Die Stadt der Sterne
Von der Mission 1 haben wir davon gehört. Heute sollen wir es selbst besichtigen, anfassen und ausprobieren können: Das Sternenstädtchen der russischen Raumfahrt, der Ausbildungsplatz für die Kosmonauten, bevor sie die lange Reise in die Weiten des Weltraums antreten.
Moskau, den 30.05.2007
Vor solch einem hoch komplizierten technischen Abenteuer muss viel trainiert und angepasst werden. Der Körper muss wissen, was auf ihn zukommt. Der Kopf muss ruhig auf jede noch so ausweglose Situation vorbereitet sein. Es stehen Menschenleben, lang erdachte Technik, viel Geld und ein Ruf auf dem Spiel. Ganz zu Schweigen von der Motivation, die Wiege der Menschheit, wie es einst Ziolkowski ausdrückte, erfolgreich zu verlassen.
Heute werden wir also die Trainingsmöglichkeiten, die schon Thomas Reiter, Anousheh Ansari und viele andere Kosmonauten, Astronauten und Spacetouristen durchmachten, am eigenen Leib erfahren. Uschi und Freddi, unsere Gastschwestern, sind heute auch dabei, sowie der kleine Sven (11 Jahre alt), der Gastbruder von Stefan.
Um halb acht geht die Reise los. Mit der Metro und dem von den beiden Professoren, die wie immer mit von der Partie sind, gemieteten Bus dauert es fast zwei Stunden, bis wir in der Hitze endlich vor dem gut bewachten Tor des Areals stehen. Dort dauert es wieder einige Zeit, bis wir soweit sind, hineinzufahren, denn es müssen noch viele Vereinbarungen getroffen und unterschrieben werden. Hier kommt eben normalerweise kaum jemand rein. Die Kosmonauten und Astronauten wollen ja bei ihrem Training auch nicht ständig gestört werden.
In der Eingangshalle erwartet uns Herr Major Andre, der uns den Tag über begleiten und uns alles zeigen wird. Er beginnt mit dem Programm des Tages, das sich vor allem bei verschiedenen Arten von Kosmonautenanzügen, der Nahrung, den Simulatoren für Raumschiffkapseln oder Raumstationen und der riesigen Zentrifuge abspielen wird.
Außenbordanzüge der Kosmonauten
Kurz darauf, um 11 Uhr, beginnt die Führung bei den Skarphandern, den Anzügen für Außenbordeinsätze. Das sind die Raumanzüge, die man aus dem Fernsehen von Kosmonauten kennt. Die riesigen, weißen und schwer beweglich aussehenden Anzüge, mit denen die Kosmonauten in der Schwerelosigkeit Außenbordeinsätze bei Problemen außerhalb oder Weltraumspaziergänge durchführen, hängen in einem Raum voller Gerätschaften, wie zum Beispiel einer Luke zum Andocken, oder Druckveränderungsanlagen in einer Raumstation. Als Gruppe stehen wir hoch motiviert vor den beiden Männern, Blinow O.V. und Kolnasnikow V.I., die diesen Teil des Schülerkosmonautenteiltrainings organisieren. Er erklärt, dass wir vor uns den Anzug „Orlan-M“ haben, dessen Körper aus Metall besteht und die Ärmel und Hosenbeine aus siebenschichtigen Materialien.
Die Größe des Anzugs ist verstellbar und er kann im Gegensatz zum amerikanischen Außenbordanzug von einer Person alleine angezogen werden. Auch ist er nicht, wie der amerikanische Anzug, aus verschiedenen Teilen zusammengesetzt, sondern ein großes Teil. Der Rumpf ist hierbei aus festem Material, die Arme und Beine lassen sich bewegen.
Er wiegt um die 100 kg (30 kg weniger als der der Amerikaner) und muss von den Kosmonauten 6 Stunden getragen werden, denn so lange dauert im Durchschnitt ein Außenbordeinsatz.
Im Anzug herrscht ein Druck von 0,4 Atmosphären, in ihm findet auch die Regeneration von Luft statt. Auch eine Art Ventilation ist angebracht. Wir erfahren ebenfalls, dass heute um acht Uhr ein Ausstieg auf der ISS geplant ist. In dem Anzug sind alle Systeme doppelt angebracht, fast alle befinden sich im Rucksack auf dem Rücken der Kosmonauten.
Dann geht alles sehr schnell. Er erklärt kurz, wie man solch einen Anzug anlegt und schon sind Vanessa und Stefan dazu auserkoren, sich den Anzug mal von innen anzuschauen ;-)
Eigentlich denken sie, dass sie einfach geschwind hineinschlüpfen und ein paar kleine Bewegungen machen. Eben genauso, wie Nadine das am Tag davor zuvor auch durfte. Aber es soll anders kommen. Die Ausbilder sind sehr motiviert und wollen in diesem Jahr ein viel größeres Augenmerk auf die Außenbordanzüge legen. Also werden Vanessa und Stefan erst einmal in das Hinterzimmer geschickt. Dort liegt bereits weiße Ganzkörperunterwäsche, sowie Socken und Handschuhe bereit. Die beiden ziehen sich um. Danach tauchen die Ausbilder mit zwei blauen Anzügen auf, die darüber gehören. Diese Anzüge werden zur Wärmeregulation benutzt. Wir werden also nicht nur hineinschlüpfen, sondern richtig, mit allen Lebenserhaltungssystemen, eine Außenbordaktion simulieren. Wow, dieser Anzug ist von Außen mit Wasser gefüllt, das, wenn der Anzug angesteckt ist, zirkuliert. Wir fühlen uns wie zwei Taucher.
Die beiden Anzüge passen sich perfekt an den Körper an. Außerdem bekommen wir noch ein Headset, um uns während unseres simulierten Ausstiegs unterhalten zu können. In voller Montur gleichen wir wirklich den Raumfahrern auf den ganzen Fotos. Das ist der Hammer. In solch einen Anzug einmal hineinschlüpfen, sich ein wenig bewegen, das darf ein Außenstehender schon einmal. Aber mit allen Lebenserhaltungssystemen trainieren, das darf sonst niemand! Wir fühlen uns wirklich geehrt, dass uns die Ausbilder hier die Millionen schweren Anzüge überlassen. Stefan, als Kommandant, steigt in den roten Anzug. Sich an der oberen Kante festhaltend hat er keine Probleme damit, die Füße nach oben zu heben und hineinzuklettern. Ich hoffe, dass ich das auch hinbekomme. Schließlich bin ich auch ein wenig größer als er. Er hat Probleme, seinen Kopf in den Anzug zu bekommen, der wohl ein wenig klein eingestellt ist. Ich bin nun schon ein wenig aufgeregt. Irgendwann steht Stefan auch sicher drinnen. Die Tür wird geschlossen und Stefan muss nun sofort versuchen, mit dem neuen Druck klarzukommen, der im Anzug herrscht.
