuelle Eindruck der Figuren in den Sternbildern nicht merklich ändert und
erst in "suprahistorischen Zeiträumen", auf der Zeitskala von wenigstens 100 000 Jahren,
deutlich von der vertrauten Form abweicht. Die höchste Eigenbewegung in der Milchstraße
hat Barnards Pfeilstern mit -108 km/s. Dieser Stern ist der Sonne recht nahe (1.81
pc). Seine Geschwindigkeit entspricht bei gegebenem Abstand einer Eigenbewegung an der
Himmelsphäre von -0.05 Sekunden in Rektaszension pro Jahr und 10.28 Bogensekunden in
Deklination pro Jahr (Rektaszension und Deklination sind zwei Winkelangaben, die einen
Ort an der zweidimensionalen Himmelskugel eindeutig festlegen).
Die bisherigen Ausführungen galten der Stabilität der Sternbilder; kommen wir nun
zu deren realen, physischen Ort. Alle Sternbilder, die wir kennen sind einzigartig im
Universum, weil sie von einem besonderen Punkt, der Erde, betrachtet werden. Nur wirklich
weit entfernte Sterne eines Sternbildes würden auch einem extraterrestrischen Beobachter
erscheinen wie auf der Erde. Die Sternbilder sind jedoch Projektionen auf die
Himmelsphäre, einer gedachten Kugelschale, die das gleiche Zentrum hat wie die Erde
und direkt außerhalb der Erdoberfläche beginnt. Im allgemeinen werden die Sterne der
Sternbilder sehr unterschiedliche Abstände zur Erde haben, aber - weil sie sämtlich zur
Milchstraße gehören - einen maximalen Abstand von etwa 100 000 Lichtjahren haben, was
"auf der anderen Seite der Milchstraße wäre". Unser Sonnensystem befindet sich nämlich
eher im Randbereich der Milchstraße (Abstand vom Galaktischen Zentrum 8.3 kpc, also
rund 25 000 Lichtjahre). Bei Sternen gilt als grobe Regel, dass sie um so näher sind,
je heller sie uns erscheinen. Sirius, der Hundstern, befindet sich im Großen
Hund (Canis Major) und ist der (scheinbar) hellste Stern am gesamten
Nachthimmel mit einer scheinbaren Helligkeit von -1.46mag, aber nur einer
absoluten Helligkeit von 1.42mag. Dabei steht mag für Magnitude
und ist ein logarithmisches Maß für die Helligkeit eines astronomischen Objekts. Historisch
gab es zunächst nur sechs Größenklassen/Magnituden, die sich an der Fähigkeit des Auges
orientierten Helligkeiten zu unterscheiden. Die uns erscheinende Helligkeit von Sirius am
Himmel ist auf seine physische Nähe (2.65 pc Entfernung) zurückzuführen, nicht darauf,
dass er absolut (also intrinsisch) besonders hell wäre. Viel beeindruckender, was die
absolute Helligkeit angeht, sind da massereiche, junge Sterne vom Spektraltyp O oder B.
Der blauweiße Überriesenstern Rigel im Orion (rechter Fußstern) zählt
beispielsweise dazu.
Eine professionelle Form der Katalogisierung wurde von dem französischen Astronom
Charles Messier (1730 - 1817) unternommen, der Nebel, offene Sternhaufen,
Kugelsternhaufen und Galaxien im Messier-Katalog (1771) aufführte. Es
waren 104 auffällige Objekte des Nordhimmels, die mit den damaligen Mitteln (aus heutiger
Sicht kleine, optische Fernrohre) beobachtbar wurden. Manche erschienen mangels
Auflösungsvermögen nebulös und wurden auch als Nebel klassifiziert, obwohl es sich tatsächlich
um ganze Sternsysteme, also Galaxien, handelte. So kam z.B. zur verwirrenden Wortschöpfung des
Andromedanebels (M32). Dabei handelt es sich eigentlich um eine Galaxie und nicht um
einen Nebel, wie die Reflexions-, Emissionsnebel oder Planetarischen Nebel. Letztere sind
viel kleiner sind als typische Galaxien und Ansammlungen von wenigen Sternen und interstellarem
Staub, der beleuchtet wird oder selbst leuchtet.
Der Messier-Katalog ist der Archetypus eines Katalogs, wie sie auch heute (beispielsweise
in der Astrometrie) erstellt werden: in Durchmusterungen (engl. surveys) wird
eine große Anzahl kosmischer Objekte, meist Sterne, sehr genau (typische Skala ist die
Bogensekunde, also der 3600ste Teil eines Grads) lokalisiert, deren scheinbare
Helligkeit bestimmt und andere Parameter (Spektraltyp, Entfernung, wenn möglich) ermittelt.
Oft laufen diese Prozeduren automatisch mithilfe einer geeigneten Software in einem
Satelliten ab (HIPPARCHOS, geplant: DIVA, GAIA). Die großen Datenmengen werden
elektromagnetisch auf die Erde gesendet und auf Band oder CD-ROM gespeichert.
Tierkreis, Ekliptik und Jahreszeiten
Es gibt eine Reihe ausgezeichneter Sternbilder, die man Tierkreiszeichen oder
Zodiakalsternbilder (Zodiak bezeichnet den Tierkreis) nennt. Dabei handelt es
sich um zwölf Sternbilder, die eine ganz besondere Ausrichtung relativ zur Erde haben. Bereits
die Babylonische Astronomie um 2000 v.Chr. kannte diese Einteilung und auch schon die Sternbilder
Schütze, Stier, Wassermann und Zwillinge. Der Sternenhimmel hatte eine tiefe religiöse Bedeutung,
und die Sterne und Sternbilder waren mit babylonischen Gottheiten verbunden: Astronomie, Astrologie
und Religion waren eng verschmolzen. Die Griechen - geographisch gerade mal 1500 km vom
kulturellen Zentrum Mesopotamiens (heutiger Irak) entfernt - haben viel babylonisches Wissen in
der Antike übernommen. Schließlich haben sich die Römer viel später griechisches Wissen und
Kultur angeeignet und mythologische Gestalten transkribiert. Aus diesem Grund tragen die Planeten
römische Namen. In der griechischen Form müssten sie folgendermaßen heißen (angefangen im Innern
des Sonnensystems): Hermes, Aphrodithe, (Erde, Gaia?), Ares, Zeus, Saturnus, Uranos, Poseidon, Hades.
