: Gefahr aus dem All
Am 13. Juni passierte ein Asteroid mit der Bezeichnung 2007 XB10 die Erde. Er besitzt einen Durchmesser von 1,1 Kilometer und damit das Potenzial, durch einen Einschlag weltweite Folgen auszulösen. Unter den "erdnahen Objekten" ("near-earth objects" oder NEOs) ist er zum Glück eines der entfernteren: Er näherte sich auf nur 10,6 Millionen Kilometer, das ist fast dreißig Mal der Abstand zwischen Erde und Mond. Und auch in naher Zukunft wird wohl kein Riesenasteroid die Menschheitsgeschichte in neue Bahnen lenken.
Zurücklehnen können wir uns dennoch nicht. Innerhalb der nächsten 200 Jahre, das gilt als wahrscheinlich, dürfte wieder einmal ein kleinerer Gesteinsbrocken aus dem All in der irdischen Atmosphäre zerbersten und dabei genügend Energie freisetzen, um eine kleinere Stadt zu zerstören.
Als erdnahe Objekte gelten Asteroiden oder Kometen, die sich unserem Planeten bis auf eine Distanz von 195 Millionen Kilometern nähern. Im Jahr 2009, so hat die NASA ermittelt, passierten uns neunzig vorwiegend kleine NEOs innerhalb des fünffachen Erde-Mond-Abstands. 21 kamen uns sogar näher als der Mond selbst. Entdeckt werden die Objekte typischerweise als kleine Flecken auf Himmelsbildern. Dann aber müssen die Wissenschaftler erst einmal auf detailliertere Daten warten, bis sie eine genauere Bahnberechnung vornehmen können.
Bislang hat die NASA 940 NEOs mit Durchmessern von mindestens einem Kilometer ausfindig gemacht. Das sind immerhin rund 85 Prozent aller in dieser Größenklasse vermuteten Objekte. In dieser Größenordnung lag übrigens auch der Meteorit, der vor 15 Millionen Jahren das Nördlinger Ries entstehen ließ. Der NEO hingegen, der vor rund 65 Millionen Jahren das Aussterben der Dinosaurier verursacht haben könnte, maß vermutlich zehn Kilometer.
Die Budgets zur Gefahrenanalyse reichen nicht
Potenziell größere Gefahren gehen jedoch von den vielen kleineren Gesteinsbrocken aus, wie Anfang des Jahres der Nationale Forschungsrat der USA in einem Bericht ausführte. Diese Asteroiden und Kometen – rund 100 000 davon messen mindestens 140 Meter – sind zu zwar klein, um eine globale Katastrophe auszulösen. Doch selbst die kleinsten von ihnen können eine Einschlagsenergie freisetzen, die der Sprengkraft von 300 Megatonnen Trinitrotoluol (TNT) entspricht. Zum Vergleich: Die Hiroshima-Bombe besaß eine Sprengwirkung von 15 Kilotonnen TNT.
Solche Einschläge treten im Mittel recht häufig auf: 140-Meter-Brocken beispielsweise treffen uns im Schnitt alle 30 000 Jahre, während Ein-Kilometer-Objekte die Erde immerhin alle 700 000 Jahre rammen. Seit 2005 ist die NASA durch den US-Kongress damit beauftragt, bis 2020 neunzig Prozent der NEOs mit Durchmessern über 140 Meter aufzuspüren.
Der Forschungsrat mahnte allerdings schon: Die jährlich vier Millionen Dollar an Fördermitteln für die NEO-Jäger reichen nicht aus, um diesen Termin einzuhalten. Das wahrscheinlichste Szenario besteht ohnehin in der Kollision der Erde mit einem 30- bis 50-Meter-Objekt. Ein Bolide dieser Größe würde allerdings bereits in der Atmosphäre zerbersten. Die bekannteste solche Höhenexplosion ereignete sich 1908 über der Tunguska-Region in Sibirien. Der NEO zerstörte damals eine Fläche von der Größe Londons (Der Tunguska-Explosion auf der Spur, SdW 7/2008).
Eine Raumsonde müsste das Objekt rammen
Die meiste Arbeit zu diesem Thema haben die Europäer mittlerweile den USA überlassen. Dort sind es das Verteidigungsministerium, das Energieministerium sowie die Einrichtungen zur Überwachung des Kernwaffenteststopp-Vertrags, die die besten Informationen zu Höhenexplosionen besitzen. Allerdings machen sie sie noch nicht ausreichend verfügbar, wie der Forschungsrat bemängelte. Dessen Vertreter gehen jedoch davon aus, dass Höhenexplosionen von 25-Meter-Objekten im Schnitt alle 200 Jahre stattfinden; die meisten über den Ozeanen, wo sie unmittelbar eher wenig Leben bedrohen, dafür aber einen Tsunami auslösen können. Mark Boslough von den Sandia National Laboratories, der ebenfalls beim Forschungsrat mitarbeitet, geht zudem davon aus, dass einmal pro Jahr ein vier Meter großes Objekt in der Erdatmosphäre verglüht.
Was sollten wir tun, wenn wir erfahren, dass sich ein NEO auf Kollisionskurs befindet? Realistische Notfallpläne stecken noch in den Anfängen, sagt Forschungsratsmitglied Michael F. A'Hearn von der University of Maryland. Bei nicht allzu großen Objekten, deren Kurs wir Jahre oder Jahrzehnte vor dem potenziellen Treffer kennen, käme ein so genannter kinetischer Einschlag in Frage, um es von seiner Bahn abzubringen. Das Objekt würde also von einer (oder mehreren) schweren Raumsonden gerammt. Ist es hingegen über 500 Meter groß und beträgt die Vorwarnzeit nur einige Monate oder Jahre, bleibt nur die Option, seine Bahn mit Nuklearwaffen zu stören.
Bei Objekten, die das Potenzial besitzen, Städte zu zerstören und zudem erst kurz vor ihrem Aufschlag gesichtet werden, sind die Möglichkeiten allerdings begrenzt. Womöglich bleibt uns dann nur eine Evakuierung der Region, um das größte Unglück zu verhindern. Und in diesem Fall, meint A'Hearn, dürften wir uns bereits glücklich schätzen, wenn wir sie beizeiten effektiv in die Wege leiten können.
Schreiben Sie uns!
Beitrag schreiben