Lexikon der Biologie: Rotalgen
Rotalgen, Rhodophyceae, ursprüngliche Bezeichnung Florideen, Klasse der Algen (nach der neueren Systematik der Rhodophyta bzw. der roten Pflanzen); umfaßt die 2 Unterklassen Bangiophycidae und Florideophycidae mit zusammen 7 Ordnungen ( vgl. Tab. ), ca. 500 Gattungen und 4000 Arten, wovon die meisten Meeresalgen sind; etwa 50 Arten aus 12 Gattungen kommen im Süßwasser vor. Es gibt nur wenige einzellige Arten (z.B. Porphyridium; Porphyridiales), ansonsten ist der Thallus aus einem verzweigten trichalen Fadensystem aufgebaut. Beim sog. Zentralfadentyp ( vgl. Abb. 1 ) gehen von einem zentralen Zellfaden Verzweigungen aus (Perizentralzellen), die sich artspezifisch anordnen. Beim Springbrunnentyp fehlt der Zentralstrang; hier verlaufen viele gleichwertige Zellfäden parallel und weichen an der Spitze „springbrunnenartig“ auseinander. Die Thalli sind grünrot bis tiefrot gefärbt je nach Verhältnis von Chlorophyll a (Chlorophylle) zu den roten Phycoerythrinen (Phycobiliproteine; Algen [Tab.]). Das Assimilationsprodukt ist die sog. Florideenstärke, ein dem Glykogen nahestehendes Produkt, das resistent gegen Amylase ist. Die Florideenstärke wird außerhalb der Plastiden (Rhodoplasten) abgelagert. Die Zellwände bestehen aus Cellulosegerüst (Cellulose), bei Porphyra und Bangia (Bangiales) aus Xylan, mit einer eingelagerten, wasserlöslichen Substanz aus Galactanen (Polymere von Galactose mit Sulfatestergruppen; Agar). Die Fortpflanzung ist mit Ausnahme der einzelligen oder einiger einfacher Formen stets mit einem komplizierten Generationswechsel verbunden, an dem 3 Generationen beteiligt sind ( Algen V ). Die sexuelle Fortpflanzung erfolgt durch Oogamie. Hierbei sind die flaschenförmigen ♀ Geschlechtsorgane (Karpogone) für die Rotalgen charakteristisch. Auf dem haploiden Gametophyten wächst aus der befruchteten Eizelle (Zygote) der diploide Karposporophyt (Gonimoblast) aus, der vielfach zeitlebens auf dem Gametophyten schmarotzt. Bei vielen Gattungen ist er von einer urnenförmigen Hülle aus sterilen Gametophytenzellen umgeben und bildet so ein Cystokarp. Bei einigen Arten erfolgt die Entwicklung des Karposporophyten nicht unmittelbar aus der befruchteten Eizelle heraus, sondern der Zygotenkern wird über einen schlauchförmigen Auswuchs in eine andere Zelle verlagert – ohne mit deren Kern zu verschmelzen –, und erst von da aus entwickelt sich der Karposporophyt. Diese Zelle hat offenbar eine Nährfunktion und wird deshalb als Auxiliarzelle bezeichnet. Der Karposporophyt gibt aus Monosporangien diploide Mitosporen (Karposporen) ab, die mitotisch zu einer weiteren diploiden Generation heranwachsen. Auf diesen laufen in SporangienMeiosen ab; pro Sporangium werden 4 haploide Meiosporen (Gonospore) gebildet (Tetrasporophyt, Tetrasporangien), die wieder zu Gametophyten auswachsen. Bei vielen Rotalgen (z.B. Batrachospermum [ vgl. Abb. 2 ], Lemanea;Nemalionales) entwickeln sich aus den Karposporen fädig verzweigte aufrechte Thalli, die auch als Chantransia-Form (Chantransia) bezeichnet werden. Bei anderen Gattungen, z.B. Porphyra, wachsen sie auf Muscheln oder Seepocken zu verzweigten Zellfäden aus, die früher als eigene Art, Conchocelis rosea, beschrieben wurden. Heute werden derartige Entwicklungsstadien als Conchocelis-Phase (Conchocelis) bezeichnet. – Die Rotalgen sind eine natürliche, einheitliche Entwicklungsgruppe, die sich parallel zu den übrigen Algen entwickelt hat. Sie unterscheiden sich von diesen durch ihre Pigmentausstattung, das Fehlen jeglicher begeißelter Fortpflanzungskörper, den Generationswechsel und die charakteristischen Karpogone. Vermutlich traten Vorläufer schon im Devon auf, sichere Funde sind erst aus der unteren Kreide bekannt (Corallinaceae). Einige Rotalgen können aufgrund ihrer besonderen Pigmentausstattung in größeren Meerestiefen vorkommen. So wurden Krustenalgen in über 250 m Tiefe gefunden. Sie können offenbar mit 0,0005% des auf der Meeresoberfläche auftreffenden Lichtes eine ausreichende Photosynthese durchführen. – Viele Rotalgen stellen in Ostasien wichtige Nahrungsmittel dar (Meereswirtschaft). Große Bedeutung haben auch die löslichen Zellwandsubstanzen, z.B. Agar (Agarophyten) oder Carrageenan. Algen III Algen V .
R.B./A.Se.
Rotalgen
Abb. 1: aZentralfadentyp (uniaxialer Bau), bSpringbrunnentyp (multiaxialer Bau)
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