News: Ein neues Modell zur Prionenfaltung
Bisher sind sich die Forscher darüber uneinig, wie der Zusammenbau der Prionenmoleküle von statten geht, obwohl sich im Laufe der vergangenen vierzig Jahre mehrere Modelle nebeneinander entwickelten. Die allgemein gültige Vorstellung geht zumindest in Hefen von einer wichtigen Rolle einer spezifischen Einheit des Proteins aus. Hierbei soll dieser Proteinbereich dafür verantwortlich sein, dass die Ablagerungen aus einzelnen Proteinelementen wächst: Entweder durch den Zusammenbau an einer Schablone, oder indem sie sich an einem "Kern" sammeln – wie Kristalle sich an einen Kristallationskeim anlagern.
Anhand der Prionen aus Hefe hat das Team von Susan L. Lindquist von der University of Chicago nun ein zusätzliches Modell aufgestellt. In Zusammenhang mit dem Prozess der Zusammenlagerung untersuchte es sowohl die Geschwindigkeit der Anlagerung als auch den Effekt der Konzentration. Doch die veränderte Form der Prionen schien unabhängig von der vorhandenen Konzentration zu sein. "Diese Fehlen von Konzentrationsabhängigkeit war sehr ungewöhnlich", sagte Lindquist. "Wenn wir nicht drei Leute im Labor gehabt hätten, die die gleichen Experimente machten und zu den selben Ergebnissen kamen, dann hätte ich es nicht geglaubt."
Die Wissenschaftler schlagen nun ein völlig neues Modell vor. Hierbei bewegen sich die löslichen Prionen frei von einer Gestalt in die andere, ohne sich festzulegen und den richtigen Weg finden, sich zu falten. Findet aber eine Gruppe dieser schwankenden Proteine räumlich zueinander, dann schaffen sie sich ihre eigene, abgekapselte Umgebung, in der sie sich richtig falten können. Es müssen nur einige Proteine den Anfang machen – die nachfolgenden orientieren sich dann an diesen "Vorbildern" und hängen sich an, sodass sich eine lange Kette bildet: die amyloiden Fasern (Science vom 25. August 2000. Die Anhäufung der Proteine ist so fragil, dass sie wieder auseinander fallen, je länger sie werden. Dies könnte auch eine Erklärung dafür liefern, warum höhere Konzentrationen keinen positiven Einfluss auf die Geschwindigkeit des Faserzusammenbaus haben.
Lindquist und ihre Kollegen wollen in der Zukunft ihr Augenmerk auch auf andere Proteine richten, die sich als Amyloide ablagern. "Meine Vermutung ist, dass es eine Klasse von Amyloid-formenden Proteinen gibt, die diese Tendenz haben, in Lösung zufällig als Spiralen vorzukommen", sagt Lindquist. In diese Gruppe könnten auch die Proteine gehören, die bei der Alzheimerischer Krankheit auftreten.
Siehe auch
- Spektrum Ticker vom 28.7.2000
"Prionen brauchen keine Hilfe"
(nur für Ticker-Abonnenten zugänglich) - Spektrum Ticker vom 12.7.2000
"Prionen im Vergleich"
(nur für Ticker-Abonnenten zugänglich)
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