Direkt zum Inhalt

Lexikon der Biochemie: Milchsäuregärung

Milchsäuregärung, der enzymatische Abbau von Kohlenhydraten (insbesondere Glucose, Lactose) zu Milchsäure unter anaeroben Bedingungen. Neben der Milchsäurebildung in der Muskulatur sind manche Pilze, Grünalgen, höhere Pflanzen und vor allem Milchsäurebakterien (Lactobacteriaceae) zur M. befähigt.

Bei der homofermentativen M., zu der neben verschiedenen Lactobacillen (z.B. Lactobacillus lactis, L. bulgaricus) auch Coccen (u.a. Streptococcus lactis) in der Lage sind, entsteht praktisch nur Milchsäure (etwa 90 %). Der Abbau der Glucose erfolgt – wie in der Skelettmuskulatur der Säugetiere – über die Glycolyse. Im Gegensatz zu Tieren, die ausschließlich L-Lactat bilden, entsteht bei den aufgeführten Bakterien nur D-Lactat. L. casei bildet bei der homofermentativen M. L-Lactat und L. curvatus D,L-Lactat. Die optische Aktivität der gebildeten Milchsäure ist von der Stereospezifität der Lactat-Dehydrogenase sowie von dem Vorkommen einer Racemase abhängig.

Bei der heterofermentativen M. wird nur ein Teil der Glucose in Lactat umgewandelt. Aus dem Rest entsteht Ethanol und CO2 (Leuconostoc mesenteroides) oder Acetat und CO2 (L. brevis). Beide Bakterienspecies sind obligat heterofermentativ und besitzen u.a. keine Aldolase. Glucose wird deshalb über den Pentosephosphat-Zyklus zu Xylulose-5-phosphat abgebaut, welches durch die Phosphoketolase (TPP-Enzym) in Glycerinaldehyd-3-phosphat und Acetylphosphat gespalten wird. Acetylphosphat wird entweder in Acetat oder über Acetyl-CoA und Acetaldehyd in Ethanol umgewandelt. Mit Ethanol als Endprodukt wird jedes gebildete Molekül NADH in einer anderen Reaktion wieder reoxidiert. Pro Mol Glucose entsteht 1Mol ATP, die Hälfte der bei der homofermentativen M. gebildeten ATP-Menge.

Mit Acetat als Endprodukt entsteht ein NADH-Überschuss, der z.B. durch Reduktion der Glucose zu Mannit abgebaut werden kann. Zusätzlich wird durch Substratkettenphosphorylierung (Acetatkinase) ein Mol ATP gewonnen.

Lactat wird auch von verschiedenen Enterobacteriaceen, Bacillen und Clostridien heterofermentativ gebildet.

Von industrieller Bedeutung ist die homofermentative M. Milchsäure wird u.a. als konservierender Nahrungsmittelzusatz, in der Gerberei (Quellen und Entkalken) und in der Textilindustrie als Färberei- und Druckereihilfsmittel verwendet. In der Pharmazie kommt sie vor allem als Calciumsalz zum Einsatz.

Heterofermentative werden neben den homofermentativen Milchsäurebakterien für die Silage-, Sauerkraut- und Sauergurkenherstellung genutzt.

  • Die Autoren

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.