Lautenschläger-Forschungspreis: Ausgezeichnet: Urknall im Labor
Die Universität Heidelberg vergibt in diesem Jahr erstmals den neu gestifteten "Lautenschläger-Forschungspreis", einen der am höchsten dotierten Preise in Deutschland, die zweckgebunden für Forschung verwendet werden sollen. Preisträgerin ist Johanna Stachel, Professorin für Physik an der Universität Heidelberg und Direktorin des Physikalischen Instituts.
Forschungsgebiet von Johanna Stachel ist die Hochenergie-Kernphysik. Sie versucht, die Struktur und die Eigenschaften elementarer Materie bei extrem hohen Dichten und Energien aufzuklären. Unter solchen außergewöhnlichen Bedingungen können sich die Bausteine der Atomkerne, die Protonen und Neutronen, auflösen und einen neuen Materiezustand bilden, das so genannte Quark-Gluon-Plasma. Einst war unser gesamtes Universum solch ein ultradichter, extrem heißer Brei aus freien Quarks und deren Klebeteilchen, den Gluonen: in den ersten millionstel Sekunden nach dem Urknall, als die gesamte Energie des heutigen Kosmos in einem winzigen Raumbereich konzentriert war. Ein Quark-Gluon-Plasma kann möglicherweise auch heute noch in Supernova-Explosionen entstehen, wenn das Innere eines massereichen Sterns zu einem Neutronenstern kollabiert.
Johanna Stachel gehört einer großen internationalen Wissenschaftlergruppe an, die ein Quark-Gluon-Plasma durch die Kollision von schweren Atomkernen in Teilchenbeschleunigern erzeugen und genauer untersuchen will. Am Europäischen Laboratorium für Teilchenphysik Cern in der Nähe von Genf ist sie an Experimenten beteiligt, die bereits indirekte Hinweise auf die Entstehung eines solchen "Feuerballs" – eines Urknalls en miniature - lieferten. Für den neuen Beschleuniger LHC, der im Jahr 2005 am Cern in Betrieb gehen soll, plant sie mit ihrer Heidelberger Forschungsgruppe und Kollegen von der Gesellschaft für Schwerionenforschung in Darmstadt einen neuen Detektor, der die Vorgänge in einem Feuerball weiter erhellen und somit neue Erkenntnisse über diesen exotischen Materiezustand liefern soll.
Der "Lautenschläger-Forschungspreis" ist nach seinem Stifter Manfred Lautenschläger, dem Aufsichtsratsvorsitzenden der MLP Holding AG, benannt. Der Preis wird künftig alle zwei Jahre für Spitzenleistungen in der Forschung verliehen, wobei die Förderung der internationalen wissenschaftlichen Zusammenarbeit im Vordergrund steht. Die Ausgezeichneten müssen an der Universität Heidelberg tätig sein oder an einer Institution im Ausland, die mit den Heidelberger Wissenschaftlergruppen kooperiert.
Aus: Spektrum der Wissenschaft 12 / 2001, Seite 92
© Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH
Schreiben Sie uns!
Beitrag schreiben