Alle Planeten (bis auf den äußersten Planeten Pluto) liegen im Wesentlichen in einer
Ebene, die man Ekliptik nennt. Die Erklärung für diesen seltsamen Sachverhalt ist in
der Entstehungsgeschichte des Planetensystems zu finden: bevor die Planeten entstanden,
sammelte sich um die Sonne die Materie (Gas und Staub) in einer Scheibe an, weil sie
Drehimpuls besitzt. Diese protoplanetaren Scheiben (kurz oft Proplyds genannt, für
engl. protoplanetary disks) bildeten durch gravitative
Instabilitäten Klumpen aus, die Vorläufer der Planeten, die mit der Zeit wuchsen und
so immer mehr Materie ansammeln konnten. Schließlich bildete sich das einzigartige Planetensystem,
wie wir es kennen, bestehend aus der Sonne und im Abstand zunehmend Merkur, Venus, Erde,
Mars, Planetoidengürtel, Jupiter, Saturn, Uranus, Neptun, Pluto, Kuiper-Ring. Die Ekliptik
ist also als Relikt des Proplyds anzusehen, und die Rotationsachse der Erde ist gerade um
23 Grad und 27 Minuten zu dieser Ebene geneigt. Diese Neigung kann eine Folge einer heftigen
Kollision mit einem Kometen sein, aus der der Mond hervorging, wie Simulationen
nahe legen. Die Rotationsachse der Erde vollführt eine Kreiselbewegung (Präzession
und Nutation), so dass der Polarstern eine Ellipse an der Himmelsphäre beschreibt.
Der Begriff Ekliptik (grch. ekleipsis, "Ausbleiben") geht auf die
Eklipsen zurück, den Sonnen- und Mondfinsternissen. Sie sind nämlich nur möglich,
wenn alle drei beteiligten Himmelskörper, Sonne, Mond und Erde, in exakt einer Ebene, der
Ekliptikalebene oder Ekliptik, liegen. Bei einer Sonnenfinsternis schiebt sich der
Mond genau zwischen Sonne und Erde, so dass der etwa 200 Kilometer durchmessende Kernschatten des
Mondes, die Erde trifft. Nur in Gebieten auf der Erde, über die der Kernschatten wandert, kann eine
totale Sonnenfinsternis beobachtet werden. Dieses spektakuläre Ereignis war in Deutschland zuletzt
im August 1999 zu bestaunen. Bei einer Mondfinsternis hingegen wandert der Erdtrabant durch
den Kernschatten der Erde. Er verfinstert sich dabei nicht vollständig, weil ihn immer noch
Sonnenlicht, das an der Erde gestreut wird erreicht. Dadurch erscheint er als roter Vollmond.
Die Eklipsen sind nicht jeden Monat beobachtbar, wie man nun erwarten könnte, sondern
entstehen nur unter besonderen Voraussetzungen: Ursache ist die Neigung der Rotationsachse
der Erde und der Umlaufbahnebene des Mondes gegenüber der Ekliptikalebene. Nur wenn sich
der Mond in seinem auf- oder absteigenden Knoten befindet und dabei sein Schatten die Erde
(Sonnenfinsternis) bzw. der Schatten der Erde den Mond (Mondfinsternis) trifft, können
Eklipsen entstehen.
Der "Schiefe der Ekliptik" verdanken wir auch die Jahreszeiten und vermutlich sogar unser
Leben. Denn innerhalb eines Jahres ändert sich die Einfallrichtung der Sonnenstrahlung auf die
Erdoberfläche von schräg (im Winter) zu senkrecht (im Sommer) auf den Hemisphären der Erdkugel.
Kommen wir endlich zu den Tierkreiszeichen: Schaut man nun als irdischer Beobachter, der sich in
der Ekliptik befindet entlang der Ebene der Ekliptik auf den Nachthimmel, so befinden sich hier
gerade zwölf (wie es sich historisch ergeben hat) Sternzeichen, die Tierkreiszeichen, die jeder
aus dem Horoskop kennt: Widder (Aries), Fische (Pisces), Wassermann (Aquarius),
Steinbock (Capricornus), Schütze (Sagittarius), Skorpion (Scorpius),
Waage (Libra), Jungfrau (Virgo), Löwe (Leo), Krebs (Cancer),
Zwillinge (Gemini) und Stier (Taurus). Es sei hier angemerkt, dass die
Astrologie, die sich mit der Sterndeutung beschäftigt, auf reiner Empirie beruht. Sie hat
mit der Astronomie nur die Terminologie einiger Objekte (Tierkreiszeichen, Planeten, Sonne,
Mond) gemein. Die Astronomie/Astrophysik ist eine Naturwissenschaft. Sicher waren Astronomie
und Astrologie einst (und sind es bei einigen Naturvölkern noch) eng miteinander verwoben,
wie die Beispiele der Priesterastronomen in den Hochkulturen der Babylonier und der Maya
zeigen; hier wurde astronomisches Wissen politisch und religiös ausgenutzt. Im Zuge der
Aufklärung fand jedoch eine Entkopplung statt, die die strenge naturwissenschaftliche
Methodik bewirkte.
Aus obigen Beschreibungen wird sofort klar, weshalb alle Planeten nur im Band der
Ekliptik (etwa 20° breit), das die Projektion der ekliptikalen Ebene an die Himmelsphäre
ist, zu finden sind. Jupiter wird also nie im Sternbild Großer Bär (Ursa Major)
zu sehen sein. Falls doch, rufen Sie mich bitte an!
Bei der Betrachtung der Ekliptik wird noch etwas anderes klar: der scheinbare Lauf der
Sonne und Planeten durch die Tierkreiszeichen. Dadurch, dass die Sonne in der Ekliptik liegt,
sehen wir durch den jährlichen Lauf der Erde um die Sonne, in jedem der zwölf Monate ein
anderes der zwölf Zodiakalsternbilder hinter der Sonne. So erklärt sich die astrologische
Zuordnung der Tierkreiszeichen zum jeweiligen Monat.
