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Rosetta-Bilder: Meinung: Die ESA traut sich was!

Die Europäische Weltraumbehörde gibt die Rosetta-Bilder frei - nicht weniger als eine Zeitenwende, findet Lars Fischer.
Komet 67P aus zehn Kilometer Entfernung

Die Kometensonde Rosetta läutet ein neues Zeitalter in der europäischen Raumfahrt ein – gemeint ist allerdings nicht die spektakuläre Landung auf dem Kometen selbst, geplant für nächsten Mittwoch, sondern eine andere, nur scheinbar nebensächliche Maßnahme. Die ESA stellt ab sofort alle Bilder der Rosetta-Navigationskamera unter einer Creative-Commons-Lizenz zur Verfügung.

Lars Fischer | Lars Fischer ist Wissenschaftsjournalist und Redakteur bei "Spektrum.de".

Das bedeutet, dass wir alle diese Bilder jetzt frei verwenden können – ob auf einer Webseite oder selbst gebastelten Weihnachtskarten. Die Lizenzbedingungen verlangen lediglich, die ESA als Urheberin zu nennen und abgewandelte Werke zu gleichen Bedingungen zur Verfügung zu stellen. Für die Organisation, die sich bisher – auch aus strukturellen Gründen – mit massenwirksamer Öffentlichkeitsarbeit oft schwer getan hat, ist das ein großer Schritt nach vorn, der sicher nicht wenig Mühe gekostet hat.

Dafür ist die ESA nun nicht nur auf der Höhe der Zeit, sondern endlich auch in der Außendarstellung auf Augenhöhe mit der NASA, zumindest was Rosetta angeht. Marco Trovatello und Mark McCoughrean begründen den Schritt im ESA-Blog damit, dass die europäische Öffentlichkeit die Mission finanziert und damit auch ein Anrecht auf diese Bilder habe. Dass sich die Behörde nun ausdrücklich hinter dieses Argument stellt, hat Bedeutung weit über die Raumfahrt hinaus. Denn nicht nur die Rosetta-Mission ist mit Steuergeldern finanziert, sondern ein beträchtlicher Teil aller Forschung in Europa und weltweit. Der Open-Access-Bewegung, die diese Forschung zugänglich machen will, dürfte die Maßnahme der ESA weiter Auftrieb geben.

Aber man darf wohl spekulieren, dass auch andere Gründe eine Rolle spielten – zum Beispiel die bisherige Überlegenheit der NASA in der Öffentlichkeitsarbeit. Während spektakuläre Aufnahmen der US-Weltraumbehörde sich auf allen Kanälen rasant verbreiten, führen die optisch und wissenschaftlich oft nicht weniger eindrucksvollen Missionen der europäischen Konkurrenz meist ein Schattendasein – weil es häufig sehr lange dauert, bis Material der ESA-Missionen von allen beteiligten Stellen und Organisationen freigegeben wird.

Ambition
Der Film "Ambition" ist radikal anders als die bisherige Öffentlichkeitsarbeit der ESA.

Das soll sich mit Rosetta wohl ändern. Die Mission wird anscheinend zu einem Testballon für eine offensivere Form der Öffentlichkeitsarbeit – auch erkennbar an dem ebenso untypischen wie großartigen Sieben-Minuten-Film "Ambition", an dem neben dem oscarnominierten Filmemacher Tomek Baginski auch Aidan Gillen aus "Game of Thrones" beteiligt war. Der Film und die Freigabe der Bilder sind mutige Schritte.

Außerdem dürften die freigegebenen Bilder auch ein bisschen die Wogen glätten, nachdem jüngst ein Streit um Rosetta-Daten für Aufregung gesorgt hat. Zwar gilt die Freigabe bisher nicht für Bilder, an denen externe Forscher Rechte halten, aus dem Umfeld der ESA-Öffentlichkeitsarbeit heißt es jedoch, man arbeite daran, auch solches Material zugänglich zu machen – zum Beispiel die Mars-Fotografien mit der Stereokamera HRSC.

Die ESA lernt mit Rosetta endlich, was die NASA schon lange meisterhaft beherrscht: nicht nur ins All zu fliegen, sondern eben auch die Welt daran teilnehmen zu lassen und spannende Geschichten darüber zu erzählen. Europa, heißt es oft, könne heute nicht mehr inspirieren. Die ESA tritt jetzt an, das Gegenteil zu beweisen.

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