Halitose und Gegenmittel: Was hilft gegen Mundgeruch?
Mundgeruch kann viele Ursachen haben. Hartnäckig hält sich das Vorurteil, Mundgeruch käme aus dem Bauch. Der wissenschaftliche Beweis für diesen Zusammenhang fehlt bis heute, und inzwischen häufen sich Indizien, die eher dagegen sprechen. Tatsächlich mieft es in neun von zehn Fällen aus dem Mund – dann wird es unübersichtlich. Immerhin, ob die Ursache im Mund oder woanders liegt, lässt sich leicht feststellen: Riecht die ausgeatmete Luft aus der Nase nicht, kommt der schlechte Atem aus dem Mund. Riecht auch die Nasenluft schlecht, liegt die Ursache woanders.
»Foetor ex ore« hat man Mundgeruch dereinst fachlich korrekt genannt und die stinkende Ausatemluft bei geschlossenem Mund: Halitosis (von lateinisch »halitus«: Atem, Hauch). Inzwischen spricht man von Halitosis – egal woher es mieft. Dabei unterscheidet man grundsätzlich zwischen zwei Arten von Mundgeruch: normalem (= physiologische Halitosis) und krankheitsbedingtem Mundgeruch (= pathologische Halitosis). Wie viele Menschen Mundgeruch haben und ob Faktoren wie Geschlecht und Alter eine Rolle spielen, weiß man nicht. Zwar gibt es wissenschaftliche Studien dazu, deren Aussagekraft ist allerdings fraglich.
Wie entsteht Mundgeruch?
Stickstoff, Sauerstoff, Kohlendioxid – fast alles, was wir ausatmen, ist geruchlos. Geruchsaktive, flüchtige Verbindungen findet man höchstens in einem Prozent der Atemluft. Sie entstehen zum Beispiel in unserer Mundhöhle, wenn Bakterien (die natürlicherweise dort vorkommen) Nahrungsreste oder andere Überbleibsel wie Blut oder abgestorbene Zellen verdauen.
Tatsächlich ist eine der häufigsten Ursachen mangelnde Mundhygiene. Gerade zwischen den Zähnen siedeln sich gerne bakterielle Beläge an, auf der Zunge tummeln sich etwa zwei Drittel der Mundflora. Rückt man ihnen nicht mit Zahnbürste & Co zu Leibe, nehmen die geruchsbildenden Bakterien stinkend überhand.
Häufig kommt Mundgeruch aber auch von einem trockenen Mund. Ein trockener Mund stinkt, weil Speichel fehlt, der den Geruch abfängt. Dank unseres Speichels riechen wir nicht (ständig) aus dem Mund, weil er die dort produzierten flüchtigen Geruchsstoffe bindet und Bakterien teilweise fortspült, die noch mehr Mief produzieren könnten.
Mief aus dem Mund ist nicht zwangsläufig krankhaft. Wenn man nicht mit dem zahnpastafrischen Atem erwacht, mit dem man zu Bett gegangen ist, ist das kein Grund zur Sorge. Morgendlicher Mundgeruch ist ganz normal. Schuld ist eben, genau, ein trockener Mund. Nachts geht uns die Spucke aus, wir produzieren weniger davon, auch weil wir weder sprechen noch kauen. Wer mit offenem Mund schläft und/oder schnarcht, verschärft das Ganze. Sind Mund- und Rachenraum komplett trockengelegt, muffelt's (morgens) eben umso stärker.
Trocken, trockener, Mundgeruch. Mundtrockenheit trifft es auch ein Stück weit bei der berühmt-berüchtigten Fahne infolge von Nahrungs- und Genussmitteln wie Knoblauch, Zwiebel, Kaffee, Alkohol oder Tabak. Schuld am Mief aus dem Mund sind hier Inhaltsstoffe, die den Speichelfluss drosseln und obendrein selbst stinken. So sorgt zum Beispiel Kaffee für Mundgeruch, weil das enthaltene Koffein die Speichelproduktion hemmt und die schwefelhaltigen Inhaltsstoffe (Bakterien sei Dank!) zusätzlich stinken.
Für einen trockenen Mund sorgen oder ihn zum Stinken bringen, das können auch Medikamente beziehungsweise deren Inhaltsstoffe. Zum Beispiel weiß man von Allergiemedikamenten (Antihistaminika), dass sie als Nebenwirkung Mundgeruch verursachen können, ebenso wie Eisenersatzpräparate und Arzneimittel gegen Depressionen (Antidepressiva), Bluthochdruck (Antihypertensiva), Osteoporose (Bisphosphonate) und Medikamente zur Behandlung von Inkontinenz, Parkinson oder chronisch obstruktiver Lungenerkrankung (Anticholinergika).
