Lexikon der Geowissenschaften: U-Pb-Methode
U-Pb-Methode, Uran-Blei-Methode, eine der gebräuchlichsten Methoden der Altersbestimmung nach dem Prinzip der Anreicherungsuhr. Verwendet werden die beiden Zerfallsreihen:
23892U→20682Pb+842He+6β-+47,4 MeV/Nuklid,
23892U→20682Pb+742He+4β-+45,2 MeV/Nuklid,
welche beide in Nukliden desselben Elements (Uran) beginnen und im selben Element (Blei) enden. Die Halbwertszeiten der beiden Ausgangsnuklide (238U=4,47·109 Jahre, 235U=7,07·108 Jahre) sind dabei sehr viel höher als die der darauffolgenden Zwischenprodukte, so daß sich die Serien, über einen geologischen Zeitraum betrachtet, im Gleichgewicht befinden (Ungleichgewichtsmethode). Die Folgeisotope sind jeweils Mitglieder nur einer der beiden Serien. Die Abbildung 1 zeigt die beiden radioaktiven Familien, welche auch als Uran-Radium- und Actinium-Reihe bezeichnet werden, im Detail. Das heutige 238U/235U-Verhältnis ist bis auf wenige Ausnahmen überall in der Welt identisch und hat einen Wert von 137,88. In uranhaltigen Systemen laufen parallel zur selben Zeit zwei radioaktive Zerfallsreihen ab, deren Edukte und Produkte chemisch identisch sind. Man kann zwei Altersgleichungen formulieren und für jede Probe zwei Alter berechnen (Anreicherungsuhr). Durch Division der beiden Gleichungen und Einsetzen des bekannten 238U/235U-Verhältnisses von 137,88 erhält man eine dritte Gleichung, welche die Berechnung eines Pb-Pb-Alters allein aus einem Pb-Isotopenverhältnis erlaubt (Evaporationsmethode). Wegen der hohen Mobilität des Urans ist die Datierung von Mineralen oder Gesamtgesteinen nach der Isochronenmethode nur in Ausnahmefällen möglich. Erfolgversprechender ist die Bestimmung von Pb-Pb-Alternan Gesamtgesteinen, da Pb-Isotopenverhältnisse gegen eine Rücksetzung resistenter sind als U-Pb-Verhältnisse.
Für die U-Pb-Datierung kommen nur einige wenige stabile Minerale in Betracht, welche bei ihrer Bildung Uran gegenüber Blei extrem anreichern und die sich in Bezug auf das U-Pb-System weitgehend geschlossen verhalten. Die U-Pb-Methode bietet für diese wesentliche Randbedingung isotopischer Uhren (die Geschlossenheit des Systems) eine interne Kontrollmöglichkeit, da für ein Mineral zwei voneinander unabhängige Alter bestimmt werden können. Eine Übereinstimmung oder Konkordanzdieser Alter belegt, daß nach der Bildung des Systems keine Öffnung mehr stattgefunden haben kann. Eine geochemische Änderung des U-Pb-Verhältnisses beträfe die beiden Zerfallsreihen aufgrund ihrer unterschiedlichen Zerfallskonstanten in unterschiedlichem Ausmaß und würde zu diskordanten Alterswerten führen. Konkordante U-Pb-Alter stellen derzeit wohl die genaueste und zuverlässigste isotopische Altersbestimmung dar. Aber auch diskordante Alterswerte liefern in vielen Fällen geochronometrische Informationen, da mit ihrer Hilfe die Öffnung eines Mineralsystems nicht nur erkannt, sondern auch deren Zeitpunkt erfaßt werden kann. Zur Darstellung von U-Pb-Isotopendaten dient das Konkordiadiagramm oder Wetherill-Diagramm ( Abb. 2), in welchem die Isotopenverhältnisse der beiden Isotopensysteme gegeneinander aufgetragen werden. In dieser Darstellung liegen Punkte, die ein identisches Alter repräsentieren, auf einer Kurve, welche Konkordia genannt wird. Die Krümmung dieser Linie ist durch die unterschiedlichen Halbwertszeiten des 238U und 235U bedingt. Diskordante Datenpunkte einer Probe liegen meist auf einer geraden Linie, der Diskordia, welche die Konkordia in zwei Punkten schneidet (Schnittpunktalter). Der obere Schnittpunkt kann in seiner Bedeutung meist mit konkordanten Alterswerten gleichgesetzt werden, der untere Schnittpunkt liefert häufig eine Altersinformation zur Störung des U-Pb-Systems. Weitere Darstellungsformen sind das Tera-Wasserburg-Diagramm (238U/206Pb-207Pb/206Pb) und das Tatsumoto-Diagramm (235U/207Pb-206Pb/207Pb). Da in den genannten Diagrammen jeweils nur die radiogenen Anteile der gemessenen Isotopenverhältnisse eingetragen werden, muß das initialeBlei (gewöhnliches Blei) welches sich beim Start der Uhr bereits im System befand, vom gemessenen Anteil subtrahiert werden. Ist sein Anteil sehr gering, reicht es aus, seine Isotopenzusammensetzung anhand idealisierter Blei-Entwicklungsmodelle für die Erde abzuschätzen (Bleiisotope). Ist er jedoch signifikant, bedarf es einer sehr genauen Kenntnis der Isotopenzusammensetzung durch Analyse des Bleis in kogenetischen uranfreien Mineralen, deren Bleisystem allerdings nicht gestört sein darf.
