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Lexikon der Geographie: Höhlen

Höhlen, sind unterirdische Hohlräume in Karstgesteinen, Kalktuffen (Tuff) und in Effusivgesteinen (Vulkanite), die ganz oder teilweise vom anstehenden Gestein umschlossen sind.
Die Genese der Höhlen ist unterschiedlich: Höhlen können Hohlräume sein, die von Gesteinen umschlossen sind. Solche Primärhöhlen bilden sich in Kalktufflandschaften durch Vorbau von Sintervorhängen oder bei effusivem Vulkanismus als unterirdische Röhren ehemaliger Lavaabflüsse (Lavatubes). Höhlen können aber auch Hohlräume sein, die sich in Gesteinskörpern durch physikalische und chemische Reaktionen bilden: Anhydrit z.B. vergrößert sein Volumen bei der Umwandlung in Gips, es bilden sich durch Aufpressungen von Gesteinsschichten Hohlräume (Quellungshöhlen). Gips reagiert durch Lösung mit Wasser; das Gestein durchsickernde Wasser lässt Hohlräume in dem Gesteinskörper entstehen (Laughöhlen). Höhlen in Carbonatgesteinen bilden sich dagegen durch Korrosion. Hierbei werden Kluftsysteme und Schichtgrenzen bevorzugt bei der Entwicklung nachgezeichnet (Schichtgrenzhöhlen bzw. Klufthöhle).
Kommt es durch die Heraushebung von Gebirgen oder das Einschneiden von die Karstlandschaften bestimmenden Vorflutersystemen innerhalb des Carbonatgesteinsgebirgskörpers zum Absinken der phreatischen Zone, gelangt das Höhlensystem in die vadose Zone und es kommt zu Veränderungen der Höhlenform und der Ausgestaltung der Hohlräume. Liegt die Höhle höhenmäßig nur gering über dem phreatischen Bereich, dann sind die Hohlräume nicht mehr stetig wassergefüllt, einzig tiefer gelegene Gangabschnitte sind wassergefüllt (Siphon). Das den Gebirgskörper durchsickernde Wasser nutzt streckenweise die Höhlengänge, dadurch gibt es in Teilen der Höhle kleine Höhlenbäche oder, wenn an der Landoberfläche größere Fließgewässer in die Karstsysteme eintreten, dann sind Höhlenflüsse zu beobachten. Die Höhlenbäche erodieren und vertiefen den Höhlenboden. Das ellipsenförmige Gangprofil wird nach unten canyonartig ausgeweitet, es bildet sich ein Schlüssellochprofil, bei langanhaltender Erosion und besonders im Einzugsbereich von großen Flussversickerungen überprägen Erosionsformen völlig die ehemalige Korrosionsform. In den Höhlenbächen von der Landoberfläche oder auch aus dem Höhlenbereich selbst mitgeführte Sedimente kommen an Engstellen oder in Gleithangpositionen als Kiese und Höhlenlehm zur Ablagerung, dadurch können einzelne Gangsysteme völlig plombiert werden. Bei größerer Höhe über der phreatischen Zone fällt die Höhle völlig trocken. Nicht mehr wassergefüllte Höhlengänge können instabil werden, die Höhlendecke bricht nach (Inkasion). Höhlen in der vadosen Zone stehen mit der Außenluft in Verbindung und werden von den an der Landoberfläche in die unterirdischen Wasserwege eintretenden Wässern durchsickert. Höhlen in klimatischen Regionen, in denen das einsickernde Wasser gefriert (Höhenstufe der Alpen) und das Eis ganzjährig erhalten bleibt, werden als Eishöhlen bezeichnet. Das die Höhle durchsickernde Wasser stellt sich auf den CO2-Partialdruck der Höhle ein, es kommt zur Entgasung von CO2 und zur Ausscheidung von Kalk. Es erfolgt eine Auskleidung mit Stalaktiten (Hängende Tropfsteine) und Stalagmiten (Stehende Tropfsteine), sowie Überzügen aus Kalksinter und perlartigen Abscheidungen (Höhlenperlen). Bei lokalen, stehenden Wässern erfolgt die Ausscheidung von Kalkrosetten und Sinterbeckenbildung. Die Tropfsteine bestehen meist aus Calcit, in selteneren Fällen, mit besonders feinzisselierten Formen liegt Aragonit vor. Das Wachstum der Tropfsteine erfolgt nicht einheitlich, besonders wärmere Perioden der Erdgeschichte, so in Mitteleuropa während des Eem oder im holozänen Atlantikum, sind Zeiten hoher Kalkausscheidungen mit raschem Tropfsteinwachstum. Tropfsteine werden mit vielen Bezeichnungen charakterisiert, so z.B. Spagettitropfsteine oder Excentriques ("Exzentriker" mit Wachstumsrichtungen teilweise gegen die Schwerkraft). Tropfsteine sind in der Regel weiß, können aber Färbungen durch organische Substanz (transparent rot), Schwermetalle (grün/blau) oder eingeschwemmte rote und braune Bodenpartikel aufweisen. Höhlen im vadosen Bereich mit Öffnungen zur Oberfläche dienen Tieren als Lebensraum (Troglobiont), Schlaf-, und Überwinterungsplätze (Troglophile – höhlenliebende Tiere, Trogloxene – Höhlengast). Spuren dieser Höhlennutzer finden sich als Abscheidungen (Guanohöhlen) oder auch als Fossilfundstätten. Höhlen dienten auch dem Menschen seit dem jüngeren Quartär als Jagdlagerplätze (Fundstellen zur Quartärökologie) und Kultstätten (Höhlenmalerei, Tempel).
Eine Klassifikation der Höhlen erfolgt je nach Ausprägung (Kalktuffhöhle, Lavahöhle, Flusshöhle) oder der Dominanz der Füllungen und reliktischen Einlagerungen (Tropfsteinhöhle, Guanohöhle, Bärenhöhle) oder der aktuellen Nutzungen (Fledermaushöhle).
Höhlen mit Tropfsteinen, datierbaren Einschwemmungen von ehemaligen Landoberflächen oder paläontologischen Zeugnissen früherer Erdperioden sind wichtige geowissenschaftliche Archive. Sie sind daher heute Forschungsobjekte zahlreicher Wissenschaften. Weiterhin erfolgen Nutzungen als Schauhöhlen oder Asthmatherapieplätze.

KP

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Grafik:
Mathias Niemeyer (Leitung)
Ulrike Lohoff-Erlenbach
Stephan Meyer

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