Lexikon der Geographie: Biozönose
Biozönose, 1)Ökologie: Lebensgemeinschaft, community, bezeichnet das Zusammenleben von Pflanzen- und Tierarten in einem Raumausschnitt, der durch relativ einheitliche Standort- und Lebensbedingungen gekennzeichnet ist (= Biotop). Eine Lebensgemeinschaft setzt sich zusammen aus Pflanzengemeinschaften (Phytozönosen) und Tiergemeinschaften (Zoozönosen), die sich jeweils durch eine den Standortbedingungen entsprechende, mehr oder weniger typische Vergesellschaftung ihrer Arten auszeichnen. Die Arten von Lebensgemeinschaften, d.h. ihre Individuen und Populationen, stehen in vielfältigen räumlichen, zeitlichen, energetischen und biologischen Wechselbeziehungen zueinander (Beziehungsnetz), wobei innerartliche und zwischenartliche Konkurrenz um Ressourcen, z.B. um Raum, Licht, Wasser und Nahrung sowie direkte Nahrungsbeziehungen (Räuber-Beute-Beziehungen) als besonders wichtig hervorzuheben sind ( Abb. 1). Lebensgemeinschaften haben eine räumliche und eine zeitliche Dimension. Während sich die Zusammensetzung und der Aufbau der Phytozönosen in hohem Maße an den abiotischen Standortbedingungen orientieren und sich entlang von Umweltgradienten ändern, sind für die Zoozönosen, die von der Vegetation bereitgestellten Nahrungsressourcen und Habitatstrukturen eine weitere wichtige Voraussetzung zur Etablierung. Die Grenzen von Phyto- und Zoozönosen verlaufen aufgrund dieser unterschiedlichen ursächlichen Bedingtheit und aufgrund der sog. Mehrfachbiotopansprüche (Habitatvielfalt) vieler Tierarten nicht völlig identisch, was der Biozönose insgesamt unscharfe räumliche Grenzen verleiht. Auch die Tatsache, dass Lebensgemeinschaften keine statischen Gebilde sind, sondern dynamische Funktionseinheiten, die sich im Laufe der Zeit ändern (Sukzession), führt dazu, dass sie nicht eindeutig voneinander abgegrenzt sind, sondern ein durch vielfältige Übergänge geprägtes räumliches und zeitliches Muster bilden. Die Struktur und die Sukzession von Lebensgemeinschaften wird in der Regel von Pflanzen und ihren Gesellschaften in ihrer Eigenschaft als Basis aller Nahrungsketten bestimmt, während Tiergemeinschaften der Entwicklung meist passiv folgen und nur seltener aktiv in das Geschehen oder die Strukturbildung eingreifen. Lebensgemeinschaften können auf allen Maßstabsebenen definiert und untersucht werden. Auf der globalen Betrachtungsebene, auf der recht grobe Verteilungsmuster erkannt und gesetzmäßig zusammengefasst werden, lassen sich beispielsweise die winterkahlen Laubwälder der gemäßigten Breiten als eine Lebensgemeinschaft definieren, deren Existenz und ökologische Charakteristika großklimatisch bedingt sind. Auf der lokalen Ebene lassen sich innerhalb der laubwerfenden Wälder der Mittelbreiten aber z.B. auch die bodensauren Eichen-Trockenwälder des Mittelrheintales als eine eigene Lebensgemeinschaft ausgrenzen. Ihre besondere Struktur und ökologischen Eigenheiten werden durch eine extreme meso- und mikroklimatisch sowie edaphisch bedingte Standorttrockenheit hervorgerufen. Das Beispiel zeigt auch: Lebensgemeinschaften besitzen kollektive und übergeordnete, aber auch emergente Eigenschaften, die sich durch spezifische Wechselbeziehungen voneinander unterscheiden. Werden nur die Populationen eines Taxon einer Biozönose (Spinnen-Gemeinschaft der Streuauflage) betrachtet, so sollte im Englischen der Ausdruck Assemblage verwendet werden. Weitere Eingrenzungen sind lokale Gilde und Ensemble ( Abb. 2). 2)MedizinischeGeographie: Biozönose einer Krankheit, alle Faktoren, die das Auftreten oder die Verbreitung dieser Krankheit in der Population eines umschriebenen Gebietes beeinflussen und kennzeichnen. Die Biozönose der Krankheiten ist der Forschungsgegenstand von disease ecology. Eine Krankheitsbiozönose, bei der Krankheitserreger in Tierpopulationen persistieren können und von dort sporadisch auf den Menschen übergehen, begründet eine Anademie der betreffenden Krankheit.
Biozönose 1: Biozönose 1: Ausschnitt des Beziehungsgefüges (biozönotischer Konnex) im Rotbuchenwald (I=Imago, L=Larve).
Biozönose 2: Biozönose 2: Durch die geographische, taxonomische und die Ressourcennutzung betreffende Einschränkung der untersuchten Populationen operational definierte biozönotische Begriffe.
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