News: Wie geschaffen für diese Aufgabe
Doch so einfach, wie sich das anhört, ist die ganze Sache nicht. Das Virus muss zunächst in die Zelle eindringen können, und es muss anschließend dafür sorgen, dass seine DNA auch wirklich in die DNA der Wirtszelle integriert wird – denn sonst schlägt die Therapie fehl. Keiner der bisher bekannten viralen Vektoren erfüllt beide Aufgaben zufriedenstellend. Bruce Baum und seine Kollegen vom National Institute of Dental and Craniofacial Research in Bethesda, Maryland, haben nun jedoch einen Hybriden aus zwei unterschiedlichen Viren konstruiert, der für diese Aufgabe tatsächlich 'wie geschaffen' zu sein scheint.
Die Wissenschaftler gingen von einem Adenovirus aus, dem Erreger der ganz normalen Erkältung. Sie beraubten es seiner krankheitsauslösenden Gene, damit es keine Immunantwort mehr provoziert und auch nicht mehr infektiös ist. Adenoviren sind sehr erfolgreich, wenn es darum geht, in die Zelle einzudringen, und sie lassen sich problemlos im Labor vermehren. Aber sie können sich den Weg in den Zellkern von ausdifferenzierten, unteilbaren Zellen nicht erzwingen. Und genau diese sind in der Regel das Ziel in der Gentherapie.
Retroviren dagegen haben Schwierigkeiten, überhaupt in die Zelle zu gelangen, und sie lassen sich auch im Labor nicht so gut kultivieren – aber sie sind Meister darin, den Zellkern zu erobern und ihre DNA ins Erbgut der Wirtszelle einzubauen. Deshalb schleusten die Forscher verschiedene genetische Elemente eines Retrovirus in das Adenovirus ein. Um zu sehen, wie erfolgreich der Hybrid seine Arbeit leistet, fügten die Wissenschaftler auch noch das Gen für Luciferase hinzu, ein in Glühwürmchen vorkommendes Enzym, das Zellen leuchten lässt.
Die Forscher erprobten ihren neuen Vektor an Kulturen von Human- und Rattenzellen, und es stellte sich heraus, dass das Luciferase-Gen in 15 Prozent der Zellen tatsächlich in die DNA der Wirtszelle integriert wurde. Eine derart hohe Erfolgsquote erreichen Adenoviren allein nicht (Nature Biotechnology vom Februar 2000).
Obwohl das Hybrid-Virus keine therapeutischen Gene enthielt, ist es der bisher vielversprechendste Auftakt, meint Charles Link vom Iowa Methodist Medical Center in Des Moines. Der Vorteil sei, dass das neue Virus weniger genetisches Material von Retroviren enthält als die vorherigen Ansätze und so mehr Platz für vorteilhafte Gene bietet.
Siehe auch
- Spektrum Ticker vom 22.10.1999
"Ein künstliches Vermächtnis"
(nur für Ticker-Abonnenten zugänglich) - Spektrum Ticker vom 15.10.1999
"Ein Opfer für die Wissenschaft" - Spektrum Brennpunkt-Thema vom 9.12.1999
"Keine Wunder, aber Fortschritte" - Spektrum der Wissenschaft 10/97, Seite 50
"Gentherapie: Viren als Vehikel"
(nur für Heft-Abonnenten online zugänglich)
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