Analog verhält es sich mit den Planeten, nur haben sie andere Umlaufzeiten um die Sonne, so
dass sie unregelmäßig in den Tierkreiszeichen stehen ("Häuser"). Eine Besonderheit zeigt
hier der größte Planet Jupiter, der gerade mit dem höchsten Gott vieler Religionen assoziiert
ist: er besitzt eine Umlaufzeit von 12 Jahren, also exakt der Zahl 12 der Zodiakalsternbilder
entsprechend. Daher steht er in jedem Jahr genau in einem neuen Tierkreiszeichen und wandert
besonders majestätisch durch das Band der Ekliptik.
Der Südhimmel
Ein Blick auf den Globus zeigt, dass die südliche Hemisphäre der Erde eine größere
Wasseroberfläche aufweist als die nördliche. Etwa 70% der Erdoberfläche besteht aus dem
Wasser der Ozeane Pazifik, Atlantik und Indischem Ozean. So verwundert es kaum, dass
nach der Benennung und prosaischen Verdichtung des Nordhimmels durch die zivilisierte Welt
seit der Antike schließlich die südliche Himmelshemisphäre von den Seefahrern in der
Neuzeit erobert wurde. Dies kann man an den Namen der Sternbilder des Südhimmels
heute noch ablesen: dort tummeln sich beispielsweise die Magellanischen Wolken
("Kapwolken"), benannt nach dem portugiesischen Seefahrer Fernao de Magalhaes
(1480 - 1521). Sie sind allerdings kein Sternbild, sondern Namen von irregulären
Galaxien, die sich mit der Milchstraße, dem Andromedanebel und vielen Zwerggalaxien
in der lokalen Gruppe befinden. Darüber hinaus findet man einen Sextant (Gerät
zur Messung von Winkelabständen, wie in der Navigation gebräuchlich), ein Teleskop,
ein Mikroskop, einen Schiffskompass aber auch Tiere.
Eines der wenigen mythologischen Sternbilder ist das Schiff (international
Carina), das Bezug nimmt auf das Schiff Argo mit dem Iason mit seinen
Mannen, den Argonauten, auszog, um das Goldene Vlies zu finden. Mithilfe der zauberkundigen
Königstochter Medeas gelang ihm das auch, weil sie den Drachen, der das Vlies
bewachte, einschläferte. Die enge Bindung zwischen Seefahrt und Sternenhimmel ist nahe liegend:
Die Seefahrer waren abhängig von den Sternen, nutzten sie sie doch nachts zur Navigation auf
den Ozeanen.
Das Pendant zum Kleinen Bären (Ursa Minor) am Nordhimmel, das zirkumstellare
Sternbild, das von der verlängerten Erdachse nahe dem Polarstern Polaris (oder
Stella Polaris) durchstoßen wird und daher den nördlichen Himmelspol fixiert, heißt
am Südhimmel Kreuz des Südens (Crux).
Während Polaris nur 55 Bogenminuten (fast ein Grad) vom Himmelsnordpol entfernt ist und damit dem
nördlichen Beobachter ziemlich genau den Fixpunkt des rotierenden Nordhimmels anzeigt, gibt
es am Südhimmel keinen Stern im Kreuz des Südens, der diese Funktion ausfüllen könnte.
Infolge der Präzession der Erde variiert der Polarstern in historischen Zeiträumen: ab
dem Jahr 2100 wird sich der Himmelsnordpol von Polaris entfernen und im Jahr 5300 n.Chr.
beim Stern Alderamin (Sternbild Cepheus) und 12 000 n.Chr. beim Stern
Wega in der Leier (Lyra) liegen. Übrigens: entgegen der weit verbreiteten
Vorstellung ist Polaris nicht der hellste Stern am Himmel, im Gegenteil: er ist mit
einer visuellen Helligkeit von 2.2mag eher unauffällig. Das einzig besondere an ihm
ist seine aktuelle Nähe zum Himmelspol. Bei den Azteken hieß Polaris Mixcoatl, benannt
nach dem aztekischen Gott, der das erste Feuer mit einer Art schnell rotierenden Bohrer machte.
Dieser Vorgang wurde mit dem rotierenden Firmament assoziiert, nur Polaris blieb ein
Fixpunkt und wurde daher mit diesem Gott identifiziert.
In der türkischen Astronomie hieß der Polarstern Yilduz und wurde im Stern
Delta Ursa Minoris gesehen. Dessen heutiger Eigenname lautet daher Yildun, und er
war dem tatsächlichen Polarstern sehr nahe.
Prolog zur Sternenschau
Bevor wir einige Sternbilder näher unter dem Aspekt ihrer Mythologie betrachten wollen,
möchte ich die Spannung halten, indem wir einen Blick auf die Ereignisse werfen, bevor
es dunkel wird.
Der Taghimmel zeigt bei klarer Sicht das wohlvertraute Himmelsblau. Aber warum ist
der Himmel eigentlich blau? Diese scheinbar simple Frage ist gar nicht so trivial und
erfordert ein bisschen Kenntnisse der Physik, um sie adäquat zu beantworten: die Atmosphäre
ist gar kein so ruhiger Ort, wie es erscheint. In Wahrheit geht es dort recht turbulent zu.
Neben den wohlvertrauten Turbulenzen in der Troposphäre, die Wetter und Klima hervorrufen,
gibt es in den darüber liegenden Schichten ebenfalls Aktivität:
Strahlung und Teilchen verschiedenster Gattung, Masse, Ladung und Energie dringen ständig
ein und wechselwirken miteinander. Die Strahlung wird an den Luftteilchen und Aerosolpartikeln
(Staub, Ruß etc.) gestreut. Eine besondere Form ist die Rayleigh-Streuung. Hierbei
ist der Radius der streuenden Teilchen viel kleiner als die Wellenlänge des gestreuten Lichts.
