Lexikon der Optik: optischer Computer
optischer Computer, ein Rechner, bei dem digitale Operationen durch nichtlineare optische Prozesse realisiert werden. Im Gegensatz zu den auf Analogverfahren beruhenden Systemen der optischen Bildverarbeitung und Zeichenerkennung, die in den letzten Jahrzehnten entwickelt wurden, steckt die optische Digitaltechnik noch in den Anfängen. Es sind aber heute schon unterschiedliche rein optische Systeme bekannt, die als Logikelemente fungieren können. Als entscheidender Vorteil eines o. C. im Vergleich zu den heute verbreiteten elektronischen Rechnern ist der erreichbare hohe Grad an Parallelverarbeitung der Information anzusehen. Beispielweise kann eine gute Linse 512×512 Datenkanäle ohne "Übersprechen" übertragen, wobei ein zeitlicher Synchronisationsfehler von nur wenigen Femtosekunden auftritt. Als weiterer Vorteil kommen die sehr kurzen Schaltzeiten der logischen Elemente (bis in den Pikosekundenbereich herunter) hinzu.
Optische Logikelemente. Diese beruhen vorwiegend auf dem Effekt der optischen Bistabilität. In ihnen erzeugen zwei Eingangssignale gemäß den Regeln logischer Verknüpfung wie "UND", "ODER" usf. ein Ausgangssignal. Alle Signale sind digitalisiert, d.h., es gibt nur die zwei Zustände "0" und "1", die einem sehr niedrigen bzw. einem deutlich höheren Intensitätsniveau entsprechen.
Als Grundelement für die Ausführung logischer Operationen bietet sich das nichtlineare Fabry-Perot-Interferometer (optische Bistabilität) an. Dabei eignen sich Halbleitersubstanzen wegen ihrer großen Nichtlinearitäten, die kleine geometrische Abmessungen erlauben, besonders gut als nichtlineare Materialien. Zweidimensionale Anordnungen (Arrays) von Logikbausteinen, wie sie für die Parallelverarbeitung benötigt werden, konnten bereits hergestellt werden. Durch Ätzen einer mittels Molekularstrahlepitaxie aufgebrachten 1,5 μm dicken GaAs-Schicht wurden kleine GaAs-Elemente ("Pixel") der Größe 9 μm×9 μm im Abstand von jeweils 20 μm gebildet. Um Etalons zu erhalten, wurden die Proben zwischen zwei Spiegel geklebt.
Vielversprechende Kandidaten für einen Einsatz als Logikelemente sind auch die in jüngster Zeit entwickelten Supergitter (multiple quantum wells). Diese bestehen aus vielen (bis zu mehreren hundert) Schichten von jeweils etwa 10 nm Dicke, die abwechselnd aus GaAs und AlGaAs aufgebaut sind. Jede GaAs-Schicht stellt einen "Quantentopf" (engl. quantum well) dar. Im Gegensatz zum kompakten Halbleitermaterial absorbieren Supergitter auch bei Zimmertemperatur Licht. Die Absorptionslinien entsprechen dabei Excitonenresonanzen (Excitonen sind Elektron-Loch-Paare). Eine weitere Besonderheit der Supergitter besteht darin, daß sich die Absorptionslinien durch Anlegen schon einer kleinen elektrischen Spannung (senkrecht zu den Schichten) merklich verschieben lassen (quantum confined Stark effect, abgekürzt QCSE). Die Folge davon ist eine Änderung der Stärke der Absorption, die Licht einer festen Wellenlänge erfährt. Eine Spannungsänderung wird nun bei Lichtabsorption auch durch den erzeugten Photostrom bewirkt. Bei geeigneter Wahl der experimentellen Parameter kommt es dann über den QCSE-Effekt – ähnlich wie bei einem nichtlinearen Fabry-Perot-Interferometer – zu einer positiven Rückkopplung, aus der bistabiles Verhalten resultiert. Die anfänglich starke Lichtabsorption wird sehr rasch vermindert, und das Supergitter wird transparent. Man spricht in diesem Zusammenhang, von dem selbst-elektrooptischen Effekt, und ein Bauelement, in dem er zur Anwendung gelangt, wird in der englischsprachigen Literatur SEED (Abk. für self-electrooptic effect device) genannt.
Über die geschilderten Typen von Logikelementen hinaus stehen auch bistabile Systeme (optische Bistabilität) sowie Anordnungen, die kein bistabiles Verhalten zeigen, zur Diskussion. Ein Beispiel für die letztgenannten ist ein von einem nichtlinearen Medium erfüllter Fabry-Perot-Resonator, in den man zwei Lichtsignale unterschiedlicher Intensität und Wellenlänge einstrahlt. Infolge der Absorption des schwachen Lichtstrahls ("Pumpstrahl") ändert sich der Brechungsindex des Materials, wodurch sich die Durchlaßfrequenzen des Resonators verschieben. Dies wirkt sich wiederum auf die Durchlässigkeit des Resonators für den intensiven Strahl ("Probestrahl") aus. Auf diese Weise läßt sich erreichen, daß ein schwacher Steuerimpuls einen starken Ausgangsimpuls auslöst.
Bisher wurden erst sehr einfache optische Schaltkreise verwirklicht. Mit der Realisierung eines leistungsfähigen o. C. ist gegenwärtig nicht zu rechnen.
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