Angemerkt!: Durchbruch!?
Am Ende waren sie so isoliert wie wohl nicht einmal vor Beginn des letzten Golfkriegs im Irak: Als "unwillkommen und ohne jede Basis" kanzelte etwa der Vertreter Südafrikas die Anschuldigungen der USA an die Entwicklungsländer wegen der Klimaschutzpolitik ab. "Sie sind nicht in der Lage, die Führung zu übernehmen. Gehen Sie aus dem Weg", schleuderte ein Delegierter aus Papua-Neuguinea der US-amerikanischen Mission entgegen. Und da nicht einmal mehr die zuvor ebenfalls zögerlichen Japaner, Russen und Kanadier die Obstruktionspolitik des Weißen Hauses stützen mochten, brach George W. Bushs Blockade wie ein Kartenhaus zusammen. Unter dem nun tosenden Applaus des Auditoriums traten die USA dem Konsens von Bali bei.
Die Vereinigten Staaten sind damit wieder einigermaßen im Boot und schauen nicht nur vom Ufer zu, wie sich mehr als 180 Staaten mühen, die Erderwärmung einzudämmen. Das Kyoto-Protokoll ratifizieren sie zwar noch nicht, wie es Australien kurz nach dem Regierungswechsel in Canberra und vor der Bali-Konferenz vorexerzierte – dieser Schritt bleibt dem nächsten Präsidenten in Washington nach Amtsantritt 2009 überlassen. Trotz des immens steigenden innenpolitischen Drucks von Seiten der Gouverneure, der Städte, vieler Bürger und sogar Teilen der Industrie darf angezweifelt werden, dass Bush hier über seinen Schatten springt.
Immerhin verweigert seine Regierung nicht mehr die Anerkennung, dass ein Klimawandel stattfindet, der Mensch daran die überwiegende Schuld trägt und dass etwas dagegen unternommen werden muss. Das war es aber auch schon. Denn konkrete Ziele lassen sich mit den USA – noch – nicht festlegen, und sie fanden damit auf Bali mächtige Freunde: Neben aufstrebenden Schwellenländern wie China und Indien opponierten ebenso die Unterzeichner des Kyoto-Protokolls Kanada, Japan und Russland gegen eine verbindliche Reduzierung der Kohlendioxid-Emissionen bis 2050. Vor allem der Energieriese Russland bereitet nun Schwierigkeiten, die zukünftig nicht kleiner werden dürften: Der neue Reichtum des Landes basiert auf Öl und Gas – Rohstoffe, mit denen möglichst noch lange Geld gemacht werden soll.
Der Wunsch der Europäer, dass vierzig Industrienationen bis 2020 ihren CO2-Ausstoß um 25 bis 40 Prozent senken und dies verbindlich im Protokoll Eingang findet, wurde daher abschlägig beschieden. Immerhin bleibt er als Fußnote in einem zweiten, separaten Abschlusspapier für diese Staatengruppe stehen, und diese Nationen verpflichten sich darüber hinaus auf eine Senkung um die Hälfte (verglichen mit dem Stand von 1990) bis 2050. Selbst Russland und Japan haben diese Vereinbarung unterzeichnet. Dennoch fehlt dieser Punkt im Hauptwerk der Bali-Konferenz, was eines der schwerwiegendsten Versäumnisse der Verhandlungen ist: Darin wird nur von "tiefen Einschnitten" geredet, die "nötig sind, um das gewünschte Ziel zu erreichen".
Der Widerstand der USA gegen feste Ziele entzündete sich unter anderem auch an der Streitfrage, ob Länder wie China, Indien, Brasilien oder Südafrika ihren Anteil an Einsparungen zu leisten haben – was die Schwellenländer mit Blick auf ihren ökonomischen Nachholbedarf verneinen. Die amerikanischen Einwände sind durchaus gerechtfertigt, haben China, Indien oder Brasilien doch schon zu den größten Emittenten aufgeschlossen und würde ein einseitig verteuerter Energieverbrauch das Kostengefälle im wirtschaftlichen Wettbewerb noch deutlicher verschärfen. Als bisherige Hauptverursacher des Klimawandels müssen die Industriestaaten dennoch in Vorleistung treten.
Kurz vor Schluss konnte die indische Delegation zudem einen für ihre Seite vorteilhaften Passus durchsetzen: Die Industrienationen verpflichten sich zu "messbaren, meldepflichtigen und überprüfbaren" Hilfen auf den Gebieten des Technologie-Transfers, der Entwicklung und der Finanzierung von Klimaschutzmaßnahmen. Auf der anderen Seite wollen dann auch die Entwicklungsländer ihre Treibhausgase reduzieren. Eine sehr vage Aussage und ebenfalls eher ein Rückschlag für den Kampf gegen die Erwärmung, denn ohne China und Konsorten verbindlich einzubeziehen, macht ein neues Abkommen wenig Sinn. Immerhin erkennen alle Staaten – Nord wie Süd – die wissenschaftlichen Erkenntnisse des IPCC an.