Beim Rayleigh-Streuvorgang fällt die Intensität gestreuten Lichts mit der vierten Potenz in
der Wellenlänge ab, so dass höhere Wellenlängen (das rote Ende des Spektrums) geringere und
kleinere Wellenlängen (blaues Licht) höhere Intensität haben, nachdem gestreut wurde. Dieser
Streuvorgang geschieht bei den enorm großen Zahlen an Materie- und Lichtteilchen in der
Atmosphäre sehr häufig. Außerdem ändert sich die Einfallrichtung des Lichts durch Streuung:
gestreute, blaue Strahlung wird in mehr oder weniger alle Richtungen (isotrop) gleich gestreut,
während rote Strahlung kaum gestreut/abgelenkt wird. Einerseits entstehen auf diese Art und
Weise Morgen- und Abendrot, weil das rote Licht bei tiefstehender Sonne leichter ins
Auge des Beobachter gelangt: es wird kaum abgelenkt. Andererseits wird aber auch, bei hoch
stehender Sonne der Rotanteil der Strahlung durch Rayleigh-Streuung unterdrückt bzw. "heraus
gestreut", und der Blauanteil bleibt schließlich übrig. Außerdem wird blaues Licht in alle
mögliche Richtungen gestreut, rotes nicht. Daher erscheint uns der Himmel gleichmäßig blau.
Die Aerosolpartikel sind viel größer als die Luftteilchen, so dass hier eine andere Domäne,
die Mie-Streuung Anwendung findet. Hier ist die Potenz im Abfallgesetz der Intensität
nicht -4, sondern größer. Außerdem wird die Streuung in Vorwärtsrichtung bevorzugt
(anisotrop). Der weniger starke Abfall bei der Mie-Streuung hat eine weniger starke
Unterdrückung des Rotanteils des Himmelslichts zur Folge. Bei vielen Aerosolpartikeln in der
Atmosphäre, wie nach einem Vulkanausbruch, erscheint der Himmel daher fast weiß, weil alle
Farben relativ gleiche Intensitäten nach der Mie-Streuung haben. Die Sonnenauf- und -untergänge
erscheinen hingegen besonders purpurrot.
Schön anzusehen ist das Farbspiel der Dämmerung, wenn die Rayleigh-Streuung
einen Farbverlauf von blau über gelb zu rot am Horizont zeigt. Als Dämmerung bezeichnet man
die Zeit zwischen Taghelligkeit und Nachtdunkelheit, wo noch keine Sonnenscheibe am Horizont
zu sehen ist. Ihre Länge hängt von der Neigung der Sonnenbahn zur Horizontlinie ab, eine
Größe, die auf der geographischen Breite variiert. Man kennt zwei Extreme: am Äquator (kleine
geographische Breite, nämlich null) ist diese Neigung ein rechter Winkel, so dass hier die
Dämmerung extrem kurz ist. Verschwindet die Sonne am Horizont, wird es auch sehr schnell
dunkel. An den Polen (hohe geographische Breite, 90°) wiederum ist die Neigung sehr flach, und
die Dämmerung kann sehr lange dauern. In hohen geographischen Breiten, genauer gesagt zwischen
Polarkreis und Pol, gibt es zudem das Phänomen der Mitternachtssonne und Polarnacht.
Die Neigung der Ekliptik ist dafür verantwortlich, dass in diesen Zonen tagelang die Sonne nicht
untergehen bzw. aufgehen kann. Im Extremfall kann am Pol die Nacht daher 179 Tage und der "Tag"
186 Tage dauern!
Die Dämmerung selbst hat ebenfalls physikalische Ursachen,
die mit Streuprozessen zusammenhängen: obwohl die Sonnenscheibe nicht direkt sichtbar ist,
gelangt Strahlung von ihr zum irdischen Beobachter der Nachtseite, weil sie in der Atmosphäre
durch diffuse Streuung abgelenkt wird. Man unterscheidet je nach Tiefe der Sonne unterhalb des
Horizonts verschiedene Dämmerungen: bürgerliche Dämmerung (bis 6.5°), nautische Dämmerung
(bis 12°) und astronomische Dämmerung (bis 18°), die eine "maximale Dunkelheit" festlegt.
Es gibt aber noch andere Belege für die turbulente Atmosphäre: Ein besonders aufregendes und
farbenfrohes Ereignis sind die Polarlichter. Hier treffen Teilchen aus dem Sonnenwind
auf Teilchen in der Atmosphäre und regen diese zum Leuchten an (Elektronenübergänge in den
Atomschalen). Warum geschieht dies nur an den Polen? Das hängt mit der Magnetosphäre der Erde
zusammen: das Magnetfeld der Erde gleicht einem riesigen Dipol mit trichterförmigen
Äquipotentialflächen an (magnetischem, nicht geographischem!) Nord- und Südpol. Somit werden
die geladenen Teilchen, die von der Sonne kommen, vornehmlich schnelle Elektronen und
Protonen, am Magnetfeld in geringen geographischen Breiten geblockt, aber auch an die Pole
geleitet. Hier können sie in die Atmosphäre eindringen und mit der Luft wechselwirken. Je
nach Element bzw. Molekül (Stickstoff, Sauerstoff etc.) resultiert eine charakteristische
Farbe des Polarlichts.
Streifzug durch die Mythologie
Die Mythologie als eine Fundgrube für Erzählungen, Sagen und Fabeln verschiedener Völker ist
in vielerlei Hinsicht eine studienwürdige Disziplin. Sie verrät uns heute noch sehr viel über
Gesellschaftsbild, Wertvorstellungen, Rituale und Wunschvorstellungen längst vergangener Kulturen.
Modern gesprochen ist die Mythologie ein Abbild der Psyche, Soziologie, Ethnologie und Ethologie
von menschlichen Gesellschaften.
