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News: Aus Großmutters Schatzkiste

Es gibt alte Hausmittel, deren Wirksamkeit in einem bestimmten Anwendungsgebiet bei manchen Patienten erstaunlich ist. Amerikanische Wissenschaftler haben in einer langfristig angelegten Studie Hinweise dafür gefunden, daß eine 70 Jahre alte Diät eine Alternative für solche epileptische Kinder bietet, die nicht auf die Behandlungsmethoden der modernen Medizin ansprechen.
Die Effektivität der ketogenen Diät bei Epilepsie wurde schon durch Studien an vielen Institutionen über mehrere Jahrzehnte hinweg bestätigt. Nach Aussage der Forscher des Johns Hopkins Children's Center ist ihre Untersuchung jedoch die erste, welche tatsächlich den Wirkungsgrad der Diät belegt. "Unsere Studie zeigt, daß trotz neuer und verbesserter Medikamente gegen Krämpfe auf dem Markt, die ketogene Diät immer noch eine mögliche Option für Kinder mit schwierig zu behandelnder Epilepsie ist", sagt John M. Freeman vom Johns Hopkins Children's Center.

Die ketogene Diät wurde ursprünglich in den zwanziger Jahren an der Johns Hopkins University und an der Mayo Clinic entwickelt, um Anfälle bei Epilepsiepatienten zu dämpfen – also zu einem Zeitpunkt vor dem Erscheinen moderner Anti-Krampf-Medikamente. Sie erfordert eine exakte und sorgfältige Messung aller Lebensmittel. Der hohe Fett- und niedrige Kohlenhydratanteil der Diät führt zu einer sogenannten Ketose. Dieser Zustand tritt auf, wenn der Körper, weil nur eine begrenzte Menge an Glucose zur Verfügung steht, das durch die Diät angelieferte Fett verbrennt. Ketone, die Produkte, die nach dem Verbrennen von Fett übrigbleiben, reichern sich im Blut an und hemmen epileptische Anfälle. Die genaue Wirkungsweise ist allerdings immer noch unbekannt.

Ungefähr 2,5 Millionen Menschen leiden an Epilepsie. Etwa 20 Prozent der betroffenen Kinder haben schwer zu kontrollierende Anfälle, die ihre Lebensqualität beeinträchtigen. Die Ergebnisse einer prospektiven Studie an 150 Kindern, die an schwer kontrollierbarer Epilepsie leiden, werden in der Dezemberausgabe 1998 von Pediatrics (Abstract) beschrieben. Zu Beginn der Studie traten bei den Kindern durchschnittlich 410 Anfälle pro Monate auf. Nach Behandlungen mit durchschnittlich sechs Anti-Krampf-Medikamenten konnte keine Besserung festgestellt werden. Innerhalb eines Jahres folgten 55 Prozent dieser Patienten einer ketogenen Diät. Sie wurden dabei ein Jahr oder länger beobachtet. Bei mehr als der Hälfte dieser Patienten reduzierte sich die Anzahl der Anfälle um 50 Prozent oder mehr. Bei einem Viertel wurde sogar eine Verbesserung von 90 Prozent festgestellt.

"Gelegentlich beteiligen sich Kinder, die an unkontrollierbaren Anfällen leiden, an der Diät, bleiben zwei Jahre lang frei von Anfällen und bleiben es sogar, nachdem sie die Diät beendet haben. Sie müssen also nie wieder Medikamente einnehmen", erläutert Freeman. "Irgendetwas wurde geheilt. Wenn wir wüßten, was nun wie geheilt wurde, dann wüßten wir vielleicht, wodurch Epilepsie verursacht wird."

Nach Ansicht von Freeman sollte die ketogene Diät aber nicht die Behandlung erster Wahl für Kinder mit Epilepsie darstellen. 70 Prozent der epileptischen Kinder können ihre Anfälle medikamentös unter Kontrolle halten. Für diejenigen, deren Anfälle nicht mit Medikamenten zu behandeln sind, ist allerdings die Diät eine sehr effektive Alternative. Freeman mahnt jedoch, daß die Diät aufgrund möglicher Nebenwirkungen nur unter kontrollierten Bedingungen angewandt werden sollte, unter angemessener medizinischer und ernährungswissenschaftlicher Überwachung. Zu Beginn der Diät werden Patienten gewöhnlich für mehrere Tage in ein Krankenhaus eingewiesen.

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