Erfreulich ist zudem die Aussage der tropischen Staaten, die Wälder in ihren Ländern als Kohlendioxid-Senke besser zu schützen. Diese Ökosysteme zählen deshalb zumindest auf dem Papier zu den großen Gewinnern der Bali-Konferenz. Ihre Abholzung verursacht ein Fünftel der jährlichen CO2-Emissionen, was umgekehrt ihre Erhaltung zu einem einfachen wie effektiven und relativ billigen Klimaschutzelement machen würde. Waldreichen Nationen soll es erlaubt werden, ihren lebenden Bestand als Kohlenstoff-Kredit an Unternehmen oder andere Staaten zu verkaufen: Stehender Wald als Kohlendioxid-Speicher hätte dann einen Wert an sich und wäre lukrativer als seine Abholzung. Mit Hilfe der Weltbank wollen manche Nationen wie Costa Rica oder Papua-Neuguinea erste Projekte auf den Weg bringen; zudem sollen die Waldflächen und ihre jeweilige Eignung weltweit erfasst werden. Geklärt werden muss aber zukünftig noch, bis zu welchem Grad sich Industrieländer derartig von ihren Reduktionszielen freikaufen dürfen, Experten sehen bei zu großzügiger Auslegung beispielsweise den Emissionshandel der Europäischen Union vor dem Zusammenbruch.
Zweiter Sieger sind Staaten, die unter der Erderwärmung leiden, aber finanziell zu schwach sind, um sich ausreichend auf nicht mehr zu vermeidende Folgen vorzubereiten. Bereits in Kyoto ausgehandelte Mechanismen, einen Teil der Erträge aus dem Zertifikatehandel diesen Ländern zukommen zu lassen, sollen ausgeweitet werden. Mit dem Geld sollen dann höhere Deiche gebaut oder die Versorgung mit Trinkwasser verbessert werden. Wie bei der Vereinbarung zu den Wäldern ist hier aber ebenfalls noch viel theoretischer Natur.
Immerhin – und das bleibt als positives Fazit von Bali – können die nächsten Verhandlungen im polnischen Posen und vor allem in Kopenhagen 2009 auf den erreichten Ergebnissen aufbauen und diese vielleicht noch ausbauen: Der Fahrplan steht. Ein totales Scheitern und der neuerliche Rückzug der USA wurden verhindert. Jetzt gilt es den Schwung der letzten Minuten von Bali mitzunehmen, damit in zwei Jahren ein besseres und umfangreicheres Protokoll zum Klimaschutz in Dänemark verabschiedet wird – länger kann die Erde auch nicht mehr warten.
Die Vereinigten Staaten sind damit wieder einigermaßen im Boot und schauen nicht nur vom Ufer zu, wie sich mehr als 180 Staaten mühen, die Erderwärmung einzudämmen. Das Kyoto-Protokoll ratifizieren sie zwar noch nicht, wie es Australien kurz nach dem Regierungswechsel in Canberra und vor der Bali-Konferenz vorexerzierte – dieser Schritt bleibt dem nächsten Präsidenten in Washington nach Amtsantritt 2009 überlassen. Trotz des immens steigenden innenpolitischen Drucks von Seiten der Gouverneure, der Städte, vieler Bürger und sogar Teilen der Industrie darf angezweifelt werden, dass Bush hier über seinen Schatten springt.
Immerhin verweigert seine Regierung nicht mehr die Anerkennung, dass ein Klimawandel stattfindet, der Mensch daran die überwiegende Schuld trägt und dass etwas dagegen unternommen werden muss. Das war es aber auch schon. Denn konkrete Ziele lassen sich mit den USA – noch – nicht festlegen, und sie fanden damit auf Bali mächtige Freunde: Neben aufstrebenden Schwellenländern wie China und Indien opponierten ebenso die Unterzeichner des Kyoto-Protokolls Kanada, Japan und Russland gegen eine verbindliche Reduzierung der Kohlendioxid-Emissionen bis 2050. Vor allem der Energieriese Russland bereitet nun Schwierigkeiten, die zukünftig nicht kleiner werden dürften: Der neue Reichtum des Landes basiert auf Öl und Gas – Rohstoffe, mit denen möglichst noch lange Geld gemacht werden soll.
