Der schlauste Vogel der Welt
Nette: Schon gehört, Alex ist tot.
Steve: Alex ist tot.
N: Sag ich doch. Der schlaue Papagei. Schlau und redselig.
S: Schlau und redselig.
N: Musst du mir alles nachplappern?
S: Muss ich nicht, kann ich aber. So wie Alex (Gott hab ihn selig!), der plappernde Graupapagei. Meinst du, der hat wirklich kapiert, was er mit seinem Vokabular von sage und schreibe 100 Wörtern so alles ausdrücken konnte? Bis zu 200 Ausdrücke soll er sogar verstanden haben. Oder war der bloß super dressiert?
N: Na ja, immerhin konnte er Objekte nach ihrer Farbe unterscheiden. Wenn du ihm ein gelbes und ein blaues Klötzchen hingehalten und gefragt hast, was der Unterschied ist, sagte er: »Farbe«. Daran scheitert manch dreijähriges Kind.
S: Schon, aber man weiß ja, wie das läuft. Tippt er einmal richtig, wird er belohnt, tut er's noch mal, wird er wieder belohnt – und schwupp versteht er vermeintlich gleich ganze Unterhaltungen aus dem Effeff. Aber über Tote soll man nicht schlecht reden ...
N: Natürlich hat Irene Pepperberg ihren Alex jahrelang trainiert. 19 Jahre lang, um genau zu sein. Und spätestens seit Sue Savage-Rumbaugh, die mit dem Bonobo Kanzi gearbeitet hat, wissen wir, dass Forscher ihren Schützlingen Erstaunliches entlocken können – und dann wie stolze Eltern überzeugt sind: MEIN Tier kann viel mehr, als ihr dachtet!
S: Ich fänd's auch toll, wenn Vögel und Affen es eigentlich faustdick zwischen den Ohren hätten, sich nur irgendwie nicht dazu aufraffen wollten, in abstrakter Zeichensprachen miteinander zu kommunizieren. Sieht man ja, zu welchem Kuddelmuddel das bei Homo sapiens führt, braucht man nur mal die Nachrichten anzuschalten. Aber bei Tierforschern mit so viel Sendungsbewusstsein sollte man doppelt kritisch auf die Schlussfolgerungen gucken.
N: Trotzdem hat Alex mitgeholfen, das Vogelhirn in der Achtung der Forscher steigen zu lassen. So einfach geht heute niemandem mehr der Satz über die Lippen, ein Vogel könne keine Kategorien bilden! Denn Alex konnte, zumindest nach Training und wenn wir annehmen, dass Pepperbergs Methode okay ist.
S: Wieso sind das eigentlich immer so seltene Einzelfälle von hochbegabten Alex' und Kanzis? Sind das einfach die wenigen Einsteins ihrer Spezies – oder könnte jeder ordinäre Zoohandlungspapagei auch parlieren, wenn er nur eine Chance bekäme?
N: Geschenkt, Steve. Es sind halt nun mal Einzeluntersuchungen. Ich fände es auch besser, wenn jeder Kognitionspsychologe zu Hause einen Vogel hätte, den er jeden Abend die Möbel durchzählen lässt ...
S: Dann hätten wir wenigstens Vergleichbarkeit über viele Vögel hinweg! Denn zählen konnte Alex wohl auch, immerhin bis sechs.
N: Hm, für spartanisch eingerichtete Kognitionspsychologen also eine Möglichkeit.
S: 31 Jahre war Alex alt, als er am 7. September gestorben ist. Hat Frau Pepperberg eigentlich schon einen neuen gefiederten Plauderer parat?
N: Steve, dir ist offenbar der Ernst der Lage nicht bewusst! Die »Alex Foundation« ist in Trauer! Hier www.alexfoundation.org kannst du ein Kondolenzschreiben absenden, wenn du willst. Da denkt man doch noch nicht über Neuanschaffungen nach!
S: Wow. Sorry, Alex, wenn du mich hören kannst, war echt nicht böse gemeint!
N: Braver Steve. Man trauert eben, wenn man ein geliebtes Haustier verliert. Und da sind wir wieder beim Punkt: Können geliebte Haustiere überhaupt gute Forschungsobjekte sein? Wird damit nicht die Objektivität der Untersuchung in Frage gestellt? Oder zeigt sich an Alex' Beispiel, dass gute Forschung nur machen kann, wer mit ganzem Herzen (und Tierliebe) dabei ist?
S: Bei den üblichen Laborexperimenten ist Tierliebe eher fehl am Platz. Umso schöner, dass es auch tierische Promi-Talker wie Alex gibt. Nur welche Schlüsse man aus ihrem Verhalten zieht, bleibt diskutabel.
N: Solche Forschung funktioniert eben nur durch starke Nähe zum Forschungsobjekt. Fazit: Ich plädiere tatsächlich stark dafür, dass sich jeder Wissenschaftler einen Bonobo, einen Graupapagei, einen klugen Raben und am besten noch ein Rudel Kleinkinder hält, damit wir endlich mal über die n=1-Forschung hinauskommen.
S: Ja, Hobbyforscher aller Länder, lest euren Lieben die Leviten, holt alles aus ihnen raus, damit ein für alle Mal klar ist: Tiere sind auch nur Menschen!
N: Übrigens, Steve, zum Thema Haustiere – schon »Life of Pi« (»Schiffbruch mit Tiger«) gelesen? Da erfährt man, wie man überlebt, wenn man sich nach einem Schiffbruch allein mit einem Bengalischen Tiger, einer Hyäne und einem Orang-Utan auf einem Rettungsboot wiederfindet, um einen herum nur der weite, weite Pazifik ... aber das ist ein anderes Thema.