Nun bin ich an der Reihe. Die Ausbilder geleiten mich zum zweiten, blauen Anzug. Auch ich muss mich oben festhalten und mich, unter einigem Kraftaufwand, hochziehen. Da zeigen sich einmal die durch das Fitnessstudio trainierten Muskeln am Körper. Nun müssen die Beine hinein. Ich spüre gleich einen kleinen Krampf in den Füssen, erfahre aber von Stefan über Headset, dass ihm das gerade genauso ging. Bevor ich mich richtig hineinstelle, werden noch die Kabel eingesteckt. Sofort beginnt das Wasser zu zirkulieren und ich die Lebenserhaltungssysteme im Innern beginnen zu arbeiten. Nachdem meine Arme und Beine auch im Anzug stecken, kommt der Kopf. Als auch der sicher verstaut ist, kommen die Ausbilder und schließen den Anzug von hinten, um ihn festzuziehen. Nun bin ich drin. Komplett. Es herrscht ein Druck von 0,3 bar. Ich muss ziemlich schlucken, um ihn auszugleichen. Außerdem weht ein frischer Wind um die Ohren, denn die Ventilatoren arbeiten auf Hochtouren. Draußen stehen die anderen wie die Paparrazis mit dem Fotoapparat im Anschlag da. Aber hören können die mich alle nicht. Ich kann hinter der Glaskugel auch nichts hören, nur Stefan, der hin und wieder versichert, dass es ihm gut geht und wie lustig das ganze ist. Ansonsten höre ich noch die Instruktionen der Ausbilder mit deutscher Übersetzung von Herrn Zotow. Nun versuche ich einmal, mich in dem riesigen Anzug zu bewegen. Da ich noch an der Halterung befestigt bin, geht das nur mit den Armen. Der Anzug wiegt sehr viel und alles ist irgendwie groß und sperrig. Ich kann mir kaum vorstellen, wie man mit diesen riesigen Handschuhen wirklich so filigrane und wichtige Kleinarbeiten erledigen kann. Dazu gehört viel Übung. Irgendwann wenden sich die beiden Ausbilder wieder uns zu und schnallen uns von der Halterung ab. Wir werden nun zu ein paar Geräten gezogen, um den Ausstieg zu simulieren. Stefan ändert den Druck und ich darf dann die Luke öffnen, die hier originalgetreu nachgebaut worden ist. Erst dann werden wir hochgezogen zu den Seilen, die überall im Raum angebracht sind, um sich von A nach B zu bewegen.
Ich bekomme das blaue Seil und versuche vorsichtig, mich fortzubewegen. Das ist eigentlich gar nicht so schwer. Es braucht halt Muskelkraft, denn der Anzug ist auf der Erde sehr schwer. Währendessen wird der Druck auf eine schwere Arbeit, d.h. auf 0,4 umgestellt. Ich kann das alles auf meiner kleinen Anzeige am Bauch mitverfolgen. Ich muss wieder viel schlucken. Leider habe ich kaum noch Spucke dazu im Mund, wodurch sich das Unterfangen dann als schwieriger herausstellte. Aber irgendwann ging es den Ohren auch wieder gut. An meinem Bauch kann ich auch die Temperatur und die Zirkulation der Luft umstellen, was ich gleich einmal versuche. Aber irgendwie war mir dann die alte Temperatur doch angenehmer. Mit den Spiegeln an den Armen ist es gar nicht so schwer, die Gerätschaften am Bauch zu überblicken. Es ist wichtig, immer ein Auge an den Messgeräten zu haben, um zu sichern, dass keine Druckabfälle oder Temperaturumschläge durch einen Schlag von Außen oder eine schnelle Bewegung passieren. In solchen Fällen sollen wir ruhig bleiben und nicht in Panik geraten, meinen die Ausbilder. Sie haben ja auch wenig Erfahrung damit, „Laien“ in den Anzug zu lassen. Aber zum Glück passiert nichts dergleichen.
Wir machen natürlich viele Fotos, denn so etwas passiert einfach nicht oft. Ich fühle mich total super in dem Anzug, ja, daran könnte man sich gewöhnen. Leider können die Leute draußen mich gar nicht hören. Nur Stefan bekommt meine Freudenrufe im Anzug mit. Er ist auch ganz hin und weg. Und klettern am roten Seil immer wieder hin und zurück. Die Handschuhe lassen sich nun schon viel besser bewegen und es ist leichter zuzugreifen. Aber dieser Zeitpunkt ist meist der, an dem es dann schon wieder vorbei ist. Es werden noch viele Fotos gemacht und dann müssen wir uns auch wieder ausziehen. Dieses Erlebnis werde ich noch lange in Erinnerung halten, es war einfach total außergewöhnlich. Die Handschuhe und die Socken dürfen wir sogar als Andenken behalten.
Wieder mit dem Overall bekleidet bedanken wir uns noch für die Zeit und die große Mühe der Ausbilder. Doch wir müssen uns beeilen, der nächste, aber diesmal ein richtiger, Kosmonaut steht vor der Türe, um für die Außenbordeinsätze zu trainieren.
Die Mir-Station
Weiter geht es nun zur Nachbildung der Mir-Station. Sie ist das Trainingsgebiet für verschiedene Operationen, die früher auf der Mir durchgeführt wurden. Es gibt schließlich für alles, was im Weltraum ist, eine Nachbildung, ein genaues Duplikat, an welchem dann auf der Erde Operationen ausprobiert werden müssen, um diese Instruktionen nach oben zu den Kosmonauten und Astronauten zu leiten. Nur die Schwerelosigkeit kann hier natürlich nicht simuliert werden. Wir sehen hier den Basisblock, also das Wohnmodul, das ja damals als erstes im All war. Hier befinden sich Steuerungs- und Lebenserhaltungssysteme, Wasser, die Toilette, der Speisetisch, eine Sauerstoffquelle und so weiter. Eben alles, was für ein Leben im All benötigt wird. Im zweiten Modul wurden Geodäsiebeobachtungen durchgeführt. Außerdem gibt es hier ein Ankopplungsplatz für Lastschiffe. Am dritten Modul sehen wir eine Schleuse für Außenbordeinsätze und auch die Luke, die wir im Raum daneben mit den Außenbordanzügen öffnen durften. Ebenfalls zu sehen ist das Modul, in dem technische Probleme behandelt wurden. In der Schwerelosigkeit können Stoffe sich nicht mischen und somit entstehen viel reinere Endprodukte. Das wird hier ausgenutzt. Dieses Modul wird „Kristall“ genannt. Außerdem sind hier Androgene Kopplungsknoten, also Knoten, die zum Andocken eines Raumschiffes benutzt werden.