Es muss aber nicht immer akute Trockenheit herrschen – aus dem Ruder geraten genügt. Uns kann auch ein mikrobiologisches Ungleichgewicht in der Mundhöhle dazu bringen rumzustänkern: Karies, Entzündungen des Zahnfleisches (Gingivitis) und des Zahnhalteapparats (Parodontitis), Abszesse und Pilzinfektionen lassen unsere Mundflora aus dem Gleichgewicht kippen.
Auch Krankheitserreger, die nicht den Mund, sondern die Mandeln, den Rachen oder die Nase besiedeln, verursachen zuweilen Mundgeruch. Wer eine Mandel-, Nasennebenhöhlen- oder Rachenentzündung, einen chronischen Schnupfen, Pfeiffersches Drüsenfieber oder Diphterie mit sich herumschleppt, mieft aus dem Mund. Hier ist die Unterscheidung nach der Geruchsquelle (riecht es nur aus dem Mund oder auch aus der Nase?) nicht immer so ganz eindeutig. Allerdings ist Mundgeruch hier ja auch weder das einzige noch das gewichtigste Symptom.
Deutlich aus der Nase riecht der Atem dagegen, wenn Halitosis als Begleiterscheinung von internistischen Erkrankungen auftritt. Die so genannten Allgemeinerkrankungen können unterschiedlichster Natur und Schwere sein, von Infektionen der oberen Atemwege über Diabetes, Reflux-Erkrankungen oder Nierenversagen bis hin zu schweren Lebererkrankungen.
Aus Mund und Nase zu müffeln, muss auch in Kauf nehmen, wer fastet oder No-Carb zelebriert. Bekommt unser Körper keinen Zucker, verbrennt er Fett, und die Leber bildet so genannte Ketonkörper, die den Körper auf mehreren Wegen verlassen, zum Beispiel über die Atemluft. Die riecht dann so ähnlich wie Nagellackentferner. Ähnlich unappetitlich ist eine bitter-herbe bis modrige Note, die sich dann dazugesellt, wenn dem Bakterienrasen auf der Zunge die Abreibung fehlt und/oder er eben einfach trocken liegt.
Für den Fachmann kann die Geruchsnote das entscheidende Indiz dafür sein, was dem Mundgeruch zu Grunde liegt. Dabei ist das, was den Mief auslöst, ziemlich unübersichtlich: 3000 potenziell geruchsaktive flüchtige Verbindungen hat man bislang in der Atemluft gefunden. Grob einteilen lassen sich die Stinker in Schwefelverbindungen, aromatische Verbindungen und Amine, Alkohole, aliphatische Verbindungen, Aldehyde und Ketone. Flüchtige Schwefelverbindungen fallen bei den natürlichen Verdauungsprozessen im Mund allerdings am häufigsten an. Puh! Mundgeruch oder kein Mundgeruch, das ist hier die Frage …
Ob man aus dem Mund müffelt, lässt sich nicht ohne Hilfe herausfinden. Ein schlechter Geschmack im Mund bedeutet nicht zwangsläufig Mundgeruch, und auch wer in die Hand, an den Spiegel oder in eine Tüte haucht, um den eigenen Atem zu riechen, hat schlechte Karten. Wieso? Weil die eigene Nase andauernde (Eigen-)Gerüche nicht mehr wahrnimmt und die stinkenden Verbindungen extrem flüchtig sind.
Auch viel zitierte Selbsttests wie das Ablecken des Handrückens nebst anschließendem Beschnuppern der eingespeichelten Stelle kann man getrost vergessen. Speichel fängt Gerüche ein und gibt sie eben auch wieder frei, wenn er verdunstet.
Wer glaubt, Mundgeruch zu verströmen, sollte also am besten die Nase einer Vertrauensperson befragen. Einige Unikliniken und Praxen bieten inzwischen eine Mundgeruch-Sprechstunde an: Dort schnuppert entweder das medizinische Fachpersonal oder künstliche Nasen, gemeint sind Geräte oder Schnelltests, die Atemluft oder Abstriche aus dem Mund analysieren. Wie trügerisch die Selbstdiagnose Mundgeruch ist, zeigt sich in der Mundgeruch Sprechstunde. Etwa jeder Vierte, der sie besucht, schwört Stein und Bein, dass er aus dem Mund riecht – und tut es eben nicht.
Was tun gegen Mundgeruch?
Eine pauschal wirksame Therapie gibt es nicht. Welches Mittel gegen Mundgeruch hilft, hängt von dessen Ursache ab. Allerdings lässt sich mit diesem ersten und zugleich heißesten Tipp nichts falsch machen: Mundhygiene ist das A und O. Neben dem Zähneputzen (mindestens zweimal täglich), empfiehlt sich die tägliche Reinigung der Zahnzwischenräume mit Zahnseide oder Interdentalbürste.
