Anthropozän: Apokalypse oder Aufbruch?
Derzeit debattieren Geowissenschaftler darüber, ob man das Anthropozän als erdgeschichtlichen Zeitabschnitt einführen kann und falls ja, wann es begann. Als Astrobiologe, der sich mit Wendepunkten der Erdgeschichte befasst, interessiert mich aber eine andere Frage mindestens ebenso brennend: Wann und wie wird das Anthropozän enden?
Epochen sind relativ kurze geochronologische Zeitabschnitte – ganz im Gegensatz zu den Äonen, den höchstrangigen Einheiten auf der Skala der Erdgeschichte, die hunderte Millionen bis Milliarden Jahre währen. An den Übergängen zwischen Äonen finden wirklich tief greifende Veränderungen statt. Der erste ereignete sich vor etwa vier Milliarden Jahren, als das glühend heiße Hadaikum vom kühleren, ruhigeren Archaikum abgelöst wurde, in dem die ersten Lebensformen entstanden. Vor rund zweieinhalb Milliarden Jahren erfolgte dann der Wandel vom Archaikum zum Proterozoikum, das enorm zerstörerische Mikroorganismen hervorbrachte, die den Planeten mit toxischem Sauerstoff fluteten. Dies vergiftete einen Großteil der Biosphäre, führte aber auch zur Entstehung komplexen, vielzelligen Lebens – und läutete somit vor 542 Millionen Jahren den derzeitigen Äon, das Phanerozoikum, ein.
Mit dem Beginn des Anthropozäns könnten wir nun vor einer weiteren radikalen Veränderung stehen: Ein fünfter Äon könnte dadurch gekennzeichnet sein, dass kognitiv gesteuerte Vorgänge – Gedanken, geplante Handlungen und schöpferische Prozesse – das System Erde maßgeblich beeinflussen. Vielleicht sollten wir den neuen Äon Sapiezoikum ("Zeitalter des vernunftbegabten Lebens") nennen. Denn zum ersten Mal in der Erdgeschichte formt eine Kraft den Planeten, die sich ihrer selbst bewusst ist.
Doch aus einer Epoche wird erst dann ein Äon, wenn sie hunderte Jahrmillionen oder noch länger dauert. Wird die Menschheit so lange überleben? ...
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