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News: Schlüsselsubstanz für Ozon-Abbau erstmals gemessen

Atmosphärenphysiker haben in den polaren Stratosphärenwolken die lang gesuchten Salpetersäure-Kristalle aufgespürt. Mithilfe eines Teilchenanalysators ist es ihnen zum ersten Mal gelungen, einen entscheidenden Bestandteil in der Reaktionskette nachzuweisen, die zum Abbau von Ozon in der Atmosphäre führt: Salpetersäure-Trihydrate. Diese Kristalle verlängern die Aktivierung von Chlorverbindungen in polaren Stratosphärenwolken und verursachen dadurch dramatische Ozonverluste.
Während der Wintermonate bilden sich in 15 bis 25 Kilometern Höhe über der Antarktis und oft auch über der nördlichen Polarregion Stratosphärenwolken. Sie entstehen bei etwa minus 80 Grad Celsius durch Kondensation von Wasser und Salpetersäure an vorhandenen Schwefelsäure-Aerosolen. An den Oberflächen dieser Wolkenteilchen werden inaktive Chlorverbindungen chemisch so verändert, dass im Frühjahr nach Wiederkehr der Sonne starke Ozonverluste auftreten können, die schließlich zu einem Ozonloch führen.

Trotz ihrer großen Bedeutung für die Ozonchemie der polaren Stratosphäre gibt es bisher kaum chemische Analysen dieser Polarwolken: Dabei ist ihre Zusammensetzung, aber auch ihre Phase – ob flüssig oder fest – entscheidend für die Aktivierung von Chlorverbindungen. Allerdings ist der chemische Nachweis extrem schwierig: Die Teilchen in den Polarwolken reagieren außerordentlich empfindlich auf ihre Umgebungstemperatur. Sie können ihre Zusammensetzung verändern, wenn sie von einem Messinstrument erfasst werden.

Eine Ballongondel mit Instrumenten europäischer und amerikanischer Wissenschaftler ist am 25. Januar 2000 von Kiruna in Nordschweden aus zur intensiven Untersuchung von Polarwolken in die Stratosphäre aufgestiegen. In 20 bis 23 Kilometern Höhe wurden mehrfach Polarwolken durchkreuzt. Die zentralen Messungen wurden mit einem am Max-Planck-Institut für Kernphysik entwickeltem Teilchenanalysator, der eine chemische Analyse der fragilen Partikel ermöglicht, durchgeführt (Science vom 1. Dezember 2000). In den Tagen vor dem Ballonflug hatte sich über Nordskandinavien eine Kaltzone entwickelt, die zur Bildung von Teilchen in den Polarwolken führte.

Während des dreistündigen Ballonflugs wurden in den Wolken zum ersten Mal die schon lange vorhergesagten Trihydratkristalle der Salpetersäure gefunden. Diese Teilchen setzen sich aus drei Molekülen Wasser und einem Molekül Salpetersäure zusammen und können in der Atmosphäre bis zu sieben Grad über dem Gefrierpunkt von Eis existieren. An den Oberflächen solcher Teilchen laufen dann die chemischen Reaktionen ab, die zum Beispiel inaktive Chlorverbindungen wie Chlorwasserstoff oder Chlornitrat in aktives Chlor umwandeln. Neben den Trihydraten wurden während des Flugs auch in flüssiger Form Teilchen analysiert, die erstaunlicherweise bei sehr tiefen Temperaturen auftreten, besonders zahlreich sind und sehr viel Wasser enthalten.

Zusammen mit den an Bord befindlichen Messgeräten aus den USA, Italien, Frankreich und Dänemark ist zum ersten Mal in der polaren Stratosphäre zwischen 20 und 23 Kilometern Höhe eine bisher im Detail noch nicht erreichte Analyse von Teilchen in den Polarwolken gelungen. Die Daten aller Instrumente zeigen übereinstimmend die physikalischen und chemischen Eigenschaften der Teilchen. Ein weiteres wichtiges Ergebnis ist, dass die Komplexität der Teilchenbildung in der nordpolaren Stratosphäre weiter zugenommen hat: Noch nicht verstanden werden die Prozesse, die flüssige in feste, und viele kleine Teilchen in wenige große Polarpartikel verwandeln.

Auch in diesem Winter warten wieder zwei Gondeln mit neu kalibrierten Instrumenten in Kiruna auf Polarwolken. Mit einer verbesserten Nutzlast soll die Komplexität dieser ungewöhnlichen Wolkenteilchen weiter untersucht werden. Dieses Forschungsprogramm wird durch einen Kontrakt mit der EU und der amerikanischen 'National Science Foundation' unterstützt.

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