Dieses Programm ist nun ja beendet, die ISS ist momentan im Orbit. Insgesamt beherbergte die Mir 28 Expeditionen und nicht nur russische Kosmonauten, obwohl sie ganz den Russen gehörte.
Gleich daneben finden wir eine Sojus-Landekapsel. Wir bekommen erklärt, wo hier die Fallschirme angebracht sind und dass die Luke, die nun darüber liegt, im Falle des Wiedereintritts abgesprengt werden, um die Fallschirme mit einem Durchmesser von 10 Meter freizulassen. Hier passen drei Menschen hinein. Außerdem hat die Kapsel eine Form, die sich auch im Wasser immer wieder vertikal aufstellt. Bei einer ballistischen Landung können bis zu 8 g herrschen, bei einer gesteuerten jedoch nur bis zu 3,6.
Start- und Landeskarphander
Etwas weiter daneben gibt es einen Skarphander mit dem Landesessel. Darüber hatten wir ja schon im MAI einiges erfahren. Die Kosmonauten liegen hier in Embryohaltung, da so die Belastung nicht alleine auf der Wirbelsäule liegt. Die könnte sonst nämlich brechen. Dies ist beim Säugling im Bauch der Mutter abgeschaut. Auch werden sie immer ein wenig größer gebaut, da der Kosmonaut im All ja etwas größer wird, denn der Abstand zwischen den einzelnen Wirbeln im Rücken wird größer. Dieser Anzug wiegt, im Gegensatz zum großen Außenbordanzug auch nur 10 und nicht 100 kg.
Daneben steht noch eine Toilette, bei der immer flüssig und fest getrennt wird. Natürlich wird hier der Urin nicht mit Wasser, sondern mit Luft abgesaugt. Dieser Urin wird dann zu Sauerstoff und Wasserstoff, wie wir es auch schon im MAI lernten.
Weltraumnahrung und Überlebensgeräte
Ein paar Schritte weiter stehen große Glaskästen, in denen sich bei genauerer Betrachtung Nahrungsmittel befinden. Das ganze besteht aus Dosen- und Beutelnahrung. Sämtliche Nahrungsmittel wurden sublimiert, aus den Produkten wurde Wasser entzogen und ein Vakuum hergestellt.
Auch hier müssen wir beide wieder an Anousheh Ansari denken, wie sie beschrieben hat, wie das Essen und die tägliche Nahrungsaufnahme aussehen. Die Nahrung soll im All etwas seltsam schmecken, jedoch haben ihr die Süßigkeiten anscheinend am Besten gemundet.
Von dieser Weltraumnahrung gibt es 250 Sorten, die aber von den Kosmonauten und Astronauten verschieden zusammengestellt werden, sodass etwas Abwechslung herrscht. Kosmonauten können auch vor dem Start testen, was ihnen am besten schmeckt und welche Nahrungsmittel sie im All verzehren wollen. Allerdings verändert sich der Geschmacksinn im All aus noch ungeklärter Ursache.
Ein paar Kästen weiter sind noch die Bestandteile eines „Notlandepacks“ zu sehen. Dieser besteht unter anderem aus einer Signalrakete, einer Pistole, aus Funkgeräten und Angeln, aus Essen und vielem mehr.
Nachdem wir nun auch darüber Bescheid wissen gehen wir um halb zwei mit vollem Kopf, in die Mensa zum Mittagessen, um unseren Bauch zu füllen.
Beim Mittagessen treffen wir einen Esa-Astronauten. Es ist Frank de Winne, der hier gerade sein Mittagessen einnimmt. Wir sprechen ihn gleich an und bitten um Autogramme und ein Foto. Er stimmt auch ganz spontan zu und ist total freundlich.
TMA-Simulator
Ein paar Hallen weiter sehen wir zwei große TMA-Simulatoren. Sie sind exakte Duplikate von denen im All, denn sie werden hier fürs Training davor benutzt. Auch Anousheh Ansari hat in solch einem trainiert. Hier passen drei Kosmonauten für zwei Tage hinein, um zur ISS zu fliegen. Diese Kapsel ist zugleich Wohnraum mit einer Toilette, Wasserversorgung, Speisespeicher, Luftreinigung, Ankopplungsmechanismus und Sesseln und auch noch eine Landekapsel mit Bordcomputer, Steuerung, Treibstoff, Triebwerke und so weiter. Hier ist mehr Platz als in alten Sojus-Kapseln. Es können nun auch größere Leute bis zu 1,90 Meter zur ISS fliegen. Das ist vor allem für die Amerikaner, die meist etwas größer sind, gut, damit auch diese mit den Russen fliegen können. Als wir uns auf den Weg weiter machen, sehen wir noch, wie gerade ein Kosmonaut eincheckt, um in diesem Simulator, den wir gerade gesehen haben, zu trainieren.
Start- und Landeskarphander, Teil 2
Danach geht es für uns weiter zu einer genaueren Betrachtung der Start- und Landeskarphander. Hier darf sogar einer von uns diesen Anzug richtig anziehen. Da Nadine schon bei den Lebenserhaltungssysteme einen anhatte und Thommy zu groß ist, wird Arwa ausgewählt. Auch sie bekommt die weiße Ganzkörperunterwäsche und dann diesen Skarphander mit Helm, bei dem man auch ein Lebenserhaltungssystem in einem Koffer neben her trägt. Sie wird dann sogleich mit Luft aufgepumpt. Sie ist nun so schwer, dass sie gleich vornüberkippt. Zuerst ein kleiner Schock für uns, da wir alle denken sie hätte Panik oder Platzangst bekommen. Aber zum Glück war sie nur zu schwer und es geht ihr gut. Grinsend wird sie wieder hochgehoben. Jetzt darf sie sich in den Start- und Landesitz begeben, in dem man nur in einer Embryohaltung verharren kann. Sie ist sichtlich belustigt über das ganze und fühlt sich pudelwohl. Es ist wirklich gemütlich, meint sie.
