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News: Ein heißer Rekord für kleine Röhrchen

Schon seit einigen Jahren stehen Nanoröhrchen in den Startlöchern, die Welt der Technik zu revolutionieren. Doch bislang wissen die Ingenieure noch nicht so recht, wie sie die winzigen Strukturen aus Kohlenstoff einsetzen sollen. Dabei entdecken Wissenschaftler ständig neue faszinierende Eigenschaften: Nanoröhrchen sind stärker als Stahl und leiten den elektrischen Strom je nach Wunsch so gut wie ein Halbleiter oder wie ein Metall. Und nun stellt sich auch noch heraus, dass sie die größte Wärmeleitfähigkeit aller bekannter Materialien besitzen.
In der Technik geht es oft heiß her: Motoren fangen an zu glühen, in Mikrochips treiben die herumflitzenden Elektronen die Temperaturen in die Höhe und Flugzeugflügel reiben sich an den Luftmolekülen. Was dringend benötigt wird, ist ein Material, das entstandene Hitze schnell von den empfindlichen Strukturen wegleiten kann: ein guter Wärmeleiter. Und da gibt es nach Meinung von John E. Fischer und Alan T. Johnson von der University of Pennsylvania nichts besseres als Nanoröhrchen (Science vom 8. September 2000).

Diese kleinen Strukturen sind tausendmal dünner als ein menschliches Haar und dennoch hundertmal fester als Stahl. Sie bestehen aus reinem Kohlenstoff, dessen Atome fest miteinander zu hohlen Röhrchen verbunden sind. Das macht sie recht starr, und dementsprechend hoch ist die Schallgeschwindigkeit in Nanoröhrchen mit etwa 10 Kilometern pro Sekunde. So schnell tragen die Wellen auch Wärmeenergie mit sich, stellten die beiden Physiker fest. Dabei leitet jedes Röhrchen die Hitze nur in seiner Längsrichtung, ohne an benachbarte Filamente in einem Bündel Energie abzugeben. "Wissenschaftler hatten vorhergesagt, dass zwei- oder dreidimensionale Anordnungen von Kohlenstoff-Nanoröhrchen den hitzetragenden Schallwellen gestatten würden, sich in alle Richtungen zu zerstreuen. Dadurch würde die thermische Leitfähigkeit stark reduziert", sagt Fischer. "Doch unsere Experimente zeigten, dass selbst innerhalb eines Bündels von Nanoröhrchen die Schallwellen in erster Linie eindimensional bleiben."

Den Grund dafür sieht Johnson in schwachen intermolekularen Bindungen zwischen den Strukturen. "Sie können sich ein Bündel Nanoröhrchen fast wie einen Haufen trockener Spaghetti vorstellen", erläutert er. "Wenn Sie den Behälter schütteln, rutschen sie locker vor und zurück." Was gut für die Wärmeleitfähigkeit ist, wirkt sich zugleich schlecht auf die Stabilität aus. Zwar ist jedes Röhrchen für sich extrem fest, doch der mangelnde Zusammenhalt verhindert ein vereintes Wirken im Bündel. Nanomechaniker werden da anscheinend mit einem unerwarteten Problem konfrontiert.

Als Wärmeleiter könnten die Kohlenstoffröhrchen aber beispielsweise in kommenden Computergenerationen die Hitze von den schwer schuftenden Mikrochips ableiten. Eingebaut in Elektromotoren erlauben sie möglicherweise den Einsatz von Kunststoffen, die ansonsten bei der Arbeitstemperatur schmelzen würden. Es gibt mal wieder genug Ideen und denkbare Anwendungen. Fragt sich nur, wann wirklich die ersten Kohlenstoffwinzlinge den Weg in unseren Alltag finden.

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