Eine manchmal gangbare alternative Vorgehensweise ist die Erweiterung der Diagramme um eine dritte Achse, die das nicht radiogene Isotop 204Pb darstellt (3D-Diskordia). Die Probenpunkte bestimmen nun eine Diskordia-Fläche, deren Schnittlinie mit der x-y-Ebene die bekannte zweidimensionale Diskordia darstellt. Zur Definition dieser Fläche benötigt man mindestens drei Probenpunkte mit möglichst großer Spannweite in der Diskordanz und im initialen Bleigehalt.
Das in der U-Pb-Methode am häufigsten verwendete Mineral ist das weitverbreitete Akzessorium Zirkon. Es ist eine magmatische Frühausscheidung, deren Wachstum aber über einen längeren Zeitraum andauert und welches aufgrund seiner hohen Stabilität selbst hochgradige Metamorphosen überdauern kann; metamorphes Neuwachstum ist vielfach beschrieben worden. Der Zirkon ist sehr verwitterungsresistent und kann mehrere Verwitterungs- und Sedimentationszyklen überstehen. Konkordante U-Pb-Alter von Zirkonen werden üblicherweise als Kristallisationsalter interpretiert, wobei die Bildung der Zirkone je nach H2O-Gehalt der Schmelze zwischen ca. 1200ºC und 650ºC stattgefunden haben kann. Häufig liefern Zirkone diskordante Alterswerte, welche unterschiedlich interpretiert werden: Das klassische Modell des Episodischen Bleiverlustes geht von einem einphasigen Zirkonsystem aus. Die diskordante Lage von Probenpunkten wird hier durch ein kurzzeitig wirkendes Ereignis, welches zu Bleiverlust führt, erklärt. Als dessen Folge zeigen die Probenpunkte im Diagramm eine lineare Anordnung. Der obere Schnittpunkt dieser Linie mit der Konkordia wird als ursprüngliche isotopische Zusammensetzung und der entsprechende Alterswert als das Kristallisationsalter der Zirkone interpretiert, der untere Schnittpunkt als Zeitpunkt der Systemöffnung durch metamorphe Aufheizung Druckentlastung oder auch Verwitterung (Schnittpunktalter). Während einer komplizierten geologischen Geschichte ist auch mehrfacher Bleiverlust denkbar, welcher zu einer nicht mehr interpretierbaren Anordnung der Probenpunkte im Konkordiadiagramm führen kann. In der Regel sind jedoch Zirkone, die einmal eine hochgradige Metamorphose erlitten haben, unempfindlich gegenüber weiteren Ereignissen, so daß meist ein sekundäres Ereignis dominiert. In jüngerer Zeit wird Mischungseffekten bei der Erklärung diskordanter U-Pb-Alter eine immer größere Rolle zugeschrieben.
