Lexikon der Geographie: Bobek, Hans
Bobek, Hans, österreichischer Geograph, geb. 17.5.1903 Klagenfurt, gest. 15.2.1990 Wien. Bobek studierte Geschichte, Geographie und Sozialwissenschaft in Innsbruck und promovierte dort 1926 mit einer stadtgeographischen Arbeit über Innsbruck. In dieser Arbeit und den getrennt publizierten theoretischen Überlegungen zu Grundfragen der Stadtgeographie wird erstmals in der deutschsprachigen Geographie auf die Notwendigkeit einer funktionellen sowie sozial orientierten Betrachtungsweise hingewiesen und eine sozialindikatorische Raumanalyse vorgelegt. Die Problematik der Stadt-Land-Beziehungen, die wenige Jahre später von Christaller in der Theorie der zentralen Orte systematisch und nicht dem Landschaftskonzept verpflichtet behandelt wurde, griff Bobek nur ansatzweise auf. Nach dreijähriger Assistententätigkeit in Innsbruck folgte Bobek 1931 dem Angebot aus Berlin, die neu geschaffene Assistentenstelle bei Krebs zu übernehmen. Er setzte die begonnenen geomorphologischen Studien fort und habilitierte sich 1935 mit einer Schrift über die Inntalterrasse, in der die Annahme einer "Schlusseiszeit" widerlegt wurde. Eine Dozententätigkeit durfte er erst 1938 aufnehmen, nachdem ihm gestattet wurde, den 1935 nicht bestandenen Lehrgang auf der NS-Dozentenakademie zu wiederholen. Bereits 1934 hatte Bobek auf einer längeren Forschungsreise, der 1936 eine kürzere folgte, glazialmorphologische Untersuchungen in iranischen Gebirgen durchgeführt. 1937 folgte eine Alpenvereins-Expedition in die Gebirge der südöstlichen Türkei. Bobeks Eindrücke und Informationen über die sozialen und ökonomischen Verhältnisse bildeten später die Grundlage für seine kultur- und stadtgeographischen Studien der bereisten Länder. Hierzu gehört vor allem die Theorie des Rentenkapitalismus, die in der interdisziplinären Entwicklungsländerforschung der 1960er bis 1980er-Jahre stark berücksichtigt wurde. Seit 1938 arbeitete Bobek als freier Mitarbeiter für Sozialgeographie und Landeskunde im "Arbeitswissenschaftlichen Institut" der "Deutschen Arbeitsfront". Gleichzeitig beteiligte er sich mit theoretischen und empirischen Arbeiten auch an der Reichsarbeitsgemeinschaft für Raumforschung. 1940 einberufen, versah er seinen Wehrdienst bis 1943 als Kriegsverwaltungsrat. 1944 wurde er zur Forschungsstaffel der SS versetzt, wo er sich mit Schmithüsen, Ellenberg, Walter u.a. an Einsätzen in Russland, Italien, Jugoslawien und Tschechien beteiligte. In den Kriegsjahren war Bobek gemeinsam mit Troll Promoter der geographischen Luftbildforschung. 1946 übernahm er die Vertretung des Lehrstuhls in Freiburg, erhielt 1949 einen Ruf auf die Professur für Wirtschaftsgeographie an der Hochschule für Welthandel in Wien und wurde 1952 Nachfolger von Hassinger an der Universität Wien. Auf einer siebenmonatigen Reise mit dem Limno-Zoologen H. Löffler griff er 1956 seine persischen Forschungsarbeiten erneut auf. 1958/59 übernahm er eine Gastprofessur in Teheran. 1971 endete seine offizielle Lehrtätigkeit mit der Emeritierung in Wien. In der Nachkriegszeit war Bobek ebenso wie Hartke maßgeblich für die konzeptionelle Ausarbeitung der Sozialgeographie verantwortlich. Dabei siedelte Bobek die sozialgeographischen Fragestellungen auf der Makroebene der Gesellschaften und Kulturen an. Für ihn war Sozialgeographie immer eine Betrachtungsweise und keine Disziplin. Während dieser Zeit nahm er auch die in der Kriegszeit entstandenen Verbindungen zur Raumplanung wieder auf und eröffnete damit ein weites Feld anwendungsbezogener sozial- und wirtschaftsgeographischer Forschungsthemen. Mitte der 1950er-Jahre entwickelte er das Konzept für einen "Nationalatlas der Republik Österreich", das er ab 1958 gemeinsam mit E. Arnberger verwirklichte. Mit diesem Atlas und den damit verbundenen Veröffentlichungen schuf Bobek ein hervorragendes Dokument für die räumliche Kenntnis von Österreich. Bis in die 1970er-Jahre war das 1949 mit J. Schmithüsen entwickelte "logische System der Geographie" mit seiner ganzheitlichen Schau und idealtypischen Konzeption des Landschaftsbegriffs die Basisideologie des Faches im deutschen Sprachraum. Auswahl seiner wichtigen Werke: "Grundfragen der Stadtgeographie", 1927; "Innsbruck, eine Gebirgsstadt, ihr Lebensraum und ihre Erscheinung", 1928; "Die Formenentwicklung der Zillertaler und Tuxer Alpen", 1933; "Die jüngere Geschichte der Inntalterrasse und der Rückzug der letzten Vergletscherung im Inntal", 1935; "Luftbild und Geomorphologie", 1941; "Stellung und Bedeutung der Sozialgeographie", 1948; "Die Landschaft im logischen System der Geographie" ,mit J. Schmithüsen 1949; "Die natürlichen Wälder und Gehölzfluren Irans", 1951; "Die Hauptstufen der Gesellschafts- und Wirtschaftsentfaltung in geographischer Sicht", 1959; "Iran. Probleme eines unterentwickelten Landes alter Kultur", 1962; "Die Theorie der zentralen Orte im Industriezeitalter", 1969; "Das System der Zentralen Orte Österreichs", mit M. Fesl 1978.
HB
Bobek Bobek, Hans
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