Besuch vom Mount Everest
Kürzlich besuchte der Gewinner unserer zweiten Wunschartikel-Runde zusammen mit seiner Frau die Redaktion: Professor Hans Rudolf von Gunten aus Zürich. Ein mehr als rüstiger Mitsiebziger mit Luis-Trenker-Charme und -austrahlung, Vater von vier Kindern. Wie alle dieser Gewinner konnte er den Verlag besichtigen und an unserer Redaktionskonferenz teilnehmen.
Dabei berichtete er von seinem wissenschaftlichen Werdegang, die ihn als Nuklear- und Umweltchemiker die längste Zeit mit der Universität Bern verband. Bei berühmten Wissenschaftlern bekam er seine Ausbildung: zuerst bei dem Kernphysiker Fritz Houtermans (1903–1966), der in den 1920ern zur Göttinger Physiktruppe zählte und bei dem er über radiologische Vorhersagen von Vulkanausbrüchen des Vesuvs promovierte. Danach arbeitete er bei Glenn Seaborg (1913–1999) in den USA, dem Entdecker des Plutoniums und Nobelpreisträger. Zurück von mehreren Aufenthalten in den USA und Australien, hielt er eine Doppelposition in Bern sowie am Paul-Scherrer-Institut bei Zürich.
Von seiner Promotionsarbeit berichtete von Gunten: Manche ältere Vesuvausbrüche seien, so konnte er feststellen, vom Abfall eines bestimmten Bleiisotops begleitet gewesen; und ausgerechnet bei seinen Analysen schien dieses Isotop wieder abzunehmen. Stand erneut ein Ausbruch bevor? Sollten sie gar eine Warnung aussprechen? Jedoch: »Aber es kam zu keinem Ausbruch – Gott sei Dank.«
Doch über sein Hobby, Bergsteigen, berichtete er erst nebenbei. Im Jahr 1956 bestieg er mit einem Freund den 8850 Meter hohen Mount Everest. Seiner Everest-Expedition gelang die Zweit- (Schmied-Marmet) und die Drittbesteigung (Reist-von Gunten) und die Erstbesteigung des Lhotse (8501 m, Reiss-Luchsinger).
Damals ein riskantes Abenteuer, das ein halbes Jahr dauerte – mit dem Schiff von Genua, per Zug in Indien unterwegs, schließlich zu Fuß den Ganges entlang und, begleitet von bergunerfahrenen Sherpas (die eine Woche danach bei einer Sonnenfinsternis wild auf Töpfe und Trommeln schlugen) über sieben Höhenlager zum Gipfel. Houtermans wollte zuerst seinen Doktoranden nicht ziehen lassen. Am nächsten Morgen stimmte er jedoch zu, unter zwei Bedingungen: von Gunten sollte einen Stein vom Gipfel mitbringen, außerdem Fotoplatten aufstellen, zur Messung kosmischer Höhenstrahlung.
Gut, der Stein vom Mount Everest stellte sich dann als uninteressanter Kalkbrocken heraus; und die Fotoplatten, fürsorglich am Gipfel exponiert, auf dem sie zwei Stunden rasteten und sogar ihre Sauerstoffgeräte abnahmen, wurden beim Abstieg vergessen. »Und ich war derjenige«, erinnerte sich von Gunten mit Schaudern, »der es ihm nach unserer Rückkehr beichten musste – kein guter Tag.« Trainiert hatten sie für den Trip auf der Zunge des Rhonegletschers – der damaligen Zunge, muss man wohl sagen. Denn an der Stelle gibt es heute nur noch Geröll, die Gletscher schwinden rapide.
Reinhard Breuer
Dabei berichtete er von seinem wissenschaftlichen Werdegang, die ihn als Nuklear- und Umweltchemiker die längste Zeit mit der Universität Bern verband. Bei berühmten Wissenschaftlern bekam er seine Ausbildung: zuerst bei dem Kernphysiker Fritz Houtermans (1903–1966), der in den 1920ern zur Göttinger Physiktruppe zählte und bei dem er über radiologische Vorhersagen von Vulkanausbrüchen des Vesuvs promovierte. Danach arbeitete er bei Glenn Seaborg (1913–1999) in den USA, dem Entdecker des Plutoniums und Nobelpreisträger. Zurück von mehreren Aufenthalten in den USA und Australien, hielt er eine Doppelposition in Bern sowie am Paul-Scherrer-Institut bei Zürich.
Von seiner Promotionsarbeit berichtete von Gunten: Manche ältere Vesuvausbrüche seien, so konnte er feststellen, vom Abfall eines bestimmten Bleiisotops begleitet gewesen; und ausgerechnet bei seinen Analysen schien dieses Isotop wieder abzunehmen. Stand erneut ein Ausbruch bevor? Sollten sie gar eine Warnung aussprechen? Jedoch: »Aber es kam zu keinem Ausbruch – Gott sei Dank.«
Doch über sein Hobby, Bergsteigen, berichtete er erst nebenbei. Im Jahr 1956 bestieg er mit einem Freund den 8850 Meter hohen Mount Everest. Seiner Everest-Expedition gelang die Zweit- (Schmied-Marmet) und die Drittbesteigung (Reist-von Gunten) und die Erstbesteigung des Lhotse (8501 m, Reiss-Luchsinger).
Damals ein riskantes Abenteuer, das ein halbes Jahr dauerte – mit dem Schiff von Genua, per Zug in Indien unterwegs, schließlich zu Fuß den Ganges entlang und, begleitet von bergunerfahrenen Sherpas (die eine Woche danach bei einer Sonnenfinsternis wild auf Töpfe und Trommeln schlugen) über sieben Höhenlager zum Gipfel. Houtermans wollte zuerst seinen Doktoranden nicht ziehen lassen. Am nächsten Morgen stimmte er jedoch zu, unter zwei Bedingungen: von Gunten sollte einen Stein vom Gipfel mitbringen, außerdem Fotoplatten aufstellen, zur Messung kosmischer Höhenstrahlung.
Gut, der Stein vom Mount Everest stellte sich dann als uninteressanter Kalkbrocken heraus; und die Fotoplatten, fürsorglich am Gipfel exponiert, auf dem sie zwei Stunden rasteten und sogar ihre Sauerstoffgeräte abnahmen, wurden beim Abstieg vergessen. »Und ich war derjenige«, erinnerte sich von Gunten mit Schaudern, »der es ihm nach unserer Rückkehr beichten musste – kein guter Tag.« Trainiert hatten sie für den Trip auf der Zunge des Rhonegletschers – der damaligen Zunge, muss man wohl sagen. Denn an der Stelle gibt es heute nur noch Geröll, die Gletscher schwinden rapide.
Reinhard Breuer
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