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News: Kein Platz für Morgenmuffel

Wenn Hunderte von Spinnen in einer Kolonie zusammenleben und jede morgens ein Netz bauen möchte, kann man sich leicht vorstellen, dass dies zu einigen Auseinandersetzungen führen kann. Doch die Tiere lösen das Problem trotz aller Konkurrenz gewaltfrei: Wer zuerst baut, kann sich den besten Platz aussuchen. Langschläfer dagegen müssen sich mit dem begnügen, was übrigbleibt. Das sei all denen mit auf den Weg gegeben, die morgen wieder in Hergottsfrühe zur Arbeit müssen, wenn sich andere noch einmal im Bett umdrehen können.
Bei einigen Tierarten ist die soziale Hierarchie strikt festgelegt. So zeigen zum Beispiel Bienenkolonien eine feste Aufteilung in Königinnen, Arbeiterinnen und Soldaten. Spinnen sind dagegen sehr viel offener. Sie legen nach Meinung des Zoologen George W. Uetz von der University of Cincinnati, der schon seit 20 Jahren mit koloniebildenden Spinnen arbeitet, eine geradezu "egalitäre Einstellung" an den Tag.

Gemeinsam mit Kollegen von der Cornell University wollte er die Frage klären, "wie die Tiere sich um günstige Plätze zum Netzbau streiten, ohne sich gegenseitig die Köpfe einzuschlagen". Daher untersuchten sie das Verhalten der Spinnenart Metepeira incrassata, die in Mexiko heimisch ist und in Gruppen von hundert bis tausend Individuen zusammenlebt. Aber trotz aller Geselligkeit "brauchen sie auch ein eigenen 'Privatraum', wo sie ihr Netz spinnen können," erklärt die Entomologin Linda S. Rayor.

"Wir hatte erwartet, dass die Spinnen jeden Morgen nach dem Aufwachen um einen günstigen, sicheren Platz in der Mitte der Kolonie kämpfen würden," sagt sie. "Aber nichts der gleichen geschah." Die großen Spinnenweibchen lösen den Konflikt sehr friedfertig und völlig gewaltfrei nach dem Motto: Wer zuerst kommt, mahlt zuerst. Das Tier, das sich am frühesten an die Arbeit macht, kann sich auch den besten Platz aussuchen (Animal Behaviour vom Mai 2000).

Aber ganz so in Ordnung, wie es den Anschein haben mag, ist die Welt der Spinnen doch nicht. Denn diese Fairness trifft nicht für alle Tiere gleichermaßen zu. Die Wissenschaftler konnten beobachten, dass größere Spinnenweibchen kleinere schikanierten und vom Netzbau abhielten, wenn sie selbst noch nicht fertig waren. Die Großen bedrohten die unterlegenen Individuen, indem sie sich auf deren Seidenfäden setzten und solange schaukelten, bis die Kleinen Angst bekamen und vom Netzbau abließen. Und die fleißigen, früh aufstehenden Tiere mussten dann – nur auf Grund ihrer geringen Körpergröße – mit ansehen, wie die Großen die besten Plätze belegten.

"Ein Nachteil des späten Netzbaus ist, dass die Tiere weniger Beute machen können", erläutert Rayor. "Aber die mittelgroßen und kleinen Spinnen haben keine Chance gegen die Großen. Sie verzichten daher auf physische Konfrontationen und geben den von ihnen gewählten Platz bereitwillig auf." Mit dem Egalitarismus der Spinnen ist es also auch nicht weit her. Offenbar sind auch bei ihnen manche Tiere doch gleicher als andere.

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