Lexikon der Mathematik: Listenfärbung
Verallgemeinerung des Konzepts der Eckenfärbung und Kantenfärbung.
Gibt man für jede Ecke v eines GraphenG eine Liste Lv speziell an dieser Ecke erlaubter Farben vor, so kann man fragen, ob G eine Eckenfärbung mit Farben aus den jeweiligen Listen besitzt. Der Graph G heißt k-listenfärbbar, wenn für jede vorgegebene Familie (Lv)v∈E(G) von Listen mit |Lv| = k für alle v ∈ E (G) eine Eckenfärbung mit den Farben aus den entsprechenden Listen existiert. Die kleinste Zahl k ∈ ℕ, für die G noch k-listenfärbbar ist, wird listenchromatische Zahl χl (G) von G genannt.
Enthält z. B. jede Liste genau Δ(G) + 1 Farben, wobei Δ(G) der Maximalgrad des Graphen G ist, so erhält man ohne Mühe eine Listenfärbung von G, indem man sukzessive die Ecken so färbt, daß adjazente Ecken verschiedene Farben tragen. Insbesondere ergibt sich daraus die Abschätzung
Kantenfärbungen aus Listen sind analog definiert. Das kleinste k, für das G aus Listen von je k Farben stets kantenfärbbar ist, heißt listenchromatischer Index \({\chi }_{l}^{{\prime}}(G)\) von G. Man kann aber auch einfach \({\chi }_{l}^{{\prime}}(G)\) durch
In der ersten Ungleichung muß aber keineswegs immer das Gleichheitszeichen stehen. Dies erkennt man z. B. an dem skizzierten bipartiten GraphenB mit den angegebenen Listen aus 2 Farben. Beginnt man in der Mitte mit der Farbe 1 oder 2, so überzeugt man sich leicht davon, daß B nicht 2-listenfärbbar ist, aber es gilt natürlich χ(B) = 2.
Um so erstaunlicher ist es, daß für Kantenfärbungen aus Listen kein entsprechendes Beispiel bekannt ist. Daraus resultiert die sogenannte Listen-färbungs-Vermutung von V.G. Vizing aus dem Jahre 1976:
Für jeden Graphen G gilt \({\chi }_{l}^{{\prime}}(G)=\chi ^{\prime} (G)\).
Durch einen überraschend kurzen Beweis konnte F. Galvin 1995 diese Listenfärbungs-Vermutung für bipartite Graphen bestätigen, die insbesondere eine Vermutung von J.Dinitz aus dem Jahre 1978 über lateinische Quadrate löst.
Ist G ein bipartiter Graph, so gilt \({\chi }_{l}^{{\prime}}(G)=\chi ^{\prime} (G)\).
Zusammen mit einem Satz von König folgt daraus noch
Der große Durchbruch erfolgte dann 1996, als J.Kahn zeigte, daß die Listenfärbungs-Vermutung jedenfalls asymptotisch richtig ist.
Für jedes ϵ > 0 gilt
Dennoch ist man von einem vollständigen Beweis der Listenfärbungs-Vermutung noch sehr weit entfernt.
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