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Vergoldeter Einblick in die Urzeit
Vergoldeter Einblick in die Urzeit
Nicht nur Pflanzenteile, Pollen oder Insekten können in Bernstein gefangen werden – das klebrige Baumharz schließt tatsächlich auch Mikroben ein und lässt sie durch Versteinerung die Zeiten überdauern. Sie gewähren einen Blick auf die Mikrowelt des frühen Erdmittelalters und ihre Evolution.

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Phragmothyrites sp. | Zur Abteilung der Schlauchpilze (Ascomycetes) gehört die Gattung Phragmothyrites, von der die gezeigte Spore stammt (Längenmaß: 10 Mikrometer).

© Guido Roghi (Ausschnitt)
Bernsteintropfen aus den italienischen Dolomiten | Einer von mehreren tausend Bernsteintropfen aus der Nähe von Cortina d'Ampezzo in den italienischen Dolomiten: Sie zählen mit 220 Millionen Jahren zu den ältesten bekannten Funden des versteinerten Baumharzes und bergen eine wissenschaftliche Sensation: Lebewesen im Mikroformat aus der Trias.

© Alexander Schmitt (Ausschnitt)
Urzeit-Alge | Alge ähnlich der heutigen Gattung Cosmarium: Die beiden kreisförmigen Chloroplasten (dunkel) sind zu erkennen. Insgesamt ist die Zelle ist nur 35 Mikrometer groß. Sie gilt als das bislang älteste bekannte Beispiel fossiler vegetativer Zellen von Grünalgen.

© Alexander Schmitt (Ausschnitt)
Amöbe mit Schale | Amöben sind ebenfalls mehrfach in den Bernsteinen vertreten - hier die Art Centropyxis hirsuta. Auch sie ist nur 35 Mikrometer groß und eines der ersten Zeugnisse nichtmariner Thekamöben, die ihre Hülle mit Fremdpartikeln (Diatomeenschalen, Sandkörner) oder selbst gebildeten, regelmäßig angeordneten Kieselplättchen verstärken.

© Alexander Schmitt (Ausschnitt)
Sporenbildender Pilz | Sporenbildender Pilz ähnlich der heutigen Gattung Ramularia - die Sporen sind zirka 5 Mikrometer groß. Wahrscheinlich entstanden die Bernsteintropfen in den feuchten Küstenregenwäldern am Nordrand des Tethysmeers aus den Harzen der altertümlichen Nadelbaumfamilie Cheirolepidiaceae. Die Kügelchen verfestigten sich aber wohl noch auf der Pflanze, bevor sie zu Boden fielen, denn die Forscher konnten keine Bodenorganismen nachweisen.

© Alexander Schmitt (Ausschnitt)
Und noch eine Amöbe | Eine weitere Schalenamöbe, deren heutiges Pendant die Gattung Difflugia wäre: Dieser Einzeller wurde gerade im Moment der Teilung eingeschlossen, wobei die die 25 Mikrometer große Mutterzelle oben zu sehen ist.
Insgesamt konnten Vertreter aller Abschnitte des mikrobiellen Nahrungsnetzes in den Tropfen ausgemacht werden - von Bakterien über fotosynthetisch aktive Algen, Protozoen als Konsumenten, Pilze als Resteverwerter bis hin zu Wimpertierchen und Amöben als Miniaturräuber.
Insgesamt konnten Vertreter aller Abschnitte des mikrobiellen Nahrungsnetzes in den Tropfen ausgemacht werden - von Bakterien über fotosynthetisch aktive Algen, Protozoen als Konsumenten, Pilze als Resteverwerter bis hin zu Wimpertierchen und Amöben als Miniaturräuber.

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Rohbernstein aus Peru | Goldene Funde aus dem mittleren Miozän präsentieren dagegen Naturforscher um Pierre-Olivier Antoinette vom Centre National de la Recherche Scientifique: Im Amazonasbecken im Nordosten Perus entdeckten sie Bernsteine mit vor etwa 14 Millionen Jahren eingeschlossenen Gliederfüßern und Mikrofossilien. Unter den Fundstücken befinden sich Individuen aus wenigstens zwölf verschiedenen Insektenfamilien, vier Spinnentierspezies, Cyanobakterien, Pilze, Süßwasseralgen und Sporen. Die durch das Baumharz konservierten Lebewesen und Lebenszeichen erzählen die Geschichte eines schon relativ modernen Regenwalds mit einem extrem hohen Artenreichtum an Pflanzen und Tieren.

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Coleoptera: Cucujoidea: Sphindidae | Dieser im Bernstein eingeschlossene Käfer gehört zur Familie der Staubpilzkäfer (Sphindidae). Die Käfer ernähren sich von Schleimpilzen, einer sehr ursprünglichen Lebensform, die aber bis heute überdauert hat. Sphindidae leben in Wäldern auf oder in den Pilzfruchtkörpern (Längenmaß: 0,6 Millimeter).

