Lexikon der Biologie: Steinkorallen
Steinkorallen, Riffkorallen, Madreporaria, Scleractinia, Ordnung der Hexacorallia mit über 2500 marinen Arten, die meist festsitzend und stockbildend sind. Die größten Einzelpolypen finden sich unter den Pilzkorallen (Durchmesser bis 25 cm). Der Körperbau eines Steinkorallenpolypen entspricht weitgehend dem einer Aktinie (Seerosen), jedoch ist der Körper meist kleiner und zarter und bildet ein äußeres Skelett aus Kalk (als Aragonit kristallisiert). Die Fußscheibe eines jungen Polypen ( vgl. Abb. 1 ) scheidet zunächst zur Unterlage hin eine Kalkscheibe ab, die an 6 radiären Streifen erhaben ist. Diese Streifen wachsen durch ständige Kalkbildung in die Höhe und schieben die Fußscheibe vor sich her bis in die Gastralsepten (= Mesenterien) hinein. Gemeinsam mit ihnen wächst ein am Rand der Kalkscheibe angelegter Ringwulst (Theka). Mit dem Einziehen neuer Mesenterien wächst auch die Zahl der Kalksepten (Sklerosepten). Im Zentrum der Scheibe bildet sich manchmal noch eine senkrechte Säule (Columella). So entsteht ein stabiles Skelett ( vgl. Abb. 1 ), auf dem der Weichkörper aufsitzt (wie eine Zitrone auf der Zitronenpresse). Der hochgewachsene Ringwulst bildet einen Kelch, der den Gastralraum des Polypen in einen innerhalb (intrathekal) und einen außerhalb (extrathekal) dieses Kelches liegenden Bereich trennt. Über den extrathekalen Entodermbereich sind die Polypen bei stockbildenden Arten miteinander verbunden. Der ektodermale Bereich kann auch dort Kalk ablagern, so daß eine Kolonie auch zwischen den Einzelpolypen „wachsen“ kann. Stets bleibt das gesamte Skelett aber von einer Schicht lebenden Materials überzogen. Neben diesen Grundskeletteilen gibt es weitere Kalkelemente, die den Bau noch komplizierter machen. Z.B. kann der Polyp von Zeit zu Zeit Quersepten (Dissepimente, Tabulae) einziehen, wenn der Kalkkelch zu tief wird. Dieses Querseptum dient als neue Grundplatte für die Bildung von Septen, Theka usw. Alle Polypen geben während ihres gesamten Lebens Kalk ab, so daß riesige Stöcke (Tierstöcke) entstehen, welche Korallenriffe (Riff) aufbauen können. Das unterhalb liegende Gewebe stirbt langsam ab. Die Produktion so großer Kalkmengen ist nur dank einer Endoymbiose mit Zooxanthellen möglich, die in den Entodermzellen liegen ( vgl. Infobox ). Die Wachstumsgeschwindigkeit einer Koralle beträgt pro Jahr im Mittel 0,5–3 cm. Korallenarten ohne Zooxanthellen wachsen bedeutend langsamer. Steinkorallen können Zwitter oder getrenntgeschlechtlich sein. Stets erfolgt die Besamung im Gastralraum, aus dem sehr viele Planulalarven schlüpfen. Hat sich eine Planula festgesetzt, entwickelt sie sich zu einem Polypen, der zu einer Einzelkoralle heranwächst oder nach kurzer Zeit beginnt, eine Korallenkolonie zu bilden. Dies erfolgt auf ungeschlechtlichem Weg durch Knospung. Man unterscheidet 2 Knospungstypen, die das Erscheinungsbild der Kolonie maßgeblich bestimmen: Bei der extratentakulären Knospung bilden sich außerhalb der Tentakelkrone an der Basis der Mutterpolypen mehrere Tochterpolypen 1. Ordnung, die selbst wieder auf dieselbe Weise Tochterpolypen 2. Ordnung knospen usw. Es entstehen krustenförmige oder baumartig verzweigte Kolonien. Diese Form der Koloniebildung findet sich bei schnell wachsenden Formen wie z.B. Baumkorallen (Gattung Acropora). Bei intratentakulärer Knospung entstehen eine Knospe und der neue Mund innerhalb des Tentakelkranzes. Die Mundscheiben der beiden entstehenden Polypen können sich trennen. Das Skelett wiederholt dann in der Regel diese Teilung. Bei manchen Gattungen unterbleibt jedoch die Trennung von Mundscheiben und Skelett, so daß nach mehreren intratentakulären Knospungen bandartige Gebilde entstehen (Mäanderkorallen; vgl. Abb. 2 ). Korallenskelette, die durch intratentakuläre Knospung entstanden sind, zeigen kein normales Skleroseptensystem mehr und sind dadurch leicht zu erkennen. Die Nahrung der Korallen besteht aus Kleinstpartikeln, die von Wimpern an der Oberfläche herbeigestrudelt werden. Ihre Schlagrichtung kann auch umgekehrt werden, was der Koralle erlaubt, sich von Sinkstoffen zu befreien. Steinkorallen besitzen nur wenige Cniden-Typen (Cniden), die kaum nesseln. Fast alle Steinkorallen sind auf Meere beschränkt, deren Temperatur nie unter 20 °C sinkt (daher nur wenige Arten im Mittelmeer). Auch auf Änderungen des Salzgehalts (Salinität) und hohen Schwebstoffanteil des Wassers reagieren sie empfindlich (z.B. Absterben an Flußmündungen; Korallensterben). Außerdem sind Zooxanthellen-haltige Korallen auf die obersten durchlichteten Wasserschichten beschränkt. Neben den rezenten kennt man etwa 5000 fossile Arten. Ihre Vorfahren sind die bereits im Ordovizium vorhandenen Rugosa. Die Hexacorallia entstanden zu Beginn des Mesozoikums. Die Systematik der Steinkorallen ist bis heute verworren, so daß eine Einteilung nur nach äußerlichen Gesichtspunkten (vornehmlich Skelett) erfolgen kann ( vgl. Tab. ). Astroides (Abb.), Madreporenkalk; Hohltiere II , Nesseltiere II , Temperatur .
C.G.
Steinkorallen
Abb. 1:
1 junger Polyp einer Steinkoralle; 2 Stockabschnitt des sich aus einem solchen Polypen bildenden Korallenstocks
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