Lexikon der Biologie: Fischotter
Fischotter, Lutra, Gattungder Wassermarder oder Otter. Angaben über die Anzahl der Lutra-Arten ( vgl. Tab. ) schwanken zwischen 8 und 13 – je nachdem, ob einer Form der Status einer eigenen Art oder nur einer Unterart zugestanden wird. Fischotter leben sowohl in der Alten als auch in der Neuen Welt; sie ähneln sich alle in Lebensweise und Verhalten. Ihr Lebensraum sind sämtliche Arten von Binnengewässern sowie Flußmündungen und Meeresbuchten. Die Wassermarder sind vorzüglich an das Leben am und im Wasser angepaßt, können hervorragend schwimmen und tauchen; sie entfernen sich (außer zum Aufsuchen eines neuen Gewässers) normalerweise nur wenige 100 m vom Wasser. Zum Schwimmen setzen sie zu den wellenförmigen Bewegungen des Rumpfes die Hinterextremitäten und den sehr muskulösen Schwanz ein; die Vorderextremitäten liegen dabei dem Körper an. Vor allzu starkem Wärmeverlust im Wasser schützt eine im Wollhaar mitgenommene Luftschicht. Das besonders dichte Wollhaar (Flaumhaar) verhält sich aufgrund des von den Talgdrüsen gelieferten fettigen Überzugs wasserabstoßend. Nur die langen Grannenhaare (Deckhaar) werden benetzt; aus ihnen wird das Wasser nach dem an Land gehen durch kurzes Schütteln rasch entfernt. Grundsätzlich tag- und nachtaktiv, bevorzugen Otter doch meistens die Dunkelheit. Ihre Nahrung besteht überwiegend aus Fischen; Untersuchungen haben ergeben, daß es sich dabei hauptsächlich um vom Menschen weniger begehrte Arten handelt; dazu kommen Frösche, Krebse und andere aquatische Wirbellose, aber auch kleinere Landwirbeltiere. Beim Aufspüren der Beute im Wasser sind offensichtlich die langen Tasthaare an der Schnauze (Vibrissen; Sinushaare) von Bedeutung. Einst spielte der Handel mit Otterfellen eine bedeutende Rolle, die wertvollsten stammten vom Nordamerikanischen Fischotter (Lutra canadensis). Der drastische Rückgang der Bestände führte in vielen Ländern zu Jagdverboten. – Der Europäische Fischotter (Lutra lutra, Kopfrumpflänge 65–80 cm, Schwanzlänge 35–55 cm; Fellfarbe oberseits dunkelbraun, Bauchseite weißlich) ist über weite Teile Eurasiens (mit Ausnahme der Tundren und Wüsten) verbreitet, einschließlich Taiwan, Vietnam, Sumatra und Java; dazu gibt es Populationen in Nordwestafrika (Marokko, Algerien). Er fehlt auf den Mittelmeerinseln, mit Ausnahme der griechischen Inseln Korfu, Lesbos, Chios und Euboea. Man unterscheidet allein bei dieser Art insgesamt 10 Unterarten, die jedoch noch nicht eingehend untersucht sind und sich auch nur geringfügig voneinander unterscheiden. Lutra lutra ( vgl. Abb. und Europa VII ) ist vorwiegend Nachttier und bevorzugt als Lebensraum bewaldete Ufer an Fließgewässern sowie Seen und Sümpfe mit Schilfgürtel, daneben aber auch Meeresbuchten (z.B. in Schottland); im Gebirge kommen die Tiere bis in 2500 m Höhe vor. Fischotter schwimmen äußerst gewandt; sie haben Schwimmhäute an Vorder- und Hinterfüßen und können die Ohröffnungen unter Wasser verschließen. Die Tauchdauer kann 6 bis 8 Minuten betragen. Die Tiere graben Uferbaue mit Unterwassereingang (ca. 0,5 m unter der Wasseroberfläche) und uferseitigem Luftschacht oder wählen eine Baum- oder Wurzelhöhle am Ufer als Behausung. In gemäßigten Klimaten kann die Paarung zu beliebiger Jahreszeit stattfinden, in kälteren Regionen (z.B. Schweden, Sibirien) zu Winterende/Frühlingsanfang. Die Embryonalentwicklung dauert nur etwa 2 Monate. Die Anzahl der Jungen beträgt bei allen Lutra-Arten zwischen 1 und 5. Sie öffnen nach 1 Monat ihre Augen und gehen im Alter von 2 Monaten zum ersten Mal ins Wasser. Geschlechtsreif werden die Jungtiere erst im 2. und 3. Lebensjahr. Die von Fischottern gewohnheitsmäßig benutzten Ein- und Ausstiegstellen am Gewässerufer („Otterstiege“) erkennt man zwar an herumliegenden Fischschuppen. Aber auch der Europäische Fischotter lebt nur zum Teil von Fischnahrung; Schermäuse, Bisamratten und Bleßhühner stehen ebenso auf seinem Speiseplan. – Alle Wassermarder-Arten haben seit Jahrzehnten sehr zu leiden unter der ständigen Veränderung ihres Lebensraums, Wasserverschmutzung (Pestizide) und Bejagung wegen ihres begehrten Fells bzw. als vermeintliche Konkurrenten des kommerziellen Fischfangs. Als Folge davon waren in den meisten Teilen Europas auch die Populationen des Europäischen Fischotters in den 1960er und 1970er Jahren zusammengebrochen (1965 in der Bundesrepublik Deutschland noch geschätzter Bestand: 200 Tiere); lediglich in Portugal, Irland, Griechenland, Schottland und in der nördlichen russischen Taiga hielten sich noch gute Bestände. 1985 gründete man auf europäischer Ebene ein Aufzucht-Programm zur Wiedereinbürgerung (EEP) des Fischotters. Entsprechende Projekte gibt es auch in der Schweiz, in Schweden, Großbritannien und Spanien. In Deutschland, wo der Fischotter als vom Aussterben bedroht geführt wird, schätzt man den derzeitigen Bestand auf noch etwa 500–1000 Tiere. Geilsäcke, Schwimmen.
H.Kör.
Fischotter
Europäischer Fischotter (Lutra lutra)
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