Kurz darauf ist der Spaß auch wieder vorbei und wir bewegen uns in richtig Küche.
Die Küche auf der ISS
Hier trainieren die Kosmoauten die Zubereitung der Nahrungsmittel und den Gang zur Toilette, sowie die Wasserregeneration. Das sind alles Dinge, über die wir sowohl am Montag, als auch am heutigen Morgen schon viel in der Theorie erfahren haben. Das Wasser, das hier reguliert wird, ist dann Destillat. Das braucht dann natürlich noch einige Mineralsalze und Silberionen, damit man es auch wirklich trinken kann, sonst wird es schlecht.
Für uns sind extra russische Produkte, die auf der ISS als Nahrungsmittel dienen, auf einem kleinen Tisch neben ein paar Spritzen und Düsen ausgebreitet. Dieser Tisch und diese Spritzen kommen uns gleich bekannt vor. Das hat Anousheh alles erzählt, als sie ihren Blog auf der ISS geschrieben hat. Und jetzt dürfen wir die Produkte, über die sie jeden Tag berichtet hat sogar selbst probieren. Wir sind richtig gespannt. Russische Produkte sind meist pulverig, d.h. sublimiert. Es gibt zum Beispiel verschiedene Säfte und Tee, sowie Suppe, Kartoffel, Brot und so weiter. Wir probieren zuerst Brot. Naja … so richtig essen kann man das nicht. Da tun uns die Menschen auf der ISS echt leid. Das Brot schmeckt, als wäre es gerade am Gären. Aber der Geschmack verändert sich ja im All, vielleicht schmeckt es oben im Orbit ja besser, denn durch die kosmische Solareinstrahlung wird die DNA ein klein wenig verändert, also ändert sich der Geschmack.
Außerdem zeigt man uns noch, wie man mit den Düsen in der Küche umgeht und wir bereiten nacheinander einen Pfirsichsaft und einen amerikanischen Tee vor. Der Tee natürlich mit heißem Wasser, das am Anfang 85 Grad hat, und der Pfirsichtee mit kaltem Wasser. Danach muss man das Pulver kneten und warten, bis sich alles Feste im Wasser gelöst hat. Wir probieren währenddessen noch ein paar kleine Süßigkeiten aus dem All. Wir erinnern uns daran, dass Anousheh erzählt hat, sie habe genau diese ständig den anderen auf der ISS weggegessen. Jetzt wissen wir warum, diese Kräcker schmecken verdammt gut!
Danach sehen wir die Toilette noch einmal richtig. Für feste Ausscheidungen gibt es ein Loch mit einem Beutel darunter, den man jedes Mal auswechseln muss. Das flüssige wird, wie schon beschrieben, mit Luft abgesaugt. Wenn Urin danach zulange steht, könnte sich hier Schwefelsäure bilden. Also muss zuerst das Gas aus dem Urin, bevor es vollständig in Wasserstoff und Sauerstoff umgewandelt wird. Das Feste wird später verbrannt und abgeworfen.
Das Hydrolabor
Um 15 Uhr, nach einem sehr langen Tag, besichtigen wird das Hydrolabor. Hier werden Außenbordeinsätze im Wasser trainiert. In einem riesigen Schacht im Wasser stehen verschiedene Module, an denen etwas repariert oder angebracht werden muss. Einige dieser Versuchsmodule stehen draußen, neben dem riesigen Gebäude. Leider trainiert gerade kein Kosmonaut. Auch ist das Modul gerade nicht unter Wasser, sondern steht noch darüber, bereit für den nächsten Versuch versenkt zu werden. Für solch einen Versuch braucht es viele Fachbetreuer, die alles modellieren. Auch müssen die Kosmonauten dafür tauchen können. Module können in diesem Raum leicht ausgetauscht werden, und das bei dieser Größe, und auch das Wasser kann man entfernen und wieder einlassen. Es ist insgesamt 20 Meter breit und 12 Meter tief.
Die Zentrifuge
Gleich darauf, im Gebäude nebenan, sehen wir das größte Trainingsgerät überhaupt. Die Zentrifuge. In der Halle kann man kaum fassen mit was für einem Gerät man in Kreis geschleudert wird. Der Arm ist insgesamt 18 Meter lang. Es können insgesamt über 18 g simuliert werden, für das Training geht man aber nur auf 4 g. Hier will man vor allem die Überbelastung der Organe und deren Wirkung testen. Außerdem kann man darin auch arbeiten, wenn man für einen Versuch eine bestimmte Anzahl von gs zu bekommen. In der Kabine findet man spezielle Sessel, die sich ebenfalls drehen. Bei solch einem Versuch kann bis zu 200 Stundenkilometer schneller Wind entstehen, deshalb müssen alle Türen speziell verriegelt sein. Das Training geht dann maximal fünf Minuten. Währenddessen sind verschiedene Sensoren auf dem Körper angebracht, um den Gesundheitszustand ständig überwachen zu können. Diese Zentrifuge ist einer der wichtigsten Tests vor dem Flug ins All, da es auf dem Weg zur ISS noch schlimmer werden kann. Herz und Atmung funktionieren unter solchen Bedingungen nämlich anders.
Danach wird noch ein kleiner Film gezeigt, in dem ein Weg von einem Kosmonauten beschrieben wird, wie er für den Versuch vorbereitet, in die Zentrifuge geschoben, gedreht und nachher wieder herausgeholt wird. Diese Bilder veranschaulichen das vorher gehörte noch einmal.
Mittlerweile ist es 16 Uhr und der Tag neigt sich für uns dem Ende zu. Es war wirklich anstrengend, aber auch wirklich toll. Wir werden das nie vergessen. Viele sagen, dass das Sternenstädtchen der Russen doch sowieso für jeden offen ist und da jetzt viele hineinkommen. Heute sehen wir, wie falsch das ist. Wir haben manche Touristengruppen gesehen. Aber die haben nur ein paar Simulatoren, die gerade nicht benutzt werden, von der Mir und der ISS gesehen, sowie ein paar kleine Ausstellungsstücke. Aber sie kommen nicht da hinein, wo wir waren. Vor allem könnten sie niemals einen Anzug anziehen, egal ob den Außenbordanzug oder den Start- und Landeskarphander. Sie haben kein Essen gegessen, nur ausgestelltes gesehen und so geht das gerade weiter. Auch werden diese Besucher nicht zum Hydrolabor oder der Zentrifuge gelassen. Leider haben wir heute nicht den Vestibularstuhl gesehen und ausprobiert, denn der Professor ist momentan leider im Urlaub.