Steve: Alex ist tot.
N: Sag ich doch. Der schlaue Papagei. Schlau und redselig.
S: Schlau und redselig.
N: Musst du mir alles nachplappern?
S: Muss ich nicht, kann ich aber. So wie Alex (Gott hab ihn selig!), der plappernde Graupapagei. Meinst du, der hat wirklich kapiert, was er mit seinem Vokabular von sage und schreibe 100 Wörtern so alles ausdrücken konnte? Bis zu 200 Ausdrücke soll er sogar verstanden haben. Oder war der bloß super dressiert?
N: Na ja, immerhin konnte er Objekte nach ihrer Farbe unterscheiden. Wenn du ihm ein gelbes und ein blaues Klötzchen hingehalten und gefragt hast, was der Unterschied ist, sagte er: »Farbe«. Daran scheitert manch dreijähriges Kind.
S: Schon, aber man weiß ja, wie das läuft. Tippt er einmal richtig, wird er belohnt, tut er's noch mal, wird er wieder belohnt – und schwupp versteht er vermeintlich gleich ganze Unterhaltungen aus dem Effeff. Aber über Tote soll man nicht schlecht reden ...
N: Natürlich hat Irene Pepperberg ihren Alex jahrelang trainiert. 19 Jahre lang, um genau zu sein. Und spätestens seit Sue Savage-Rumbaugh, die mit dem Bonobo Kanzi gearbeitet hat, wissen wir, dass Forscher ihren Schützlingen Erstaunliches entlocken können – und dann wie stolze Eltern überzeugt sind: MEIN Tier kann viel mehr, als ihr dachtet!
S: Ich fänd's auch toll, wenn Vögel und Affen es eigentlich faustdick zwischen den Ohren hätten, sich nur irgendwie nicht dazu aufraffen wollten, in abstrakter Zeichensprachen miteinander zu kommunizieren. Sieht man ja, zu welchem Kuddelmuddel das bei Homo sapiens führt, braucht man nur mal die Nachrichten anzuschalten. Aber bei Tierforschern mit so viel Sendungsbewusstsein sollte man doppelt kritisch auf die Schlussfolgerungen gucken.
N: Trotzdem hat Alex mitgeholfen, das Vogelhirn in der Achtung der Forscher steigen zu lassen. So einfach geht heute niemandem mehr der Satz über die Lippen, ein Vogel könne keine Kategorien bilden! Denn Alex konnte, zumindest nach Training und wenn wir annehmen, dass Pepperbergs Methode okay ist.
S: Wieso sind das eigentlich immer so seltene Einzelfälle von hochbegabten Alex' und Kanzis? Sind das einfach die wenigen Einsteins ihrer Spezies – oder könnte jeder ordinäre Zoohandlungspapagei auch parlieren, wenn er nur eine Chance bekäme?
N: Geschenkt, Steve. Es sind halt nun mal Einzeluntersuchungen. Ich fände es auch besser, wenn jeder Kognitionspsychologe zu Hause einen Vogel hätte, den er jeden Abend die Möbel durchzählen lässt ...
S: Dann hätten wir wenigstens Vergleichbarkeit über viele Vögel hinweg! Denn zählen konnte Alex wohl auch, immerhin bis sechs.
N: Hm, für spartanisch eingerichtete Kognitionspsychologen also eine Möglichkeit.
S: 31 Jahre war Alex alt, als er am 7. September gestorben ist. Hat Frau Pepperberg eigentlich schon einen neuen gefiederten Plauderer parat?
N: Steve, dir ist offenbar der Ernst der Lage nicht bewusst! Die »Alex Foundation« ist in Trauer! Hier www.alexfoundation.org kannst du ein Kondolenzschreiben absenden, wenn du willst. Da denkt man doch noch nicht über Neuanschaffungen nach!
S: Wow. Sorry, Alex, wenn du mich hören kannst, war echt nicht böse gemeint!
N: Braver Steve. Man trauert eben, wenn man ein geliebtes Haustier verliert. Und da sind wir wieder beim Punkt: Können geliebte Haustiere überhaupt gute Forschungsobjekte sein? Wird damit nicht die Objektivität der Untersuchung in Frage gestellt? Oder zeigt sich an Alex' Beispiel, dass gute Forschung nur machen kann, wer mit ganzem Herzen (und Tierliebe) dabei ist?
S: Bei den üblichen Laborexperimenten ist Tierliebe eher fehl am Platz. Umso schöner, dass es auch tierische Promi-Talker wie Alex gibt. Nur welche Schlüsse man aus ihrem Verhalten zieht, bleibt diskutabel.
N: Solche Forschung funktioniert eben nur durch starke Nähe zum Forschungsobjekt. Fazit: Ich plädiere tatsächlich stark dafür, dass sich jeder Wissenschaftler einen Bonobo, einen Graupapagei, einen klugen Raben und am besten noch ein Rudel Kleinkinder hält, damit wir endlich mal über die n=1-Forschung hinauskommen.
S: Ja, Hobbyforscher aller Länder, lest euren Lieben die Leviten, holt alles aus ihnen raus, damit ein für alle Mal klar ist: Tiere sind auch nur Menschen!
N: Übrigens, Steve, zum Thema Haustiere – schon »Life of Pi« (»Schiffbruch mit Tiger«) gelesen? Da erfährt man, wie man überlebt, wenn man sich nach einem Schiffbruch allein mit einem Bengalischen Tiger, einer Hyäne und einem Orang-Utan auf einem Rettungsboot wiederfindet, um einen herum nur der weite, weite Pazifik ... aber das ist ein anderes Thema.
Schreiben Sie uns!
2 Beiträge anzeigen