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News: Des Zappelphilipps stilles Zentrum

Hyperaktivität ist relativ weit verbreitet: Das Syndrom taucht in jedem Land und in jedem Kulturkreis auf, zwischen drei und rund neun Prozent der Kinder im Schulalter sind davon betroffen. Unklar ist bislang die Ursache der Störung, vieles deutet jedoch auf einen physiologischen Ursprung hin. Jetzt entdeckten Wissenschaftler in Amerika eine Ruhezone im Gehirn hyperaktiver Kinder, das entsprechende Areal in den Gehirnen der Vergleichsgruppe zeigt hingegen eindeutig Aktivität. Mit Medikamenten kann man diese Region auch bei den Zappelphilipps künstlich stimmulieren.
Hyperaktive Menschen kommen kaum zur Ruhe. Kinder mit diesem Syndrom fallen mitunter durch erhöhte Reizbarkeit, schlechtes Konzentrationsvermögen und ständigen Bewegungsdrang auf. Diese Symptomatik kann bis ins Erwachsenenalter bestehen bleiben. In einigen Fällen scheint die Verhaltensstörung erblich bedingt, aber die exakte Ursache ist noch immer unbekannt. Ältere Studien zeigten, dass es hyperaktiven Kindern offenbar im Bewegungszentrum der Basalganglien – genauer im Streifenkörper oder Striatum, das Bewegungen kontrolliert – am Neurotransmitter Dopamin mangelt.

Martin Teicher und seine Kollegen vom McLean Hospital in Belmont, Massachusetts, und der Harvard Medical School in Boston entwickelten ein bildgebendes Verfahren auf Basis der magnetischen Kernresonanz (NMR für nuclear magnetic resonance) weiter. Mit dem neuen System untersuchten sie elf Jungen mit Hyperaktivitäts-Syndrom und sechs ohne Auffälligkeiten.

In der April-Ausgabe von Nature Medicine berichten die Forscher, dass sie in den Gehirnen der Hyperaktiven einen Bereich, das so genannte Putamen, identifizieren konnten, der kaum Aktivität zeigt – verglichen mit den NMR-Bildern der sechs übrigen Kinder. Demzufolge hängt das Aktivitätsniveau der Probanden von der Aktivität ihres Putamen ab, folgern die Neurowissenschaftler.

Daraufhin gaben sie einigen der hyperaktiven Jungen das Medikament Ritalin, das standardmäßig zur Minderung der Symptome eingesetzt wird. Und obwohl die Hirnaktivität sich nicht in allen Fällen messbar veränderte, steigerte Ritalin die Putamen-Aktivität auf ein normales Niveau, sodass die schlimmsten Symptome gelindert wurden.

"Dies ist die erste Arbeit, die eine Medikation mit einer Veränderung der Hirnaktivität in Zusammenhang bringt", kommentiert der Psychologe Steven Hinshaw, von der University of California in Berkeley, die Arbeit. Er hält die Weiterentwicklung des bildgebenden Verfahrens für einen wichtigen Fortschritt, um zukünftig die verschiedenen Typen der Hyperaktivität bestimmen zu können.

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