Lexikon der Mathematik: unitäre Geometrie
die Geometrie eines Vektorraumes V über dem Körper ℂ der komplexen Zahlen, der mit einem inneren Produkt
(a) \({\bf{B}}\ ({\mathfrak{s}},{\mathfrak{t}})=\overline{{\bf{B}}\ ({\mathfrak{s}},{\mathfrak{t}})}\), (d. h., B soll Hermitesch sein; diese Eigenschaft hat zur Folge, daß \({\bf{B}}\ ({\mathfrak{s}},{\mathfrak{s}})\) immer eine relle Zahl ist).
(b) \({\bf{B}}\ ({z}_{1}{{\mathfrak{s}}}_{1}+{z}_{2}{{\mathfrak{s}}}_{2},{\mathfrak{t}})={z}_{1}{\bf{B}}\ ({{\mathfrak{s}}}_{1},{\mathfrak{t}})+{z}_{2}{\bf{B}}\ ({{\mathfrak{s}}}_{2},{\mathfrak{t}})\), (d. h., B soll im ersten Argument linear sein).
(c) Aus \({\mathfrak{s}}\ne 0\) folgt \({\rm{B}}\ ({\mathfrak{s}},{\mathfrak{s}})\gt 0\) (d. h., B soll positiv definit sein).
Dabei sind \({\mathfrak{s}},{{\mathfrak{s}}}_{1},{{\mathfrak{s}}}_{2},{\mathfrak{t}}\in V\) Vektoren und z1, z2 ∈ ℂ Skalare.
Somit ist B eine Abbildung von V × V in ℂ, die im ersten Argument ℂ-linear ist. Im zweiten Argument ist sie nur additiv und erfüllt in bezug auf die Multiplikation mit Skalaren die Gleichung
Aus diesem Grunde wird ein derartiges inneres Produkt nicht bilinear, sondern \(1\frac{1}{2}\)-fach linear genannt.
Ist V von endlicher Dimension n und \({{\mathfrak{e}}}_{1},\ldots,{{\mathfrak{e}}}_{n}\) eine Basis von V, so bestimmt das innere Produkt B eine komplexe Matrix \(B={({\bf{B}}\ ({{\mathfrak{e}}}_{i,}{{\mathfrak{e}}}_{j}))}_{i,j=1}^{n}\), deren transponierte Matrix gleich ihrer komplex konjugierten ist: \({B}^{t}=\overline{B}\).
Umgekehrt liefert jede Matrix mit dieser Eigenschaft ein \(1\frac{1}{2}\)-fach lineares Produkt, das durch
Man kann voraussetzen, daß die Basis \({{\mathfrak{e}}}_{1},\ldots,{{\mathfrak{e}}}_{n}\) orthonormiert, d. h., daß B gleich der Einheitsmatrix ist. Sind dann sk und tk die Koordinaten von \({\mathfrak{s}}\) bzw. \({\mathfrak{t}}\), so gilt
Aus den Axiomen folgt, daß \(\Vert {\mathfrak{s}}\Vert =\sqrt{{\rm{B}}\ ({\mathfrak{s}},{\mathfrak{s}})}\) eine reelle Zahl ist. Man nennt \(\Vert {\mathfrak{s}}\Vert \) die Norm von \({\mathfrak{s}}\). Spaltet man sk = ak + i bk in Real- und Imaginärteil auf, so gilt
Diese Annahmen sollen im weiteren beibehalten werden. Die unitäre Gruppe U(V, B) von (V, B) besteht aus allen komplex linearen Abbildungen α : V → V, die das innere Produkt invariant lassen, d. h., eine lineare Abbildung α gehört genau dann zu U(V, B), wenn die Gleichung \({\rm{B}}\ (\alpha ({\mathfrak{s}}),\ \alpha ({\mathfrak{t}}))={\rm{B}}\ ({\mathfrak{s}},\ {\mathfrak{t}})\) für alle \({\mathfrak{s}},{\mathfrak{t}}\in V\) gilt. Ist V = ℂn und B durch die Einheitsmatrix definiert, so schreibt man einfach U(n) = U(V, B). Die unitäre Geometrie besteht aus allen Invarianten von U(n).
Man kann V als einen reellen Vektorraum der Dimension 2n betrachten, indem man den Skalarbereich auf den reellen Körper ℝ ⊂ ℂ einschränkt. Dann ist jedes positiv definite \(1\frac{1}{2}\)-fach lineare innere Produkt B über ℝ bilinear und ein gewöhnliches Euklidisches Skalarprodukt. U(n) ist eine Untergruppe der orthogonalen Gruppe O(2n) dieses Skalarproduktes, und alle Euklidischen Invarianten, wie z. B. Abstand zweier Punkte, Orthogonalität von Vektoren oder Unterräumen, Winkel, k-dimensionales Volumen, sind auch unitäre Invarianten.
Die Euklidische Geometrie ist eine echte Teilmenge der unitären. Ein Beispiel einer unitären Invariante, die nicht Euklidische Invariante ist, ist der Imaginärteil \(\omega \ ({\mathfrak{s}},{\mathfrak{t}})=\mathrm{Im}\ ({\bf{B}}\ ({\mathfrak{t}},{\mathfrak{s}}))\) von B. Die Abbildung ω : V × V → ℝ ist eine reelle symplektische Form, d. h., bezüglich ℝ sie ist bilinear, nicht ausgeartet und antisymmetrisch. Es gilt \(\omega \ ({\mathfrak{s}},{\mathfrak{t}})=-\omega \ ({\mathfrak{s}},{\mathfrak{t}})\).
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