Lexikon der Optik: magnetooptische Effekte
magnetooptische Effekte treten auf bei Einwirkung von magnetischen Feldern auf elektromagnetische Wellen bei ihrer Emission, Absorption und Ausbreitung in Medien. Sie können in zwei Gruppen unterteilt werden: Einmal wirkt die Lorentz-Kraft auf die Elektronen und verursacht eine Larmor-Präzession. Darauf beruhen insbesondere der Zeemann-Effekt, der Faraday-Effekt und der Voigt-Effekt. Zum anderen können Einstelleffekte als Ursache auftreten. Induzierte oder permanente magnetische Momente von Atomen oder Molekülen stellen sich in die magnetische Feldrichtung ein. Dazu gehören die paramagnetische Drehung der Polarisationsebene, der Cotton-Mouton-Effekt, der Kundt-Effekt und der Majorana-Effekt.
Der Faraday-Effekt oder die zirkulare magnetische Doppelbrechung (M. Faraday 1846) besteht in der Drehung der Polarisationsebene des Lichtes auch in nicht optisch aktiven Substanzen unter Einwirkung eines Magnetfeldes parallel zur Lichtausbreitungsrichtung.
Der Drehsinn entspricht der Richtung des das Feld erzeugenden Stromes. Durch das Magnetfeld wird für das Licht im Medium eine zirkulare Doppelbrechung hervorgerufen, d.h., es entstehen eine rechts und eine links zirkular polarisierte Welle mit den entsprechenden Brechungsindizes n- und n+ (optische Aktivität). Der Gyrationsvektor G optisch aktiver Substanzen geht beim Faraday-Effekt in isotropen Medien über in einen Vektor parallel zur magnetischen Feldstärke H. Dies führt zu einer der Dicke d des durchstrahlten Mediums proportionalen Drehung Θ der Polarisationsebene des Lichtes
, (1)
wobei V die Verdetsche Konstante, ω die Kreisfrequenz des Lichtes und c die Lichtgeschwindigkeit bedeuten.
Einige Werte für V sind der folgenden Tabelle zu entnehmen
Die Rotationsrichtung der Polarisationsebene kehrt sich um, wenn die Lichtrichtung umgekehrt wird. Eine Rechtsdrehung geht in eine Linksdrehung über und umgekehrt. Wenn daher der Strahl ein und denselben Weg zweimal durchläuft (hin und zurück), verdoppelt sich die Drehung der Polarisationsebene gegenüber einem einfachen Duchgang. Wird rechts und links zirkular polarisiertes Licht unterschiedlich absorbiert (Absorptionszahlen Κ- und Κ+), so ist die austretende Welle elliptisch polarisiert, wobei das Verhältnis der Amplituden von großer und kleiner Halbachse Δ= ωd(Κ--Κ+)/(2c) beträgt (Faraday-Elliptizität). Es liegt magnetischer zirkularer Dichroismus vor. Der Faraday-Effekt tritt auch dann auf, wenn kein äußeres Magnetfeld angelegt wird, sondern das Licht durch eine dünne magnetisierte Schicht eines ferromagnetischen Materials hindurchgeht. Dann gilt Drehwinkel = Kundt-Konstante × Magnetisierung des Materials. Meist wirkt die Absorption des Materials einer effektiven technischen Ausnutzung dieses Transmissionseffektes entgegen.
Eine besonders starke Drehung in dünnen ferromagnetischen Substanzen im Magnetfeld wird auch als Kundt-Effekt (A. Kundt 1884) bezeichnet.
Unter dem inversen Faraday-Effekt versteht man das Auftreten einer Magnetisierung infolge der Einstrahlung zirkular polarisierten Lichtes.
Als Macaluso-Corbino-Effekt bezeichnet man den Vorzeichenwechsel der Faraday-Drehung in der Umgebung einer Absorptionslinie, verbunden mit großen Werten für die Drehung.
Anwendung findet der Faraday-Effekt bei der Modulation des Lichtes, der magnetooptischen Speicherung, dem Faraday-Rotator und dem Faraday-Isolator.
