Lexikon der Mathematik: p-adische Zahl
zu einer Primzahl p ein Element der vom p-adischen Absolutbetrag induzierten Vervollständigung des Körpers der rationalen Zahlen.
Der Begriff stammt von Kurt Hensel, der ihn 1913 in seinem Buch „Zahlentheorie“ ausführlich untersuchte.
Ist g ≥ 2 eine ganze Zahl, die Grundzahl, so gibt es zu jeder natürlichen Zahl n eine eindeutig bestimmte g-adische Darstellung
„Als die Aufgabe der elementaren Zahlentheorie kann die Aufsuchung der Beziehungen bezeichnet werden, welche zwischen allen rationalen ganzen oder gebrochenen Zahlen m einerseits und einer
beliebig angenommenen festen Grundzahl g andererseits bestehen. Man kann dieser Aufgabe in ihrem weitesten Umfange dadurch genügen, daß man alle diese Zahlen m in unendliche Reihen
Mathematisch enthält der Henselsche Ansatz schon einige Schwierigkeiten:
- Was bedeuten diese unendlichen Reihen? Im gewöhnlichen Sinn konvergiert eine Reihe a0 + a1g + a2g2 + … mit „Ziffern“ aj ∈ {0, 1, …, g − 1} offenbar genau dann, wenn nur endlich viele der aj von 0 verschieden sind; man benötigt also einen anderen Konvergenzbegriff.
- Inwiefern kann man mit diesen Reihen rechnen? Die Theorie der p-adischen Zahlen, von der Hensel wesentliche Aspekte entwickelte, beinhaltet eine präzise und höchst interessante Beantwortung dieser Fragen.
Zunächst zur zweiten Frage. Faßt man eine Reihe
Die Restklassenarithmetik modulo gn führt also zu einer Ringstruktur auf der Menge ℤg aller Reihen (1) mit Ziffern aj ∈ {0, 1, …, g − 1}.
Den Ring ℤg bezeichnet man (nach Hensel) als Ring der ganzen g-adischen Zahlen; er enthält alle ganzen Zahlen sowie diejenigen Brüche, deren Nenner zu g teilerfremd ist. Der Ring ℤg ist genau dann nullteilerfrei, wenn g eine Primzahl ist. Ist g = pq zusammengesetzt, so kann man die Struktur des Rings ℤg durch die Ringe ℤp und ℤq beschreiben. Man gewinnt also strukturelle Klarheit, ohne Allgemeinheit zu verlieren, indem man sich auf den Fall der p-adischen Zahlen, p Primzahl, konzentriert. Den Quotientenkörper von ℤp bezeichnet man als den Körper ℚp aller p-adischen Zahlen. Ein Element x ∈ ℚp kann man sich als unendliche Reihe
Zur ersten Frage. Es stellt sich heraus, daß ℚp auf natürliche Weise ein metrischer Raum ist, und daß der Ring ℤp ⊂ ℚp darin kompakt ist. Zur Konstruktion der Metrik sei zunächst r = a/b eine beliebige rationale Zahl ≠ 0. Sind
Für ganze Zahlen r = a ist vp(a) die größte ganze Zahl derart, daß \({p}^{{v}_{p}(a)}\) ein Teiler von a ist. Der p-adische Absolutbetrag oder p-Betrag einer rationalen Zahl r ist gegeben durch
Der p-adische Absolutbetrag erfüllt die Bedingungen |r|p = 0 ⇔ r = 0 und |rs|p = |r|p · |s|p, sowie die sog. ultrametrische Ungleichung
Insbesondere definiert der p-adische Absolutbetrag eine Metrik, den p-Abstand auf ℚ. Der p-Abstand läßt sich auf ℤ durch die Zugehörigkeit zu Restklassen modulo pn veranschaulichen, denn es gilt:
Mittels des p-Abstands sind auch die Begriffe p-Konvergenz und p-Grenzwert erklärt. In diesem Sinne konvergiert die Reihe (1) für g = p und jede beliebige Ziffernfolge (aj). Ebenso ist, für g = p, Gleichung (2) so zu verstehen, daß −1 der p-Grenzwert der rechts stehenden Reihe ist.
Eine Ziffernfolge \({({a}_{j})}_{j=-k}^{\infty }\) nennt man p-adische Entwicklung einer p-adischen Zahl x ∈ ℚp, wenn x der p-Grenzwert der Reihe
Mit Hilfe des Begriffs der p-Konvergenz ist es möglich, auf den p-adischen Zahlen konvergente Potenzreihen zu betrachten und so ein gutes Stück der klassischen Analysis zu übertragen. Hinzu kommt noch eine p-adische Maß- und Integrationstheorie (Grundlage ist etwa ein Haarsches Maß auf der additiven Gruppe (ℚp, +)).
Insgesamt stellen die p-adischen Zahlen eine Möglichkeit dar, die Analysis mit dem Rechnen in Restklassen modulo Primzahlpotenzen in enge Verbindung zu bringen, was z. B. bei der Analyse diophantischer Gleichungen wichtig ist.
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