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Lexikon der Geographie: Gletschertypen

Gletschertypen, 1) morphologischb Anhand Größe und der vor allem vom Relief bestimmten Morphologie lassen sich verschiedene morphologische Typen von Gletschern differenzieren. Inlandeise (Eisschilde) bedecken ein großes, zusammenhängendes Gebiet und können kontinentale Dimensionen besitzen (Grönland und Antarktis als Eisschilde der Gegenwart). Sie können Eismächtigkeiten von über 3000 m erreichen, fließen von einem zusammenhängenden Gebiet in verschiedene Richtungen ab und sind, wie die ebenfalls diesem Typ zuzuordnenden ehemaligen pleistozänen Inlandeise, reliefübergeordnet, d.h. das Relief des Gletscherbetts hat keinen Einfluss auf die Gestalt des Gletschers. Morphologisch vergleichbar, nur eine Dimension kleiner, sind Eiskappen (z.B. auf Baffin Island). Alle anderen Gletschertypen sind in ihrer Morphologie in unterschiedlicher Stärke und Weise durch das Relief geprägt, also reliefuntergeordnet. Auch von Plateaugletschern fließt das Eis in unterschiedliche Richtungen ab. Die eine flache Oberfläche besitzenden Gletscher haben als Gletscherbett eine relativ ebene Hochfläche (Beispiele auf Island oder in Norwegen). Die von Plateaugletschern (Eiskappen oder Inlandeisen) abfließenden Gletscherarme bezeichnet man als Auslassgletscher (Outletgletscher, outlets). Im Vergleich zu den morphologisch oft ähnlichen Talgletschern besitzen sie kein klar abgrenzbares Akkumulationsgebiet (Massenhaushalt), sondern dränieren einen bestimmten Sektor des Hauptgletschers. Talgletscher umfassen dagegen ein aus mehreren Karen, Talschlüssen oder vergletscherten Seitentälern zusammengesetztes Akkumulationsgebiet und bilden oft eine typische Gletscherzunge aus (wie beispielsweise in den Alpen). Als Eisstromnetz bezeichnet man aus großen, zusammenhängenden Talgletschern bestehende Vereisungen von Hochgebirgen (mit einer großen Anzahl von Nunatakker). Strömt Eis dieser Eisstromnetze in ein flaches Vorland, bilden sich große, flache Vorlandgletscher (Piedmontgletscher, Eislobe; Beispiel: Malaspina Glacier/Alaska oder pleistozäne Alpenvorlandgletscher). Kargletscher sind an die namensgebende glazialmorphologische Form gebunden, während Hangvereisungen (Hängegletscher, Talflankengletscher) keine ausgeprägte Vertiefung als Gletscherbett besitzen. Ein Eisschelf entsteht als schwimmender Gletscherteil beim Ausfluss großer Eismassen von Eiskappen oder von Inlandeis in Küstenregionen. Zwischen alle diesen Gletschertypen gibt es vielfältige Übergangsformen und Untertypen. Durch seine spezielle Ernährungssituation ist ein regenerierter Gletscher (tukestanischer Gletscher) gekennzeichnet. Er besitzt kein eigenes Akkumulationsgebiet, die Akkumulation findet durch Eis- und Schneelawinen statt. Dadurch können regenerierte Gletscher auch unterhalb des Glaziationsnievaus überleben. 2) geophysikalisch: Man klassifiziert Gletscher "geophysikalisch" nach den Temperaturverhältnissen des Gletschereises. Per Definition ist bei polaren (kalten, kaltbasalen, cold based) Gletschern die gesamte Eismasse des Gletschers unterhalb des Druckschmelzpunktes. Temperierte (warme, warmbasale, warm based) Gletscher besitzen eine Eismasse, die sich weitestgehend (v.a. an der Gletscherbasis) am Druckschmelzpunkt befindet. Bei subpolaren (polythermalen) Gletschern treten gleichzeitig größere Partien von Eis am und unter dem Druckschmelzpunkt auf. In der Realität sind die Grenzen zwischen den einzelnen geophysikalischen Gletschertypen fließend. An temperierten Gletschern kann eine oberflächliche Schicht kalten Eises von durchschnittlich 15 m mit Temperaturen unter dem Druckschmelzpunkt als Folge saisonaler Temperaturschwankungen auftreten. Kennzeichen für temperierte Gletscher ist das Auftreten größerer Schmelzwassermengen und die Möglichkeit des basalen Gleitens als Form der Gletscherbewegung (durch den an der Basis vorhandenen Schmelzwasserfilm). An polaren Gletschern ist basales Gleiten per Definition nicht möglich, der Gletscher ist an seinem Untergrund festgefroren. Schmelzwasser tritt nicht auf. Ablation findet nur durch Sublimation und Kalbung statt. An subpolaren Gletschern tritt vor allem im Akkumulationsgebiet warmes Eis mit Temperaturen am Druckschmelzpunkt auf. Da das Akkumulationsgebiet oft kaltbasal ist, ist ein Transport des Eisüberschusses vom Akkumulations- zum Ablationsgebiet verhindert, eine mögliche Ursache für die gerade an subpolaren Gletschern auftretenden glacier surges (Gletscherbewegung). Der geophysikalische Typ des Gletschers beeinflusst die Ausbildung des glazialen und glazifluvialen Formenschatzes. Dadurch können beispielsweise die thermalen Verhältnisse an der Basis pleistozäner Eisschilde rekonstruiert werden.

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Grafik:
Mathias Niemeyer (Leitung)
Ulrike Lohoff-Erlenbach
Stephan Meyer

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