Aber trotzdem war dieser Tag wirklich toll. Eigentlich so der Höhepunkt der Woche, bevor wir morgen dann unser eigentliches Missionsfinale, die Begleitung der Langzeitversuchs für den Marsflug, erleben werden. Wir sind gespannt!
Vor solch einem hoch komplizierten technischen Abenteuer muss viel trainiert und angepasst werden. Der Körper muss wissen, was auf ihn zukommt. Der Kopf muss ruhig auf jede noch so ausweglose Situation vorbereitet sein. Es stehen Menschenleben, lang erdachte Technik, viel Geld und ein Ruf auf dem Spiel. Ganz zu Schweigen von der Motivation, die Wiege der Menschheit, wie es einst Ziolkowski ausdrückte, erfolgreich zu verlassen.
Heute werden wir also die Trainingsmöglichkeiten, die schon Thomas Reiter, Anousheh Ansari und viele andere Kosmonauten, Astronauten und Spacetouristen durchmachten, am eigenen Leib erfahren. Uschi und Freddi, unsere Gastschwestern, sind heute auch dabei, sowie der kleine Sven (11 Jahre alt), der Gastbruder von Stefan.
Um halb acht geht die Reise los. Mit der Metro und dem von den beiden Professoren, die wie immer mit von der Partie sind, gemieteten Bus dauert es fast zwei Stunden, bis wir in der Hitze endlich vor dem gut bewachten Tor des Areals stehen. Dort dauert es wieder einige Zeit, bis wir soweit sind, hineinzufahren, denn es müssen noch viele Vereinbarungen getroffen und unterschrieben werden. Hier kommt eben normalerweise kaum jemand rein. Die Kosmonauten und Astronauten wollen ja bei ihrem Training auch nicht ständig gestört werden.
In der Eingangshalle erwartet uns Herr Major Andre, der uns den Tag über begleiten und uns alles zeigen wird. Er beginnt mit dem Programm des Tages, das sich vor allem bei verschiedenen Arten von Kosmonautenanzügen, der Nahrung, den Simulatoren für Raumschiffkapseln oder Raumstationen und der riesigen Zentrifuge abspielen wird.
Außenbordanzüge der Kosmonauten
Kurz darauf, um 11 Uhr, beginnt die Führung bei den Skarphandern, den Anzügen für Außenbordeinsätze. Das sind die Raumanzüge, die man aus dem Fernsehen von Kosmonauten kennt. Die riesigen, weißen und schwer beweglich aussehenden Anzüge, mit denen die Kosmonauten in der Schwerelosigkeit Außenbordeinsätze bei Problemen außerhalb oder Weltraumspaziergänge durchführen, hängen in einem Raum voller Gerätschaften, wie zum Beispiel einer Luke zum Andocken, oder Druckveränderungsanlagen in einer Raumstation. Als Gruppe stehen wir hoch motiviert vor den beiden Männern, Blinow O.V. und Kolnasnikow V.I., die diesen Teil des Schülerkosmonautenteiltrainings organisieren. Er erklärt, dass wir vor uns den Anzug „Orlan-M“ haben, dessen Körper aus Metall besteht und die Ärmel und Hosenbeine aus siebenschichtigen Materialien.
Die Größe des Anzugs ist verstellbar und er kann im Gegensatz zum amerikanischen Außenbordanzug von einer Person alleine angezogen werden. Auch ist er nicht, wie der amerikanische Anzug, aus verschiedenen Teilen zusammengesetzt, sondern ein großes Teil. Der Rumpf ist hierbei aus festem Material, die Arme und Beine lassen sich bewegen.
Er wiegt um die 100 kg (30 kg weniger als der der Amerikaner) und muss von den Kosmonauten 6 Stunden getragen werden, denn so lange dauert im Durchschnitt ein Außenbordeinsatz.
Im Anzug herrscht ein Druck von 0,4 Atmosphären, in ihm findet auch die Regeneration von Luft statt. Auch eine Art Ventilation ist angebracht. Wir erfahren ebenfalls, dass heute um acht Uhr ein Ausstieg auf der ISS geplant ist. In dem Anzug sind alle Systeme doppelt angebracht, fast alle befinden sich im Rucksack auf dem Rücken der Kosmonauten.
Dann geht alles sehr schnell. Er erklärt kurz, wie man solch einen Anzug anlegt und schon sind Vanessa und Stefan dazu auserkoren, sich den Anzug mal von innen anzuschauen ;-)
Eigentlich denken sie, dass sie einfach geschwind hineinschlüpfen und ein paar kleine Bewegungen machen. Eben genauso, wie Nadine das am Tag davor zuvor auch durfte. Aber es soll anders kommen. Die Ausbilder sind sehr motiviert und wollen in diesem Jahr ein viel größeres Augenmerk auf die Außenbordanzüge legen. Also werden Vanessa und Stefan erst einmal in das Hinterzimmer geschickt. Dort liegt bereits weiße Ganzkörperunterwäsche, sowie Socken und Handschuhe bereit. Die beiden ziehen sich um. Danach tauchen die Ausbilder mit zwei blauen Anzügen auf, die darüber gehören. Diese Anzüge werden zur Wärmeregulation benutzt. Wir werden also nicht nur hineinschlüpfen, sondern richtig, mit allen Lebenserhaltungssystemen, eine Außenbordaktion simulieren. Wow, dieser Anzug ist von Außen mit Wasser gefüllt, das, wenn der Anzug angesteckt ist, zirkuliert. Wir fühlen uns wie zwei Taucher.
