PHYSIOLOGIE: Ausgeschlafene Jäger und Sammler
Verhaltensforscher um Jerry Siegel von der University of Los Angeles beschäftigen sich mit den Schlafgewohnheiten von Menschen, die traditionell als Jäger und Sammler leben – und gewinnen dabei zum Teil überraschende Erkenntnisse. Abgesehen von kleinen Feuerstellen haben die Indigenen kein künstliches Licht, das als wichtiger Verursacher von Schlafproblemen gilt. Und tatsächlich sind ihnen Schlafstörungen so fremd, dass sie keinen Begriff dafür kennen.
Trotzdem schlummern die Jäger und Sammler weniger als viele Wohlstandsmenschen: durchschnittlich 7,1 Stunden, in Hitzeperioden sogar nur 5,7. Ihr Schlafrhythmus hängt weniger vom Licht als von der Umgebungstemperatur ab. Sie legen sich zur Ruhe, wenn es spürbar kälter wird – im Schnitt 3,3 Stunden nach Sonnenuntergang, bei Hitze fast eine Stunde später als an kühlen Abenden. Weitgehend unveränderlich ist dagegen der Zeitpunkt, an dem sie aufwachen: kurz vor Morgengrauen. Lediglich die San im Süden Namibias, wo es ausgeprägte Jahreszeiten gibt, verschlafen im Sommer die frühen Morgenstunden. Die beiden anderen Ethnien, die Hadza (Tansania) und die Tsimane (Bolivien), leben nah am Äquator, wo die Tageslänge übers Jahr kaum schwankt.
Insgesamt beobachtete das Team 94 Probanden durchschnittlich je zwölf Tage lang. Da deren Schlafmuster kaum voneinander abwichen, obwohl die Indigenen in sehr verschiedenen Umgebungen leben, spielen Umwelteinflüsse offenbar nur eine geringe Rolle für das Schlafverhalten. Womöglich kann die Kombination von wenig Licht und niedriger Temperatur auch Wohlstandsmenschen zu einem besseren Schlummer verhelfen. Statistiken zufolge leiden in Deutschland etwa 25 Prozent der erwerbstätigen Bevölkerung an chronischen Schlafstörungen.
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