Die drei bisher vorgestellten Modelle betrachten den Zirkon als einphasiges System. Tatsächlich hat man es jedoch bei der Analyse in aller Regel mit einer Mischung unterschiedlicher (konkordanter und diskordanter) Zirkonphasen selbst im Einzelkornbereich zu tun, wobei die Mischung konkordanter Zirkonphasen eine diskordante Lage des Probenpunkts im Diagramm ergibt. Untersuchungen mit der SHRIMP sowie nach der Evaporationsmethode bestätigen die Inhomogenität der meisten Zirkone bezüglich ihres U-Pb-Systems sowie die Existenz mehrerer konkordanter Partien in vielen Kristallen. Dies zeigt, daß letztlich nur konkordante Alter eine zweifelsfreie Interpretation zulassen.
Neben dem Zirkon ist das Akzessorium Monazit gegenwärtig das wichtigste Mineral in der U-Pb-Geochronometrie. Es kann magmatisch oder in der oberen Amphibolit- und Granulitfazies (metamorphe Fazies) auch metamorph gebildet werden. Die Alterswerte von Monaziten sind meist konkordant. Diskordante Alterswerte wurden beschrieben und in ähnlicher Weise wie Zirkonalter interpretiert. Die Frage, ob Monazitalter Bildungsalter oder hochtemperierte Abkühlalter darstellen, wird kontrovers diskutiert. Weiterhin wird in der U-Pb-Geochronometrie der Rutil verwendet, welcher nach dem bisherigen Stand der Kenntnis Abkühlalter mit einer Schließtemperatur für das U-Pb-System von ca. 400ºC datiert.
Bei der konventionellen U-Pb-Analytik werden geringe Mineralmengen ( 1 mg) oder Einzelzirkone nach Separation und Aufschluß der Minerale sowie Spiken (Isotopenverdünnungsanalyse), Abtrennung der Elemente U und Pb und deren Messung im TIMS (Massenspektrometrie) analysiert. Daneben besitzt in der U-Pb-Geochronometrie die Analytik insbesondre alter Zirkone mit der SHRIMP-Methode (Sensitive High Resolution Ion Micro Probe) mit einem Massenspektrometer große Bedeutung. Mit diesem Instrument können Pb-Isotopenverhältnisse in Zirkonen in situ gemessen werden. Die Bestimmung der Relativ- und Absolutkonzentrationen von U und Pb wird allerdings durch die sehr unterschiedliche und variable Diskriminierung der SHRIMP für beide Elemente erschwert. Der Vorteil der Methode liegt deshalb vor allem in der hohen geometrischen Auflösung, welche meist eine Trennung verschiedener inhärenter U-Pb-Alter gestattet. In fast jeder Probe können konkordante Partien gefunden werden, was trotz der relativ hohen Meßfehler eine relativ genaue Datierung alter Zirkone erlaubt. Ein kritischer Punkt bei der geologischen Interpretation von Ionensondendaten ist die Repräsentativität der datierten Bereiche. Da in Zirkonen meist zahlreiche unterschiedlich bedeutende Ereignisse isotopisch dokumentiert sind, kann die subjektive Auswahl von Meßpunkten zu einer falschen Gewichtung der Alterswerte führen. Insbesondere als Screening-Methode oder bei geologisch einfachen Verhältnissen kann die Evaporationsmethodemit Erfolg angewandt werden. Bei dieser Methode werden Zirkonkristalle im TIMS direkt verdampft und 207Pb/206Pb-Werte gemessen, welche direkt Alterswerten entsprechen. Die schrittweise Steigerung der Temperatur während der Messung erlaubt eine Unterscheidung der verschiedenen Pb-Komponenten eines Zirkonindividuums, die entsprechend ihrer Aktivierungsenergie mobilisiert und analysiert werden. Nicht kristalline Partien, die fast das gesamte gewöhnliche Pb enthalten, werden vor Beginn der eigentlichen Messung bei niedrigeren Temperaturen abgeheizt. Die ermittelten Alter können jedoch nur im Falle einphasiger und geschlossener Systeme als Kristallisationsalter interpretiert werden. Ob diese Voraussetzungen gegeben sind, kann mit der Methode allerdings prinzipbedingt nicht überprüft werden. [SH]
U-Pb-Methode 1: die drei natürlichen radioaktiven Zerfallsreihen. U-Pb-Methode 1:
U-Pb-Methode 2: Wetherill-Konkordia-Diagramm. Angegeben ist die Lage von drei diskordanten Datenpunkten (1,2,3), deren Schnittpunktsalter sowie die scheinbaren Alter des Punktes 2 (Ma=Mio. Jahre). U-Pb-Methode 2:
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