Die beiden Anzüge passen sich perfekt an den Körper an. Außerdem bekommen wir noch ein Headset, um uns während unseres simulierten Ausstiegs unterhalten zu können. In voller Montur gleichen wir wirklich den Raumfahrern auf den ganzen Fotos. Das ist der Hammer. In solch einen Anzug einmal hineinschlüpfen, sich ein wenig bewegen, das darf ein Außenstehender schon einmal. Aber mit allen Lebenserhaltungssystemen trainieren, das darf sonst niemand! Wir fühlen uns wirklich geehrt, dass uns die Ausbilder hier die Millionen schweren Anzüge überlassen. Stefan, als Kommandant, steigt in den roten Anzug. Sich an der oberen Kante festhaltend hat er keine Probleme damit, die Füße nach oben zu heben und hineinzuklettern. Ich hoffe, dass ich das auch hinbekomme. Schließlich bin ich auch ein wenig größer als er. Er hat Probleme, seinen Kopf in den Anzug zu bekommen, der wohl ein wenig klein eingestellt ist. Ich bin nun schon ein wenig aufgeregt. Irgendwann steht Stefan auch sicher drinnen. Die Tür wird geschlossen und Stefan muss nun sofort versuchen, mit dem neuen Druck klarzukommen, der im Anzug herrscht.
Nun bin ich an der Reihe. Die Ausbilder geleiten mich zum zweiten, blauen Anzug. Auch ich muss mich oben festhalten und mich, unter einigem Kraftaufwand, hochziehen. Da zeigen sich einmal die durch das Fitnessstudio trainierten Muskeln am Körper. Nun müssen die Beine hinein. Ich spüre gleich einen kleinen Krampf in den Füssen, erfahre aber von Stefan über Headset, dass ihm das gerade genauso ging. Bevor ich mich richtig hineinstelle, werden noch die Kabel eingesteckt. Sofort beginnt das Wasser zu zirkulieren und ich die Lebenserhaltungssysteme im Innern beginnen zu arbeiten. Nachdem meine Arme und Beine auch im Anzug stecken, kommt der Kopf. Als auch der sicher verstaut ist, kommen die Ausbilder und schließen den Anzug von hinten, um ihn festzuziehen. Nun bin ich drin. Komplett. Es herrscht ein Druck von 0,3 bar. Ich muss ziemlich schlucken, um ihn auszugleichen. Außerdem weht ein frischer Wind um die Ohren, denn die Ventilatoren arbeiten auf Hochtouren. Draußen stehen die anderen wie die Paparrazis mit dem Fotoapparat im Anschlag da. Aber hören können die mich alle nicht. Ich kann hinter der Glaskugel auch nichts hören, nur Stefan, der hin und wieder versichert, dass es ihm gut geht und wie lustig das ganze ist. Ansonsten höre ich noch die Instruktionen der Ausbilder mit deutscher Übersetzung von Herrn Zotow. Nun versuche ich einmal, mich in dem riesigen Anzug zu bewegen. Da ich noch an der Halterung befestigt bin, geht das nur mit den Armen. Der Anzug wiegt sehr viel und alles ist irgendwie groß und sperrig. Ich kann mir kaum vorstellen, wie man mit diesen riesigen Handschuhen wirklich so filigrane und wichtige Kleinarbeiten erledigen kann. Dazu gehört viel Übung. Irgendwann wenden sich die beiden Ausbilder wieder uns zu und schnallen uns von der Halterung ab. Wir werden nun zu ein paar Geräten gezogen, um den Ausstieg zu simulieren. Stefan ändert den Druck und ich darf dann die Luke öffnen, die hier originalgetreu nachgebaut worden ist. Erst dann werden wir hochgezogen zu den Seilen, die überall im Raum angebracht sind, um sich von A nach B zu bewegen.
Ich bekomme das blaue Seil und versuche vorsichtig, mich fortzubewegen. Das ist eigentlich gar nicht so schwer. Es braucht halt Muskelkraft, denn der Anzug ist auf der Erde sehr schwer. Währendessen wird der Druck auf eine schwere Arbeit, d.h. auf 0,4 umgestellt. Ich kann das alles auf meiner kleinen Anzeige am Bauch mitverfolgen. Ich muss wieder viel schlucken. Leider habe ich kaum noch Spucke dazu im Mund, wodurch sich das Unterfangen dann als schwieriger herausstellte. Aber irgendwann ging es den Ohren auch wieder gut. An meinem Bauch kann ich auch die Temperatur und die Zirkulation der Luft umstellen, was ich gleich einmal versuche. Aber irgendwie war mir dann die alte Temperatur doch angenehmer. Mit den Spiegeln an den Armen ist es gar nicht so schwer, die Gerätschaften am Bauch zu überblicken. Es ist wichtig, immer ein Auge an den Messgeräten zu haben, um zu sichern, dass keine Druckabfälle oder Temperaturumschläge durch einen Schlag von Außen oder eine schnelle Bewegung passieren. In solchen Fällen sollen wir ruhig bleiben und nicht in Panik geraten, meinen die Ausbilder. Sie haben ja auch wenig Erfahrung damit, „Laien“ in den Anzug zu lassen. Aber zum Glück passiert nichts dergleichen.
Wir machen natürlich viele Fotos, denn so etwas passiert einfach nicht oft. Ich fühle mich total super in dem Anzug, ja, daran könnte man sich gewöhnen. Leider können die Leute draußen mich gar nicht hören. Nur Stefan bekommt meine Freudenrufe im Anzug mit. Er ist auch ganz hin und weg. Und klettern am roten Seil immer wieder hin und zurück. Die Handschuhe lassen sich nun schon viel besser bewegen und es ist leichter zuzugreifen. Aber dieser Zeitpunkt ist meist der, an dem es dann schon wieder vorbei ist. Es werden noch viele Fotos gemacht und dann müssen wir uns auch wieder ausziehen. Dieses Erlebnis werde ich noch lange in Erinnerung halten, es war einfach total außergewöhnlich. Die Handschuhe und die Socken dürfen wir sogar als Andenken behalten.
Wieder mit dem Overall bekleidet bedanken wir uns noch für die Zeit und die große Mühe der Ausbilder. Doch wir müssen uns beeilen, der nächste, aber diesmal ein richtiger, Kosmonaut steht vor der Türe, um für die Außenbordeinsätze zu trainieren.
