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Freistetters Formelwelt: Wenn das Auge nicht gut genug ist

Welche Farben die Dinge haben, können wir meist recht gut erkennen. In der Astronomie reicht das allerdings schon lange nicht mehr aus. Hier braucht es mathematische Exaktheit.
Ein fiktiver Sternenhimmel mit deutlich intensiveren Farben

Um brauchbare Fotos zu machen, braucht man sich heute dank der Kameras in den überall vorhandenen Smartphones kaum noch anzustrengen. Will man keinen Schnappschuss machen, sondern eine astronomisch auswertbare Fotografie des Himmels, muss man etwas mehr Arbeit investieren. Im Vergleich zu früheren Zeiten ist es für die Astronominnen und Astronomen heute aber trotzdem deutlich einfacher.

Jeder Stern hat eine bestimmte Farbe, die im Wesentlichen von seiner Temperatur abhängt. Das kann man zum Beispiel mit dieser Formel angeben:

Farbtemperatur und Farbindex

Die Temperatur T (in Kelvin) hängt hier nur vom so genannten Farbindex (B-V) ab. Damit bezeichnet man den Unterschied der scheinbaren Helligkeit eines Sterns, wenn sie einmal im blauen Licht (bei einer Wellenlänge von 442 Nanometern) und einmal im gelben Licht (bei 540 Nanometern) gemessen wird.

Die Definition solcher Farbindizes ist eine relativ neue Erfindung in der Astronomie. Jahrtausendelang konnte man den Himmel nur mit bloßem Auge betrachten. Die Helligkeit eines Sterns war die, die man direkt sehen konnte. Als dann im 19. Jahrhundert erstmals die Fotografie in der Astronomie eingesetzt wurde, stieß man auf ein Problem.

Das menschliche Auge hat eine andere Empfindlichkeit als die Fotoplatten, die man bei der analogen Fotografie verwendet. Ein Stern sendet Licht über einen großen Wellenlängenbereich verteilt hinaus ins All. Unsere Augen nehmen eine Mischung aller Anteile des Lichts wahr, und daraus entsteht unser Farbeindruck.

Tücken der Technik

In der Fotografie verwendete man früher jedoch Trägerplatten aus Glas oder Metall, die mit einer chemischen Emulsion beschichtet waren. Je nach deren Zusammensetzung reagierten sie unterschiedlich stark auf die verschiedenen spektralen Anteile des Lichts. Ultraviolettes und blaues Licht konnten die frühen astrofotografischen Techniken zum Beispiel besser registrieren als den langwelligeren Anteil, der oft gar keinen Effekt auf den Fotoplatten verursachte.

Das Resultat: Die fotografisch gemessenen Helligkeiten der Sterne unterschieden sich von jener, die man zuvor visuell bestimmt hatte. Auch die Teleskope selbst machten Probleme. Die optischen Bauteile fokussierten das Sternenlicht so, dass das menschliche Auge es optimal wahrnehmen konnte. Da eine Fotoplatte aber anderes Licht registriert als der Mensch, liegt der ideale Fokus hier woanders. Wollte man scharfe Aufnahmen bekommen, musste man also das Teleskop umbauen. Deswegen und noch aus vielen anderen Gründen hatte die Fotografie anfangs Schwierigkeiten, in der Astronomie ernst genommen zu werden.

Man musste sich erst dazu durchringen, Teleskope ausschließlich für den Einsatz mit Fotoplatten zu bauen und darauf zu verzichten, mit den eigenen Augen durch die Instrumente zu blicken. Und es war nötig, so genannte fotometrische Systeme zu entwickeln, um die Helligkeit von Sternen in klar definierten spektralen Bereichen zu beschreiben. Man ließ nur noch Licht ganz bestimmter Wellenlänge auf die Fotoplatten fallen und definierte für jeden dieser Filter eine eigene Helligkeit.

Am gebräuchlichsten ist das UBV-System, das auch in der obigen Formel zum Einsatz kommt. Neben den beiden schon erwähnten B- und V-Filtern wird hier noch ultraviolettes Licht bei 364 Nanometern verwendet. Aus den drei individuell gemessenen Helligkeiten kann man dann verschiedene Farbindizes berechnen, die eine wissenschaftlich exakte Angabe der Farbe eines Sterns ermöglichen.

Heute ist die Fotografie dank digitaler Technik deutlich einfacher geworden. Wer das Universum erforscht, muss aber immer noch auf Wellenlängen und fotometrische Systeme achten. Im Urlaub darf man die Kamera allerdings gerne beiseitelassen und so wie früher die Welt einfach bloß mit den eigenen Augen betrachten.

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