Der direkte Bezug zur Astronomie liegt auf der Hand: die Bezeichnungen vieler Himmelsobjekte
tragen die Namen bekannter Sagengestalten und Sagenobjekten vieler Mythologien. Der Mensch hat
uralte Geschichten an den Himmel projiziert. Dafür mag es verschiedene Motivationen geben:
einerseits hat es einen pragmatischen Aspekt, weil man sich die Stellung von Himmelsobjekten
besser merken kann (um sie später wiederaufzufinden), wenn man die ungeordneten Lichtpunkte in
einer Gesamtschau wahrnimmt und mit Bildern assoziiert. Andererseits kann in einem psychologischen
Aspekt in dieser Projektion auch eine Projektion von Wünschen und Träumen an die Himmelssphäre
gesehen werden. Ein auf jeden Fall nachgewiesener Aspekt ist religiöser Natur: der Himmel wurde in
vielen polytheistischen Kulturen als der Sitz ihrer Götter angesehen. Es liegt deshalb nahe den
Anblick des Himmels mit göttlichen Szenerien zu verknüpfen.
Diese frühgeschichtliche Prägung hat bis in unsere heutige, moderne und aufgeklärte Zivilisation
überdauert. Zwar ist der romantisch verklärte Blick ein wenig verblasst, weil die Naturwissenschaften
erstaunlich viele Aussagen über die physikalische Natur des Himmels, dessen Entwicklung und sogar
Entstehung machen können. Doch die Faszination bleibt, auch - vielleicht erst recht - beim Astronomen.
Nach dieser kleinen Motivation werden wir daher eine kleine Reise durch ausgewählte Sternbilder unter
astronomischen und mythologischen Gesichtspunkten unternehmen.
Die Plejaden
Beginnen wir mit einem recht bekannten Himmelsobjekt, den Plejaden. Der Volksmund kennt
sie als Siebengestirn oder Gluckhenne, im Messier-Katalog haben sie die
Bezeichnung M45. Die Plejaden sind in der modernen Astronomie kein eigenes Sternbild,
sondern Bestandteil des Tierkreiszeichens Stier (Taurus). Astronomisch gesehen,
handelt sich um einen offenen Sternhaufen, also einen lockeren Verbund einiger Sterne, die
einen gemeinsamen Konvergenzpunkt haben. Sie bewegen sich demnach alle in eine bestimmte
Richtung und bilden tatsächlich auch physisch eine Gruppe. Morphologisch unterscheiden sich
offene Sternhaufen sehr deutlich von den Kugelsternhaufen. Letztere haben eine kugelige
Gestalt, wo zum Zentrum hin die Zahl der Sterne zunimmt. Außerdem bestehen Kugelsternhaufen
aus deutlich mehr Sternen, etwa 100 000. Während die Verteilung der offenen Sternhaufen in der
Milchstraße zufällig ist, sitzen die Kugelsternhaufen im galaktischen Halo. So bezeichnet man
die sphäroide Randregion der galaktischen Scheibe. Kugelsternhaufen gehören zu den ältesten
Objekten einer Galaxie! Offene Sternhaufen sind viel jünger. In länger belichteten, optischen
Aufnahmen kann man sogar das interstellare Medium (ISM) erkennen, in das die Sterne des offenen
Haufens eingebettet sind und aus dem sie entstanden sind. Die Strahlung der jungen Sterne wird
häufig an diesem Material reflektiert und bildet Reflexionsnebel, die man auch in den Plejaden
beobachtet.
Mit bloßem Auge kann man etwa sieben Sterne erkennen, meist mehr. Daher rührt die weitläufige
Bezeichnung Siebengestirn. In der griechischen Mythologie, dargestellt in Ovid's
Metamorphosen, sind sieben Sterne der Plejaden (oder Pleiaden) die Töchter des Titanen
Atlas und der Meernymphe Pleione. Sie tragen die Namen Alkyone, Elektra, Kelaino, Maia,
Merope, Sterope und Taygete. Zeus soll die Töchter an den Himmel versetzt haben, weil
Orion (assoziiert mit einem bekannten Wintersternbild des Nordhimmels) ihnen
nachstellte und Zeus sie damit schützen wollte. Allerdings verband sich Zeus selbst (wie so
häufig in den Mythen) mit einer der Töchter, der Bergnymphe Maia. Aus dieser Verbindung ging
der Götterbote Hermes (von den Römern transkribiert zu Merkur) hervor.
Die Plejaden werden auch häufig als die Sieben Jungfrauen oder Jungfrauensterne
bezeichnet (Hesiod). Das Bild der Gluckhenne, das häufig in der Konfiguration der Plejaden-Sterne
gesehen wird, stammt aus der Bibel (Hiob) und existiert auch im russischen Raum (Nasedha).
In der babylonischen Astrologie nannte man die Plejaden Sebettu. Dieses Wort aus der
akkadischen Sprache Babyloniens bzw. Assyriens (Akkad, Stadt in Mesopotamien) bedeutet
"Die Sieben" und bezieht sich auf die sieben bösen und die sieben guten Dämonen. Gut und
Böse ist ein ganz altes Schema der Babylonier und hat gewissermassen seine Wurzeln in Mesopotamien,
dem Zweistromland zwischen Euphrat und Tigris, dem heutigen Irak. Geschichtlich ist diese frühe
Weltkultur in die Zeit zwischen 4000 und 300 v.Chr. anzusiedeln. In den Plejaden sah man nun die
sieben bösen Dämonen, die den Mond verhüllten und damit Mondfinsternisse verursachten und Menschenblut
tranken wie Vampire. Sie unterstützen den babylonischen Pestgott Erra. Die sieben guten Dämonen
hingegen sollen die Antagonisten darstellen und waren die Söhne des sumerischen Gottes
Enmescharra, dem Herrn göttlicher Gesetze und Kräfte.
Ursa Major - Die Große Bärin!
Der Große Bär bzw. ein Bestandteil dieses riesigen Sternbildes des Nordhimmels,
der Große Wagen ist wohl das bekannteste Sternbild überhaupt! Zusammen mit seinem
kleinen Bruder, dem Kleinen Bären bzw. Kleinen Wagen, bildet er eine Konfiguration,
die dem nördlichen Himmelspol besonders nahe ist. Der Kleine Wagen enthält den Polarstern
Polaris, um den alle nördlichen Sternbilder rotieren. Aufgrund der Nähe zum Pol gehen
diese beiden Sternbilder nie unter, d.h. kommen nie unter den Horizont für Beobachter der
nördlichen Breiten. Diese Eigenschaft nennt man zirkumpolar.