Die Mir-Station
Weiter geht es nun zur Nachbildung der Mir-Station. Sie ist das Trainingsgebiet für verschiedene Operationen, die früher auf der Mir durchgeführt wurden. Es gibt schließlich für alles, was im Weltraum ist, eine Nachbildung, ein genaues Duplikat, an welchem dann auf der Erde Operationen ausprobiert werden müssen, um diese Instruktionen nach oben zu den Kosmonauten und Astronauten zu leiten. Nur die Schwerelosigkeit kann hier natürlich nicht simuliert werden. Wir sehen hier den Basisblock, also das Wohnmodul, das ja damals als erstes im All war. Hier befinden sich Steuerungs- und Lebenserhaltungssysteme, Wasser, die Toilette, der Speisetisch, eine Sauerstoffquelle und so weiter. Eben alles, was für ein Leben im All benötigt wird. Im zweiten Modul wurden Geodäsiebeobachtungen durchgeführt. Außerdem gibt es hier ein Ankopplungsplatz für Lastschiffe. Am dritten Modul sehen wir eine Schleuse für Außenbordeinsätze und auch die Luke, die wir im Raum daneben mit den Außenbordanzügen öffnen durften. Ebenfalls zu sehen ist das Modul, in dem technische Probleme behandelt wurden. In der Schwerelosigkeit können Stoffe sich nicht mischen und somit entstehen viel reinere Endprodukte. Das wird hier ausgenutzt. Dieses Modul wird „Kristall“ genannt. Außerdem sind hier Androgene Kopplungsknoten, also Knoten, die zum Andocken eines Raumschiffes benutzt werden.
Dieses Programm ist nun ja beendet, die ISS ist momentan im Orbit. Insgesamt beherbergte die Mir 28 Expeditionen und nicht nur russische Kosmonauten, obwohl sie ganz den Russen gehörte.
Gleich daneben finden wir eine Sojus-
Start- und Landeskarphander
Etwas weiter daneben gibt es einen Skarphander mit dem Landesessel. Darüber hatten wir ja schon im MAI einiges erfahren. Die Kosmonauten liegen hier in Embryohaltung, da so die Belastung nicht alleine auf der Wirbelsäule liegt. Die könnte sonst nämlich brechen. Dies ist beim Säugling im Bauch der Mutter abgeschaut. Auch werden sie immer ein wenig größer gebaut, da der Kosmonaut im All ja etwas größer wird, denn der Abstand zwischen den einzelnen Wirbeln im Rücken wird größer. Dieser Anzug wiegt, im Gegensatz zum großen Außenbordanzug auch nur 10 und nicht 100 kg.
Daneben steht noch eine Toilette, bei der immer flüssig und fest getrennt wird. Natürlich wird hier der Urin nicht mit Wasser, sondern mit Luft abgesaugt. Dieser Urin wird dann zu Sauerstoff und Wasserstoff, wie wir es auch schon im MAI lernten.
Weltraumnahrung und Überlebensgeräte
Ein paar Schritte weiter stehen große Glaskästen, in denen sich bei genauerer Betrachtung Nahrungsmittel befinden. Das ganze besteht aus Dosen- und Beutelnahrung. Sämtliche Nahrungsmittel wurden sublimiert, aus den Produkten wurde Wasser entzogen und ein Vakuum hergestellt.
Auch hier müssen wir beide wieder an Anousheh Ansari denken, wie sie beschrieben hat, wie das Essen und die tägliche Nahrungsaufnahme aussehen. Die Nahrung soll im All etwas seltsam schmecken, jedoch haben ihr die Süßigkeiten anscheinend am Besten gemundet.
Von dieser Weltraumnahrung gibt es 250 Sorten, die aber von den Kosmonauten und Astronauten verschieden zusammengestellt werden, sodass etwas Abwechslung herrscht. Kosmonauten können auch vor dem Start testen, was ihnen am besten schmeckt und welche Nahrungsmittel sie im All verzehren wollen. Allerdings verändert sich der Geschmacksinn im All aus noch ungeklärter Ursache.
Ein paar Kästen weiter sind noch die Bestandteile eines „Notlandepacks“ zu sehen. Dieser besteht unter anderem aus einer Signalrakete, einer Pistole, aus Funkgeräten und Angeln, aus Essen und vielem mehr.
Nachdem wir nun auch darüber Bescheid wissen gehen wir um halb zwei mit vollem Kopf, in die Mensa zum Mittagessen, um unseren Bauch zu füllen.
Beim Mittagessen treffen wir einen Esa-Astronauten. Es ist Frank de Winne, der hier gerade sein Mittagessen einnimmt. Wir sprechen ihn gleich an und bitten um Autogramme und ein Foto. Er stimmt auch ganz spontan zu und ist total freundlich.
TMA-Simulator
Ein paar Hallen weiter sehen wir zwei große TMA-Simulatoren. Sie sind exakte Duplikate von denen im All, denn sie werden hier fürs Training davor benutzt. Auch Anousheh Ansari hat in solch einem trainiert. Hier passen drei Kosmonauten für zwei Tage hinein, um zur ISS zu fliegen. Diese Kapsel ist zugleich Wohnraum mit einer Toilette, Wasserversorgung, Speisespeicher, Luftreinigung, Ankopplungsmechanismus und Sesseln und auch noch eine Landekapsel mit Bordcomputer, Steuerung, Treibstoff, Triebwerke und so weiter. Hier ist mehr Platz als in alten Sojus-
Start- und Landeskarphander, Teil 2
Danach geht es für uns weiter zu einer genaueren Betrachtung der Start- und Landeskarphander. Hier darf sogar einer von uns diesen Anzug richtig anziehen. Da Nadine schon bei den Lebenserhaltungssysteme einen anhatte und Thommy zu groß ist, wird Arwa ausgewählt. Auch sie bekommt die weiße Ganzkörperunterwäsche und dann diesen Skarphander mit Helm, bei dem man auch ein Lebenserhaltungssystem in einem Koffer neben her trägt. Sie wird dann sogleich mit Luft aufgepumpt. Sie ist nun so schwer, dass sie gleich vornüberkippt. Zuerst ein kleiner Schock für uns, da wir alle denken sie hätte Panik oder Platzangst bekommen. Aber zum Glück war sie nur zu schwer und es geht ihr gut. Grinsend wird sie wieder hochgehoben. Jetzt darf sie sich in den Start- und Landesitz begeben, in dem man nur in einer Embryohaltung verharren kann. Sie ist sichtlich belustigt über das ganze und fühlt sich pudelwohl. Es ist wirklich gemütlich, meint sie.
Kurz darauf ist der Spaß auch wieder vorbei und wir bewegen uns in richtig Küche.
Die Küche auf der ISS
Hier trainieren die Kosmoauten die Zubereitung der Nahrungsmittel und den Gang zur Toilette, sowie die Wasserregeneration. Das sind alles Dinge, über die wir sowohl am Montag, als auch am heutigen Morgen schon viel in der Theorie erfahren haben. Das Wasser, das hier reguliert wird, ist dann Destillat. Das braucht dann natürlich noch einige Mineralsalze und Silberionen, damit man es auch wirklich trinken kann, sonst wird es schlecht.