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Psocoptera, Familie unbestimmt | Ein zur Ordnung der Staubläuse (Psocoptera) gehörendes Insekt, von dem die Familie nicht bestimmt werden konnte, verfing sich ebenfalls im Harz (Längenmaß: 4 Millimeter).

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Diptera: Ceratopogonidae | Der Fund eines zur Familie der Bartmücken (Ceratopogonidae) gehörenden Weibchens lässt darauf schließen, dass das Klima im Amazonasbecken auch damals feucht war (Längenmaß: 0,7 Millimeter).

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Diptera: Chironomidae | Bei diesem Insekt handelt es sich ebenfalls um eine Mücke - diesmal eine männliche aus der Familie der Zuckmücken (Chironomidae). An Mücken schien es im peruanischen Amazonasgebiet des Miozän keinen Mangel gegeben zu haben, denn die Forscher identifizierten Vertreter von noch drei weiteren Mückenfamilien (Längenmaß: 1 Millimeter).

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Hemiptera: Aleyrodidae | Auch Mottenschildläuse (Aleyrodidae) gab es schon im Miozän - hier ist ein männliches Exemplar zu sehen (Längenmaß: 0,8 Millimeter).

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Arachnida: Acarina | Aus der Ordnung der Milben (Acarina) fanden die Wissenschaftler gleich drei Spezies (Längenmaß: 0,2 Millimeter).

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Eubacteria | Mikrofossilien wurden ebenfalls im Bernstein entdeckt: Hier zu sehen sind prokaryotische Eubakterien (Eubacteria).

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Nostocaceae | Eine mehrzellige, ungefähr 14 Millionen Jahre alte Cyanobakterien-Kolonie der Familie Nostocaceae: Cyanobakterien, früher auch als "Blaualgen" bezeichnet, können Fotosynthese betreiben wie Pflanzen, jedoch besitzen sie keinen Zellkern und werden von daher nicht mehr zu den Algen gezählt, sondern zu einer Abteilung der Bakterien (Längenmaß: 10 Mikrometer).

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Quilonia sp., pluricellate Sporen | Die Untersuchung der Bernsteine resultierte in der Entdeckung einer Vielzahl an Sporen und Pollen (über dreißig Typen, von denen viele vorher noch nie beschrieben waren). Hier handelt es sich um mehrzellige Sporen der fossilen Schimmelpilz-Gattung Quilonia, die den heutigen Alternaria ähneln (Längenmaß: 10 Mikrometer).

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Polycellulaesporonites sp., auch gefunden in modernen Alternaria Spezies | Sporen der Gattung Polycellulaesporonites, wie sie auch beim heutigen Alternaria-Schimmelpilz vorkommen (Längenmaß: 10 Mikrometer)

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Pluricellulaesporites sp. | Sporen der Gattung Pluricellulaesporites, einem Pilz (Längenmaß: 10 Mikrometer)

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Scenedesmus sp. | … und der Gattung Scenedesmus, einer Gürtelalge (Längenmaß: 10 Mikrometer)

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Frasnacritetrus sp. | Die abgebildete Spore hat vier Arme, obwohl hier nur zwei davon im Fokus sind. Sie stammt von einer bisher unbekannten Art der Gattung Frasnacritetrus (Subspezies Staurosporea). Dieser Pilz ist mit der heutigen Gattung Tetraploa verwandt, die an Blatt-, Stiel- oder Stammansätzen von Gräsern und manchen Bäumen wächst (Längenmaß: 10 Mikrometer).

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Phragmothyrites sp. | Zur Abteilung der Schlauchpilze (Ascomycetes) gehört die Gattung Phragmothyrites, von der die gezeigte Spore stammt (Längenmaß: 10 Mikrometer).

© Guido Roghi (Ausschnitt)
Bernsteintropfen aus den italienischen Dolomiten | Einer von mehreren tausend Bernsteintropfen aus der Nähe von Cortina d'Ampezzo in den italienischen Dolomiten: Sie zählen mit 220 Millionen Jahren zu den ältesten bekannten Funden des versteinerten Baumharzes und bergen eine wissenschaftliche Sensation: Lebewesen im Mikroformat aus der Trias.
Nicht nur Pflanzenteile, Pollen Insekten oder einzelne Wirbeltiere können in Bernstein gefangen werden – das klebrige Baumharz schließt tatsächlich auch Mikroben ein und lässt sie durch Versteinerung die Zeiten überdauern. Wissenschaftler um Alexander Schmitt vom Museum für Naturkunde der Humboldt-Universität Berlin haben nun in den italienischen Dolomiten eine Unmenge kleiner Bernsteintropfen entdeckt, die bereits vor 220 Millionen Jahren entstanden sind und damit zu den ältesten bekannten Funden gehören. Darin für die Nachwelt bewahrt: Bakterien, Pilze, Algen und Protozoen. Sie gewähren einen Blick auf die Mikrowelt des frühen Erdmittelalters und die Evolution dieser Gruppen, die seit damals offensichtlich nur geringe Veränderungen in ihrem Bau durchmachen mussten.
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