Die griechische Mythologie dieses Sternbildes, wiederum dargestellt in Ovids
Metamorphosen ist sehr lehrreich. Dem Lateinkundigen wird zunächst die weibliche Form
des Bären im internationalen Namen auffallen: Ursa Maior, also eigentlich
"Große Bärin". Diese - im Deutschen verloren gegangene - Bezeichnung hat ihre Wurzeln in
der Griechischen Mythologie: Kallisto (heute gebräuchlich für einen der Galileiischen Monde
des Planeten Jupiter) war die Tochter des Königs Lykaon von Arkadien. Sie hatte sich der
Jagdgöttin Artemis (römisches Pendant Diana) angeschlossen, die den Hamadryaden
(Baumnymphen) vorstand. Diese Nymphen hatten ewige Jungfräulichkeit geschworen. Doch Kallisto
("die Schönste") war besonders hübsch und dieser Schönheit erlag Zeus, der sie verführte. Als die
Schwangerschaft nicht mehr zu verbergen war, wurde Kallisto von den Baumnymphen verstoßen.
Hera (bei den Römern Juno genannt), gleichsam Schwester und Gattin von Zeus, verfolgte
schon immer argwöhnisch die zahllosen Liebschaften ihres Gatten. Der Treuebruch mit Kallisto
erzürnte sie so sehr, dass sie die Nebenbuhlerin in eine Bärin verwandelte. Jahre später
hätte Kallistos Sohn Arkas sie (in Bärengestalt) fast mit einem Speer durchbohrt. Um dies
zu verhindern, versetzte Zeus die Protagonisten an den Himmel: der Sohn jagt der Bärin immer noch
als Bärenhüter (nördliches Sternbild Bootes) mit seinen Jagdhunden Chara und
Asterion (Sternbild Canes Venatici, die Jagdhunde) hinterher. Dieses Schauspiel
können wir als nördliche Antipoden heute noch mit den Griechen verfolgen: die genannten Sternbilder
sind zirkumpolar und gehen nie unter! Sie erfüllen den Fluch Heras und rasen ewig um den Himmelspol.
Zeta Ursa Maioris oder auch Mirak bzw. Mizar genannt ist ein Stern zweiter Größe und
bildet zusammen mit dem bekannten Stern Alkor einen visuellen Doppelstern. Man findet beide
am Knick der Deichsel des Wagens. Alkor heißt auch "Reiterlein" oder "Augenprüfer" und ist
nur vierter Größe. Er kann bei gutem Sehvermögen leicht mit bloßem Auge von Mizar getrennt
werden.
Das Sternbild Ursa Major hat auch eine kosmologische Bedeutung erfahren: im Jahre 1995 wurde
eine besonders dunkle Himmelsregion mit wenig hellen Vordergrundsternen im Großen Bären
ausgewählt, um mit dem Weltraumteleskop Hubble eine sehr lang belichtete, optische
Aufnahme zu machen. An zehn aufeinanderfolgenden Tagen (von 18. bis 28. Dezember) wurden 342
Einzelaufnahmen gemacht. Solche langbelichteten Aufnahmen nennt man Tiefenfeldbeobachtungen oder Deep Fields,
weil man dabei besonders tief ins Universum schaut und schwache Quellen auftauchen, die in der Regel
auch viel weiter entfernt sind. Mit bloßem Auge erschien diese Region ziemlich leer und
unscheinbar. Doch die resultierende Aufnahme, die man seither Hubble Deep Field North (HDF-N)
nennt zeigt eine Fülle von Details: der visuell scheinbar leere Raum ist voll von Galaxien aller
möglichen Formen! Die Aufnahme zeigt wenig schwache Sterne, dafür eine große Menge ganzer
Sternsysteme, jedes mit einer Anzahl von Sternen in der Größenordnung um 100 Milliarden! Mit
solchen Fotografien kann man in der Kosmographie Statistik betreiben und die Galaxien nach
Entfernung bzw. Alter, Morphologie und Helligkeit klassifizieren. Diese Statistiken haben in
der Kosmologie eine große Bedeutung, zeigen sie doch, wie das Universum zu früheren Zeiten
aussah, weil man mit jeder weit entfernten Galaxie auch in eine frühere Epoche des Universums
schaut. Seitdem wurde viele solcher 'Deep Fields' gemacht und weitere werden sicher folgen,
um eine bessere Statistik zu haben. Unter anderem gibt es nun ein Hubble Deep Field South (HDF-S)
und ein Fors Deep Field (FDF), wobei letzteres mithilfe des Spektrographen FORS (Focal Optical
Reducer Spectrograph) am Very Large Telescope (VLT) in den Chilenischen Anden gemacht wurden. An
diesem Großprojekt ist die Landessternwarte Heidelberg maßgeblich beteiligt. Das FDF zeigt
eine Region nahe am galaktischen Südpol und ist die tiefste Aufnahme des Himmels, die bisher
bodengebunden gemacht wurde!
Virgo - Die Jungfrau
Virgo, die Jungfrau, ist ein Tierkreiszeichen und in vielerlei Hinsicht ein interessantes
Sternbild. Einerseits ist die Mythologie reich an uralten Metaphern und Schemata menschlicher
Kultur, andererseits tummeln sich in diesem Sternbild unzählige Galaxien, wie an keinem anderen
Ort des Sternenhimmels. Nicht zuletzt deshalb ist die Live-Betrachtung dieses Sternbildes ein
Faszinosum.
Der vielzitierte Hades, die griechische Unterwelt und der Totengott selbst (im Römischen
Pluto genannt), war selbst Sohn der Titanen Kronos und Rhea und damit ein
Bruder Zeus', Heras, Demeters und Poseidons. Die Geschwister teilten die Reiche gewissermaßen unter
sich auf: Zeus herrschte mit Hera im Olymp, Poseidon beherrschte die Meere und Hades blieb die
Unterwelt.
