Direkt zum Inhalt

News: Dem Tau-Neutrino eine Falle gestellt

Schon lange fragten sich Physiker, ob sie es wohl jemals zu Gesicht bekommen würden. Die Rede ist von dem Tau-Neutrino, das entweder mit ganz geringer Masse, oder sogar masselos, bisher unbemerkt durchs Universum fliegt. Da es auch keine Ladung besitzt und somit nicht den Wechselwirkungen unterliegt, hatten Physiker bei ihrer Jagd nach dem mysteriösen Elementarteilchen bislang ihre liebe Not. Selbst die raffiniertesten Experimente verließ das Tau-Neutrino, ohne Spuren zu hinterlassen. Doch damit ist es nun vorbei, denn das bisher nur theoretisch vermutete Teilchen existiert tatsächlich.
An der Schwelle des 20. Jahrhunderts dachten die Physiker noch, dass Atome die kleinsten nicht mehr teilbaren Bausteine aller Stoffe seien. Doch dann entdeckten sie den Atomkern mit den positiven Protonen und den neutral geladenen Neutronen, sowie die sich darum bewegenden negativen Elektronen. Aber auch mit diesen Teilchen war das Unteilbare noch nicht erreicht: Mit den Quarks, den Leptonen und den Feldquanten fanden Physiker wohl die Fundamentalbausteine der Materie.

Bereits 1930 schlug der Nobelpreisträger Wolfgang Pauli die Existenz von neutralen Teilchen vor, die später den Namen Neutrino – das kleine Neutrale – erhielten. Sie sind die ungeladenen Partner zu den geladenen Leptonen. So gehört das Elektron-Neutrino zum Elektron, das Myon-Neutrino zum Myon und zum Tauon sollte es ein Tau-Neutrino geben, zumindest theoretisch. Doch bisher entging das Tau-Neutrino immer wieder den hartnäckigen Fallen der Physiker, da es mit anderen Teilchen kaum wechselwirkt. Es ist fast masselos, besitzt keine Ladung und fliegt somit unbemerkt durchs Weltall. "Sie schweben durch den Raum, durch Wände, durch Planeten und werden niemals langsamer", staunt der Nobelpreisträger Leon Ledermann.

Physiker vom Fermi National Accelerator Laboratory haben nun den ersten direkten Beweis erbracht, dass das Tau-Neutrino wirklich existiert. Dazu haben sie einen Strahl aus Neutrinos auf eine sandwichartige Konstruktion aus Eisen, Plastik und Emulsionsschichten gerichtet. Wenn sehr viele Tau-Neutrinos aus dem Neutronenstrahl auf einen Eisenkern treffen, dann produziert eins davon vielleicht seinen Partner – das Tau-Lepton. Dessen Spur kann in der Emulsionsschicht verfolgt werden, die eine Art dreidimensionaler fotografischer Film ist. Denn das entstandene Tau-Lepton ist nicht stabil, sondern zerfällt auf seiner Reise durch die Schichten aus Plastik und Eisen in einzelne Teilchen. Diese aber hinterlassen auf den zwischengeschalteten Emulsionsschichten ihre Spuren. "Die Signatur eines Tau-Leptons ist eine Spur mit einem Knick, der auf den Zerfall des Leptons kurz nach seiner Enstehung hinweist", sagte Palone von der University of Pittsburgh.

"Es ist wirklich wichtig zu sehen, dass dieses Ding tatsächlich existiert und dass es sich so verhält, wie wir erwartet haben", sagte Phil Yager, Physiker an der University of California in Davis. Und es wurde auch langsam Zeit, dieses winzige Teilchen nachzuweisen, denn sein Partner, das Tauon wurde schon vor 25 Jahren entdeckt. Und so freuen sich bestimmt nicht nur die 54 Physiker aus vier Ländern gemeinsam über den gelungenen ersten Nachweis des kleinen Teilchens.

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.