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Leuchtdioden: Bildschirm aus Plastik

Brillant in den Farben, dabei dünn und womöglich biegsam, so sollen die Displays von übermorgen sein. Das Rezept: Leuchtdioden aus Kunststoff.


Noch sind flexible Monitore etwa für Handys Zukunftsmusik, aber schon in wenigen Jahren, so die Hoffnung namhafter Unternehmen, soll diese Technik marktreif sein (vergleiche Spektrum der Wissenschaft 10/2001, S. 76). Mit heute üblichen Halbleiterelementen (LEDs) oder Flüssigkristallanzeigen (LCDs) geht so etwas allerdings nicht. Künftige Displays nutzen vermutlich kleinere organische Moleküle bis hin zu großen, also Polymeren, die elektrisch zum Leuchten angeregt werden.

Die Basis bilden organische Leuchtdioden (OLED). Der Aufbau eines Displays daraus ist einfach: Es gibt zwei Elektroden, dazwischen ein Material, das bei Stromdurchfluss leuchtet. Die Elektroden bestehen aus Gittern feiner elektrischer Leitungen, jeder Kreuzungspunkt eines solchen Gitters definiert einen Bildpunkt (fachlich "Pixel"). Dem Betrachter zugewandt ist die Anode (also die Elektrode, an der die positive Spannung anliegt). Dementsprechend muss sie durchsichtig sein, sie besteht deshalb aus Indium-Zinn-Oxid. Die Kathode besteht aus einem unedlen Metall, etwa Magnesium oder Kalzium. Zwischen beiden liegt die aktive Schicht aus Kunststoff, dessen Elektronen die Energie des Stroms aufnehmen und als Strahlung im sichtbaren Bereich abgeben. Die chemische Zusammensetzung und Struktur des Materials bestimmen die Farbe. Der gesamte Aufbau wird auf Glas oder einem biegsamen Träger aufgebracht und ist luftdicht verkapselt.

Mitte der 1980er Jahre präsentierte Kodak die erste OLED aus kleinen, organischen Molekülen, einige Jahre später folgte im englischen Cambridge die erste aus Kunststoff. Mittlerweile gibt es erste Produkte in einem Autoradio von Pioneer und einem Motorola-Handy. Der Umsatz mit OLED-Displays soll nach einer Marktstudie von DisplaySearch bis 2005 auf 3,3 Milliarden Dollar steigen – wenn das leuchtende Plastik beginnt, übliche Bildschirmtechniken abzulösen.

"Wer einmal so ein Display gesehen hat, der weiß, warum wir in diesen Markt investieren", sagt Wolf Jakowetz, der bei Osram Opto Semiconductors in Regensburg die OLED-Aktivitäten in Europa leitet. Der Physiker zählt die Vorteile auf: Bei einer Spannung von fünf Volt leuchten die Kunststoffe viel heller und brillanter als die üblichen Flüssigkristallschirme (LCD-Displays). Außerdem sind sie einfacher aufgebaut (vergleiche Spektrum der Wissenschaft 4/2001, S. 117). Auch wenn man die Monitore hochauflösend macht, also beispielsweise ein entsprechend feines Elektrodengitter vorsieht, bleiben sie dennoch etwa einen Millimeter dünn. Ein weiterer Vorteil ist der weite Betrachtungswinkel, wie Walter Rieß vom IBM-Forschungslabor in Rüschlikon betont: "Die OLEDs wirken aus jeder Richtung gleich hell." Bildschirme aus LCDs hingegen lassen sich bei schrägem Blickwinkel kaum noch ablesen.

Der Markt ist in Gang gekommen. Sony zeigte auf der Fachmesse der Society of Information Displays (SID) im Juni dieses Jahres ein etwa Laptop-großes Farbdisplay mit einer Auflösung von 800 mal 600 Pixel jeweils in den Grundfarben Rot, Grün und Blau. Toshiba will mit seinem 2,85 Zoll großen Display Anfang 2002 in die Serienfertigung gehen.

Die Forscher von Siemens und Osram Opto Semiconductors haben eine Möglichkeit gefunden, die Produktion weiter zu verbessern. Bisher kamen Polymere durch Aufschleudern (fachlich spin coating) einer Lösung auf den Grundträger. Dieser dreht sich schnell, sodass sich die Tropfen gleichmäßig verteilen. Doch rund 90 Prozent des Materials fließen aufgrund der Rotation am Rand der Platte herunter. Das Team von Georg Wittmann in Erlangen entwickelte ein Siebdruckverfahren, das die Beschichtung größerer Platten ermöglicht, Arbeitsschritte einspart und 90 Prozent der eingesetzten Substanz verwertet.

Der deutsche Hersteller Covion, ein Joint Venture der Chemieunternehmen Celanese und Avecia, will zudem bereits Anfang 2002 Grundmaterialien für Displays anbieten, bei denen erstmals jedes Pixel eine andere Farbe haben kann. Die Wissenschaftler versuchen zudem, deren Temperaturbeständigkeit weiter zu verbessern. Die Lebensdauer eines OLED-Displays beträgt bei Zimmertemperatur mittlerweile mehrere zehntausend Stunden – das reicht für die Praxis aber noch nicht aus.

In puncto Effizienz gelang Stephen Forrest von der Universität in Princeton ein großer Schritt. Er nutzt neben dem energiereicheren "Singulett"- auch den "Triplett"-Zustand bestimmter organischer Materialien für die Emission von Licht. In ersterem haben die Elektronen entgegengesetzten Drehimpuls. Im Triplett-Zustand ist er parallel und besitzt eine geringere Energie, ist aber dreimal so häufig, da es mehr Möglichkeiten für die Besetzung der Elektronenniveaus gibt – die Lichtausbeute ist dadurch insgesamt höher. Forrest aktivierte den Triplett-Zustand über eine Dotierung mit Schwermetallkomplexen, die Platin oder Iridium enthalten. So steigerte er die Effizienz seiner OLED um den Faktor vier (vergleiche auch Spektrum der Wissenschaft 10/1995, S. 106).

Derzeit gibt es flexible Monitore nur als Prototypen. Bis zur Serienproduktion können noch Jahre verstreichen. Auch die Verkapselung bereitet den Forschern noch Kopfzerbrechen. Als Trägermaterialien kommen dichte Kunststoffe oder biegsame Gläser in Frage. "Die Technik ist aber so einfach, dass sie auch bei flexiblen Trägern funktionieren müsste", sagt Olaf Gelsen von Covion.

Aus: Spektrum der Wissenschaft 11 / 2001, Seite 83
© Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH

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