Hades raubte Demeter (römisch Ceres), der Göttin der Fruchtbarkeit und der
Erde, die Tochter namens Persephone (lat. Proserpina). Sie wurde damit zur Göttin
der Unterwelt. Ceres suchte sie verzweifelt und fand sie auch, doch Hades verweigerte
es, sie gehen zu lassen. Schließlich befahl Zeus, dass Persephone einen Teil des Jahres in
der Unterwelt und den anderen Teil bei ihrer Mutter zu verbringen
habe. In dieser Allegorie schließt sich auf wunderbare Weise die Analogie zur babylonischen Astronomie:
sie sahen im Sternbild der Jungfrau eine Kornähre, die ebenfalls einen Teil des Jahres unter der Erde
und einen Teil darüber verbringt.
Alpha Virginis ist der Hauptstern des Sternbildes und heißt Spica, die Kornähre. Oft trägt
die Jungfrau Persephone diese Kornähren als Zeichen der Fruchtbarkeit in den Händen, wie Kupferstiche
zeigen.
Die Jungfrau wird aber auch mit der Göttin der Gerechtigkeit, Iustitia genannt, in Verbindung
gebracht. Wie allgemein bekannt, wird diese mit verbundenen Augen ("blinde Gerechtigkeit")
einer Waage ("abwägen") und einem Schwert ("richten") dargestellt. Im "Eisernen Zeitalter", als die
Gerechtigkeit missachtet wurde, soll die Jungfrau in Gestalt der Dike, der Personifikation der
Gerechtigkeit, an den Himmel geflohen sein. Der Anblick der Jungfrau soll dann den friedfertigen
Bauern Trost gespendet haben.
Vom astronomischen Standpunkt birgt die Jungfrau eine Besonderheit, den Virgo-Haufen. Dies
bezeichnet einen Supergalaxienhaufen, dessen Zentrum 23 Mpc (75 Millionen Lichtjahre) entfernt ist.
Das Licht, das uns heute von dort erreicht wurde also zu einem Zeitpunkt ausgestrahlt, als auf der Erde
die Dinosaurier lebten! Diese enorme Ansammlung vieler Galaxien
wechselwirkt gravitativ außerordentlich stark mit anderen Haufen, wie der lokalen Gruppe, also dem
viel kleineren Galaxienhaufen, in dem sich auch die Milchstraße befindet. Als Folge davon bewegt
sich die lokale Gruppe auf den Virgo-Haufen zu. Das Zentrum des Virgo-Haufens bildet eine riesige,
elliptische Radiogalaxie mit der Messier-Bezeichnung M87. Diese birgt wiederum in ihrem Zentrum
das größte supermassereiche Schwarze Loch, das man bisher kennt: es hat drei Milliarden
Sonnenmassen angesammelt (zum Vergleich: für das Zentrum der Milchstraße vermutet man eines
mit etwa drei Millionen Sonnenmassen, assoziiert mit der hellen Radioquelle Sgr A*)!
Leo - Der Löwe
Dieses Sternbild steht in Verbindung mit dem Nemeischen Löwen, der auf der griechischen Halbinsel Peleponnes sein
Unwesen getrieben haben soll. Eurystheus, König Argos, verlangte von dem römischen Helden Herkules
(ebenfalls ein Sternbild des Nordens, s.u.) bzw. dem griechischen Pendant Herakles diese Bestie zu töten.
Es war eine der zwölf großen Aufgaben Herakles', die eigentlich unlösbar waren und die von Eurystheus aufgetragen
wurden. Das Fell des Ungetüms glich eher einer Rüstung aus Metall und Stein. Da seine Pfeile am nahezu unverwundbaren Löwen
abprallten, erwürgte Herakles den Löwen mit bloßen Händen. Dann zog er dem Löwen mit dessen eignen, scharfen Krallen das Fell
ab. Häufig sieht man daher Herkules in Darstellungen mit diesem Fell und einer Löwentatze am Körper tragend.
Alpha Leonis ist der Stern Regulus, der "kleine König", vermutlich mit einem Bezug zum König Eurystheus.
Denebola oder Beta Leonis bezeichnet den Schwanz des Löwen und Gamma Leonis oder Iuba dessen Mähne.
Letzterer ist ein visueller Doppelstern. Duhr oder Delta Leonis kennzeichnet den Rücken des Löwen.
Das Sternbild Löwe war in sehr vielen Kulturkreisen verbreitet. Der babylonische Name des Löwen ist Aru, der türkische Name
Artan, der jüdische Arye, der persische Ser und der syrische Aryo. Alle diese Kulturkreise liegen in
oder nahe Mesopotamien, dem Zweistromland zwischen Euphrat und Tigris. Der Löwe ist ein Symbol für die Sonne, Feuer und Hitze. In
der ägyptischen Kultur trat das Uferübertreten des Nils und die lebenswichtige Versorgung mit Wasser in der Region gerade dann ein,
wenn die Sonne im Sternbild des Löwen stand. Die griechische und römische Kultur übernahm diese Assoziation von Wasser und Löwe, so
dass man in Thermen und Brunnen dieser Kulturen häufig Löwenskulpturen antrifft, z.B. Löwenmäuler, aus denen Wasser rinnt.
Herkules - Der heldenhafte Halbgott
Diese Gestalt, in der griechischen Mythologie Herakles genannt, ist vermutlich die bekannteste griechische Sagengestalt,
weil man sie aus zahlreichen Verfilmungen kennt. Herakles ist eine Heldenfigur und ging aus einer Verbindung Zeus mit Alkmene
hervor. Alkmene war die Enkelin eines anderen griechischen Helden, Perseus, der die Medusa erlegte und ebenfalls als nördliches
Sternbild den Himmel ziert.
In einer der häufigen Verwandlungen des Zeus (daher die Metamorphosen) trat er diesmal in der Gestalt des Gatten von Alkmene
auf, Amphitryon. So wurde der Halbgott Herakles geboren, der mit besonderer körperlicher Kraft ausgestattet war. Zeus gelang es
wohl seiner eigentlichen Gattin Hera Herakles an die Brust zu legen. Er sog die Milch mit solcher Kraft, dass ihn Hera abstieß
und die Milch an die Himmelssphäre spritzte. So soll der Sage nach die Milchstraße entstanden sein. Daraus erklärt sich auch
etymologisch der Begriff Galaxie (grch. galaktos, "Milch").
