Lexikon der Biologie: Miniermotten
Miniermotten, 1) allgemeine Bezeichnung für verschiedene Klein-Schmetterlinge, deren Larven als Minierer auftreten, z.B. Miniersackmotten. 2) Gracilariinae, neuere Bezeichnung Gracillariinae, Unterfamilie der Gracilariidae (bzw. Gracillariidae). Hierher gehören eine Reihe zum Teil sehr schädlicher Arten, wie z.B. die Kastanienminiermotte oder Roßkastanien-Miniermotte (Cameraria ohridella), Vertreter der Kleinschmetterlingsfamilie Gracillariidae (Blatt-Tütenmotten, Blattmotten, Tütenmotten), die erst 1986 aus der Republik Makedonien (Ochridsee) anläßlich einer Kastanien-Kalamität beschrieben worden ist. Die kleinen bis sehr kleinen Falter (um 16 mm Flügelspannweite) der Kastanienminiermotte (Cameraria ohridella) besitzen auffallend lange Fühler. Sie sind durch eine typische Ruhestellung gekennzeichnet: Die Flügel sind dachartig angelegt, und der Vorderkörper ist dabei aufgerichtet. 1989 tauchte die Kastanienminiermotte in Österreich auf. Sie hat sich seitdem dramatisch ausgebreitet und tritt jetzt als beachtlicher Schädling an Roßkastanien auf. Die Imagines der Herbstgeneration des vorangegangenen Jahres schlüpfen je nach Witterung ab Mitte April bis zur ersten Maiwoche. Die Hauptschwärmzeit der überwinterten Motten fällt also meist mit der Kastanienblüte zusammen. Bald nach dem Schlüpfen versammeln sich an den Stämmen und unteren Ästen der Kastanienbäume Massen von Motten zur Kopula, die Eier der Frühjahrsgeneration werden wenige Tage später auf Blätter im unteren Kronenbereich der Bäume gelegt. Die ersten 3 Larvalstadien ernähren sich vom freiliegenden, flüssigen Anteil der Palisadenzellen. Die L1 (1. Larvenstadium) miniert zuerst 1–2 mm strichförmig, parallel zum Blattnerv, und beginnt dann die Mine seitlich vorzutreiben, wodurch die sog. Komma-Mine entsteht. Die L2 erweitert die Mine zu einem Kreis von 2–3 mm Durchmesser (Platzmine), auch die L3 miniert kreisförmig bis zu einem Durchmesser von 5–8 mm. Während der Anfangsteil der Mine sich wegen der Austrocknung der abgelösten Epidermis bräunt, sind an den Rändern in konzentrischen Kreisen die frisch minierten Bereiche zu sehen. L4 und L5 fressen auch feste Gewebeteile und breiten die Mine flächig aus. So entstehen 3–4 cm lange, unregelmäßig geformte Minen, die meist zwischen 2 Seitennerven verlaufen. Die Einspinnlarve fertigt einen linsenförmigen Seidenkokon an, der mit dem Minenboden fest verbunden ist. Die obere Epidermis des Blatts ist mit dem Dach des Kokons nicht so fest verwoben, man kann sie abheben und direkt auf den so freigelegten Kokon sehen. Der Kokon hat einen Durchmesser von 5–7 mm und ist auch von außen durch die Epidermis erkennbar. In der Regel findet in ihm die Verpuppung statt, bei schlechten Bedingungen (Welkwerden des Blattes, Platzmangel usw.) verpuppt sich das letzte Larvalstadium auch ohne Anfertigung eines Kokons freiliegend in der Mine. Die Puppenruhe dauert etwa 2 Wochen, danach bohrt sich die Puppe meist blattoberseitig zur Hälfte aus der Mine heraus. Nach dem Schlüpfen der Imagines (adulten Kastanienminiermotten) bleibt die Puppenhülle zur Hälfte in der leeren Mine stecken. Bedingt durch die breit gestreute Entwicklungszeit der Frühjahrsgeneration dauert auch das Schwärmen der Imagines über den ganzen Juli hinweg bis Anfang August an. Der Mottenflug kann im Juli extreme Ausmaße annehmen: unter den Kastanienbäumen sind regelrechte Schwärme zu sehen. Die Schäden durch die Raupen sind inzwischen beachtlich; meist sind ab Frühsommer in den Städten alle Allee-Kastanien und Einzelbäume durch stark braun verfärbte Blätter auffällig. Die Bekämpfung gestaltet sich derzeit noch immer sehr schwierig, da nur wenige Parasitoide bekannt sind. Eine chemische Bekämpfung (z.B. mit Imidacloprid) ist in Wohngebieten unerwünscht. – Weitere Arten der Miniermotten sind die Ahornmotte (Gracillaria rufipenella, Caloptilia rufipenella), Fliedermotte (Gracillaria syringella;vgl. Abb. ), Azaleenmotte (Gracillaria azaleella, Caloptilia azaleella).
H.P.
Miniermotten
Fliedermotte (Gracillaria syringella),a Falter, b Blattrolle an Flieder
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