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Lexikon der Mathematik: homogener Raum

bezeichnet mit (M, G), ist eine Menge M, auf der eine GruppeG transitiv operiert. D.h., es gibt eine Abbildung \begin{eqnarray}G\times M\to M,\space \space (g,x)\mapsto g\cdot x\end{eqnarray} mit

  1. (gh).x = g.(h.x),   ∀g, hG, xM.
  2. e.x = x (e sei das neutrale Element der Gruppe G).
  3. Zu jedem Paar x, yM gibt es ein gG mit y = g.x.

Die Gruppe G heißt auch die Bewegungsgruppe des homogenen Raums. Die Elemente von M werden oft als Punkte bezeichnet. Die Stabilisatorgruppe oder Isotropiegruppe Gx zu einem Punkt xM ist definiert als die Untergruppe \begin{eqnarray}{G}_{x}:=\{g\in G|g\cdot x=x\},\end{eqnarray} bestehend aus den Elementen, die x festlassen. Wegen der Transitivität (d. h. der Bedingung 3.) sind die Stabilisatorgruppen zu verschiedenen Punkten x und γ konjugiert in G.

Das Standardbeispiel eines homogenen Raums ist der (Links-)Nebenklassenraum (d. h. Quotientenraum) G/H einer Gruppe G nach einer Untergruppe H. Die Gruppe G operiert auf G/H durch \begin{eqnarray}g\cdot (aH)=(ga)H.\end{eqnarray}

Die Stabilisatorgruppe von eH ist H.

Jeder homogene Raum (G, M) kann mit dem Nebenklassenraum G/Hx für ein beliebiges xM identifiziert werden. Diese Identifikation erfolgt durch yMgHx, wobei g ein Gruppenelement ist mity = g.x.

Die rein mengentheoretische Konstruktion ist auch sinnvoll, falls der homogene Raum (M, G) noch zusätzliche Strukturen trägt. Wichtige Beispiele: M ist eine topologische Mannigfaltigkeit und G eine topologische Gruppe mit einer stetigen Gruppenaktion, bzw. M ist eine differenzierbare oder komplexe Mannigfaltigkeit und G eine (komplexe) Lie-Gruppe mit differenzierbarer (komplexanalytischer) Gruppenaktion, bzw. M ist eine algebraische Varietät und G eine algebraische Gruppe mit algebraischer Gruppenaktion.

Viele Objekte auf M sind beschreibbar durch diejenigen Objekte auf der Gruppe G, die ein gewisses „automorphes“ Verhalten unter einer Stabilisatorgruppe haben. Durch diese zusätzliche Struktur ist es oft möglich, eine vollständige Klassifikation der homogenen Räume zu geben. So sind diejenigen differenzierbaren Flächen, die homogene Räume von zusammenhängenden Lie-Gruppen sind, vollständig klassifiziert. Dies sind: Die Ebene, der Zylinder, die Sphäre, der Torus, das Möbius-Band, die (reelle) projektive Ebene und die Kleinsche Flasche.

Etwas salopp, aber einprägsam sagen auch manche Autoren, ein homogener Raum ist ein Raum, dessen wesentliche Eigenschaften an allen seinen Punkten dieselben sind. In dieser Sichtweise existieren folgende Beispiele: Ein topologischer Raum X heißt homogen, wenn es zu je zweien seiner Punkte x, yX einen Homöomorphismus φ:XX gibt, der den einen in den anderen überführt, also φ(x) = y erfüllt. Eine Riemannsche Mannigfaltigkeit heißt homogen, wenn es zu je zweien ihrer Punkte einen isometrischen Diffeomorphismus gibt, der den einen in den anderen überführt.

  • Die Autoren
- Prof. Dr. Guido Walz

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