Für uns sind extra russische Produkte, die auf der ISS als Nahrungsmittel dienen, auf einem kleinen Tisch neben ein paar Spritzen und Düsen ausgebreitet. Dieser Tisch und diese Spritzen kommen uns gleich bekannt vor. Das hat Anousheh alles erzählt, als sie ihren Blog auf der ISS geschrieben hat. Und jetzt dürfen wir die Produkte, über die sie jeden Tag berichtet hat sogar selbst probieren. Wir sind richtig gespannt. Russische Produkte sind meist pulverig, d.h. sublimiert. Es gibt zum Beispiel verschiedene Säfte und Tee, sowie Suppe, Kartoffel, Brot und so weiter. Wir probieren zuerst Brot. Naja … so richtig essen kann man das nicht. Da tun uns die Menschen auf der ISS echt leid. Das Brot schmeckt, als wäre es gerade am Gären. Aber der Geschmack verändert sich ja im All, vielleicht schmeckt es oben im Orbit ja besser, denn durch die kosmische Solareinstrahlung wird die DNA ein klein wenig verändert, also ändert sich der Geschmack.
Außerdem zeigt man uns noch, wie man mit den Düsen in der Küche umgeht und wir bereiten nacheinander einen Pfirsichsaft und einen amerikanischen Tee vor. Der Tee natürlich mit heißem Wasser, das am Anfang 85 Grad hat, und der Pfirsichtee mit kaltem Wasser. Danach muss man das Pulver kneten und warten, bis sich alles Feste im Wasser gelöst hat. Wir probieren währenddessen noch ein paar kleine Süßigkeiten aus dem All. Wir erinnern uns daran, dass Anousheh erzählt hat, sie habe genau diese ständig den anderen auf der ISS weggegessen. Jetzt wissen wir warum, diese Kräcker schmecken verdammt gut!
Danach sehen wir die Toilette noch einmal richtig. Für feste Ausscheidungen gibt es ein Loch mit einem Beutel darunter, den man jedes Mal auswechseln muss. Das flüssige wird, wie schon beschrieben, mit Luft abgesaugt. Wenn Urin danach zulange steht, könnte sich hier Schwefelsäure bilden. Also muss zuerst das Gas aus dem Urin, bevor es vollständig in Wasserstoff und Sauerstoff umgewandelt wird. Das Feste wird später verbrannt und abgeworfen.
Das Hydrolabor
Um 15 Uhr, nach einem sehr langen Tag, besichtigen wird das Hydrolabor. Hier werden Außenbordeinsätze im Wasser trainiert. In einem riesigen Schacht im Wasser stehen verschiedene Module, an denen etwas repariert oder angebracht werden muss. Einige dieser Versuchsmodule stehen draußen, neben dem riesigen Gebäude. Leider trainiert gerade kein Kosmonaut. Auch ist das Modul gerade nicht unter Wasser, sondern steht noch darüber, bereit für den nächsten Versuch versenkt zu werden. Für solch einen Versuch braucht es viele Fachbetreuer, die alles modellieren. Auch müssen die Kosmonauten dafür tauchen können. Module können in diesem Raum leicht ausgetauscht werden, und das bei dieser Größe, und auch das Wasser kann man entfernen und wieder einlassen. Es ist insgesamt 20 Meter breit und 12 Meter tief.
Die Zentrifuge
Gleich darauf, im Gebäude nebenan, sehen wir das größte Trainingsgerät überhaupt. Die Zentrifuge. In der Halle kann man kaum fassen mit was für einem Gerät man in Kreis geschleudert wird. Der Arm ist insgesamt 18 Meter lang. Es können insgesamt über 18 g simuliert werden, für das Training geht man aber nur auf 4 g. Hier will man vor allem die Überbelastung der Organe und deren Wirkung testen. Außerdem kann man darin auch arbeiten, wenn man für einen Versuch eine bestimmte Anzahl von gs zu bekommen. In der Kabine findet man spezielle Sessel, die sich ebenfalls drehen. Bei solch einem Versuch kann bis zu 200 Stundenkilometer schneller Wind entstehen, deshalb müssen alle Türen speziell verriegelt sein. Das Training geht dann maximal fünf Minuten. Währenddessen sind verschiedene Sensoren auf dem Körper angebracht, um den Gesundheitszustand ständig überwachen zu können. Diese Zentrifuge ist einer der wichtigsten Tests vor dem Flug ins All, da es auf dem Weg zur ISS noch schlimmer werden kann. Herz und Atmung funktionieren unter solchen Bedingungen nämlich anders.
Danach wird noch ein kleiner Film gezeigt, in dem ein Weg von einem Kosmonauten beschrieben wird, wie er für den Versuch vorbereitet, in die Zentrifuge geschoben, gedreht und nachher wieder herausgeholt wird. Diese Bilder veranschaulichen das vorher gehörte noch einmal.
Mittlerweile ist es 16 Uhr und der Tag neigt sich für uns dem Ende zu. Es war wirklich anstrengend, aber auch wirklich toll. Wir werden das nie vergessen. Viele sagen, dass das Sternenstädtchen der Russen doch sowieso für jeden offen ist und da jetzt viele hineinkommen. Heute sehen wir, wie falsch das ist. Wir haben manche Touristengruppen gesehen. Aber die haben nur ein paar Simulatoren, die gerade nicht benutzt werden, von der Mir und der ISS gesehen, sowie ein paar kleine Ausstellungsstücke. Aber sie kommen nicht da hinein, wo wir waren. Vor allem könnten sie niemals einen Anzug anziehen, egal ob den Außenbordanzug oder den Start- und Landeskarphander. Sie haben kein Essen gegessen, nur ausgestelltes gesehen und so geht das gerade weiter. Auch werden diese Besucher nicht zum Hydrolabor oder der Zentrifuge gelassen. Leider haben wir heute nicht den Vestibularstuhl gesehen und ausprobiert, denn der Professor ist momentan leider im Urlaub.
Aber trotzdem war dieser Tag wirklich toll. Eigentlich so der Höhepunkt der Woche, bevor wir morgen dann unser eigentliches Missionsfinale, die Begleitung der Langzeitversuchs für den Marsflug, erleben werden. Wir sind gespannt!
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