Wer Mundgeruch den Kampf ansagen will, sollte auch die Zunge mindestens zweimal am Tag reinigen. Was sich trivial anhört, ist oft schon die Lösung, denn hier sitzen die meisten Mikroorganismen sowie deren Nährstoffe. Ein Zungenschaber tut es genauso wie ein Löffel: Zunge rausstrecken und die ganze Oberfläche säubern. Vor allem in Richtung Zungenwurzel findet sich zunehmend Zungenbelag, den es zu entfernen gilt. Wem der Würgereiz in die Quere kommt: die Zunge vorne zwischen Zeigefinger und Daumen nehmen oder die Augen schließen. Das kann helfen. Wer es noch gründlicher haben will, greift statt zum Schaber zu Zungenbürste und antibakteriellem Reinigungsgel. Wer sich so richtig durchputzen lassen möchte, der geht zur professionellen Zahnreinigung, zu der auch eine Zungenreinigung gehört.
Der Gang zum Zahnarzt lohnt sich allemal, denn nicht nur zwischen den Zähnen und auf der Zunge liegt die Ursache von Mundgeruch. Andere potenzielle Keimzellen sind Zahnfleischtaschen, schlecht sitzender Zahnersatz und defekte Füllungen. Sie sollten behandelt werden, denn sie alle sind ein wahres Eldorado für die Bakterien in Mund- und Rachenraum, die Sauerstoff nicht leiden können und für Mundgeruch sorgen.
Auch ein Blick auf die Inhaltsstoffe der Zahnpflegeprodukte lohnt: Zahncreme mit Amin- und/oder Zinnfluorid wirkt antimikrobiell und vertreibt potenzielle Geruchsbildner. Zink in der Zahnpasta vermindert Mundgeruch, weil es die schwefelhaltigen Geruchspartikel bindet.
Wer eine Mundspüllösung verwenden will, sollte dies höchstens übergangsweise tun. Als grobe Faustregel gilt: nicht länger als zwei Wochen und höchstens täglich eine halbe Minute, um die natürliche Mundflora nicht dauerhaft zu schädigen und Nebenwirkungen wie Zahnverfärbungen oder Geschmacksbeeinträchtigungen zu vermeiden. Empfohlen werden vor allem Mundspüllösungen ohne Alkohol. Chlorhexidingluconat, Zinkchlorid, Cetyl-Pyridin-Chlorid (CPC), Wasserstoffperoxid, Triclosan, Aminfluorid und Zinnfluorid sowie ätherische Öle haben sich in Studien als wirksam gegen Mundgeruch erwiesen.
Andere Mittelchen wie Mundsprays wirken nur kurzfristig. Lutschpastillen und Kaugummis ohne aktive Inhaltsstoffe haben höchstens einen mechanischen Reinigungseffekt, regen jedoch den Speichelfluss an, was wiederum Mundgeruch bis zu einem gewissen Punkt neutralisieren kann. Allemal einen Versuch wert ist das so genannte Ölziehen, ein Verfahren, bei dem man den Mund mit Öl spült. Dessen Wirksamkeit gegen Zahnbelag und Mundgeruch ist bisher nicht wissenschaftlich bewiesen, aber es gibt durchaus plausible Theorien, warum und wie die Wasser abweisenden Moleküle antibakteriell wirken könnten.
Viel trinken lautet die Devise, wenn man seinen Mundgeruch mit Mundtrockenheit in Verbindung bringt. Am besten eignet sich Wasser, um Mund und Rachen zu befeuchten. Aber auch schwarzer und grüner Tee sind empfehlenswert, weil sie das Wachstum der Plaquebakterien hemmen. Von Kaffee sollte man am besten Abstand nehmen.
Gewürznelken, Fenchel- und Anissamen helfen als Tee aufgebrüht oder einfach so gekaut gegen Mundgeruch: Sie desodorieren und wirken antibakteriell. Säurehaltige Früchte (wie Orangen, Zitronen oder Äpfel) und ballaststoffreiche Lebensmittel regen die Speichelproduktion an und helfen so gegen einen trockenen Mund und dadurch bedingten Mundgeruch. Nach Alkohol-, Knoblauch- und Zwiebelgenuss hilft es dagegen, Petersilie zu kauen, weil ihr Blattgrün, das Chlorophyll, Gerüche neutralisiert.
Wer unter starkem Mundgeruch leidet, sollte nicht zögern, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Ansprechpartner ist der Haus-, aber auch der Zahnarzt. Wer hier nicht weiterkommt, kann sich an Einrichtungen wenden, die eine Mundgeruch Sprechstunde anbieten. Wenn die Halitosis überraschend auftritt oder andere Begleiterscheinungen wie Kopf- und Gliederschmerzen oder Husten und Atembeschwerden hinzukommen, gilt: Hausarzt aufsuchen und abklären lassen.
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