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News: Der Zahn der Zeit unter der Lupe

Hochmoderne Technik hilft Restaurateuren und Archäologen gleichermaßen bei der Arbeit. Oftmals kommt es gerade bei sehr geringen Stoffmengen oder empfindlichen und seltenen Fundstücken darauf an, die Probe zerstörungsfrei zu analysieren. Britische Wissenschaftler nutzen das Verfahren der sogenannten Fourier-Transformations-Raman-Spektroskopie, um Aufschlüsse über Zusammensetzung und Verwitterungserscheinungen alter Substanzen oder historischer Objekte wie beispielsweise mittelalterliche Wandmalereien zu erhalten. Damit kann eine sachgerechte Restaurierung ermöglicht werden.
Unter den Untersuchungsobjekten der Wissenschaftler von der University of Branford befinden sich unter anderem gefärbte Kirchenglasscheiben aus dem 12. Jahrhundert, alte englische Kirchenmauern, mittelalterliche Wandmalereien aus Spanien und prähistorische Felsmalereien aus Nordamerika. Unter Leitung von Howell Edwards, dem Leiter der Abteilung für Chemie und Chemietechnologie, verwenden sie dafür die sogenannte Fourier-Transformations(FT)-Raman-Spektroskopie, eine zerstörungsfreie Technik, mit der die chemische Zusammensetzung der verwendeten Stoffe ermittelt werden kann.

Dieses Verfahren kombiniert zwei Methoden: die Infrarotspektroskopie und die Ramanspektroskopie. Die Raman-Spektroskopie nutzt den von Chandrasekhara Venkata Raman 1928 entdeckten Effekt der inelastischen Streuung von Licht an Materie. Strahlung, die von Molekülen gestreut wird, enthält Photonen mit derselben Frequenz wie das eingestrahlte Licht, besitzt aber auch Anteile, bei denen die Frequenz der Photonen geändert oder verschoben ist. Dieser Effekt ist nur sehr gering – er betrifft etwa eines aus einer Million gestreuter Photonen –, trotzdem ist Raman-Spektroskopie seit Ende der dreißiger Jahre die beherrschende Methode für zerstörungsfreie chemische Analysen. Bei modernen Analysemethoden wird Laserlicht verwendet, um die Probe anzuregen. Das emittierte Licht wird dann von einem Detektor gemessen. Es weist zwei Charakteristika auf: die Frequenz der ausgesendeten Strahlung und die Intensität der Emission. Das Raman-Spektrum einer Substanz erhält man, wenn man die Abstände der einzelnen Raman-Linien von der Anregungslinie in Abhängigkeit von ihrer Intensität aufträgt. Bei der Infrarotspektroskopie dagegen wird die Wechselwirkung zwischen der Infrarotstrahlung und der Probe ermittelt, indem die von der Probe absorbierten Frequenzen und deren Intensitäten gemessen werden. Raman- und Infrarotspektren sind zwar vergleichbar, aber nur teilweise identisch, da beide Methoden für unterschiedliche chemische Bindungsarten empfindlich sind.

Die Fourier-Transformation kommt über ein Interferometer ins Spiel. Dieses ermöglicht eine gleichzeitige Messung aller individuellen Frequenzen dadurch, daß es deren Intensitäten moduliert, bevor diese vom Detektor registriert werden. Ein Computer wandelt die gemessene Intensitätsverteilung mit dem mathematischen Prozeß der Fourier-Transformation in ein Spektrum um. Erst dann sind die Meßdaten aussagekräftig genug, um die Zusammensetzung der Probe zu identifizieren zu können.

Die Wissenschaftler untersuchten farbiges Glas des 12. und 19. Jahrhunderts aus dem Southwell Minster in Nottinghamshire. Mit der neuen Technik waren die Forscher in der Lage, nachzuweisen, daß unverändert das Pigment Roter Ocker zum Färben verwendet worden war – anders als bei anderen historischen Stätten. Bei der Winchester Cathedral stellte sich das ursprünglich als Roter Ocker identifizierte Pigment als eine Mischung aus Rotem Ocker und Zinnoberrot heraus. Außerdem konnte den Historikern und Restaurateuren wichtige Informationen über den Grad der Zersetzung der Stoffe geliefert werden, was für Ausbesserungen und Renovierungen von besonderer Wichtigkeit ist.

Howell nutzte die FT-Raman-Spektroskopie auch für die Untersuchung empfindlicher Objekte. Zusammen mit Fernando Rull von der Universidad de Vallodolid in Spanien analysierte er die mittelalterlichen Fresken und Wandmalereien spanischer Kirchen und Klöstern, wie zum Beispiel im Convento de la Perigrina Sahagun aus dem 13. und dem Basconcillos del Tozo aus dem 14. Jahrhundert. In letzterem wurden vor drei Jahren Malereien entdeckt, die bislang noch keinen Restaurationen oder Veränderungen ausgesetzt waren.

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