News: Dinosaurier waren keine Giraffen
Roger Seymour von der University of Adelaide hat seit 24 Jahren nach den Faktoren gesucht, die bei Tieren die Größe der Herzen bestimmen. Er erkannte, dass für alle Tiere zwei Faktoren entscheidend sind: die Höhe des Kopfes über dem Herzen und der Umstand, ob die Tiere Warm- oder Kaltblüter sind. Beispielsweise hat die Giraffe einen außergewöhnlich hohen Blutdruck und ein sehr großes Herz, weil sie das Blut über den langen Hals bis zum Kopf transportieren muss. Vögel und Säugetiere haben ebenfalls relativ große Herzen, weil sie Warmblüter sind. Hingegen haben die kaltblütigen Reptilien einen niedrigeren Stoffwechsel, einen geringeren Blutdruck und kleinere Herzen. Bei den Dinosauriern ist es aber bisher nicht geklärt, ob sie zu Warm- oder Kaltblütern gehören.
"Wir haben bestimmt, dass die linke Herzkammer eines warmblütigen Barosaurus etwa 2 000 Kilogramm wiegen müsste, um das Blut bis zum Gehirn zu befördern", sagt Seymour. "Das ist aus wenigstens drei Gründen unmöglich: Erstens wäre es schwierig, solch ein riesiges Herz im Körper unterzubringen. Zweitens würde das Herz mehr Energie verbrauchen als der restliche Körper und drittens wären die Herzwände so dick und unbeweglich, dass sie mehr Energie verbrauchen würden, um sich selbst zu verformen, als um tatsächlich Blut zu befördern."
Daher sagt Seymour: "Wir räumen ein, dass die Tiere eine senkrechte Halshaltung gehabt haben und von einem kleinen Herzen mit Blut versorgt worden sein könnten. Aber nur dann, wenn sie einen niedrigen Stoffwechsel hatten, der für Reptilien typisch ist. Auch in diesem Fall müssten die Herzwände relativ dick und ineffizient für den Pumpvorgang gewesen sein." Er fügt hinzu: "Die Frage, ob Dinosaurier Warm- oder Kaltblüter waren, wird seid dreißig Jahren diskutiert, aber der Stoffwechsel von Sauropoden wird wohl nie bis zur Gänze bekannt werden. In jedem Fall erscheint es unwahrscheinlich, dass diese Tiere ihre Köpfe so hoch erheben konnten, wie es oft behauptet wird."
Diese Zweifel wurden auch schon 1999 in einer Untersuchung geäußert (Science vom 30. April 1999). Kent Stevens und Michael Parrish veröffentlichten damals die Ergebnisse eines Computerprogrammes, mit dem sie die Lage der Halswirbel von Sauropoden rekonstruiert hatten. Daraus ergab sich: Die Urtiere konnten ihre Hälse nicht wie Giraffen bewegen, sondern nur wie Kühe, die ihre Nahrung am Boden suchen.
Siehe auch
- Spektrum Ticker vom 18.11.1999
"Der Dinosaurier im Porzellanladen"
(nur für Ticker-Abonnenten zugänglich) - Spektrum Ticker vom 12.10.1998
"Wachstum auf der Überholspur"
(nur für Ticker-Abonnenten zugänglich)
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