Natürlich wissen wir heute, dass uns das Band der Milchstraße nur deshalb so am Himmel erscheint, weil besonders viele Sterne in der
galaktischen Ebene unserer heimatlichen Spiralgalaxie liegen. Wir sind selber Teil der galaktischen Ebene und blicken aus ihr heraus an
die gesamte Himmelssphäre, so dass wir ein Band dieser Ebene am Himmel projiziert sehen. Der milchige, visuelle Eindruck kommt daher,
weil besonders viele Sterne dicht beieinander stehen, die wir nicht mehr einzeln mit bloßem Auge auflösen können.
Aufgrund des Betrugs, stand erwartungsgemäß Herakles Hera (römisch Juno) nicht besonders nahe. Daher erhielt durch ihr geschicktes Lenken auch Eurystheus,
den wir schon beim Sternbild des Löwen kennen lernten die Königswürde. Die zwölf Heldentaten des Herakles waren gerade die zwölf an sich
nicht zu bewältigenden Aufgaben, die ihm von Eurystheus aufgetragen wurden. Diese ruhmreichen Geschichten sind großteils am
Sternenhimmel dokumentiert: so finden wir nicht nur den Nemeischen Löwen als Tierkreiszeichen (Leo), sondern auch den riesigen
Krebs (Cancer), den Herakles in den Sümpfen bekämpfte; die Wasserschlange Hydra (die Lernäische Schlange), die er ebenfalls
tötete. Den Adler (Aquila), der dem an einen Felsen geketteten Prometheus die ständig nachwachsende Leber fraß, erlegte Herakles
durch einen Pfeil (Sternbild Sagitta). Damit erlöste Herakles ihn von seinem Fluch. Auch der rasende Stier (Taurus), der
die Insel Kreta heimsuchte und von Herkules bezwungen wurde, ist vertreten. Eine Aufgabe bestand auch darin, die Äpfel der Hesperiden
zu beschaffen, deren Genuss ewige Jugend versprach. Die Hesperiden waren die Töchter des Riesen Atlas, dem Träger des Himmelsgewölbes,
der zusammen mit einem furchterregenden, hundertköpfigen Drachen Ladon (Sternbild Draco zwischen Großem und Kleinem Wagen)
den kostbaren Baum tief im Westen der Welt bewachte. In der Antike waren übrigens die Sterne des Kleinen Wagens die Flügel des Drachen.
Der zuvor von Herakles gerettete Prometheus riet ihm, nicht selbst die goldenen Früchte zu pflücken. Herakles gelang es den Riesen Atlas
zu überzeugen, dies für ihn zu übernehmen. Aber dafür musste er für Atlas einspringen und das ganze Himmelsgewölbe tragen! Atlas tötete
den Drachen, pflückte die Äpfel seiner Töchter und brachte die Früchte Herakles. Aber das angenehm freie Gefühl ohne die Last des
Himmels auf den Schultern gefiel Atlas, und er wollte das Gewölbe nicht mehr tragen. Nur durch eine List gelang Herakles, dass er den
Himmel doch wieder trug, und so war auch diese Aufgabe erledigt.
Sicherlich sind die Geschichten um die anderen, hier nicht dargestellten Sternbilder mindestens ebenso interessant. Ovids
Metamorphosen bilden diesbezüglich eine angemessene Informationsquelle. Aber auch gerade die Mythen anderer, beispielsweise
indianischer Kulturkreise sind noch weit weniger bekannt, als die griechische Mythologie. Deren Behandlung
würde jedoch den Rahmen dieses Essays sprengen. Ich verweise auf Literatur, die ich unten erwähne. Die hier beschriebenen Sternbilder
sollen nur einen Ausschnitt der Möglichkeiten bieten, die ein tieferes Studium eröffnet.
Epilog zur Sternenschau
Dieses Essay soll einige Grundlagen der Astronomie vergegenwärtigen und das Bild nachskizzieren,
das sich der zunehmend aufgeklärte Mensch vom Himmel machte. Über Mystifizierung, Erzählung,
Katalogisierung, Entmystifizierung und Aufklärung folgte der Mensch einem Urinstinkt: seine
Umgebung zu hinterfragen.
Die Mythologie der Sterne ist - wie schon dieser kurze Kompilation zeigt - sehr vieldeutig.
Viele unterschiedliche Geschichten koexistieren schon innerhalb eines Kulturkreises, wie
die griechische Mythologie zeigt und erst recht wenn man die Bilder und Geschichten verschiedener
Kulturkreise heranzieht. Nichtsdestoweniger gibt es in dieser Diversität eine Gemeinsamkeit: der
Mensch macht sich Bilder, bettet sie in Geschichten ein und überliefert sie als Legenden
und Mythen von Generation zu Generation. Auch wenn sie selbst eher einen märchen- oder
sagenhaften Charakter haben und von Phantasiewesen und phantastischen Heldentaten berichten,
so sind sie doch Abbild menschlicher Psyche und Kultur. Damit ist auch der Sternenhimmel ein
Spiegel der Gesellschaft und besonders interessant für Historiker und Soziologen.
Weiterhin soll dieses Essay den ästhetischen und erkenntnisbefruchtenden Sinn für den
Nachthimmel wecken, sofern er nicht schon vorhanden ist. Die Auseinandersetzung mit der
Himmelssphäre ist viel mehr, als dass sie "nur" naturwissenschaftlich auf dem Terrain
der Kosmologie und Astrophysik geführt werden könnte. Dieser Aspekt ist sicherlich ungemein
interessant, führt jedoch in eine globalere Perspektive, die das Menschsein per se hinterfragt.
Der Sternenhimmel führt uns über die Astronomie zur Religion, zu Gott und zu uns selbst.
Anmerkung:
Viele hier erwähnte Begriffe der Astrophysik können in meinem Online-Lexikon
nachgeschlagen werden.
Literatur
- Gerhard Fasching: Sternbilder und ihre Mythen, Springer-Verlag (1994)
- Max Camenzind: Vorlesungsskript Einführung in die Astronomie und Astrophysik (1998)
- Schülerduden, Die Astronomie, Meyers-Lexikonverlag (1989)
- diverse Lexika der Bertelsmann-Reihe
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© Andreas Müller, August 2007
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