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Lexikon der Chemie: Desinfektionsmittel

Desinfektionsmittel, chemische Stoffe, die Infektionserreger mit dem Ziele einer Desinfektion abtöten oder schädigen sollen. Im allgemeinen wird von einem D. ein breites Wirkungsspektrum gegen unterschiedliche Infektionserreger (Bakterien, Pilze, Viren) bei möglichst niedriger Dosierung, ein rascher Wirkungseintritt, eine geringe Toxität und Umweltbelastung, eine gute Verträglichkeit und ein möglichst geringer Preis erwartet, wobei kein D. alle Forderungen in gleicher Weise erfüllt. D. sind für eine systemische Anwendung grundsätzlich zu toxisch, viele werden durch Serum aufgrund unspezifischer Reaktionen mit Proteinen (Eiweißfehler) inaktiviert.

Die D. lassen sich zunächst nach dem Desinfektionsgut in Grob- und Feindesinfektionsmittel einteilen. Grobdesinfektionsmittel sind für Räume, Gebrauchsgegenständen (z. B. medizinische Instrumente) und Körperausscheidungen, Feindesinfektionsmittel zur hygienischen und chirurgischen Händedesinfektion sowie zur Desinfektion von Körperoberflächen (Haut, Schleimhaut, Wunden) vorgesehen. Feindesinfektionsnüttel zur Behandlung von Wunden und Körperhöhlen werden auch als Antiseptikabezeichnet.

Die D. wirken über unterschiedliche Mechanismen, die meisten D. besitzen jedoch mehrere Angriffspunkte. Schwermetalle reagieren vor allem mit Thiolgruppen von Proteinen und inaktivieren dadurch z. B. Enzyme; Alkohole, Aldehyde, Ethylenoxid und Phenole denaturieren Proteine. Zahlreiche D. wirken als Oxidationsmittel (Chlorpräparate, Peroxide, Iodpräparate, Kaliumpermanganat). Oberflächenaktive Verbindungen (z. B. Invertseifen) zerstören die Membranstrukturen, auch von umhüllten Viren (z. B. Herpes-, Influenzaviren, HIV). Phenole, Ethylenoxid, Invertseifen und Chlorhexidin wirken nicht gegen Sporen.

Von den Schwermetallen werden zu Desinfektionszwecken Silber-, Kupfer-, Aluminium- und Quecksilber-Verbindungen eingesetzt. Silber dient in Form von Silberchlorid zur Desinfektion wäßriger Lösungen, u.a. auch als Katadyne-Verfahren. Ähnlich kann auch Kupfer in Form von Plättchen oder Drähten eingesetzt werden. Quecksilber wird in Form organischer Quecksilber-Verbindungen wie Merbromin, Thiomersal oder Phenylquecksilbernitrat als Feindesinfektionsnüttel oder Konservierungsmittel für Pharmaka verwendet, sind aber wegen der Umweltbelastung als problematisch einzuschätzen. Formaldehyd und andere Aldehyde (Glyoxal, Glutaral) werden durch Proteine inaktiviert (großer Eiweißfehler) und zur Flächen-, Instrumenten und Wäschedesinfektion eingesetzt. Stärker als Ethanol wirken 1- und 2-Propanol desinfizierend, die als ca. 70%ige Lösung angewandt werden müssen und sehr gut verträglich sind. Ethylenoxid wird als gasförmiges D. zur Desinfektion von chirurgischen Instrumenten, hitzeempfindlichen Arzneimitteln sowie zur Entkeimung von Lebensmitteln und Wäsche eingesetzt. Von den Invertseifen sind vor allem als Feindesinfektionsmittel Benzalkoniumchlorid, Didecyldimethylammoniumchlorid, Mecetronium-etilsulfat, Dodecyltriphenyl-phosphoniumbromid und Tributyltetradecylphosphoniumchlorid von Bedeutung. Die Invertseifen sind gut gegen Pilze wirksam. lod wird als alkoholische I2/KI-Lösung sowie als Povidon-Iod (Iod-Komplex mit Polyvinylpyrrolidon) als Antiseptikum eingesetzt. Die desinfizierende Wirkung von Phenol wird durch Einführung von Halogenatomen und Alkylresten verstärkt (Chlorocresol, Chloroxylenol, Tetrabromcresol). Alkylierte und
halogenierte Phenole sind in zahlreichen handelsüblichen Präparaten enthalten. Besonders stark wirken Biphenole (Hexachlorophen, Bromchlorophen); sie sind aber toxikologisch nicht unbedenklich. Chlorhexidin, ein Biguanidin, wird zur Haut- und Scheimhautdesinfektion eingesetzt.

  • Die Autoren
Dr. Andrea Acker, Leipzig
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Prof. Dr. Walter Dannecker, Hamburg
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Dr. Andreas Fath, Heidelberg
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Fachkoordination:
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Redaktion:
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