Lexikon der Geowissenschaften: Huminstoffe
Huminstoffe, dunkel gefärbte, hochmolekulare, amorphe, relativ stabile organische Substanzen des Bodens, die bei der Humifizierung entstehen. Sie bilden sich aus Bruchstücken und schwer umsetzbaren Resten, die beim Ab- und Umbau abgestorbener organischer Materie freigesetzt und z.T. ungeordnet miteinander verknüpft bzw. polymerisiert werden. Die Bausteine der Huminstoffe sind Carboxyl-, Carbonyl- und Hydroxylgruppen sowie aromatische bzw. alicyclische Ringe und Alkylketten. Daneben enthalten Huminstoffe noch Stickstoff, etwas Schwefel und Phosphor, zugleich können sie Kationen binden. Huminstoffe stellen daher ein polymeres Gemisch verschiedenster organisch-chemischer Bausteine dar und sind somit, im klassisch chemischen Sinn, keine einheitliche Substanzklasse wie z.B. Polyamide. Ihr Molekulargewicht reicht von 100 bis 100.000 Dalton. Sie lassen sich nach ihrer Löslichkeit in Huminsären und Fulvosäuren sowie Humine einteilen ( Abb. ). Im Boden liegen Huminstoffe sowohl isoliert aber auch mit Streuresten und Mineralteilchen verklebt sowie an Tonminerale und Oxide sorbiert vor, bilden so organomineralische Komplexe und tragen zur Gefügestabilität bei. Huminstoffe kommen in Böden, Torfen und Braunkohlen vor.
Durch die verschiedenartigen Bausteine enthalten Huminstoffe hydrophile und hydrophobe Bereiche. Sie können daher sowohl geladene als auch ungeladenen Teilchen adsorbieren. Aufgrund ihrer geringe Teilchengröße ( 2μm) und ihrer lockeren dreidimensionalen Struktur haben sie eine große spezifische Oberfläche. Dies und ihre negative Ladung bedingt ihr hohes Kationenaustauschvermögen, welches um einiges höher ist als das der Tonminerale ( Tab. ). In Sand- und Moorböden stellen Huminstoffe den Hauptpartner für die Kationensorption dar. Da Huminstoffe neben Stickstoff auch andere Nährstoffe enthalten, dienen sie gleichzeitig als Nährstoffreserve. Diese Nährstoffe werden jedoch nur bei der Mineralisation der Huminstoffe freigesetzt, sind also nicht sofort, dafür aber langfristig verfügbar. Gleichzeitig dienen Huminstoffe als Wasserspeicher, da sie durch die in ihnen enthaltenen hydrophilen Gruppen Wasser binden können.
Die dreidimensionale Struktur der Huminstoffe ist fexibel und wird durch Wechselwirkungen der Huminstoffbausteine untereinander bedingt. Dabei trachten die Huminstoffe einen möglichst günstigen Zustand (Energieinhalt möglichst gering) zu erreichen. Äußere Einflüsse wie pH-Wert und Elektrolytgehalt beeinflussen diese Wechselwirkungen der Bausteine untereinander. Je niedriger der pH-Wert und je höher der Elektrolytgehalt ist, desto stärker knäulen sich die Huminstoffe im allgemeinen zusammen. Entsprechend geringer wird ihre Oberfläche und damit die Anzahl zugänglicher Sorptionsstellen. Dies wirkt sich auf ihre Kationenaustauschkapazität aus, Huminstoffe weisen eine variable Oberflächenladung auf. Darüber hinaus können bestimmte (Schwermetall-)Kationen eine Aufknäulung bewirken: Mit diesen Kationen bilden die Huminstoffe häufig Chelate. Um diesen dreidimensionalen Käfig ordnet sich anschließend der – eigentlich "unbeteiligte" – Rest des Huminstoffs neu an. Dieser Vorgang ist meist irreversibel, da zur Freisetzung eines so gebundenen Kations die gesamte Struktur des Huminstoffs quasi aufgeknäult werden muß, um an den Käfig und damit das Kation heranzukommen. Die dazu benötigte Energie übersteigt im allgemeinen den mit der Freisetzung des Kations verbundenen Energiegewinn. Derartig gebundene Stoffe werden nur dann freigesetzt, wenn die den Komplex bildenden Huminstoffe mineralisiert, also vollständig abgebaut werden.
Trocknen Huminstoffe aus, schrumpfen sie nicht nur zusammen, sondern ihre Baustein ordnen sich derart an, das alle hydrophilen Bausteine nach innen weisen. Dies hat zur Folge, daß sich nach außen überwiegend hydrophobe Bausteine anordnen. Dies führt zur Bildung einer äußeren wasserabweisende Hülle, die einer Benetzung entgegenwirkt. Diese räumliche Anordnung wird erst bei einem längerfristigen Wasserkontakt wieder aufgehoben. Das hat zur Folge, daß huminstoffreiche sandige Böden und auch Moorböden sich nach einer erfolgten, vollständigen Austrocknung nur sehr schwer wieder benetzen lassen. Auch die Adsorptionseigenschaften der Huminstoffe werden durch Art und Menge der Bausteine – aus denen die Huminstoffe gebildet sind – beeinflußt. Dies kann sich auf Bodeneigenschaften wie die Kationenaustauschkapazität auswirken.
Der Aspekt, daß Huminstoffe aus verschiedenen Bausteinen mit sehr verschiedenen Eigenschaften (hydrophil/hydrophob) aufgebaut sind, wird teilweise bei der Betrachtung der Wechselbeziehung zwischen Humus und Bodeneigenschaften noch zu Gunsten der Menge vernachlässigt. Allerdings ist bekannt, das gerade die Zusammensetzung teilweise ausschlaggebend für chemisch-physikalische Eigenschaften der Huminstoffe ist. Damit muß bei der Betrachtung der organischen Substanz des Bodens ähnlich wie bei den Tonmineralen neben dem Mengenaspekt auch ein qualitativer Aspekt (Art und Menge der verschiedenen Bausteine) berücksichtigt werden. Zumal insbesonders diese Bodenkomponente stark durch äußere Einflußfaktoren wie Klima oder Landnutzung verändert werden kann. [RE]
Huminstoffe : Aufteilung der Huminstoffe nach der Löslichkeit ihrer Bestandteile. Huminstoffe
Huminstoffe (Tab.): spezifische Oberfläche und Kationenaustauschkapazität (KAK) einiger Bodenbestandteile. Huminstoffe (Tab.):
Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.