Lexikon der Biologie: Phalangiidae
Phalangiidae [von griech. phalaggion = Spinne], Familie der Weberknechte mit über 1000 Arten; typisch sind die extrem verlängerten Beine (sekundäre Erhöhung der Gliederzahl des Tarsus); alle Vertreter haben je 1 Stigma zwischen der letzten Beincoxa und dem Opisthosoma sowie sekundäre (akzessorische) Stigmen an den Tibien. Unter den Phalangiiden gibt es boden- und baumlebende Arten, wobei letztere die längeren Beine ausbilden. Diese Lassobeine ermöglichen es ihnen, in der Vegetation von Halm zu Halm oder von Blatt zu Blatt zu gelangen, indem die beweglichen Tarsen spiralig um Vegetationsteile gewickelt werden können ( vgl. Abb. ). Die Beine können an einer präformierten Stelle abgeworfen werden (Autotomie). Im basalen Teil des Femurs liegt ein autonomes Nervenzentrum, so daß auch ein abgeworfenes Bein noch Zuckungen (bis 30 Minuten) vollführt. Dies wird als Schutzmechanismus gegen Feinde verstanden. Die Beine können nicht regeneriert werden. Balzverhalten ist nicht bekannt. Die Kopula erfolgt, indem sich die Tiere frontal gegenüberstehen und das Männchen den Penis zwischen den Cheliceren des Weibchens hindurch in die weibliche Geschlechtsöffnung einführt. Die Eier werden in den Boden oder unter lose Rinde usw. abgelegt ( vgl. Abb. ). Dabei wird die lange Legeröhre, die an der Spitze mit vielen Sensillen besetzt ist, eingesetzt. Der Habitus der ausgeschlüpften Jungen ist milbenartig. Erst im Verlauf der postembryonalen Entwicklung entsteht nach mehreren Häutungen der typische "Weberknechthabitus". Bei der Häutung hängen sich die Phalangiiden mit dem Rücken nach unten in der Vegetation auf und zerren mit den Pedipalpen die langen Beine aus der alten Haut. Die mitteleuropäischen Phalangiiden sind wahrscheinlich einjährig. – Beispiele für einige häufige mitteleuropäische Arten: Phalangium opilio: eine der wenigen Arten, die offene Biotope mit hoher Besonnung bevorzugen; Männchen mit Chelicerenhörnern, die bei Kämpfen um die Weibchen eingesetzt werden sollen; Verbreitung paläarktisch, nach Nordamerika und Neuseeland eingeschleppt; leicht an der kalkweißen Unterseite zu erkennen. Opilio parietinus: in Vorder- und Zentralasien und ganz Europa, in USA und Tasmanien verbreitet; in Mitteleuropa in anthropogen geprägten Landschaften, teils rein synanthrop. Opilio saxatilis: im gesamten gemäßigten Klimabereich Europas verbreitet; häufige Art offenen Geländes (Steppenheiden, Trockenrasen, Ruderalflächen usw.), auch synanthrop. Rilaena triangularis: in Europa weit verbreitet, liebt verschiedenste Laub- und Nadelwaldgesellschaften mit relativ hoher Luftfeuchtigkeit; hat einen hellen Körper und stark kontrastierende dunkle Augen. Oligolophus tridens: in Mitteleuropa weit verbreitet; bevorzugt besonders die aufgelockerten Ränder von Laub- und Nadelwäldern, Gehölze und Gebüsche, aber auch schattige Obstwiesen, Parks usw.; lebt in der Streu, unter Steinen und Holz, wo die Luftfeuchtigkeit relativ hoch ist. Lacinius horridus: rötlichbraune Tiere, Körper und Beine stark bedornt; an xerothermen Standorten vom Mittelmeergebiet bis Mitteleuropa verbreitet; Lebensweise rein terricol. Mitopus morio ( Chelicerata ): in Mitteleuropa weit verbreitete mittelgroße Art mit auffallender, abhängig von der Höhe des Biotops variierender Sattelzeichnung; die Art ist euryök, d.h., sie besiedelt verschiedene Biotope, am häufigsten aber Wälder; in gemäßigtem Klima nachtaktiv, im Gebirge und im hohen Norden tagaktiv. Leiobunum rotundum: häufig und weitverbreitet in Mitteleuropa, Körper des Männchens einfarbig ziegelrot, des Weibchens gelbrot mit dunklem Sattel, sehr lange schwärzliche Beine; euryök, häufig in anthropogen geprägten Biotopen; Jugendstadien leben in der Bodenschicht, ältere Tiere in der Vegetation, nachtaktiv; ähnlich ist Leiobunum blackwalli, lebt aber mehr in schattigen Biotopen.
C.G.
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Phalangiidae
1 Weibchen bei der Eiablage in den Boden, 2 Chelicere von Phalangium opilio;3 mit der vielgliedrigen Beinspitze können Halme und ähnliches umwickelt werden
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