Der Wunsch der Europäer, dass vierzig Industrienationen bis 2020 ihren CO2-Ausstoß um 25 bis 40 Prozent senken und dies verbindlich im Protokoll Eingang findet, wurde daher abschlägig beschieden. Immerhin bleibt er als Fußnote in einem zweiten, separaten Abschlusspapier für diese Staatengruppe stehen, und diese Nationen verpflichten sich darüber hinaus auf eine Senkung um die Hälfte (verglichen mit dem Stand von 1990) bis 2050. Selbst Russland und Japan haben diese Vereinbarung unterzeichnet. Dennoch fehlt dieser Punkt im Hauptwerk der Bali-Konferenz, was eines der schwerwiegendsten Versäumnisse der Verhandlungen ist: Darin wird nur von "tiefen Einschnitten" geredet, die "nötig sind, um das gewünschte Ziel zu erreichen".
Der Widerstand der USA gegen feste Ziele entzündete sich unter anderem auch an der Streitfrage, ob Länder wie China, Indien, Brasilien oder Südafrika ihren Anteil an Einsparungen zu leisten haben – was die Schwellenländer mit Blick auf ihren ökonomischen Nachholbedarf verneinen. Die amerikanischen Einwände sind durchaus gerechtfertigt, haben China, Indien oder Brasilien doch schon zu den größten Emittenten aufgeschlossen und würde ein einseitig verteuerter Energieverbrauch das Kostengefälle im wirtschaftlichen Wettbewerb noch deutlicher verschärfen. Als bisherige Hauptverursacher des Klimawandels müssen die Industriestaaten dennoch in Vorleistung treten.
Kurz vor Schluss konnte die indische Delegation zudem einen für ihre Seite vorteilhaften Passus durchsetzen: Die Industrienationen verpflichten sich zu "messbaren, meldepflichtigen und überprüfbaren" Hilfen auf den Gebieten des Technologie-Transfers, der Entwicklung und der Finanzierung von Klimaschutzmaßnahmen. Auf der anderen Seite wollen dann auch die Entwicklungsländer ihre Treibhausgase reduzieren. Eine sehr vage Aussage und ebenfalls eher ein Rückschlag für den Kampf gegen die Erwärmung, denn ohne China und Konsorten verbindlich einzubeziehen, macht ein neues Abkommen wenig Sinn. Immerhin erkennen alle Staaten – Nord wie Süd – die wissenschaftlichen Erkenntnisse des IPCC an.
Erfreulich ist zudem die Aussage der tropischen Staaten, die Wälder in ihren Ländern als Kohlendioxid-Senke besser zu schützen. Diese Ökosysteme zählen deshalb zumindest auf dem Papier zu den großen Gewinnern der Bali-Konferenz. Ihre Abholzung verursacht ein Fünftel der jährlichen CO2-Emissionen, was umgekehrt ihre Erhaltung zu einem einfachen wie effektiven und relativ billigen Klimaschutzelement machen würde. Waldreichen Nationen soll es erlaubt werden, ihren lebenden Bestand als Kohlenstoff-Kredit an Unternehmen oder andere Staaten zu verkaufen: Stehender Wald als Kohlendioxid-Speicher hätte dann einen Wert an sich und wäre lukrativer als seine Abholzung. Mit Hilfe der Weltbank wollen manche Nationen wie Costa Rica oder Papua-Neuguinea erste Projekte auf den Weg bringen; zudem sollen die Waldflächen und ihre jeweilige Eignung weltweit erfasst werden. Geklärt werden muss aber zukünftig noch, bis zu welchem Grad sich Industrieländer derartig von ihren Reduktionszielen freikaufen dürfen, Experten sehen bei zu großzügiger Auslegung beispielsweise den Emissionshandel der Europäischen Union vor dem Zusammenbruch.
Zweiter Sieger sind Staaten, die unter der Erderwärmung leiden, aber finanziell zu schwach sind, um sich ausreichend auf nicht mehr zu vermeidende Folgen vorzubereiten. Bereits in Kyoto ausgehandelte Mechanismen, einen Teil der Erträge aus dem Zertifikatehandel diesen Ländern zukommen zu lassen, sollen ausgeweitet werden. Mit dem Geld sollen dann höhere Deiche gebaut oder die Versorgung mit Trinkwasser verbessert werden. Wie bei der Vereinbarung zu den Wäldern ist hier aber ebenfalls noch viel theoretischer Natur.
Immerhin – und das bleibt als positives Fazit von Bali – können die nächsten Verhandlungen im polnischen Posen und vor allem in Kopenhagen 2009 auf den erreichten Ergebnissen aufbauen und diese vielleicht noch ausbauen: Der Fahrplan steht. Ein totales Scheitern und der neuerliche Rückzug der USA wurden verhindert. Jetzt gilt es den Schwung der letzten Minuten von Bali mitzunehmen, damit in zwei Jahren ein besseres und umfangreicheres Protokoll zum Klimaschutz in Dänemark verabschiedet wird – länger kann die Erde auch nicht mehr warten.
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