Metzler Lexikon Philosophie: Deduktion
(1) Bei einer D. wird nach Regeln des logischen Schließens eine Aussage (Konklusion) aus anderen Aussagen (Prämissen) abgeleitet. Für die wissenschaftliche Erklärung spielt das deduktiv-nomologische Schema eine bedeutsame Rolle: Darin wird das zu Erklärende logisch notwendig deduziert aus den Antecedensbedingungen (Antecedens), d.h. der allgemeinen Gesetzesaussage und mindestens einem singulären Satz, der die begleitenden Umstände des zu erklärenden Ereignisses darstellt. Als einfaches Beispiel: allgemeine Aussage: »wenn es regnet, ist die Straße nass«, singuläre Aussage: »es regnet«, zu erklärendes Ereignis und Konklusion: »die Straße ist nass«. Die Gültigkeit einer D. beruht auf der logischen Beziehung zwischen Prämissen und Konklusion. Als Prüfungskriterium für ihre Gültigkeit gilt, dass nicht ohne Selbstwiderspruch die Prämissen behauptet und die Konklusion verneint werden können, die tatsächliche Wahrheit der Prämissen und der Konklusion spielt dabei keine Rolle. D.h. (a) wenn die Prämissen wahr sind, dann ist die Konklusion wahr, (b) wenn die Konklusion falsch ist, dann ist mindestens eine Prämisse falsch. Mit Hilfe der D. kann man die Wahrheit der Prämissen (von denen wir bei Tatsachenerklärungen ausgehen) auf die Konklusion überführen. Ebensogut dient die D. als Methode der Falsifikation, da aus der Falschheit der Konklusion auf die Falschheit mindestens einer Prämisse zu schließen ist.
(2) Als transzendentale D., hat sie durch Kant und Fichte Eingang in die philosophische Diskussion gefunden. Kant verbindet mit ihr die Frage der Rechtfertigung derjenigen Verstandesbegriffe, mit denen der Anspruch auf die Erfassung von Objektivität verbunden ist. Dabei liefert die Erklärung der Art, wie sich Begriffe apriori auf Gegenstände beziehen können, gleichzeitig den Nachweis, dass solche Begriffe die Bedingung der Möglichkeit für objektive Erfahrung sind. Die transzendentale D. beschränkt sich notwendigermaßen auf die Begründung derjenigen Verstandesbegriffe, die für den Bereich der Gegenstände möglicher Erfahrung gelten. Kant setzt davon ab den Begriff einer empirischen D.: In ihr werden die Begriffe durch Abstraktion aus der Erfahrung gewonnen. (KrV A 84–130, B 116–169). Bei Fichte bedeutet transzendentale D. nicht nur die Reflexion auf die (zunächst) vorbewussten Handlungsweisen und die Bedingungen des Selbstbewusstseins, sondern schließt den Nachweis von Reflexionsschritten seitens des analysierten Bewusstseins ein, durch die dieses Bewusstsein für sich selber bestimmte Niveaus des Denkens und Handelns erreicht.
Literatur:
- G. Andersson: Deduktion. In: Handlexikon zur Wissenschaftstheorie. Hg. H. Seiffert/G. Radnitzky. München 1989. S. 24 f
- C. F. Gethmann: Logische Deduktion und transzendentale Konstitution. In: W. Czapiewski (Hg.): Verlust des Subjekts. Kevelaer 1975
- D. Henrich: Identität und Objektivität. Eine Untersuchung über Kants transzendentale Deduktion. Heidelberg 1976
- M. Hossenfelder: Kants Konstitutionstheorie und die transzendentale Deduktion. Berlin/New York 1978
- W. Stegmüller: Probleme und Resultate der Wissenschaftstheorie und Analytischen Philosophie. Bd. 1. Berlin/Heidelberg/New York ND 1974. S. 86 ff.
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