Freistetters Formelwelt: Aliens im achtdimensionalen Heuhaufen
Die Suche nach außerirdischem Leben gehört zu den Themen der Astronomie, an denen die Öffentlichkeit am meisten interessiert ist. Und wenn ich gefragt werde, wie wahrscheinlich es ist, dass da irgendwo draußen im All noch Leben existiert, ist fast immer intelligentes Leben gemeint.
Die Wissenschaft der Astrobiologie hat aber einen sehr viel allgemeineren Ansatz: Das Leben, das man dort zu finden hofft, muss nicht intelligent sein. »Einfaches« Leben – Bakterien, Algen und andere Mikroorganismen – wäre mit unseren derzeitigen technischen Möglichkeiten auch viel leichter aufzuspüren. Selbst aus der Ferne könnten wir mit etwas Glück die Gase und Moleküle nachweisen, die solches Leben vielleicht auf fernen Planeten erzeugt.
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Intelligente Aliens sind dagegen viel schwerer zu finden. Gesucht wird trotzdem: Unter dem Begriff SETI (»Search for Extraterrestrial Intelligence«) versuchen Fachleute seit Jahrzehnten, eventuell vorhandene Radiobotschaften aufzufangen, die intelligente Wesen von fernen Planeten ins All geschickt haben. Bis jetzt erfolglos. Was aber auch kein Wunder ist, denn es gibt sehr viel zu durchsuchen. Das demonstriert diese Formel:
Dieser komplexe Ausdruck stammt aus einer Forschungsarbeit aus dem Jahr 2018, die den schönen Titel »How Much SETI Has Been Done?« trägt. Wie umfangreich war die Suche nach Aliens bis jetzt? Um das abzuschätzen, muss man zuerst einmal spezifizieren, wie ausgedehnt der Raum ist, den es zu durchsuchen gilt. Wie groß ist der »kosmische Heuhaufen«, in dem sich die »Nadel« der Aliens verstecken könnte?
Genau das gibt die Formel an: Das Volumen des »cosmic haystack«, wie es die Autorinnen und Autoren selbst genannt haben. Es handelt sich dabei nicht um ein normales Volumen im dreidimensionalen Raum. Der kosmische Heuhaufen hat acht Dimensionen! Das klingt nach Sciencefiction, ist aber simple Mathematik. Der klassische Raum ist ja nur einer von vielen Parametern, die man bei der Suche berücksichtigen muss.
Unendliche Weiten
Es kommt natürlich auch darauf an, in welche Richtung man die Teleskope richtet und wie viele Sterne man prüfen kann. Man muss dann aber die richtige Frequenz treffen, die richtige Bandbreite des Signals, seine Polarisierung und Modularisierung. Man muss im richtigen Moment zuhören, beziehungsweise berücksichtigen, ob und wie oft das Signal wiederholt wird und wie empfindlich die Teleskope sind. Insgesamt hat man acht Schrauben, an denen man im übertragenen Sinn drehen kann, um ein Signal zu empfangen.
Diese acht Parameter sind in der Formel berücksichtigt, und die Arbeit beschäftigt sich damit, die oberen und unteren Grenzen der Werte abzuschätzen, die die Variablen jeweils annehmen können. Am Ende wird das Volumen des kosmischen Heuhaufens in einem abstrakten achtdimensionalen Raum berechnet, der von den acht Parametern aufgespannt wird. Das Resultat: 6,4 x 10116 m5Hz2sW-1.
Eine eindrucksvoll große Zahl mit einer ebenso eindrucksvoll ungewöhnlichen Einheit. Ebenso eindrucksvoll klein ist der Teil dieses Volumens den wir bisher mit SETI-Programm abgesucht haben. Der besseren Vorstellung halber wird im Fachartikel ein Vergleich bemüht: Würde das Volumen des kosmischen Heuhaufens dem des gesamten Wassers in den irdischen Ozeanen entsprechen, dann hätten wir aktuell 8000 Liter davon untersucht.
Ob es intelligente Aliens gibt, bleibt unbeantwortet. Und angesichts der gewaltigen Größe des kosmischen Heuhaufens sollten wir nicht zu schnell mit dem Finden einer Nadel rechnen.
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