News: So eng wie möglich
Wer identische Kugeln stapeln soll, wählt automatisch die sogenannte kubisch flächenzentrierte Anordnung : Die unterste Schicht besteht aus Reihen, die gegeneinander um einen Kugelradius versetzt sind. Die Objekte der zweiten Lage werden auf die entstandenen Hohlräume gesetzt, so daß jede Kugel auf drei anderen zu liegen kommt. Im Jahre 1611 beteuerte Johannes Kepler, daß dies Arrangement am raumsparendsten sei. Carl Friedrich Gauß konnte im 19. Jahrhundert die Behauptung für Stapel verifizieren, bei denen die Kugelmitten ein regelmäßiges Gitter bilden. Die Frage, ob eine unregelmäßige Anordnung eine höhere Dichte ermögliche, blieb offen.
László Fejes Tóth reduzierte die Keplersche Vermutung 1953 auf eine gewaltige Rechenaufgabe, die auch Spezialfälle umfaßte, und schlug später vor, Computer zur Lösung des Problems einzusetzen. Schließlich arbeitete Hales eine vierstufige Strategie aus, mit welcher sich dieser Ansatz implementieren ließ.
Einer der wesentlichen Schritte gelang dem Doktoranden Samuel L.P. Ferguson, der bewies, daß unregelmäßige Anordnungen, die von einem pentaedrischen Prisma ausgehen, weniger dicht sind als kubisch flächenzentrierte Packungen. Die von ihm benutzten Techniken waren auch bei den weiteren Arbeitsgängen hilfreich.
Der gesamte Beweis umfaßt mehr als 250 Seiten, und das Computerprogramm belegt zusammen mit seinen Daten drei Gigabyte Speicherplatz. Hale hat verschiedene Programmiertechniken benutzt, um die Genauigkeit seiner Rechnungen sicherzustellen. Außerdem machte er sich Gedanken über die Gefahr, daß fehlerhafte Computerchips oder unsaubere Compilierung seine Bemühungen sabotieren könnten. Zur Sicherheit schrieben sowohl er als auch Ferguson weitere Programme, die besonders wichtige Schritte nachprüften.
Hales Kollegen zeigten sich in ersten Stellungnahmen überzeugt. John H Conway von der Princeton University meint: "Hales hat alles sorgfältig dokumentiert, so daß ein Prüfer, der Zweifel an einem bestimmten Punkt hat, einfach in die Dateien schauen und es nachprüfen kann." Doch er räumt ein: "Das Problem mit solchen Beweisen ist ihre Länge, nicht die Nutzung des Computers. Ein langer Beweis ist zwangsläufig schwächer als ein kurzer, einfach weil es so viel mehr Stellen gibt, an denen Patzer passieren könnten." Er fügt hinzu: "Ich sehe keinen Grund, warum es nicht einen sehr kurzen Beweis geben sollte, der völlig andere Ideen einbringt. Und ich riskiere die Vermutung, daß es einen gibt."
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