Die paramagnetische Drehung der Polarisationsebene ist auf die Ausrichtung permanenter magnetischer Momente von Molekülen zurückzuführen. Sie gibt Anlaß zu einem Beitrag zur Verdetschen Konstanten, der mit der Temperatur stärker variiert als der restliche Anteil.
Als Cotton-Mouton-Effekt oder magnetische Doppelbrechung (A. Cotton, H. Mouton 1907) bezeichnet man die durch ein Magnetfeld hervorgerufene optische Doppelbrechung des Lichtes, das sich in einem ohne Magnetfeld optisch isotropen Material senkrecht zur Magnetfeldrichtung ausbreitet. Er ist das magnetische Analogon zum elektrooptischen Kerr-Effekt (elektrooptische Effekte). Das Medium verhält sich im Magnetfeld wie ein optisch einachsiger Kristall mit einer optischen Achse parallel zum Magnetfeld. Durch Einstrahlung von linear polarisiertem Licht senkrecht zum Magnetfeld mit einer um 45° zum Magnetfeld geneigten Polarisationsrichtung entstehen parallel bzw. senkrecht zum Magnetfeld polarisiert die außerordentliche bzw. ordentliche Welle mit den Brechungsindizes n|| bzw. n⊥. Nach Durchlaufen einer Schichtdicke d erreicht die Phasendifferenz zwischen beiden Wellen den Wert
mit C als Cotton-Moutonscher Konstante und H als magnetischer Feldstärke. δ und damit C sind an der austretenden elliptisch polarisierten Welle abzulesen. Nach dem Havelockschen Gesetz ist C umgekehrt proportional zur Lichtwellenlänge λ. Für Nitrobenzol ist C=3,81·10-14 mA-2 (bei λ=589 nm und Zimmertemperatur). Bei Lichtausbreitung weder transversal noch longitudinal zu H treten Faraday- und Cotton-Mouton-Effekt zusammen auf, wobei elliptische Doppelbrechung entsteht.
Die Erscheinung der magnetischen Doppelbrechung an kolloiden Lösungen, besonders deutlich an Eisenoxidhydratlösungen zu beobachten, wird als Majorana-Effekt (Q. Majorana 1902) bezeichnet. Er wird durch die Herausbildung länglicher, magnetisch anisotroper kolloidaler Teilchen verursacht, die sich in Feldrichtung oder senkrecht dazu einstellen.
Unter dem Voigt-Effekt wird eine sehr starke magnetische Doppelbrechung im Bereich einer Absorptionslinie verstanden.
Magnetooptischer Kerr-Effekt (J. Kerr, 1876). Allgemein wird linear polarisiertes Licht nach Reflexion an metallischen Spiegeln entsprechend den Fresnelschen Formeln elliptisch polarisiert. Sind die Spiegel Ferromagnetika, so erfolgen in proportionaler Abhängigkeit von deren Magnetisierung zusätzlich eine Drehung der Schwingungsellipse und eine Änderung ihres Achsenverhältnisses, also eine Verzerrung der Schwingungsellipse. Je nach Orientierung der Magnetisierung zur Einfallsebene des Lichtes unterscheidet man den polaren Kerr-Effekt (Magnetisierung senkrecht zur Oberfläche), den meridionalen Kerr-Effekt (Magnetisierung in der Einfallsebene und parallel zur Oberfläche) und den äquatorialen Kerr-Effekt (Magnetisierung senkrecht zur Einfallsebene und parallel zur Oberfläche). Insbesondere bei senkrechtem Einfall, wo die Metallreflexion keine Änderung des Zustandes der linearen Polarisation bewirkt, führt der magnetooptische Kerr-Effekt zu einer Drehung der Polarisationsebene des reflektierten Lichtes verbunden mit einer sehr schwachen elliptischen Polarisation. Anwendung findet der Effekt bei der Sichtbarmachung magnetischer Bereichsstrukturen und bei der optischen Speicherung.
Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.